Was uns trägt

aus dem Trostbuch von Stephan Volke – © 2004 by Verlag der St.-Johannis-Druckerei, Lahr/Schwarzwald

Worte des Trostes – einfühlsam und ehrlich

Nichts ist mehr wie es war. Von einem auf den anderen Augenblick bekommt unser Leben einen tiefen Riss. Die Wunde schmerzt sofort. Es gibt keine Möglichkeit, der Tatsache zu entrinnen. Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben. Da hilft es nicht, die Augen zu verschließen, da können wir nicht mehr verdrängen und nicht mehr so tun, als würde es immer nur um andere gehen. Es wird zuviel gestorben. Und plötzlich sind wir selbst betroffen.

Mit jedem Menschen, der geht, geht uns etwas verloren. Der Vater, die Mutter, der Sohn, die Tochter, der Bruder, die Schwester, der Ehepartner, der Freund, die Freundin – und jedes Mal möchten wir schreien und weinen. Unausweichlich wird eine Lebenslinie unterbrochen. Wir stehen da und wissen, dass wir viel versäumt haben: Ein gutes Wort mehr, eine versöhnliche Geste, eine stärkere Zuwendung und viel mehr Zeit für den anderen. Und so sind wir gleich doppelt einsam.

Wer viel von der Liebe spricht, kommt in Situationen, wo sie sich beweisen muss. Was bleibt, wenn wir jemanden verloren haben? Viele Erinnerungen an schöne Momente? Schuldgefühle? Angst, weil wir nicht wissen, wie es weitergehen soll? Hoffnungslosigkeit?
Wenn uns Leid widerfährt, wird unsere Liebe auf die Probe gestellt. Vielleicht merken wir, wie brüchig unser eigenes Leben ist und wie hilflos wir uns fühlen. Doch gegen unsere Resignation vor dem unausweichlichen Tod setzt Gott seine Liebe. Es bleiben aber Glaube, Liebe und Hoffnung – und die Liebe ist das Größte.

Wenn nicht alles nach Plan verläuft, wird uns etwas mitgeteilt. Wir müssen erkennen, dass wir die wenigsten Dinge im Leben in der Hand haben. Da hilft es nicht weiter, uns immer wieder zu sagen, wir hätten doch alles im Griff. Nein, das haben wir nicht. Der Tod kann unsere Pläne jederzeit durchkreuzen. Und vielleicht erkennen wir es nie, warum bestimmte Dinge in unserem Leben passiert sind. Dennoch gibt es einen, der uns sieht und von dem wir wissen können, dass er alles in seine Hände nimmt, was aus unseren zu gleiten droht.

Es gibt Situationen, in denen alles über unsere Kräfte geht. Das Leben schont uns nicht und vielleicht fragen wir uns, warum es den anderen so gut geht. Doch erst in den Tiefen unseres Leben können wir erkennen, was uns wirklich trägt, und ob das Seil, dem wir immer zu vertrauen glaubten, wirklich hält, was wir uns von ihm versprochen haben.

Vielleicht hat man es Ihnen auch gesagt: „Du musst jetzt stark sein!“ Aber stark können wir nur sein, wenn wir auch schwach sein dürfen. Wenn uns die Gefühle überwältigen und wir sie nicht mehr stoppen können, dann dürfen wir wissen: Wir müssen nichts perfekt überspielen oder jetzt bloß keinen Fehler machen. Wir dürfen ehrlich sein und weinen, weil es Grund zum Weinen gibt.
Und irgendwann kommt die Zeit, wo wir uns sagen: „Gut, dass ich damals geweint habe!“

Manchmal schweigt Gott. Nicht, weil er nicht mit uns reden will oder uns nichts zu sagen hätte. Nein, er schweigt, weil er wartet, bis wir wieder zuhören können. Manchmal schweigt er solange, bis wir endlich aufhören, uns nur um uns selbst zu drehen.

Derselbe Gott, der seinen Kinder gesagt hat: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und meine Wege sind nicht eure Wege“, derselbe Gott hat auch gesagt: „Ich der Herr, habe Gedanken des Friedens über euch und nicht des Leides. Ich gebe euch wieder Zukunft und Hoffnung.“

Wer niemals verzweifelt und am Ende war.
Wer niemals zornig und aufgewühlt war.
Wer niemals den Mut verloren hat.
Wer niemals den Boden unter den Füßen verloren hat,
der kann auch nicht wissen, was es heißt,
wenn Gott sagt:
„Lass dir an meiner Gnade genügen,
denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig!“

Es gibt einen Trost, den kein Mensch uns geben kann.
Es gibt Worte, die uns niemand sagen kann.
Es gibt einen Frieden, den wir uns selbst nicht geben können.
Es gibt eine Hand, die von oben kommt.

Und sanft und leise sagt eine Stimme:
„Nimm meine Hand, ich helfe dir aufstehen,
und dann gehen wir den Weg gemeinsam.“

In einem Lied aus England heißt es: „Jeder möchte gerne in den Himmel, aber niemand möchte sterben!“
Wir haben uns den Himmel nehmen lassen von den Werbeexperten, die uns mit ihren Produkten in den „siebten Himmel“ bringen möchten. Wenn ein Ruhekissen uns „einfach himmlisch“ schlafen lässt oder uns ein Film „Fünf Minuten Himmel“ verspricht. Doch der Himmel hält für jeden von uns einen Platz bereit. Gott bietet uns einen Ort, in dem weder Tränen noch Leid, noch Krankheit und Not einen Raum haben. Statt karger Hütte gibt es dort den reinen Überfluss. Und ein liebender Vater nimmt seine Kinder in Empfang, weil sie an ihrem eigentlichen Bestimmungsort angekommen sind.

Gott hat seine Signatur in unsere Herzen eingraviert, deshalb bleibt immer das Gefühl in uns, als würde uns auf dieser Erde etwas fehlen. Eigentlich stehen wir auf der falschen Seite der Tür, aber wir dürfen schon heute den Morgenduft und die Frische der neuen Welt in unserem Leben spüren.

Sehnsucht nach Leben, Sehnsucht nach Freude, Sehnsucht nach Frieden und Sehnsucht nach Vollkommenheit. Können unsere Sehnsüchte überhaupt auf dieser Erde gestillt werden? Der Himmel kann schon jetzt einen Platz in unserem Leben haben. Die Ewigkeit schickt uns im Alltag viele kleine Boten, die uns sagen: „Es gibt mehr als Du denkst. Ich halte viel mehr für dich bereit.“

„Im Reich der Hoffnung gibt es keinen Winter!“, sagen die Russen. Warum frieren wir dann in unserem Leben so oft? Wenn die Hoffnung uns verlässt, brauchen wir andere Menschen, die uns ein Feuer anzünden und uns zu verstehen geben: „Setz dich zu uns. Du brauchst nicht viel zu sagen. Wir verstehen deine Situation. Setz dich zu uns und wir rücken ein wenig enger zusammen, damit es wieder wärmer wird in deinem Leben.“ Gott schickt uns Menschen, damit wir merken, dass wir nicht alleine sind.

Menschen, die es wissen müssen, weil sie ihn gut kannten. Menschen, die es wissen müssen, weil sie ihn hautnah erlebt haben. Menschen, die es wissen müssen, weil sie durch Tiefen gegangen sind. Menschen, die es wissen müssen, weil sie spürten, was der Tod bedeutet. Diese Menschen haben geschrieben:
„Unser Gott schenkt uns in seiner Barmherzigkeit einen Trost und eine Hoffnung, die niemals aufhören und auch den Tod überdauern.“ (2. Thessalonischer 2, 16b).

Gott begleite dich durch diese Zeit,
er sei bei dir, wenn dunkle Gedanken dich
gefangen nehmen,
er helfe dir, das Schwere zu tragen
und fange dich auf, wenn du zu fallen drohst.

Gott begleite dich an jedem Tag
und gebe dir genau die Kraft, die du brauchst,
um nicht unterzugehen.
Er trage dich, wenn du nicht mehr gehen kannst.
Er lindere die Schmerzen und heile die Wunden
und lege dir an jedem neuen Tag
seinen Mantel der Geborgenheit um.

Manchmal schickt Gott seinen Engel

aus dem Trostbuch von Stephan Volke – © 2003 by Verlag der St. Johannis-Druckerei, Lahr (Schwarzwald)

Die tröstenden Worte auf dieser Seite wollen Menschen, die einen lieben Angehörigen oder Freund verloren haben, durch die verschiedenen Trauerphasen und Stimmungen begleiten –

Vorwort

Es tut weh, jemanden zu verlieren. Es liegt nun eine Zeit vor Ihnen, die Ihnen sehr viel abverlangt. Dieses Buch möchte Sie begleiten. Es ist dafür geschrieben worden, dass Sie es immer mal wieder zur Hand nehmen und darin lesen. Sicher werden die einzelnen Texte Sie zu unterschiedlichen Zeiten verschieden stark ansprechen. Auf dem Weg, der nun vor Ihnen liegt, möchten sie Ihnen sagen: „Egal, wie du dich fühlst. Du bist nicht allein.“

Und vielleicht erleben Sie es selbst, dass von der ersten bis zur letzten Zeile eine bestimmte Wegstrecke zurückgelegt werden muss. Aber dann können Sie wieder aufleben – nicht ohne den Verlust, sondern mit ihm – und mit den Erfahrungen, die Sie in dieser Zeit gemacht haben.

 

Balance verlieren

Wenn der Boden zu schwimmen beginnt,
brauche ich eine feste Hand, die mich hält.
Wenn die Hoffnung gestorben ist,
brauche ich ein tröstendes Wort.
Wenn ich Gott nicht mehr verstehe,
brauche ich einen Arm um meine Schulter.

Wenn das Seil, auf dem ich gehe,
zu schwanken beginnt, und ich die Balance verliere,
brauche ich ein Netz, in dass ich mich fallen lassen kann.
Wenn ich alleine bin, brauche ich einen, der die Leere füllt.
Wenn ich nicht mehr weiter weiß,
brauche ich jemanden, der mit mir geht.

 

So nah und doch so fern

Es tut weh, jemanden zu verlieren, den ich geliebt habe.
Doch noch schlimmer schmerzt es, jemanden zu verlieren,
der mich geliebt hat.

Wo warst du, Gott, an diesem Tag? Du bist mir nah und doch so fern,
weil ich nicht verstehen kann, warum gerade jetzt …

Wirst du mich hören, wenn ich rufe?
Bist du da, wenn ich wütend auf dich bin?
Schaust du nach, wenn ich meine Trauer in
deinen Briefkasten stopfe, und schnell wieder
gehe, weil ich dich nicht treffen will?

 

Erinnerungen

Erinnerungen werden wach und langsam malen sie ein Bild,
das mir zeigt, wie schön alles war.
Was haben wir miteinander erlebt? Wie schön war es doch,
miteinander zu leben:
Lachen und Weinen, Tanzen und Feiern, einfach zusammen sein, miteinander reden, diskutieren, streiten, und sich doch immer wieder versöhnen.
Wir haben alles geteilt, und nun bleib´ ich allein zurück.

Miteinander …
… doch in den schwersten Momenten des Lebens
fühle ich mich allein gelassen, einsam und auf mich gestellt.
Ich hätte dir noch so viel zu sagen, ich würde gerne noch manches klären
und dir noch einmal sagen, wie sehr ich dich liebe.

 

Von allen übersehen

Als das letzte Lied verstummte und alle gegangen sind,
als alle Hände gedrückt waren und keiner mehr etwas sagte,
da wurde mir auf einmal angst und bange – vor mir selbst.

Wie soll es nun weitergehen, wie wird das Leben ohne dich?
Werden deine Freunde auch weiter meine Freunde sein?

Ich möchte schreien: Ich will dich zurück! Ich möchte nicht ohne dich leben!

Und doch:
Ich muss es lernen, egal, wie schwer es fällt.
Ich muss es üben, egal, wie lange es dauert.
Ich muss mich dem Leben stellen und ich werde weiter leben
– ohne dich.

 

Zur Ruhe kommen

Wenn sich die Aufregung legt und es still um mich wird,
dann hat die Zeit begonnen, wo ich zur Ruhe kommen kann.

Erlebtes will verarbeitet sein, Erfahrungen wollen verstanden werden,
Schuldgefühle müssen bewältigt werden und verpasste Gelegenheiten akzeptiert sein.

Ich brauche Zeit, um Abstand zu gewinnen,
von mir selbst und meinen Gedanken.

Ich brauche Zeit, um meine innersten Gefühle
zu erkennen und sie zu ordnen.
Ich will beginnen, sie zu verstehen.

Zeit – wenn ich sie mir jetzt nicht nehme,
wann dann?

 

Wut

Ich kann mich nicht dagegen wehren und sollte es vielleicht auch nicht:
oft bin ich so wütend! Warum hast du mich verlassen, warum bin ich jetzt allein? Am liebsten würde ich mich verstecken, damit keiner sieht, wie wütend ich bin.
Seltsames Gefühl, noch nie habe ich mich so erlebt.

Ich kann mich nicht, ich will mich nicht,
ich soll mich nicht dagegen wehren.
Wut gehört dazu – haben sie mir gesagt.
Wie recht sie haben.

 

Sprich es aus

Sprich es aus und verschweige nicht,
was dich im Innersten bewegt.
Sprich es aus und rede,
mit guten Freunden, mit anderen Menschen
und mit ….    Gott.

Er hört dein Gebet, auch wenn es dir schwer fällt,
alles in Worte zu fassen, was du ihm sagen willst.

Sprich es aus, und du wirst merken,
dass Gott bei dir ist, dass er dich versteht
und dass du ihm nichts verschweigen
musst.

 

Weg von mir – kommt bitte her

Ich weiß nicht, ob ich euch jetzt sehen will, meine Freunde. Ich brauch´ euch – und doch wieder nicht. Besucht mich, aber kommt mir nicht zu nahe,
denn es könnte sein, dass ihr euch an mir verletzt.

Hin – und hergerissen fühle ich mich. Wie ein Boot, das im Sturm fest verankert mit den Wellen kämpft. Bei euch darf ich verankert sein, doch im Sturm kann ich gefährlich für euch werden. Deshalb meine stille Bitte: Haltet mich, bis das Wetter besser wird.

 

Klagelied

Wenn die Loblieder verstummen, weil das Leben anders läuft,
kommt von fern uns immer näher, ob wir´s wollen oder nicht,
ein Klagelied.

Die Melodie gefällt uns, und es könnte sein, dass sie uns nie mehr verlässt.

Doch manche Dinge brauchen Zeit::
Jede Melodie ist veränderbar und der Text muss nicht für immer gültig sein.

Weil der Schöpfer der Musik, der auch dich geschaffen hat,
zu jeder Zeit ein neues Lied dir schenken kann.

Und dann …
… ist es ein Hoffnungslied!

 

Der Brief ist unterwegs

Wenn ich verzweifelt bin und langsam die Geduld verliere.
Wenn ich auf Gott warte, doch er ist scheinbar nicht da,
dann ist es mir, als ob er zu mir sagt:

Du bist verzweifelt jetzt, aber warte, der Brief ist unterwegs.
Du bist traurig jetzt, aber warte, der Brief ist unterwegs.
Du hast viele Fragen jetzt, aber warte, der Brief mit den Antworten
ist unterwegs.

Und wenn du ihn in Händen hältst und liest, wirst du verstehen,
wie die Dinge wirklich sind. Du wirst verstehen,
der Brief an dich ist unterwegs.

 

Ohne Trost kann ich nicht leben

Ohne Trost kann ich nicht leben,
denn die Trauer ist zu stark.
Ohne Trost kann ich nicht leben,
denn ich selbst bin viel zu schwach.

Ich kann mir nicht selber helfen,
mir den Mut nicht selber geben,
den ich brauche jetzt zum Leben.

Ich kann mich nicht selber tragen,
denn ich bin mir viel zu schwer,
komm´ du Tröster, Gottes Helfer,
komm´ und stell´ dich nah zu mir.

 

Manchmal schickt Gott seinen Engel

Wenn ich nicht mehr weiter weiß
und dunkle Wolken den Blick verbau´n.
Wenn ich ohne Hoffnung bin,
sich Freunde nicht mehr zu mir trau´n,
dann schickt Gott mir seinen Engel,
der mich in die Arme schließt
und mir sagt: Gott denkt an dich,
wie viele Tränen du auch vergießt.

 

Morgendämmerung

Mit Tränen in den Augen,
vermag man nicht zu sehen,
und trotzdem müssen Tränen fließen,
sonst wird die Trauer niemals vergehen.

Zehntausend Tränen muss ich weinen,
bevor der neue Tag anbricht,
und Gott mir zeigt,
wie dunkel auch die Nacht jetzt ist,
er führt mich bald zu neuem Licht.

Wie der Hirte, der das eine Schaf sucht,
weil es sich verlaufen hat, wird er mich suchen
und mich finden.
Und dann trägt er mich sicher nach Haus.

 

Kleine Zeichen seiner Liebe

Ein Brief, ein Anruf oder ein Blumenstrauß, sind kleine Zeichen seiner Liebe.
Ein Gespräch, ein nettes Wort im Vorübergehen, sind kleine Zeichen seiner Liebe.
Die Sonne, die in mein Zimmer scheint – ein kleines Zeichen seiner Liebe.
Ein Kind, das mich zum Lachen bringt – ein kleines Zeichen seiner Liebe.
Ein Wort, das mir weiterhilft – ein kleines Zeichen seiner Liebe.
Ein Lied, das mich begleitet – ein kleines Zeichen seiner Liebe.

Ich bin Gott etwas wert, und deshalb schickt er mir
immer wieder kleine Zeichen seiner Liebe.

 

Danke, dass es euch gibt

Wie gut, dass es Menschen gibt, die bei mir sind,
wenn ich langsam und noch unsicher neue Schritte wage.
Schritte in ein Leben, das anders ist als ich es kenne.
Schritte in ein Leben, wo ich einiges neu lernen muss:
zu vertrauen, zu lachen, zu lieben und zu hoffen.

Es tut gut, andere um mich zu haben,
mit denen ich das Leben neu entdecken darf.
Es ist schön, nach vorne zu schauen und zu entdecken:
Einer hat vorgesorgt, einer hat vorausgeschaut
und einer wusste, dass ich es alleine nie durchstehen würde.

 

Ein neuer Anfang

Wenn der Tiefpunkt erreicht ist, kann es nur nach oben gehen.
Manchmal singe ich ein Lied, das mich selbst ins Staunen bringt.
Darf ich wieder fröhlich sein?

Wenn Enttäuschungen nicht bewältigt werden, kann es nur nach hinten gehen.
Ein Blick zurück im Zorn und negative Gefühle bleiben wie Ketten an mir hängen
und lassen mich immer wieder stolpern.

Wenn Trauer in Zuversicht verwandelt wird, kann es nur nach vorne gehen.
Hoffnung keimt auf und gewinnt langsam, aber immer mehr Raum in mir.
Und ich habe eine leise Ahnung, dass es heller wird in mir.

 

Wieder leben lernen

Ich darf wieder leben lernen, es gibt Licht am Horizont.
Ich darf wieder lachen lernen, weil ich das Leben um mich herum wieder neu wahrnehme.
Ich darf wieder danken lernen, weil Gott mich durchgetragen hat.
Keine Nacht dauert für immer, keine Dunkelheit besteht in Ewigkeit.
Tränen können trocknen und Wunden können heilen.
Wer traurig war, soll sich wieder freuen, ohne Zwang, ohne Schauspiel, ohne schlechtes Gewissen.
Ich darf wieder leben lernen – das hätte ich fast nicht mehr gedacht.

 

Ausblick

Wenn keiner mehr an Wunder glaubt, weil er sie nicht erkennen kann,
dann sage ich: Halt, ich habe eins erlebt.
Wenn keiner mehr an Hoffnung glaubt, weil er nicht zu hoffen wagt,
dann sage ich: Halt, ich habe sie erlebt.
Wenn keiner an Verwandlung glaubt, weil er sich selbst nicht ändern kann,
dann sage ich: Halt, ich habe sie erlebt.
Wenn keiner mehr an Liebe glaubt, weil er sie nicht mehr spüren kann,
dann sage ich: Halt, ich habe sie erlebt.

Wenn keiner mehr zu glauben wagt, weil Gott für ihn weit weg erscheint,
dann sage ich:
Gerade in den Zeiten, wo wir denken, dass er nicht mehr an uns denkt,
gerade in diesen Zeiten, wo wir denken, er kümmere sich nur um die anderen,
gerade in diesen Zeiten will er uns besonders zeigen, was Glaube, Liebe, Hoffnung ist – und dass es

Jesus lebt und hat dem Tod die Macht genommen

Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken?
Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken.
Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht.

Jesus lebt! Ihm ist das Reich über alle Welt gegeben;
mit ihm werd auch ich zugleich ewig herrschen, ewig leben.
Gott erfüllt, was er verspricht; dies ist meine Zuversicht.

Jesus lebt! Wer nun verzagt, lästert ihn und Gottes Ehre.
Gnade hat er zugesagt, dass der Sünder sich bekehre.
Gott verstösst in Christus nicht; dies ist meine Zuversicht.

Jesus lebt! Ich bin gewiss, nichts soll mich von Jesus scheiden,
keine Macht der Finsternis, keine Herrlichkeit, kein Leiden.
Seine Treue wanket nicht; dies ist meine Zuversicht.

Jesus lebt! Nun ist der Tod mir der Eingang in das Leben.
Welchen Trost in Todesnot wird er meiner Seele geben,
wenn sie gläubig zu ihm spricht: „Herr, Herr, meine Zuversicht!“

Christian Fürchtegott Gellert 1757
Evangelisches Kirchengesangbuch

Trost erfahren

In einem kleinen Dorf wohnte ein großes Glück. Ein Mann und eine Frau bekamen ein Mädchen, das der Sonnenschein aller wurde. Eines Tages wurde das Kind vor den Augen der Eltern auf der Straße überfahren. Das ganze Dorf nahm Anteil an der Trauer der Eltern. Auch nach über einem Jahr war die Mutter über den Verlust ihres Kindes untröstlich. Sie konnte keine Kinder mehr spielen sehen ohne bittere Gedanken. Langsam wuchsen in ihr Hass und Zorn, Neid und Eifersucht auf alles Lebendige und Gesunde. In ihren Gedanken lebten alle Menschen glücklich und zufrieden. Nur sie war geschlagen und voller Leid.

In ihrer Not ging sie zum Pfarrer. Der bat sie, durch das Dorf zu gehen und sich aus jedem Haus, in dem kein Leid wohnt, eine Blume zu erbitten. Mit dem Strauß sollte sie dann nach einer Woche wieder kommen. Die Frau ging durch ihr Dorf von einem Haus zum anderen. Als sie nach einer Woche zum Pfarrer kommt, hat sie nicht eine einzige Blume, aber einen Strauß von Erfahrungen. Sie musste erleben, dass in jedem der Häuser ein Leid wohnt, eine Not ist und Trost nötig war. So konnte sie manchen Leuten aus ihrer eigenen Schmerzerfahrung raten und beistehen. Das war der Anfang einer inneren Heilung.

Aus Axel Kühner: „Voller Hoffnung“
Aussaat-Verlag; Neukirchen-Vluyn
ISBN 3-7615-5327-7

Einer wartet auf uns

Ein Dorfschullehrer feiert Jubiläum. Vierzig Jahre ist er im Dienst. Der Schulrat und der Rektor, der Bürgermeister und der Pfarrer, die Kollegen und Freunde werden eingeladen. Es gibt ein wunderbares kaltes Buffet. Lange Lobreden schließen sich an. Zum Schluß ergreift der Lehrer selbst das Wort, bedankt sich herzlich und erzählt ein wenig aus den vierzig Jahren. Launiges aus dem Schulalltag, Humoriges von manchen Kollegen und dann Nachdenkliches, das niemand wieder vergessen wird. In den vierzig Jahren sind zehn lange Jahre Kriegsgefangenschaft in Sibirien enthalten. Schwere Arbeit unter Tage, kaum Nahrung, keine Verbindung mit der Frau zu Hause. Hoffen und Bangen und dann tiefe Verzweiflung und innere Zermürbung. Selbstmordgedanken kommen auf. Die letzten Kräfte sind aufgebraucht. Keine Hoffnung mehr; kein Lebenswille übrig. Da kommt eines Tages ein junger Mann aus dem Heimatdorf des Lehrers in das Lager. Als Siebzehnjähriger war er in den letzten Kriegstagen noch in die Schlacht geschickt worden und in russische Gefangenschaft geraten. Nun trifft er den Lehrer. Die beiden Männer umarmen sich und mischen ihre Tränen. Der Jüngere erzählt von zu Hause. „Niemand denkt, dass du noch lebst. Aber eine wartet auf dich, eine glaubt an dich und deine Wiederkehr: deine Frau wartet mit der ganzen Sehnsucht einer starken Liebe auf dich!“

Mit einem Blick zu seiner Frau hinüber sagt der Lehrer dann: „Diese Gewissheit, dass eine auf mich wartet, an mich glaubt, meine Rückkehr fest erwartet, in Liebe an mich denkt, das gab mir dann die Kraft, durchzuhalten und immer wieder gegen alle Verzweiflung zu hoffen, bis sich die Hoffnung erfüllte und wir uns nach zehn Jahren endlich wiedersahen.

Auch wir werden Situationen erleben, wo wir nichts mehr zu erwarten haben. Dann müssen wir daran denken, dass wir in Liebe erwartet werden. Jesus am Thron Gottes wartet auf uns, er glaubt an uns, rechnet mit uns, freut sich auf uns. Er wartet mit der Sehnsucht einer vollkommenen Liebe auf uns. Das ist unsere Hoffnung gegen alle Resignation und Schwäche.

„Wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wieder kommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin!“
(Johannes 14,3)

Axel Kühner – Überlebensgeschichten für jeden Tag – Aussaat-Verlag – ISBN 3-7615-1612-6

Spuren im Sand

Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel
erstrahlten, Streiflichtern gleich,
Bilder aus meinem Leben.
Und jedesmal sah ich zwei Fußspuren im Sand,
meine eigene und die meines Herrn.

Als das letzte Bild an meinen Augen
vorübergezogen war, blickte ich zurück.
Ich erschrak, als ich entdeckte,
daß an vielen Stellen meines Lebensweges
nur eine Spur zu sehen war.
Und das waren gerade die schwersten
Zeiten meines Lebens.

Besorgt fragte ich den Herrn:
„Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen,
da hast du mir versprochen,
auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich,
daß in den schwersten Zeiten meines Lebens
nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen,
als ich dich am meisten brauchte?“

Da antwortete er: „Mein liebes Kind,
ich liebe dich und werde dich nie allein lassen,
erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen.“

Von: Margaret Fishback Powers,
Copyright © 1964 Margaret Fishback Powers
Übersetzt von Eva-Maria Busch
Copyright © der deutschen Übersetzung 1996
Brunnen-Verlag Gießen. www.brunnen-verlag.de

Was Christen glauben

Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten und das ewige Leben.
Amen.

Das allgemeine christliche (bzw. Apostolische) Glaubensbekenntnis

Gottes Wege für mich

Erscheinen meines Gottes Wege
mir seltsam, rätselhaft und schwer,
und gehen Wünsche, die ich hege,
still unter in der Sorgen Meer –
will trüb und schwer der Tag verrinnen,
der mir nur Schmerz und Qual gebracht,
dann darf ich mich auf eins besinnen:
dass Gott nie einen Fehler macht.

Wenn mir zu hoch des Herrn Gedanken,
zu tief die Brunnen Seiner Huld,
wenn alle Stützen haltlos wanken,
die Kraft mir fehlt und die Geduld –
wenn gar mein Blick kein Ziel mehr findet
in banger, tränenreicher Nacht –
ein Glaubensfünkchen dennoch kündet:
dass Gott nie einen Fehler macht!

Wenn über ungelöste Fragen
mein Herz verzweiflungsvoll erbebt,
an Gottes Liebe will verzagen,
weil sich der Unverstand erhebt,
dann darf ich all mein müdes Sehnen
in Gottes Rechte legen sacht
und leise sprechen unter Tränen:
dass Gott nie einen Fehler macht!

Drum still mein Herz und lass vergehen,
was irdisch und vergänglich heisst –
im Lichte droben wirst du sehen,
dass gut die Wege, die Er weist.
Und müsstest du dein Liebstes missen,
ja ging´s durch kalte finstre Nacht –
halt fest an diesem selgen Wissen:
dass Gott nie einen Fehler macht!

Herb. Sack 1902 – 1943
Gedichtet in Stalingrad

Von guten Mächten treu und still umgeben

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsere Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last,
ach Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen
das Heil, für das Du uns bereitet hast.

Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus Deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst Du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz,
dann woll´n wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört Dir unser Leben ganz.

Lass warm und still die Kerzen heute flammen,
die Du in unsere Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, Dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so lass uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all Deiner Kinder hohen Lobgesang.

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Dietrich Bonhoeffer

Chr. Kaiser-Verlag, München

Segensgebet

Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen.
Der Herr sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen, um dich zu schützen gegen Gefahren.
Der Herr sei hinter dir, um dich zu bewahren vor der Heimtücke des Bösen.
Der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst.
Der Herr sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist.
Der Herr sei um dich herum, um dich zu verteidigen, wenn andere über dich herfallen.
Der Herr sei über dir, um dich zu segnen.
So segne dich der gütige Gott heute und morgen und immer. Amen

Patrik, Apostel von Irland