Die Zeit heilt nichts!

Die Zeit heilt nichts!

„Die Zeit heilt alles!“ lautet ein altes Sprichwort. – Zeitlicher Abstand von aufregenden Ereignissen, von Momenten des Ärgers oder der Enttäuschung tut gut, rückt alles in ein milderes Licht. Aber die Wunden des Lebens, Angst und Einsamkeit, Schuld und Kränkung, Leiden und Sterben heilen nicht dadurch, dass Jahre vergehen. Kein tieferes Problem des Lebens, keine wirkliche Verletzung eines Menschen heilt allein dadurch, dass Zeit vergeht.

Würde ein Arzt zu einem Jungen, der mit einem gebrochenen Arm zu ihm kommt, sagen: „Die Zeit heilt das schon“? Jeder gute Arzt wird die gebrochenen Knochen sorgsam richten, den Arm eingipsen, und dann braucht es auch Zeit. Heilen tut das ärztliche Eingreifen von außen und die Kräfte des Körpers von innen. Und alles geschieht in der Zeit. Aber nicht die Zeit heilt alles.

So ist es auch mit Brüchen, Verletzungen und Kränkungen des Menschen. Sie müssen unter die Hand eines guten Arztes. Sein Eingriff von außen und die Lebenskräfte von innen vermögen die Wunden des Lebens zu heilen.

Gott heilt die Wunden unseres Lebens. Dass der Heilungsprozess auch Zeit braucht, bedeutet nicht, dass die Zeit selbst heilt.

Mein Bruder war sechs Jahre alt, als er sich mit einem Topf kochenden Wassers den ganzen Rücken verbrühte. Nach einem langen Krankenhausaufenthalt war der Rücken noch eine große eitrige Wunde, die täglich neu verbunden werden musste. Jeden Morgen ganz früh wurden die Schmerzen für ihn unerträglich, und er weinte und schrie: „Ich will zum Verbinden, ich will zum Verbinden!“

Das ist der Schrei des verletzten, zerrissenen, gekränkten Menschen: „Ich will zum Verbinden!“ Gott hat seinem Volk sagen lassen: „Ich bin der Herr, dein Arzt.“ Und dann hat Gott seinen Heiland gesandt, damit er die Wunden unseres Lebens verbinde. Waren wir schon bei Jesus mit unseren Verletzungen? Er will uns heilen. Die Zeit heilt nichts. Jesus heilt uns in der Zeit, und dann gilt es für eine ganze Ewigkeit.

„Heile du mich, Herr so werdeichheil; hilf du mir so ist mir geholfen!“

(Jeremia 17,14)


Aus Axel Kühner: Überlebensgeschichten für jeden Tag,
14. Auflage, © Aussaat-Verlag, D-Neukirchen-Vluyn.
ISBN: 3-7615-1612-6

Es ist Zeit zum Leben

Es ist Zeit zum Leben

Den Geschäftigen rinnt sie wie Sand durch die Finger. – Den Trägen hängt sie wie ein Mühlstein um den Hals. – Die jungen Leute können nicht abwarten, bis sie vergeht. – Die Älteren möchten sie gern noch ein wenig festhalten. – Die einen flehen um sie und empfangen sie wie eine Freundin. – Die anderen verfluchen sie, und vertreiben sie wie einen Feind. Die Zeit!

Nichts täuscht uns mehr als die Zeit! Die einfachste Täuschung: Zeit ist Geld. – Ein kleines Mädchen geht mit einem großen Korb in einen Spielwarenladen und packt sich viele schöne Sachen ein. An der Kasse legt sie einen Stapel Papierstreifen hin. Als die Verkäuferin entsetzt abwehrt, sagt das Mädchen: „Papier ist Geld!“ – Natürlich ist unter ganz bestimmten Umständen Papier auch Geld. Wenn es von der Bundesbank herausgegeben und amtlich als Geldschein bedruckt ist. Ebenso ist manchmal Zeit auch gutes Geld. Aber stimmt die Gleichung wirklich?

Zeit ist viel mehr als Geld. Sie ist die Chance zum Leben. Man kann an einem Tag sein ganzes Leben zerstören und in einer Stunde die letzte Erfüllung des Lebens empfangen. Ich denke an den Schächer, der neben Jesus gekreuzigt wurde. Nach einem verpfuschten Leben gewann er buchstäblich in einer Minute das ganze Leben, als er zu Christus rief: „Herr, denke an mich!“ Die Begegnung mit Christus, der das Leben in Person ist, wird zum Maßstab für Leben und Sinnerfüllung. Zeit ist mit Geld nicht zu bezahlen und in DM nicht zu umschreiben.

Zeit ist die große Leihgabe Gottes an die Menschen. Sie ist wie ein Gefäß, das sich mit Freude, Liebe und Leben füllen kann oder unter unseren Händen in tausend Scherben zerbricht. Gott gab uns die Zeit, damit wir in ihr mit Gott und nach seinem Willen leben. So wird die bloße Zeit zur erfüllten und gewonnenen Zeit, zur Zeit des Heils, die in die Ewigkeit einmündet. Gott gibt uns diesen Tag, Zeit für ihn und das Leben.

„Ein Tag kann eine Perle sein, und ein Jahrhundert nichts.

(G. Keller)


Aus Axel Kühner: Überlebensgeschichten für jeden Tag,
14. Auflage, © Aussaat-Verlag, D-Neukirchen-Vluyn.
ISBN: 3-7615-1612-6