Als sie das Licht der Welt erblickte, nannten ihre Eltern sie Klara, die "Leuchtende". Mit der älteren Schwester und zwei Brüdern wuchs sie auf dem elterlichen Gutshof im Osten auf. Schon als Kind half sie zuhause fleißig mit. Ganz stolz war sie auf ihren Vater, der Bürgermeister des Ortes war.
Um so mehr traf es ihr Herz, als SS-Leute den Vater eines Tages verhafteten und brutal misshandelt ins Gefängnis sperrten, weil er heimlich Juden auf dem Hof versteckt hatte. Klara hat ihren Vater nie mehr wiedergesehen.
Mitten in den dunklen Jahren des Zweiten Weltkrieges fand Klara das Glück der jungen Liebe. Und als sie dann zusammen mit ihrem Mann die gemeinsame Tochter im Arm hielt, schien alles so wunderbar hell und restlos glücklich. Doch nur einmal konnte der Vater sein kleines Mädchen sehen, dann musste er wieder an die Front, in das dunkle Elend des Krieges, in dem sich seine Spur verlor. Klara hat auch ihren Mann nie wieder gesehen.
Nach dem Verlust von Vater und Mann musste Klara dann auch noch ihre Heimat verlassen. Vor den einmarschierenden Russen flüchtete sie mit ihrer zweijährigen Tochter in den Westen.
Alles hatte sie nun hergeben müssen. Bettelarm, mit leeren Händen und einem tief verwundeten Herz war alles "Leuchtende" in dunklen Sorgen und düsteren Aussichten untergegangen. Da entdeckte sie in der Liebe und Fürsorge Gottes ein ganz neues Licht. Dieser Liebe schenkte sie ihr Herz und fand eine tiefe Geborgenheit. Ihr Herz heilte langsam aus und begann wieder zu leuchten.
Und Gott ließ sie erkennen, dass andere Menschen noch ärmer dran waren als sie. So nähte sie – man nannte sie deshalb auch liebevoll die "Puschenfrau" – Puschen für die Füße derer, die keine Schuhe hatten. Klara besuchte die Bewohner eines Blindenheimes und brachte mit ihrer Fürsorge etwas Licht in die Welt der Nichtsehenden. Sie packte und verschickte unzählige Pakete und Päckchen an Menschen in Not, versorgte, betreute und förderte über viele Jahre eine Gruppe schwerstbehinderter Kinder und Jugendlicher in einem Behindertenheim.
Sie war nur eine kleine Frau, aber von der Liebe Jesu angeregt, war sie groß in der Treue und stark in ihrer Sorge für die Schwachen. So leuchtete aus ihrem Leben trotz aller Dunkelheiten, durch die sie gehen musste, die Erfahrung, dass die Liebe Jesu birgt und heilt, versöhnt und gebraucht, und dass Gott auch für sie selbst und für ihre Tochter sorgt.
Klara ist nun selbst sehr pflegebedürftig geworden und liegt schon über 10 Jahre – von der Alzheimer-Krankheit gezeichnet – hilflos in einem Gitterbett. Sie wird gefüttert, gewindelt, versorgt und betreut. Und obwohl alles "Leuchtende" erloschen scheint, wird Jesus Christus, dessen Liebe, Fürsorge und Vergebung sie erfahren hat, Klara eines Tages heimholen zu sich in sein ewiges Reich. Dort wird Gott ihre Tränen trocknen. Leid und Krankheit, Krieg und Verlust werden überwunden sein.

Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich!
Matthäus 13,43

Und Klara, die "Leuchtende", wird auch dort sein.

Weil wir Menschen unser Leben führen, gestalten und auch verantworten müssen, machen wir uns Sorgen. Wie leben wir richtig? Was sollen wir tun? Wie können wir Zeit und Geld einteilen, Leib und Gesundheit bewahren, für Kinder und Alter vorsorgen?
"Sorget nicht um euer Leben!", sagt Jesus, "denn niemand kann sein Leben auch nur um einen Tag verlängern, wenn er sich darum sorgt."
Aber wir können die Sorge um unser kleines Leben verlagern auf das, was wir wirklich besorgen und gestalten können. Das ist einmal der heutige Tag. Ihn gilt es richtig zu leben, ganz bewusst und sorgfältig. Und das andere ist, dass wir die Grenze und Sorge unseres kleinen Lebens als Kinder Gottes weit hinaus bis in das ewige Leben verlagern.
So wird aus sorgenvollen Tagen und besorgten Herzen nicht jene Sorglosigkeit, die gleichgültig und verantwortungslos daherkommt, sondern eine sorgsame Gestaltung des heutigen Tages und eine gute Sorgfalt für unser Leben mit Gott bis in Ewigkeit.

Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.
Matthäus 6,33f

Wer das Sterben verdrängt, verhindert auch das Leben. Die Versöhnung mit der Endlichkeit versuche ich mit vier Einsichten.
1. Ich will richtig leben vor dem Tod, ganz bewusst und nach Gottes Willen. Das fordert mich heraus.
2. Alle Menschen müssen sterben. Milliarden sind vor mir gestorben, und alle anderen werden nach mir sterben. Das beruhigt mich.
3. Wo niemand mehr mitgeht, und ich todeinsam wäre, ist Christus bei mir. Das tröstet mich.
4. Ich erwarte ein ewiges Leben nach dem Tod, in dem die Freude vollkommen und alle Tränen von Gott abgewischt sein werden. Das ermutigt mich.

Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen!
Offenbarung 21,4

"Ich bin umgeben von Menschen in großer, unentrinnbarer Bedürftigkeit, und dennoch habe ich nirgends so viel und so großartig gefeiert wie mit diesen Männern und Frauen. Wenn wir zusammen feiern, dann lassen wir nicht Titel, Preise und Beförderungen aufmarschieren, sondern wir feiern, dass das Geschenk des Lebens sich inmitten all der erlittenen Verluste offenbart."

(Henri Nouwen)

Aber am letzten Tag des Festes, der der höchste war, trat Jesus auf und rief,- Wen da dürstet, der-komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.

(Johannes 7,37f)

Wer seine Vergangenheit mit Gott geordnet hat und darum mit ihr versöhnt ist, und wer seine Zukunft in Gottes Hand weiß und darum guter Hoffnung ist, kann heute besser leben, sich an diesem Tag richtig freuen, das, was möglich ist, genießen und was nicht möglich ist, entbehren.

Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.
Hebräer 13,8

"Was der Frühling nicht säte, kann der Sommer nicht reifen, der Herbst nicht ernten und der Winter nicht nutzen." (Johann Gottfried Herder)

So freue dich, junger Mensch, in deiner Jugend und lass dein Herz guter Dinge sein in deinen jungen Tagen. Tu, was dein Herz gelüstet und deinen Augen gefällt; aber wisse, dass dich Gott um das alles vor Gericht ziehen wird. Lass den Unmut fern sein von deinem Herzen und halte fern das Übel von deinem Leibe; denn Kindheit und Jugend sind eitel. Denk an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe die bösen Tage kommen und die Jahre sich nahen, da du wirst sagen: "Sie gefallen mir nicht!"
Prediger 11,9 – 12,1

Weidenröschen
stehen weiß in Weiß,
kerzengerade, hochgewachsen
dicht im Kreis,
wolkenhell, durchsichtig klar,
schöngelockt
in ihrem Silberkräuselhaar.

Diese Wandlung von dem Grün
und leuchtendem Rosé,
tut sie ihnen denn nicht weh
wie die ganze Farbenpracht,
abschiednehmend über Nacht
uns der Herbst hat zugedacht?

Oder meint ihr,
dass es trotzdem lacht
unser Weidenröschen
über sein bestimmtes Weiß,
eingefärbt zum Greis?
Ahnend Schnee und Eis,
wird es sich,
losgelöst von Schaffenszeiten,
auf das nächste schlafend vorbereiten.
(Lieselotte Jacobi)

Die gepflanzt sind im Hause des Herrn, werden in den Vorhöfen unseres Gottes grünen. Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein, dass sie verkündigen, wie der Herr es recht macht; er ist ein Fels, und kein Unrecht ist an ihm.
Psalm 92,14ff

Gott will seine Kinder nicht klein kriegen, sondern groß machen. Und wenn Gott seine geliebten Kinder großzieht, macht er sie bescheiden und demütig.

Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Matthäus 11,29

Bis heute frage ich mich, warum wir als Kinder mit Schlägen und Schmerzen zum Guten gebracht werden sollten. Und in den Gemeinden war man davon überzeugt, dass Gottes Wille immer der schwere Weg und Gottes Wahrheit immer eine schmerzliche war. Alles, was Spaß machte, was Lust und Wohlbefinden bedeutete, konnte unmöglich Gottes Wille und eigentlich nur schädlich sein. Einsichten, die aufbauten, bestätigten und gut taten, konnten unmöglich Gottes Wahrheit und eigentlich nur gefährlich sein. Was dagegen richtig weh tat, den eigenen Willen brach, was ganz schmerzlich war und alle Lust abtötete, war schon deswegen Gottes Wille.
"Das Wort Wahrheit fängt mit einem W an, und das bedeutet, dass die Wahrheit weh tut", heißt es in einer Auslegung aus dieser Zeit. Warum kann Wahrheit nicht auch wohl tun, wärmen und Wonne sein?
Die Wahrheit Jesu ist immer beides: sie deckt schonungslos auf und bringt ans Licht, aber sie deckt liebevoll zu, tut unendlich wohl und hüllt wärmend ein. Jesus rief das "Wehe euch" und das "Wohl euch" ebenso. Die Wahrheit Gottes kann alles in Frage stellen, und alles ein für alle Mal beantworten.

Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit ist Schirm und Schild, dass du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen.
Psalm 91,4f

Die Begrenzung des irdischen Lebens ist, seitdem Jesus für uns gestorben und uns voraus auferstanden ist, keine fürchterliche Sache mehr. Vielmehr fürchterlich wäre es, wenn es nach einem irdischen Leben mit all seinem Kampf und Bruch keinen Sieg und keine Heilung im ewigen Leben geben könnte.
Wir brauchen gegen die Sterbensangst ein kindliches Vertrauen in die Überlebensmacht unseres Herrn. Denn ein Kind, das sich abends schlafen legen lässt, hat keine Angst, aber ein großes Vertrauen darauf, dass es am Morgen in Liebe wieder geweckt wird.

Wir sind aber getrost und haben vielmehr Lust, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn.
2.Korinther 5,8