Gott kann

Er war nicht sehr groß und auch nicht sehr klein. Er war ein ganz normaler Stein irgendwo am Rande eines Feldes. Schon lange, schon immer lag er hier oberhalb des Dorfes auf einem sanft abfallenden Hang. Der Stein hatte ein beschauliches Alltagsleben zwischen Feld und Weg abseits des regen Dorflebens. Eines Tages vernahm er in sich eine Stimme: "Du müsstest eigentlich ganz woanders liegen, unten, wo der Weg das Dorf erreicht, an der alten Mühle, wo die Kinder im Bach spielen!" Der Stein wehrte sich energisch gegen diese Stimme: "Das ist unmöglich, ich bin ein Stein, ich kann mich nicht fortbewegen. Ich bin schließlich kein Vogel, der fliegen kann, kein Wagen, der rollt, keine Schnecke, die kriecht, kein Wind, der umherbrausen kann!" So sprach der Stein. Aber die Stimme ließ nicht locker, und der Stein beharrte auf seinem Einwand gegen jede Veränderung. Da brach hoch oben in den Bergen
ein Gewitter los. Blitze zuckten, Stürme jagten die Regenwolken heran, Wassermassen stürzten vom Himmel. Die Flüsse wurden zu reißenden Strömen, kleine Bäche traten über die Ufer, und mancher Weg verwandelte sich in einen kräftigen Wasserlauf. Schmutzigbraunes Wasser gurgelte auch den kleinen Weg, an dem der Stein seinen festen Platz hatte, herunter, rauschte und schäumte talwärts und riss den Stein mit sich fort. Er stieß sich hier und da, verlor an einigen Ecken und Kanten etwas von seiner Form und landete schließlich, als das Unwetter nachließ und der Regen aufgehört hatte, genau an der Stelle, von der die Stimme gesprochen hatte, an der alten Mühle, wo die Kinder im Bach spielten. Der Stein wusste gar nicht so genau, wie er dahin gekommen war. Aber nun lag er dort!

Wie oft scheint eine Veränderung in unserem Leben unmöglich. Wie oft scheint es uns aussichtslos, die Weisungen Gottes zu befolgen. "Sollte aber dem Herrn etwas unmöglich sein?" (l. Mose 18,14; vgl. Jererma 32,17.27).

"Es ist dem Herrn nicht schwer durch viel oder wenig zu helfen!"

(I. Samuel 14,6)

Die andere Schönheit

"Lobe den Herrn, meine Seele! Herr mein Gott; du bist sehr herrlich, du bist schön und prächtig geschmückt. Licht ist dein Kleid, das du anhast!"

(Psalm 104,1f)

Gott ist schön. Aber er hat seine Schönheit unter dem Kleid seiner Schöpfung verborgen. Wenn Gott sich in seiner letzten Schönheit zeigte, niemand würde noch irgend etwas anderes ansehen. Wer würde schon eine bunte Sommerblume, eine rosa Wolke, ein Abendrot oder einen Sonnenaufgang, einen Berggipfel oder einen Sternenhimmel, einen herrlichen Regenbogen oder einen Tautropfen, ein drolliges Tier oder einen liebreizenden Menschen anschauen, wenn man Gott sehen könnte. Gott hat seine letzte Schönheit verhüllt, damit wir seine Welt anschauen und unsere Blicke gespannt bleiben auf Kommendes, wenn wir einmal noch mehr von Gott sehen werden. Schauen wir also erst mal das schöne Kleid Gottes an: "Schön sind die Wälder, schön sind die Felder in der schönen Frühlingszeit. Schön leucht‘ die Sonne, schön leucht‘ der Monde und die Sterne allzumal. Schön sind die Blumen, schöner sind die Menschen in der frischen Jugendzeit!"

Noch viel schöner ist die Liebe Gottes in der Gestalt Jesu: Jesus ist schöner, Jesus ist reiner, der unser traurig Herz erfreut. Alle die Schönheit Himmels und der Erden ist verfasst in dir allein. Nichts soll mir werden lieber auf Erden als du, der schönste Jesus mein."

Noch einmal hat Gott seine Schönheit verborgen im Leben und Leiden, Sterben und Auferstehen seines Sohnes. Das ist die andere Schönheit Gottes:

"Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg!"

(Jesaja 53,2f).

Das war so schrecklich und schmerzlich, als Jesus für uns in den Tod und die Gottverlassenheit ging, dass Menschen nicht hinsehen mochten und auch die Sonne ihr Licht verweigerte. Aber für die Augen des Glaubens und das Gesicht der Liebe ist es das Schönste, was Menschen schauen können. Gott liebt uns bis zum Letzten. "Schönster Herr Jesu, Herrscher aller Herren, Gottes und Marien Sohn, dich will ich lieben, dich will ich ehren, du meiner Seele Freud und Wonn."

Die Schönheit Gottes wird darin erkennbar, dass er in die Wirklichkeit und Hässlichkeit unserer Welt hinabsteigt. Die Schönheit seines Erbarmens entspricht dem Schrecken unserer Erbärmlichkeit. Das ist die andere Schönheit Gottes. Gott ist nicht zu schön, um wahr zu sein. Gott ist so schön, dass er die ganze Wahrheit des Lebens mit der vollkommenen Liebe zum Leben verbindet. Das ist die Schönheit Gottes, die hilft und heilt, tröstet und trägt.

Gott ist in seiner Liebe schön. Und wir werden es im Loben. Gott ist in seiner Schöpfung schön. Und wir werden es im Staunen. Gott ist in Jesus schön. Und wir werden es in der Nachfolge Jesu. Gott ist in seiner Hingabe schön. Und wir werden es im Dienst für ihn. Gott ist in seinen Worten schön. Und wir werden es in der Antwort der Anbetung. "Lobe den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott…"

Falsche Bilder

Gott schuf den Menschen nach seinem Bild. Aber der Mensch verkehrt diesen Zusammenhang und schafft sich einen Gott nach seinem Bild.

Die Israeliten konnten Gott hören, aber nicht sehen. Gott sprach zu ihnen, und sie sollten nach seinen Worten leben. Aber sie wollten lieber einen Gott, den man sehen kann, der aber nicht in das Leben hineinredet. So machten sie sich das goldene Kalb. Ein schöner Gott, glänzend und goldig, aber stumm und wortlos, eben anspruchslos.

Gott leugnen ist die eine, die theoretische Form des Atheismus.

Gott für sich benutzen ist eine andere, die praktische Form des Atheismus.

Wir machen uns unseren Gott, und er soll uns bei unserem ichsüchtigen Streben nach Glück helfen.

Der Feuerwehr-Gott, der schnell kommen soll, wenn es brennt. Aber besser ist, man braucht ihn gar nicht.

Der Kindermädchen-Gott, der sich im Hintergrund aufhält, aber für die Sicherheit der Kinder verantwortlich ist.

Der Planierraupen-Gott, der die Hindernisse auf dem Weg zum Glück beiseite schieben soll.

Der Waschlappen-Gott, der uns von Zeit zu Zeit vom Staub und Dreck des Lebens reinigt.

Der Drogen-Gott, der uns aus Trauer und Angst in Hochstimmungen führt.

Der Lückenbüßer-Gott, der einspringt, wo wir nicht mehr weiterwissen.

Der Urknall-Gott, der einmal am Anfang alles in Gang gesetzt und sich dann zurückgezogen hat.

Der Milchstraßen-Gott, der als höheres Wesen irgendwo dazugehören darf.

Der Dekorations-Gott, der unsere Familienfeste und Lebenshöhepunkte wie eine hübsche Girlande verschönern soll.

Der Automaten-Gott, der funktioniert, wenn man Glaube und Gebet einwirft.

Der Wunscherfüller-Gott, der darauf wartet, sich bei uns beliebt zu machen.

Der Vorzeige-Gott, der in unserem frommen Leben die erste Geige spielt, aber am Dirigentenpult stehen wir und bestimmen die Einsätze Gottes.

Es gibt zwei Wege einer Sünde: Gott abschaffen und leugnen und Gott einspannen und benutzen.

Wir sind Gottes Schöpfung. Wehe uns, wenn wir das umkehren und Gott zu unserer Schöpfung machen. Das ist eigentlich die Ursünde: das Verkehren und Verfehlen des Göttlichen zum Menschen.

Dennoch

Von einem Juden wird erzählt, dass er mit Frau und Kind der spanischen Inquisition entflohen war und über das stürmische Meer in einem kleinen Boot zu einer steinigen Insel trieb. Es kam ein Blitz und erschlug die Frau. Es kam ein Sturm und schleuderte das Kind ins Meer. Allein, elend, nackt und geschlagen geht der Jude seinen Weg weiter und spricht zu Gott: "Gott Israels, ich bin hierher geflohen, um dir ungestört dienen zu können, um deine Gebote zu erfüllen und deinen Namen zu heiligen; du aber hast alles getan, damit ich nicht an dich glaube. Solltest du meinen, es wird dir gelingen, mich von meinen Weg abzubringen, so sage ich dir, mein Gott und Gott meiner Väter: es wird dir nicht gelingen. Du kannst mich schlagen, mir das Beste und Teuerste nehmen, das ich auf der Welt habe. Du kannst mich zu Tode peinigen – ich werde immer an dich glauben. Ich werde dich immer lieben – dir selber zum Trotz!"

(Zvi Kolitz)

"Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden, als mit unseren vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Schicksal ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet."

(Dietrich Bonhoeffer)

"Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind!"

(Römer 8,28)

So geht es nicht

Es war eine wunderbare Hochzeitsfeier. Ein strahlendes Brautpaar, fröhliche Gäste, erlesene Speisen und Getränke, wertvolle Geschenke, ausgelassenes Feiern machten ein herrliches Fest. Eine unvergessliche Hochzeitsreise schloss sich an. Auf der Rückfahrt wird die junge Frau plötzlich ernst und erklärt ihrem Mann: "Ich danke dir für alles, für deine Liebe, dafür, dass ich zu dir gehören und mit dir verbunden sein kann. Aber nun möchte ich doch lieber in meine alte Wohnung, in meinen alten Beruf, zu meinen alten Freunden. Ich möchte schon deine Frau sein, aber doch lieber für mich leben! Ich komme einmal in der Woche zu dir. Wenn ich dich brauche, rufe ich dich an. Aber sonst möchte ich allein klarkommen. Wenn ich krank bin oder Geld brauche, in Schwierigkeiten stecke oder nicht weiter weiß, melde ich mich sofort bei dir. Ich bin ja so froh, dass ich einen guten Mann habe. Aber ich möchte meinen Lebensalltag doch gern allein bestimmen. Wenn ich später einmal sterbe, möchte ich natürlich ganz in dein Haus kommen. Aber ich hoffe, dass das noch sehr lange dauert!"

Mit dem jungen Ehemann empfindet wohl jeder: So geht es nicht. Das ist doch keine Ehe! – Und doch leben viele Christen ihre Glaubensbeziehung zu Jesus genauso. Sie haben einen wunderbaren Herrn. Aber ihr Alltagsleben bestimmen sie allein. In Not und Schwierigkeiten rufen sie zu Jesus. Aber sonst gehen sie in ihren alten Gewohnheiten auf. Die Ewigkeit wollen sie selbstverständlich bei Jesus verbringen. Aber im Leben wollen sie doch lieber allein zurechtkommen. Sie tragen den Namen ihres Herrn. Aber sie leben letztlich im eigenen Namen. Darum lässt Jesus ihnen sagen: "Du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot. So denke nun daran, wie du empfangen und gehört hast, und halte es fest und tue Buße!" (Offenbarung 3,1.3)

Durchkreuzte Pläne

Der englische Maler Thornbill hatte den Auftrag erhalten, das Innere der Kuppel in der St. Paul’s Cathedral in London auszumalen. Nach vielen arbeitsreichen Monaten hatte er einen Abschnitt dieses ehrenvollen Auftrages beendet. Nun schritt er auf dem Gerüst rückwärts, um zu sehen, wie die Bilder aus der Entfernung wirkten. Seine Augen fest auf die Malerei gerichtet, ging er so weit zurück, dass er bis an den Rand des Gerüstes gekommen war, ohne es zu merken. Noch einen halben Schritt weiter, und er wäre unweigerlich abgestürzt. Einer der Gehilfen des Malers bemerkte die schreckliche Gefahr, ergriff einen Pinsel und zog über das nahezu vollendete Gemälde einen breiten Strich. Der Maler, außer sich vor Zorn, sprang vorwärts, um den vermeintlichen Frevler zurückzureißen. Sein Zorn verwandelte sich aber in Dank, als der Gehilfe sagte: "Herr, dadurch, dass ich die Malerei verdarb, habe ich Ihr Leben gerettet. Hätte ich gerufen, so hätten Sie sich vermutlich umgewandt und wären abgestürzt."

So macht Gott manchmal einen Strich durch unsere schönen Lebensbilder und Vorstellungen, um uns vor dem Sturz in den Abgrund zu bewahren.

"Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr!"

(Jesaja 55,8)

Glück und Unglück

Eine Parabel aus China erzählt von einem armen Bauern, der einen kleinen Acker mit einem alten, müden Pferd bestellte und mehr schlecht als recht mit seinem einzigen Sohn davon lebte. Eines Tages lief ihm sein Pferd davon. Alle Nachbarn kamen und bedauerten ihn wegen seines Unglücks. Der Bauer blieb ruhig und sagte: "Woher wisst ihr, dass es Unglück ist?" In der nächsten Woche kam das Pferd zurück und brachte zehn Wildpferde mit. Die Nachbarn kamen und gratulierten ihm zu seinem großen Glück. Der Bauer antwortete bedächtig: Woher wisst ihr, dass es Glück ist?" Der Sohn fing die Pferde ein, nahm sich das wildeste und ritt darauf los. Aber das wilde Pferd warf ihn ab, und der Sohn brach sich ein Bein. Alle Nachbarn kamen und jammerten über das Unglück. Der Bauer blieb wieder ruhig und sagte: "Woher wisst ihr, dass es ein Unglück ist?" Bald darauf brach ein Krieg aus, und alle jungen Männer mussten zur Armee. Nur der Sohn mit seinem gebrochenen Bein durfte zu Hause bleiben.

Wir sehen Glück und Unglück oft nur vordergründig, ungenau und falsch. Wir denken – wie die Nachbarn – nur an das Sichtbare und Heutige. Aber die Dinge liegen oft ganz anders und tiefer und in größeren Zusammenhängen. Gott sieht die Ereignisse ganz anders. Er sieht die Hintergründe, die Zusammenhänge und die Auswirkungen. Wichtiger als das Verstehen ist dann das Vertrauen!

"Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken!"

(Jesaja 55,8f)

Blind glauben

In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz
und mach es gänzlich stille in Freud und Schmerz.
Lass ruhen zu deinen Füßen dein armes Kind,
es will die Augen schließen und glauben blind!

Dieses Lied von Julie Hausmann wird oft belächelt und der Vereinfachung verdächtigt. Man wirft den Christen vor, dass sie die Augen vor der Härte des Lebens verschließen und blind glauben, statt sehend zu werden.

Als junge Braut war Julie Hausmann unterwegs, um ihrem Verlobten, der als Missionar tätig war, nachzureisen. Sie konnte die Ankunft des Schiffes und den Tag der Hochzeit kaum noch erwarten. Endlich legte das Schiff an. Ein Freund des Bräutigams holte sie ab und führte sie, ganz behutsam erklärend, zu dem kleinen Friedhof der Missionsstation. Dort hatte man vor wenigen Tagen ihren Verlobten begraben. Eine Welt brach für die junge Frau zusammen. In ihrem Schmerz schloss sie sich in der Missionsstation ein und weinte Tag und Nacht und schrie zu Gott. Nach drei Tagen und Nächten schloss sie wieder auf und brachte das bekannte Lied mit: "So nimm denn meine Hände und führe mich…" Sie hatte die Not in ihrer ganzen Härte, das Leben in seiner Unbegreiflichkeit, Gott in seiner Maßlosigkeit gesehen. Und wer Gott gesehen hat als einen Herrn, dem kein Leid und keine Not Grenzen setzt, der kann blind glauben.

Wer Gott gesehen hat in seiner Unbegreiflichkeit und Maßlosigkeit, der kann blind glauben, dass alles gut wird, so schlecht es auch sein mag. "Wenn ich, auch gleich nichts fühle von deiner Macht, du führst mich doch zum Ziele, auch durch die Nacht!" Christen freuen sich daran, wenn sie die Liebe Gottes fühlen. Aber sie glauben auch noch daran, wenn sie sie nicht mehr fühlen.

Gott wird dich tragen,
drum sei nicht verzagt,
treu ist der Hüter,
der über dich wacht,
stark ist der Arm,
der dein Leben lenkt,
Gott ist ein Gott,
der der Seinen gedenkt.
Gott wird dich tragen mit Händen so lind,
er hat dich lieb wie ein Vater sein Kind.
Das steht im Glauben wie Felsen so fest:
Gott ist ein Gott,
der uns nimmer verlässt.

(EJ. Crosby, 1820-1915)

Vergiss das Gute nicht

Ein Mann besaß ein schönes Grundstück mit einem hübschen, wohnlichen Haus darauf. Aber er träumte von einem noch besseren Haus. Schließlich wurde er so unzufrieden, dass er beschloss, sein Anwesen zu verkaufen und sich nach seinem Traumhaus umzusehen. Mit dem Verkauf beauftragte er einen Makler. Nun machte er sich auf die Suche nach einem geeigneten neuen Haus. Eines Tages entdeckte er in der Zeitung ein wunderbares Angebot. Alle Angaben entsprachen seinen Vorstellungen. Als er die näheren Unterlagen anforderte, musste er mit Verwunderung feststellen, dass es sich um sein eigenes Grundstück handelte.

Wir wissen oft gar nicht mehr, was wir an unserem Alltag, an unserer Arbeit und Familie, Haus und Garten haben. Über die wenigen Kleinigkeiten, die fehlen, haben wir die großen Gaben und das viele Gute ganz vergessen. Das verstellt uns den Blick für das Leben, die Freude zieht aus, Unzufriedenheit macht sich breit. Gegen die Macht des Fehlenden, die uns beherrschen und negativ polen will, gibt es eine gute Hilfe:

"Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!" (Psalm 103,2).

Haltet an am Gebet

Das Gebet ist das elementarste Zeichen des Glaubens. Das Gebet, die Zwiesprache mit Jesus, ist die Quelle allen Handelns und Tuns. Aber unser Gebet muss wachsen. Das Reden mit Gott hat Stufen. Die erste Stufe heißt: "Herr, gib mir!" Gott lässt sich bitten und gibt uns seine Gaben. Er will gebeten sein, und wir dürfen Gott um alles bitten, ihn mit allen Anliegen bestürmen. Aber unser Gebet darf dann hinwachsen zur zweiten Stufe: "Herr, vergib mir!" Immer deutlicher erkennt man vor Gott seine Unwürdigkeit und Unfähigkeit. Im Licht seiner Wahrheit und Liebe werden unsere Sünden immer deutlicher. Immer demütiger werden wir deshalb um Vergebung bitten. Stufe drei könnte dann lauten: "Herr, vergib ihnen!" Wer Vergebung empfangen hat, wird sie dann auch gerne für andere erbitten und im Geist der Versöhnung an andere Menschen denken. Dann kommt eine weitere Stufe des Gebetes, auf der das Bitten zur Hingabe und Anbetung verwandelt ist: "Herr, nimm mich hin!" Im Gebet legen wir uns ganz in Gottes Hand und lassen alle Sehnsucht, in der wir begehren, zur Anbetung werden, die wir verschenken. Und irgendwann reift auch die letzte Stufe des Gebetes in uns aus: "Vater, in deine Hände befehle ich mein Leben, dein Wille geschehe!" Auch Jesus ist im Garten Gethsemane den Weg zum Bittgebet bis zur Ganzhingabe seines Lebens gegangen. Wir bleiben auch darin Jesu Nachfolger, dass wir diesen Weg nachgehen.

"Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet!"

(Römer 12,12)