Nimm das Leben ernst!

Auf einem Kalenderblatt lese ich einen Spruch, der mir zu denken gibt. Dort heißt es fettgedruckt: „Nimm das Leben nicht so ernst, denn du kommst, am Ende ja doch nicht lebend davon!“ Das bedeutet: „Nimm das Leben leicht und locker, genieße die Tage, denk nicht an morgen und die andern, denn am Ende steht ja ohnehin der Tod!“ Viele Menschen meinen, sie könnten auf diesem Weg der Leichtigkeit mehr Lebensfreude und sorgenfreie Tage haben.

Aber die Erfahrung zeigt, wer leichtfertig mit sich, den anderen, dem Leben umgeht, wird oft schwermütig und traurig. Wer aber das Leben, sich selbst, die anderen, seine Zukunft ernst nimmt, kann viel Freude entdecken und empfangen.

„Lasst uns essen und trinken, feiern und genießen, denn morgen sind wir tot!“, das ist der direkte Weg ins Aus und den Untergang. Wenn wir aber das Leben und den, der es uns gab, lieben und ernst nehmen, wird es der Weg zur Lebenserfüllung und Vollendung sein.

Darum würde ich auf einen Kalender schreiben: „Nimm das Leben und Gott, dich und die anderen, deine Herkunft und Zukunft, nimm Gottes Wort und seine Liebe ganz ernst, und du kommst immer lebend davon!“

„Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht!“

(I. Johannes 5,12)

Unser Lebenselement

Die Fische eines Flusses sprachen zueinander: „Man behauptet, dass unser Leben vom Wasser abhängt. Aber wir haben noch niemals Wasser gesehen. Wir wissen nicht, was Wasser ist!“ Da sagten einige, die klüger waren als die anderen: „Wir haben gehört, dass im Meer ein gelehrter Fisch lebt, der alle Dinge kennt. Wir wollen zu ihm ziehen und ihn bitten, uns das Wasser zu zeigen.“

So machten sich einige auf und kamen auch endlich in das Meer und fragten den Fisch. Als der Fisch sie angehört hatte, sagte er: „O, ihr dummen Fische! Im Wasser lebt und bewegt ihr euch. Aus dem Wasser seid ihr gekommen, zum Wasser kehrt ihr auch wieder zurück. Ihr lebt im Wasser, aber ihr wisst es nicht!“

So lebt der Mensch in Gott. Gott ist in allen Dingen, und alle Dinge sind in Gott. Und doch fragt der Mensch: „Kann es Gott geben? Wer ist Gott?“

(Aus einer Klosterhandschrift)

Gott ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir!“

(Apostelgeschichte 17,28)

Mehr Leben

Ein Kind wird geboren. Es schreit, schreit nach Leben. Alle jungen Eltern wissen, wie unangenehm das Geschrei kleiner Kinder sein kann. Aber es dient dem Leben. Hinter dem Schreien der Kinder wohnt das Verlangen nach Nahrung und Liebe, nach Wärme und Zuwendung. Alle Menschen haben diese Sehnsucht nach Leben und Liebe, Anerkennung und Zuneigung.

Ich war neun Monate alt, lag in meinem Stubenwagen im Wohnzimmer und schrie laut. Mutter war in der Küche beschäftigt und konnte nicht herbeikommen. Meinem älteren Bruder wurde das Schreien lästig. So redete er auf mich ein: „Baby leise sein!“ Als seine Ermahnungen nichts nützten, nahm er ein dickes Sofakissen und drückte es mit beiden Händen fest auf mein Gesicht. Noch ein schwaches Wimmern, dann war es still. Das Baby war leise, im Zimmer war Totenstille. Gerade in diesem Augenblick kam meine Mutter herein, riss das Kissen weg, nahm mich auf den Arm, drückte mich an sich, und die Atmung setzte wieder ein. Ich schrie und lebte. Dann stillte mich meine Mutter, und ich wurde ruhig.

Menschen haben Hunger nach Leben und Durst nach Liebe. Sie sind wund an Leib und Seele. Sie rufen und schreien in ihren Ängsten und Sorgen nach Hilfe. Wie oft werden die Sehnsüchte nicht gestillt, sondern stillgemacht, nicht erfüllt, sondern mit sanfter Gewalt zum Schweigen gebracht. Jesus möchte unser Lebensverlangen wirklich stillen. Unter seiner Fürsorge und Liebe kommen wir wirklich zur Ruhe. Das eine ist Totenstille, das andere Lebensruhe.

Jesus ist wie eine gute Mutter. Er lässt unseren Schrei nach Leben und Liebe gelten und will uns mit seiner Barmherzigkeit wirklich stillen und uns mit seiner Kraft zur Ruhe führen.

Ist unser Leben nur stillgemacht, dann breitet sich Totenstille aus. Ist unser Leben bei Jesus gestillt, wächst eine tiefe Geborgenheit des Lebens.