Stimmt deine Uhr?

Ein Indianer kam einst mit zwei Zeigern zu einem Uhrmacher und bat ihn: "Bring mir diese beiden Zeiger in Ordnung, sie geben schon seit einem halben Jahr die Zeit nicht mehr richtig an." "Aber wo hast du denn deine Uhr?" "Daheim, in meiner Hütte", gab der Indianer zur Antwort. Ja, aber wenn du mir deine Uhr nicht bringst, kann ich sie nicht wieder in Gang bringen", sagte der Uhrmacher "Aber ich habe dir doch gesagt, dass an der Uhr nichts zu reparieren ist, sondern nur an den Zeigern, und die habe ich mitgebracht. Du willst die Uhr nur haben, um mir eine große Rechnung schreiben zu können!" Zornig ging er davon.

Wir denken vielleicht mit überlegenem Lächeln: welch ein törichter Mensch! Aber sind nicht viele Menschen ebenso töricht, wenn sie nur dafür sorgen, dass ihr Lebenswandel in Ordnung ist, dass sie nicht auffallen und niemand ihnen etwas nachsagen kann? Tue recht und scheue niemand, das sind die beiden Zeiger, auf deren rechten Gang wir Wert legen. Aber die Uhr, das Herz, das alles regiert, soll bleiben, wie es ist. Das liefern wir dem großen himmlischen Meister nicht aus, damit er es richtig in Gang bringen kann. Man fürchtet die Kosten. Man hat Angst, dass man mit seiner Lieblingssünde brechen oder sein dickes, altes Ich verleugnen soll. Wenn davon die Rede ist, gehen viele zornig fort und bilden sich dennoch ein, dass die Zeiger richtig gehen, auch wenn sie von Gottes angegebenem Gang bedenklich abweichen. Die Uhr muss ich haben, sagt der große Meister des Lebens.

"Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine. Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege!"

(Psalm 139,23f)

Kurz und bündig

Eine Gemeinde ließ ihrem Pfarrer sagen, er möchte seine Predigten kürzer und einfacher machen. Sie hätten auch am Sonntag nicht so viel Zeit und Kraft, sich mit den Fragen des Lebens und des Glaubens intensiv zu beschäftigen. Der Pfarrer versprach, er wolle es sich einmal durch den Kopf gehen lassen und ihnen am nächsten Sonntag im Gottesdienst eine Antwort geben. Alle kamen gespannt zum Gottesdienst. Als die Predigt beginnen sollte, stieg der Pfarrer langsam und keuchend, stöhnend und ächzend die Stufen zur Kanzel hinauf, hielt mehrmals inne, wischte sich den Schweiß von der Stirn und gelangte nach langem, offensichtlich beschwerlichen Aufstieg doch noch auf die Kanzel. Dort hielt er einen Moment inne, sah die Gemeinde an und rief: "Liebe Gemeinde, schwer und mühsam ist der Weg zum Leben und in den Himmel!" Dann raffte er schnell seinen Talar zusammen, setzte sich blitzartig auf das Treppengeländer und sauste hinunter. Unter angekommen, rief er in die Kirche: "Und so schnell und einfach ist der Weg in die Hölle und das Verderben! Amen!" Damit war die Predigt für heute beendet. Aber die Gemeinde hatte nun begriffen, dass der Weg ins Leben Mühe und Zeit, Überlegung und Sorgfalt braucht. Ohne das geht es schnell bergab im Leben und im Glauben. Und wenn die Predigt mal etwas länger dauerte, dann dachten die Leute an den schmalen Weg, der zum Leben und in die Seligkeit führt.

"Die Pforte ist eng, und der Weg ist schmal, der zum Leben führt, und wenige sind ihrer die ihn finden!"

(Matthäus 7,14)

Das Verderben kommt ganz von allein

Ein Kaufmann braucht sich nicht besonders anzustrengen, um Bankrott zu machen. Er braucht nur einige Zeit sein Geschäft zu versäumen, seine Kunden schlecht zu bedienen, bei seinen Einkäufen nachlässig zu sein, dann ist es schon passiert. – Ein Landwirt braucht kein Unkraut auf dem Acker zu säen, um die Ernte zu verderben. Der Acker bringt das Unkraut von selbst hervor. Der Bauer braucht nur untätig zu sein, und es geht mit seiner Wirtschaft von selbst abwärts. – Ein Angestellter braucht sich keine großen Dinge zuschulden kommen zu lassen, um seine Anstellung zu verlieren. Wenn er seine Arbeit nachlässig tut, wird er bald entlassen sein.

Niemand braucht etwas Besonderes anzustellen, um sein Leben zu verlieren. Es ist nicht nötig, dass man ein Verbrechen begeht oder die Achtung der Menschen verliert. Das Verderben kommt ganz von allein, wenn man gar nichts tut und sich treiben lässt.

Wenn man die Bibel liegen lässt, wenn man das Beten aufgibt, wenn man sich aus der Gemeinde fernhält, wenn man dem wild wachsenden Unkraut im Herzen untätig zusieht, verliert man ganz von selbst die persönliche Beziehung zum Leben. Wenn man nicht auf Jesus hört und seine Liebe ausschlägt, genügt das vollständig, um Gottes Heil zu versäumen und ewig verloren zu gehen.

Paulus sagt: "Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dienet dem Herrn!"

(Römer 12,11)

Lebensschule

In einer kleinen Dorfschule gab es eine Schulinspektion. Der Schulrat kam und fragte die Kinder von der ersten bis zur achten Klasse, was sie lernen. Alle brachten ihre Lektionen vor. Vorne in der ersten Bank saß die kleine Tochter des Lehrers. Sie war noch gar nicht schulpflichtig, aber sie saß schon dabei. Zum Spaß fragte der Schulrat das Mädchen. "Und was lernst du?" Sie antwortete: "Ich lerne stille sein!"

Bevor man wirken kann, muss man still sein. Bevor man etwas Großes tun will, muss man auch Großes empfangen. Bevor man reden will, muss man hören. Und das ereignet sich in der Stille. "Ich lerne das Stillesein!" Diese Phase wird es auch in unserem Leben geben müssen, in der Schule des Lebens, in der wir Warten lernen.

Warum zieht man einen Pfeil, der nach vorne abfliegen soll, zurück? Im Zurückziehen erhält er die Kraft nach vorne, Wucht und Dynamik.

Warum ziehen sich Christen, die im Alltag wirken und schaffen wollen, zurück und gehen in die Stille? Dort empfangen sie die Kräfte und Weisungen für das Leben und Handeln. Dynamik und Lebenskraft empfangen wir im Einswerden mit dem, der Kraft und Leben ist, mit Jesus. Und dieses Einswerden vollzieht sich in der Stille des Gebetes und Horchens.

Alles umsonst

Ein Fuchs fand einmal einen besonders verlockenden Weinberg. Die herrlichen Früchte darin reizten seine Gier. Aber der Weinberg war von allen Seiten sicherumzäunt. Da erblickte der Fuchs, an einer Seitenecke eine winzige Öffnung, durch die er in den Weinberg eindringen wollte. Aber die Öffnung war zu eng. So konnte der Fuchs nicht hineinkriechen. In einer Mischung aus Begierde und Klugheit beschloss der Fuchs so lange zu fasten, bis er durch den Spalt in den Weinberg eindringen konnte. Nach einigen Tagen war er so mager, dass er hineinschlüpfen konnte. Nun fraß er sich an den wunderschönen und reifen Früchten satt – und wurde wieder dick. Als er durch die Öffnung wieder hinauswollte, gelang es ihm nicht. So musste er sich einige Tage verstecken und fasten, bis er wieder so mager war, um durch die Öffnung hindurch sein Leben zu retten. Als er abgemagert hinausgelangte, drehte er sich zum Weinberg um und sagte: "Weinberg, Weinberg! Wie schön bist du, und wie herrlich schmecken deine Trauben. Aber man hat von dir keinen Nutzen. So hungrig man auch hineinkommt, so hungrig geht man aus dir heraus!"

(Nach einem jüdischen Märchen)

So ist es wohl auch mit dieser Welt, in die wir nackt eintreten und sie auch wieder so verlassen, ohne etwas mitnehmen zu können!

(vgl. 1. Timotheus 6,7)

So ist es wohl auch mit den Weinbergen des irdischen Reichtums, der irdischen, Macht und des irdischen Ruhmes. Sie sind so verlockend und scheinen so herrlich. Aber man hat von ihnen keinen Nutzen. Denn abgemagert und unerfüllt muss man sie wieder verlassen!

(vgl. Prediger 6,7)

Im Weinberg dieser Welt ist letztlich alles umsonst. Nichts bringt die letzte Erfüllung unseres Lebens. Nichts stillt auf immer die Sehnsucht unseres Herzens. Gejagt und abgemagert müssen wir die Weinberge dieser Welt wieder verlassen.

Ganz anders ist es im Weinberg Gottes. In seinem Reich, in seiner Liebe, in seiner Gemeinde ist auch alles umsonst. Aber nicht im Sinne von vergeblich und vergänglich, sondern im Sinne von frei und gratis. Gott schenkt uns seine Liebe umsonst. Seine Vergebung ist gratis. Sein Haus ist letztlich und sicher. Dort können wir bleiben und uns satt essen an den reichen Gütern seiner Barmherzigkeit. Dort wird die letzte Sehnsucht gestillt, der Lebenshunger wird befriedigt, und der Durst nach Liebe und Geborgenheit kommt tief zur Ruhe.

Unser Leben ist immer umsonst, entweder tragisch im Sinne der Vergeblichkeit oder glücklich im Sinne der Vollerfüllung.

"Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist!"

(Kolosser 3,2)

Persönlich erlebt

Junge Leute aus der Provinz gaben vor ihren Freunden damit an, dass sie nach New York fahren und das Musical "My fair Lady" besuchen würden. In New York mussten die Jugendlichen feststellen, dass die Vorstellungen auf Monate ausverkauft waren. Sie schämten sich jedoch, unverrichteter Dinge zurückzukommen. So kauften sie sich ein Programm des Musicals und eine Schallplatte mit den schönsten Liedern daraus. Nach den Vorstellungen suchten sie am Ausgang weggeworfene Eintrittskarten auf. Dann fuhren sie nach Hause, zeigten das Programm und die Eintrittskarten, sangen die Lieder und schwärmten den anderen etwas vor von dem berühmten Stück.

Ihre ganze Schau hatte nur einen Haken: sie hatten das Musical nie persönlich erlebt. Sie kannten es nur vom Hörensagen und aus zweiter Hand.

So ist es auch bei vielen Menschen mit dem Glauben. Sie kennen das Programm, haben die Eintrittskarte in Gestalt der Gemeindezugehörigkeit und singen die Lieder. Aber sie haben Jesus nie persönlich erfahren. Und gerade darum geht es, dass wir Jesus persönlich erkennen, folgen und lieben.

"Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb, und nun glaubt ihr an ihn!"

(l. Petrus 1,8)

Von allem nur den rechten Anstrich

Um 1740 suchte eine Gräfin für ihren Jungen einen Erzieher. Man empfahl ihr den später berühmt gewordenen Dichter Gellert. Die Gräfin ließ den jungen Gelehrten kommen und war tief beeindruckt von dessen schlichter Frömmigkeit und großer Klugheit. So machte sie ein Angebot großzügiger Vergütung und stellte auch sonst sehr angenehme Bedingungen. Doch zum Schluss sagte sie:

"Ich bitte mir eines aus. Sie genießen wegen Ihrer Gelehrsamkeit den besten Ruf. Ich verlange nichts weiter als einen leichten Anstrich von Sprachen, Geographie und Geschichte. Sie genießen wegen Ihrer Frömmigkeit den besten Ruf. Machen Sie aber aus meinem Jungen keinen ständig betenden Christen. Es genügt mir vollkommen, wenn mein Sohn die zehn Gebote lernt und sonntags in die Kirche geht. Verstehen Sie mich recht, ich verlange von allem nur den rechten Anstrich!" Gellert erwiderte ihr: "Gnädige Frau, wenn das Ihr Ernst ist, rate ich Ihnen, nehmen Sie lieber einen Anstreicher!" Empfahl sich und ging fort.

Ist unser Glaube an Jesus nur ein frommer Anstrich eines ichsüchtigen Lebens oder die tiefe Durchdringung unseres Seins von den Kräften Jesu? Ist unsere Frömmigkeit nur hübsche Dekoration oder die Grundlage, auf der wir stehen? Ist Gott nur die Girlande unseres Lebens oder der Herr, auf den alles hinzielt? Gott will uns nicht von außen fromm anstreichen, sondern er möchte uns von innen her erneuern.

"Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus!"

(Epheser 4,15)

Wer nicht betet

Ein Bauer ist zu einem Festessen in der Stadt eingeladen. Verwundert erlebt er die heiße Schlacht am kalten Büfett mit. Er sieht, wie die feinen Herren sich begierig ihre Teller füllen und einfach zu essen beginnen. Er bedient sich auch, setzt sich zu Tisch und spricht erst ein Dankgebet. Sein vornehmer Tischnachbar lächelt milde und sagt: "Na Bauer du kommst wohl vom Lande. Seid ihr da alle noch so altmodisch und betet bei Tisch?" "Nein", antwortet der Bauer, "alle nicht." "Das habe ich mir gedacht. Sicher beten bei euch nur die Alten und Rückständigen", fragt der Mann weiter. "Das nicht", meint der Bauer. "Ich will es Ihnen erklären. Sehen Sie, ich habe im Stall ein paar Sauen mit vielen Ferkeln, die fressen alle so. Aber was bei uns Mensch ist, dankt seinem Schöpfer für alle guten Gaben!"

Die Handhabung der Güter ist eine Vorstufe des Lebens, die Beziehung zum Geber erst ist richtiges Leben. Was uns Menschen von den Tieren unterscheidet, ist nicht der aufrechte Gang oder etwas mehr Verstand – daran könnte man noch zweifeln -, sondern dass wir eine persönliche Beziehung des Dankens zu Gott haben können. Wir Menschen brauchen nicht nur Lebensmittel in der Hand, sondern eine Lebensmitte im Herzen.

Ich will von deiner Macht singen und des Morgens rühmen deine Güte!

(Psalm 59,17)

Die richtige Wahl

Ein Segelschiff geriet in einen heftigen Sturm. Der Mast knickte wie ein Streichholz entzwei. Das Steuerruder zerbrach. Schiff und Mannschaft trieben hilflos auf die Klippen einer kleinen Insel zu. Das Schiff zerbarst in einem Felsen, aber die Mannschaft konnte sich retten. Die Lebensmittelvorräte konnten die Männer mit auf die kleine, einsame Insel bringen, darunter auch einen Sack Weizen. Notdürftig rodeten die Männer ein Stückchen Land, um einen Teil des Weizens auszusäen, damit sie überleben konnten. Als sie die Erde umgruben, fanden sie einen Goldschatz. Das Saatgut war vergessen. Alle gruben wie besessen nach dem Gold. Sie waren reich und wohlhabend. Erst als die Lebensmittel aufgebraucht waren, merkten sie, dass sie von dem Gold nicht leben konnten. Angesichts ihres Todes erkannten sie die Wertlosigkeit des Reichtums und den Fluch ihrer Begierde.

Die Insel ist die Welt. Das Saatgut ist Gottes Wort. Die Schiffbrüchigen sind wir. Uns locken Reichtum und Habsucht mehr als Gottes Heil. So müssen wir entdecken, dass man von Gold und Reichtum nicht überleben kann.

Jesus sagt: "Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?"

(Matthäus 16,26)