Was ist eigentlich das Leben?

An einem schönen Sommertag um die Mittagszeit war große Stille am Waldrand. Die Vögel hatten ihre Köpfe unter die Flügel gesteckt, und alles ruhte. Da streckte der Buchfink sein Köpfchen hervor und fragte: "Was ist eigentlich das Leben?" Alle waren betroffen über diese schwierige Frage.

Die Heckenrose entfaltete gerade eine Knospe und schob behutsam ein Blatt ums andere heraus. Sie sprach: "Das Leben ist eine Entwicklung." Weniger tief veranlagt war der Schmetterling. Er flog von einer Blume zur anderen, naschte da und dort und sagte: "Das Leben ist lauter Freude und Sonnenschein."

Drunten im Gras mühte sich eine Ameise mit einem Strohhalm, zehnmal länger als sie selbst, und sagte: "Das Leben ist nichts als Arbeit und Mühsal."

Geschäftig kam eine Biene von einer honighaltigen Blume auf die Wiese zurück und meinte dazu: "Nein, das Leben ist ein Wechsel von Arbeit und Vergnügen!" Wo so weise Reden geführt wurden, streckte auch der Maulwurf seinen Kopf aus der Erde und brummte: "Das Leben? Es ist ein Kampf im Dunkeln."
Nun hätte es fast einen Streit gegeben, wenn nicht ein feiner Regen eingesetzt hätte, der sagte: "Das Leben besteht aus Tränen, nichts als Tränen." Dann zog er weiter zum Meer. Dort brandeten die Wogen, warfen sich mit aller Gewalt gegen die Felsen und stöhnten: "Das Leben ist wie ein vergebliches Ringen nach Freiheit!" Hoch über ihnen zog majestätisch der Adler seine Kreise. Er frohlockte: "Das Leben, das Leben ist ein Streben nach oben." Nicht weit vom Ufer entfernt stand eine Weide. Sie hatte der Sturm schon zur Seite gebogen. Sie sagte: "Das Leben ist ein Sich neigen unter eine höhere Macht."

Dann kam die Nacht. Mit lautlosen Flügeln glitt der Uhu über die Wiese dem Wald zu und krächzte: "Das Leben heißt: die Gelegenheit nützen, wenn andere schlafen." Und schließlich wurde es still in Wald und Wiese. Nach einer Weile kam ein junger Mann des Wegs. Er setzte sich müde ins Gras, streckte dann alle Viere von sich und meinte, erschöpft vom vielen Tanzen und Trinken: "Das Leben ist das ständige Suchen nach Glück und eine lange Kette von Enttäuschungen." Auf einmal stand die Morgenröte in ihrer vollen Pracht auf und sprach: "Wie ich, die Morgenröte, der Beginn eines neuen Tages bin, so ist das Leben der Anbruch der Ewigkeit!"

(Ein schwedisches Märchen)

Bei aller Freude und aller Mühsal, bei allem Kampf und allem Dunkel, bei aller Lust und allen Tränen ist unser Leben auf die Ewigkeit hin angelegt. Leben ist Anbruch und Aufbruch, Leben ist auf Kommendes aus, ein echtes Abenteuer.

Auf der Flucht

Es lebte einst ein Kaiser in China. Eines Abends ging er über die blühenden Terrassen seiner kaiserlichen Gärten und erfreute sich an der Schönheit seiner Blumen und an dem Duft der Rosen. – Da stürzte sein oberster Gärtner, die Treppe heraufstürmend, dem Kaiser vor die Füße in den Staub "O mächtiger Herr, höre mich an! Eben sah ich, als ich dort unten deine Rosenbüsche begoss, den leibhaftigen Tod. Dort hinter einem Baum spähte er hervor und drohte mir mit der Faust. Sicher will er mir an das Leben. Leihe mir, Herr, dein schnellstes Pferd Zephir, das rascher als der Westwind ist, und lass mich entfliehen nach Tschanga, deinem entferntesten Schloss, das du in den Bergen versteckt hast. Noch vor Aufgang des Mondes kann ich dort sein. Dort wird mich der Tod nicht finden." – "Nimm das Pferd! Um sein Leben zu bewahren, muss man alles einsetzen."

Der Gärtner stürmte davon nach den Ställen. Bald hörte man den silbernen Hufschlag eines entfliehenden Pferdes. – Sinnend ging der Kaiser weiter. Aber plötzlich sah auch er dicht vor sich mitten in den Rosen den Tod. Doch der Kaiser fürchtete sich nicht, sondern trat ihm rasch entgegen und fuhr ihn an: "Warum erschreckst du meinen Gärtner und bedrohst meine Leute vor meinen Augen?" Da verneigte sich der Tod und sprach: "Erhabener Herr, vergib mir, dass ich dich erzürnte. Aber ich habe deinen Gärtner nicht bedroht. Als ich ihn so unerwartet vor mir sah in deinen Rosen, konnte ich ein Zeichen der Verwunderung nicht unterdrücken. Denn heute früh gebot mir der hohe Herr des Himmels, diesen deinen Gärtner heute Abend beim Aufgang des Mondes in deinem Schloss Tschanga abzuholen. Darum wunderte ich mich, dass ich ihn hier traf, so weit von jenem Schloss entfernt!"

Da neigte sich der Kaiser ehrfürchtig vor dem unsichtbaren Herrn über Leben und Tod. Und er blickte dann lange in den Kelch einer Rose. Und er dachte: ‚Da rast nun der Mann auf dem schnellsten Pferd, das niemand einholen kann, vor dem Schicksal fliehend seinem Schicksal entgegen!‘

"Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen. Aber ihr wollt nicht und sprecht: ,Nein, sondern auf Rossen wollen wir dahinfliegen … und auf Rennern wollen wir reiten,‘ – darum werden euch eure Verfolger überrennen!"

(Jesaja 30,15f)

Ich weiß!

Zwei Worte, die so sicher klingen, die aber tief verletzen können. Einmal werden die Worte "Ich weiß!" drohend und bloßstellend gebraucht. "Ich weiß Bescheid!" "Ich kenne dich!" "Ich weiß alles!" Wie Stiche dringen diese nackten Wahrheiten in die Seelen anderer ein und bleiben darin mit ihren spitzen Widerhaken sitzen. Die Freude am Wissen um die Schwächen eines anderen Menschen vergiftet nicht nur die Beziehung, sondern auch das eigene Gemüt. Wissen ohne Liebe macht krank. – Auch Jesus weiß um unsere Schwächen und Sünden, aber sein Wissen ist an die Liebe gebunden. Darum stellt er uns nicht bloß, sondern bietet uns seinen Schutz an. "Ich weiß deine Werke.." klingt bei Jesus nicht drohend, sondern einladend, wenn nötig, auch zur Umkehr (Offenbarung 2 und 3).

Zum anderen sagen wir zu Leidenden und Trauernden "Ich weiß!" Die Worte sind gut gemeint und geben Vertrautheit mit dem Leid des anderen vor. Aber gerade darin sind sie so verletzend. Einer offenbart seine innerste Not, und der Tröstende antwortet "Ich weiß!" Wenn er dann noch seine Leiderfahrungen schildert, bleibt der andere einsam und verletzt zurück. Gerade die angebliche Einfühlung in die Not des anderen offenbart das fehlende Einfühlungsvermögen. Niemand kann wirklich in den Schuhen eines anderen laufen, mit seinem Herzen fühlen und seinen Augen sehen. Jedes Herz erfährt seine eigene Bitterkeit. Keine zwei Leiden sind vergleichbar. Wer sie als Leidender vergleicht, verletzt sich selber. Wer sie als Tröstender vergleicht, verletzt den anderen. In der Vorgabe des Vertrautseins mit dem Schicksal des anderen wird das Vertrauen des Betroffenen zerstört. Das viel tiefere Verständnis liegt in dem Eingeständnis der Unfähigkeit, alles vom anderen begreifen zu können. "Ich weiß!" zu einem Leidenden klingt viel zu überheblich und anmaßend, als könnten wir den anderen ganz verstehen, seine Nöte als eigene nachempfinden. Darin überschätzen wir uns als Tröstende und setzen den Leidenden herab. Die Achtung vor dem Leid des anderen, also die scheinbare Distanz, wäre in diesem Fall die größere Nähe. Man kann mit dem anderen eher eins werden, wenn man ihn in seinem eigenen Schicksal respektiert. Wenn Jesus sagt: "Ich weiß deine Trübsal und deine Armut!" (Offenbarung 2,9), ist es nicht zuviel gesagt. Er ist der einzige, der wirklich mit uns leidet und unsere Nöte als seine eigenen erfährt. Seine wirkliche Vertrautheit mit uns macht unser Vertrauen zu ihm nur fester und inniger.

"Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!"

(Matthäus 28,20)

Mehr Leben in die Jahre

Auf dem Sterbebett soll Königin Elisabeth 1. gesagt haben: "All meinen Besitz für einen Augenblick Zeit!" Das ist die Sehnsucht des sterblichen Menschen: Mehr Jahre in das Leben! Ein Stück weit hat die moderne Medizin diesen Raum erfüllt. Und wir wollen dankbar sein, dass viele Krankheiten, die früher Kinder und Erwachsene in der Blüte des Lebens hinweggerafft haben, heute überwunden werden können. Mehr Jahre in das Leben, eine Lebensverlängerung ist oft ein Geschenk. Aber noch viel wichtiger wäre das andere: Mehr Leben in die Jahre!

Was nützen einige Jahre mehr, wenn sie nicht mit Leben erfüllt sind. Bloße Zeit wird zur Last, erfüllte Zeit erst wird zur Lust am Leben.

Wenn es von den Menschen in der Bibel heißt, sie starben "alt und lebenssatt" (l. Mose 25,8), dann ist damit gemeint, dass sie in all den Jahren mit Leben gesättigt wurden. Ihr Lebenshunger wurde gestillt, nicht nur mit vielen Jahren, sondern mit Lebenserfüllung.

Wie anders wird die Lebenszeit erfahren, wenn sie durch hohle Köpfe und durchlöcherte Seelen hindurchrinnt, die Jahre leer bleiben und die Menschen sagen, sie hätten das Leben satt.

Mehr Leben in die Jahre ist unsere tiefste Sehnsucht und zugleich der tiefste Wille Gottes mit den Menschen. So kann die Begegnung mit dem lebendigen Gott unser Leben trotz aller Not und Sorge, Last und Gefahr eine erfüllte Zeit sein, die auf ein großes Ziel hin angelegt ist: die Ewigkeit.

Sind unsere Seelen mitgekommen?

Wissenschaftler unternahmen in Afrika eine Expedition. Sie warben mehrere schwarze Träger an und trieben sie eilig mit den schweren Gerätekisten voran. Nach drei Tagen Eilmarsch warfen die Schwarzen die Lasten ab, setzten sich auf die Kisten und waren weder durch gute Worte noch Geld zu bewegen weiterzulaufen. Nach dem Grund ihrer Weigerung gefragt, antworteten sie: "Es geht zu schnell, unsere Seelen kommen nicht mit, wir müssen warten, bis unser Inneres nachkommt, dann gehen wir weiter!" Sie hatten ein Gespür dafür, dass bei dieser Hetze der innere Mensch zurückbleibt.

Sind in der rasanten Entwicklung von Fortschritt und Technik unsere Seelen mitgekommen? Wirtschaftswachstum und Wissensexplosionen halten uns in Atem, aber ist der innere Mensch mitgewachsen? Haben wir bedacht, dass zum Leben mehr als Rennen und Laufen, Hasten und
Jagen, Einkommen und Auskommen, Schaffen und Vermehren nötig sind? Haben wir an die Bedürfnisse unserer Seele gedacht? Haben wir Frieden mit uns selbst, miteinander, mit Gott? Haben wir einen Herrn, dem wir unsere Sorgen abgeben können? Haben wir ein Hoffnungslicht, um die Gespenster der Angst vertreiben zu können? Haben wir eine Liebe empfangen, die unsere aufgescheuchte Seele zur Ruhe bringt?

Vielleicht müssten wir uns auch mal auf die Kisten und Geräte setzen und warten, bis die Seelen nachkommen. Das täte uns Menschen, dem Leben und der Umwelt gut.

"Machet euch keine Unruhe, trachtet vielmehr nach seinem Reich, so wird euch das alles zufallen!"

(Lukas 12,29.31)

Wer einen weiten Weg hat, läuft nicht

Das Modewort unserer Zeit heißt Zerstreuung. Die Sinne werden zerstreut. Die Gedanken werden auseinandergewirbelt. Die Kräfte werden verschwendet, Geld und Gut vertändelt und die Gesundheit aufs Spiel gesetzt.

Das Geheimnis eines richtigen Lebens heißt Sammlung. Sammlung der Sinne und Gedanken um eine Lebensmitte: Gottes Liebe! Sammlung der Kräfte und Gaben zu einem größeren Ziel: Gottes Willen! Sammlung der Menschen und Güter zu einer Bestimmung, die über den einzelnen hinausgeht: Gottes Gemeinde!

Wie anders wird ein Leben, wenn man seine Zeit als einen Weg versteht, der sorgsam ausgegangen, Abschnitt um Abschnitt, Stufe um Stufe bewusst gelebt wird nach den Weisungen, die uns Gott gegeben hat. Der Weg führt dann zu einem Ziel, das weit über uns kleine Menschen hinausreicht.

Lebenszeit ist ein Weg in die Ewigkeit. Und wer einen weiten Weg hat, der läuft nicht. Er rennt auch nicht besinnungslos herum in der Angst, etwas zu verpassen. Aber er bleibt auch nicht sorgenvoll stehen, weil er kein Ziel sieht. Wir werden beides leben: den Weg ganz ausgehen, das Ziel ganz im Auge behalten.

"Ich werde allen meinen Beschäftigungen mit Ruhe nachgehen, mit Gemessenheit, unsäglicher Einfachheit, als wenn ich gerade nur dafür auf die Welt gekommen wäre, als ob mir Jesus das selber aufgetragen hätte, vor mir stünde und mir dabei zuschaute!"

(Papst Johannes XXIII.)

Ein Tag der sagt dem andern,
mein Leben sei ein Wandern
zur großen Ewigkeit.
0 Ewigkeit, so schöne,
mein Herz an dich gewöhne,
mein Heim ist nicht in dieser Zeit.

(Gerhard Tersteegen)

Warum lässt Gott das zu?

Warum lässt Gott das zu,

dass die Sonne über alle Menschen ihr Licht verströmt, dass der Regen die Erde feuchtet, dass Pflanzen aufwachsen und Blumen blühen, dass Bäume leben und Früchte bringen, dass Vögel und Insekten durch die Luft schwirren, Fische das Wasser beleben und Menschen und Tiere die Erde bevölkern?

Warum lässt Gott das zu,

dass Mann und Frau sich in der Liebe erkennen, dass Kinder geboren und groß werden, dass Augen sehen, Ohren hören, Hände tasten und Menschen miteinander sprechen können?

Warum lässt Gott das zu,

dass Menschen denken und arbeiten, ruhen und spielen, lieben und lachen, laufen und leben können, dass sie Bilder malen und anschauen, Musik machen und anhören, Bücher schreiben und lesen, Häuser bauen und bewohnen können?

Warum lässt Gott das zu,

dass es Jahreszeiten und Festzeiten, Saat und Ernte, Himmel und Erde, Land und Meer, Berge und Täler, Flüsse und Meere, Wege und Ziele gibt?

Warum lässt Gott das zu, dass wir atmen und essen, singen und tanzen, nehmen und geben, festhalten und loslassen, forschen und erkennen, planen und aufbauen können?

Warum lässt Gott das zu,

dass die Erde von der Sonne so weit entfernt ist, dass das Leben gewärmt, aber nicht verbrannt wird, dass sich die Erde um sich selber dreht, damit Tag und Nacht, Licht und Dunkel entstehen, dass die Erdachse um 23 Grad geneigt ist, damit es vier Jahreszeiten gibt?

Warum lässt Gott das zu,

dass Menschen zu ihm kommen, mit ihm reden, unter seiner Obhut Zuflucht finden und für ihre Sünde Vergebung erlangen können?

Warum lässt Gott das zu,

dass sein Sohn Jesus Christus für uns lebt, leidet, stirbt, aufersteht und wiederkommt, damit wir nach einem erfüllten Leben hier an einem ewigen Leben dort mit Gott teilhaben dürfen?

Warum lässt Gott das zu? Weil er es gut meint!

"Habe deine Lust am Herrn; der wird dir geben, was dein Herz wünscht!"

(Psalm 37,4)

Warum?

Eltern hatten zwei Kinder. Als ihre Tochter im blühenden Jugendalter starb, ließen sie auf den Grabstein meißeln: "Warum?" Klagend, anklagend hallte dieser Schrei wider und blieb ohne Antwort. Als sie Jahre später auch ihren Sohn begraben mussten, ließen die Eltern auf den Grabstein schreiben: "Gott weiß, warum!" Die Frage ist geblieben. Und es gibt keine einfache Antwort darauf. Aber die Eltern wandten sich jetzt mit ihrer Frage an Gott. Ihre Frage nach dem Warum war eingekleidet in das Vertrauen zu Gott und sein Wissen und Weisen. So wollen auch wir nicht mit halben Antworten zu den Leidenden kommen, sondern Leidende und ihre tiefen Fragen zu Gott bringen.

Unsere nackten Fragen brauchen ein Kleid. Die bloße Frage nach dem Warum, die uns immer wieder verletzt und durchbohrt, muss eingekleidet sein in das schützende Vertrauen zu Gott.

"Auf dich bin ich geworfen von Mutterleib an, du bist mein Gott von meiner Mutter Schoß an!"

(Psalm 22,11)

Bewahrung im Leiden

Eine Familie machte einen Sonntagsspaziergang. Drei muntere Kinder liefen ihren Eltern auf einem Schotterweg voraus. Das älteste der Kinder sprang vorneweg und schaute sich immer wieder um nach den beiden Geschwistern. Die Kinder liefen auf einen unbeschrankten Bahnübergang zu. In ihrer Freude am Spiel hatten sie alles um sich herum vergessen, hatten nur Augen und Ohren für ihr Fangen. So hörten sie nicht den herannahenden Zug. Direkt vor dem Bahnübergang stolperte das Mädchen und schlug der Länge nach hin. Im selben Augenblick brauste der Zug vorüber. Das Mädchen weinte über das schmutzige Kleid und die blutigen Knie. Der ganze Sonntag, alle Freude und Lust am Spiel schien ihr verdorben, sie fühlte nur den brennenden Schmerz und wollte sich kaum trösten lassen. Die Eltern aber sahen hinter dem kleinen Unglück die große Bewahrung vor der viel größeren Gefahr.

Wie oft hat Leid das Leben eigentlich geschont und bewahrt. Wie viele Menschen sind angesichts des Todes zum Leben gekommen, in schwerer Krankheit eigentlich heil geworden, in Erschütterungen aufgewacht, durch Verluste zum tieferen Reichtum gelangt und haben an den Grenzen zur Mitte des Lebens gefunden.

"Wir wissen aber dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen!"

(Römer 8,28)

Offene Fragen

Ein alter Pfarrer lag schwerkrank im Bett und litt große Schmerzen. Ein junger Vikar besuchte ihn und wollte ihn trösten. Wohlmeinend, sagte er: "Wen Gott lieb hat, den züchtigt er!" Worauf der alte Mann bedächtig und unter Schmerzen antwortete: "Ja, aber jetzt wünschte ich, dass Gott mal wieder einen anderen Menschen liebt!"

Nicht jedes Leid ist auch aus der Liebe Gottes geboren und als freundliche Zurechtweisung gemeint. Das Leid Hiobs kommt gar nicht von Gott, sondern vom Gegenspieler Gottes. Es ist nicht Ausdruck der Liebe Gottes, sondern der Hass des Bösen. Gott hatte an Hiob gar nichts zurechtzuweisen und keinen Grund, ihn mit Leid heimzusuchen, war er doch im Glück und Wohlergehen ganz bei Gott und untadelig.

Oft kommt das Leid auch vom Bösen, und an den Guten tobt es sich aus. Die Frage, warum Gott es zulässt, bleibt offen. Niemand wird die Frage, warum Gott es dem Satan gestattet, Hiob so zu schlagen, beantworten können. Aber auch mit den vielen offenen Fragen dürfen wir im Vertrauen zu Gott gehen. Wir müssen nicht alles wissen und können doch ganz vertrauen.

"Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Weit Ende!"

(Matthäus 28,20)