Zwiegespräch an der Krippe

Ein kleiner Junge besucht um die Weihnachtszeit seinen Großvater Er schaut zu, wie der Großvater an einer Krippenfigur schnitzt. Einige andere Figuren der Weihnachtsgeschichte stehen schon fertig auf dem

Tisch. Der Junge wird müde, legt den Arm auf den Tisch, und zuschauend schläft er ein. Im Traum werden die Figuren lebendig, und er ist mitten unter ihnen. Er geht mit in den Stall von Bethlehem und schaut das Jesuskind an. "Ich möchte gerne drei Dinge von dir haben", sagt das Jesuskind. Und der Junge sagt eifrig: "Meinen neuen Mantel, meine elektrische Eisenbahn, mein schönes Buch mit den bunten Bildern?" "Nein", erwidert das Jesuskind, "das brauche ich nicht. Ich möchte von dir etwas anderes haben! – Schenk mir deinen letzten Deutschaufsatz!" sagt das Jesuskind leise. Der Junge erschrickt: "Da hat doch der Lehrer ‚ungenügend’ druntergeschrieben!" "Eben deshalb will ich ihn haben. Bringst du mir immer alles, wo ‚ungenügend’ daruntersteht?" "Gern", sagt der Junge. – "Und dann möchte ich zweitens von dir deinen Milchbecher!" Aber den habe ich doch zerbrochen!" "Willst du mir immer alles bringen, was in deinem Leben zerbrochen ist?" fragt das Jesuskind. "Und nun mein dritter Wunsch: Du sollst mir noch die Antwort bringen, die du deiner Mutter gabst, als sie dich nach dem Milchbecher fragte." Da weint der Junge bitterlich und schluchzt: "Da habe ich doch gelogen, er wäre mir heruntergefallen. In Wahrheit habe ich den Becher absichtlich auf den Boden geworfen." "Ja, du sollst mir immer alle deine Lügen, deinen Trotz, dein Böses, was du getan hast, bringen, damit ich dir helfen und dir vergeben, dich heilen und verändern kann!"

Da wacht der Junge auf und weiß plötzlich, warum Gott Mensch geworden ist, und warum Jesus als Heiland geboren wurde: damit er alles Ungenügende, Zerbrochene und Böse heilen und verwandeln kann.

"Des Menschen Sohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen was verloren ist!"

(Lukas 19,10)

Irret euch nicht!

Am 20. Dezember 1908 erschien in Messina auf Sizilien in einem Witzblatt folgendes Gedicht: "O du kleines Kindelein, das nicht wahrer Mensch allein, nein, auch wahrer Gott will sein: Um deines Kreuzes willen begehren wir, deine Stimm zu hören. Bezeuge dich uns, die wir leben. Schick uns ein Erdbeben!"

Am 28. Dezember 1908 wurde die Stadt Messina durch ein schreckliches Erdbeben heimgesucht. Von den 150.000 Einwohnern kamen 83.000 ums Leben. Die gesamte Familie des Verfassers kam um. Er selber überlebte das Erdbeben und verfiel dem Wahnsinn.

"lrret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten!" (Galater 6,7).

Nicht immer antwortet Gott so schnell und eindrücklich auf seine Verhöhnung. Aber es ist auch heute noch lebensgefährlich, sich bewusst und wissentlich von Gott loszusagen und öffentlich gegen ihn auszusagen. "Das Erdreich muss vergehen, wenn er sich hören lässt!" (Psalm 46,7).

Auch heute noch gilt Gottes Feinden: "Irret euch nicht!" und seinen Freunden: "Fürchtet euch nicht!"

Was fragt ihr nach dem Schreien der Feind und ihrer Tück?
Der Herr wird sie zerstreuen in einem Augenblick.
Er kommt, er kommt – ein König, dem wahrlich alle Feind
auf Erden viel zu wenig zum Widerstande seind.
Er kommt zum Weltgerichte, zum Fluch dem, der ihm flucht,
mit Gnad und süßem Lichte dem, der ihn liebt und sucht!

(Paul Gerhardt)

Weltnot ist Herzensnot

Dostojewski erzählt in einer Novelle von einem jungen Mann, der über die Not in der Welt enttäuscht ist. Er ist tief verzweifelt darüber, dass es unter den Menschen so viel Hass und Gemeinheit, Gier und Neid, Eifersucht und Krieg gibt. So beschließt er, resigniert über den bösen Zustand der Welt, seinem Leben ein Ende zu machen. Er sitzt abends in seiner Kammer und hat den Revolver, mit dem er sich erschießen will, vor sich auf den Tisch gelegt.

Während er noch über die böse Welt nachdenkt, schläft er ein. Es träumt ihm, dass er von starker Hand aufgehoben und auf einen anderen Planeten getragen wird. Dort trifft er Menschen, die in vollkommenem Frieden miteinander leben. Es gibt keinen Streit, es entstehen keine Konflikte. Es gibt keine Kriege, kein Blutvergießen. Jeder achtet den anderen. Es ist ein wunderbarer, paradiesischer Zustand. Ganz erstaunt über das große Glück geht er über den Planeten und muss dann eine furchtbare Entdeckung machen. Überall, wohin er kommt, flammen plötzlich kleine Feindseligkeiten und Missverständnisse auf. Sie weiten sich aus zu Konflikten und Streit. Überall, wohin er geht, verstehen sich die Menschen nicht mehr. – Dann wacht er auf und findet sich in seiner Kammer wieder, der Revolver liegt vor ihm auf dem Tisch.

Da merkt er, dass die ganze Weltnot, die Ungerechtigkeit im Großen, das Meer von Blut und Tränen, Elend und Leid in seinem Herzen beginnen. Im Herzen der Menschen ist die Zerrissenheit und das Unglück der Weit begründet.

Das möchte Dostojewski mit seiner kleinen Novelle deutlich machen: Die Weltnot ist Herzensnot. Weltkriege beginnen in einem trotzigen, ängstlichen, machtgierigen Herzen.

"Du musst erfahren, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn, deinen Gott, zu verlassen!"

(Jeremia 2,19)

Die Lichtflamme

Selma Lagerlöff erzählt in einer Legende von einem Ritter, der nach einem Kreuzzug in das Heilige Land geschworen hatte, die Kerze, die er an der heiligen Flamme vor dem Grab Christi angezündet hatte, unversehrt in seine Heimat Florenz zu bringen. Dieses Vorhaben, die Lichtflamme zu bewahren, machte aus dem Ritter einen neuen Menschen. Es verwandelte den Kriegsmann in einen Menschen des Friedens. Als er unterwegs von Räubern überfallen wurde, setzte er sich nicht zur Wehr. Er gab den Räubern freiwillig, was sie wollten, wenn sie ihm nur sein Licht nicht auslöschten. Sie nahmen seine Rüstung und sein Pferd, seine wertvollen Waffen und sein Geld und ließen ihm einen elenden Klepper dafür. Auf dem ritt er nach vielen bestandenen Abenteuern in seine Heimatstadt Florenz ein. Rücklings saß er auf dem Pferd, um mit seinem Körper die Lichtflamme gegen den Wind zu schützen. Als die Straßenjungen ihn sahen, hielten sie ihn für einen Verrückten und versuchten, sein Licht auszulöschen. Nur durch ein Wunder blieb die Flamme bewahrt, so dass er endlich damit die Kerzen auf dem Altar des Domes anzünden konnte. Als er von einem, der auch ein Licht trug, gefragt wurde, was er tun solle, damit es nicht verlösche, sagte er ihm: "Die Lichtflamme verlangt, dass ihr aufhört, noch an irgend etwas anderes zu denken. Ihr dürft euch keinen Augenblick sicher fühlen. Aus wie viel Gefahr ihr die Flamme auch gerettet habt, ihr müsst immer darauf gefasst sein, dass sie euch im nächsten Moment entrissen wird!"

Gott hat uns sein Licht anvertraut. Wenn wir es für ihn bewahren wollen, wird es uns selbst verwandeln und unsere Blicke auf die richtigen Ziele lenken.

"Halte an dem Vorbilde der heilsamen Worte im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus. Dies köstliche anvertraute Gut bewahre durch den heiligen Geist, der in uns wohnt!"

(2. Timotheus 1,13f)

Gott meint es gut

Im Konfirmandenunterricht lesen wir den 37. Psalm. Der bekannte vierte Vers lautet: "Habe deine Lust am Herrn, der wird dir geben, was dein Herz wünscht!" Einer der Konfirmanden soll den Psalm laut vorlesen. Beim vierten Vers schaut er nicht so genau hin und liest vor: "Habe deine Last am Herrn…"

Der Junge hat mit seinem Versprecher etwas ausgedrückt, was viele Menschen empfinden und denken. Wir tun uns schwer mit Gott. Seine Gebote sind schwer. Seine Wege tief. Seine Gerichte schmerzlich. Seine Worte schwierig. Sein Handeln unerforschlich. Menschen tun sich schwer mit Gott. Gott ist schwer zu erkennen und schwer zu verstehen. Gott lockt und lädt uns ein: "Gib mir, mein Sohn, dein Herz!" (Sprüche 23,26). Aber wir zögern und haben Angst, uns damit eine Last aufzuladen. Warum tun wir uns so schwer mit Gott?

Das liegt wohl weniger an Gottes als an unserem Wesen. Solange wir unsere Lust an uns selbst haben, werden wir uns schwer tun mit Gott. Solange wir die Sünde mehr lieben als den heiligen Geist, werden wir uns an ihm wundreiben. Solange wir das Zeitliche ewig festhalten und das Ewige auslassen, werden wir Gott nicht verstehen. Solange wir das Lebensglück im Irdischen suchen, werden wir Gottes Worte als Last empfinden. Wenn wir aber die Selbstliebe und Sünde, die Torheit und unerfüllte Sehnsucht Gott übergeben und loslassen, werden wir uns mit Lust und Freude an Gott festhalten. Losgelöst von allen anderen Mächten und Diktaten, ist es eine Lust, Gott ganz zu gehören. Dort werden die tiefsten Herzenswünsche wirklich erfüllt. Gott wird uns geben, was unser Leben im tiefsten ersehnt, die Geborgenheit und Versöhnung.

Es ist wie mit dem kleinen Jungen, der weinend zur Mutter kommt, weil er die Hand aus der Vase nicht mehr herausbekommt. Die Mutter zieht, und es tut sehr weh. Es geht nicht. Nun versucht es der Vater. Es tut noch mehr weh. Dann sagt der Vater: "Mach die Finger ganz lang und leg den Daumen nach innen. Mach deine Hand ganz schmal!" "Nein", sagt der Junge, "das geht nicht, dann muss ich ja das Markstück loslassen!" – Solange wir die Sünde, den Reichtum, Begierde und Macht festhalten, tut es weh. Wir werden uns schwer tun mit Gott und seiner Liebe. Wenn wir aber loslassen, können wir alles gewinnen, was unser Herz wünscht, die Freiheit der Kinder Gottes, die Würde des erlösten Menschen, die Zukunft des ewigen Lebens. "Habe deine Lust am Herrn, der wird dir geben, was dein Herz wünscht!"

Die andere Sicht

Als ich zwanzig war und durch das Land fuhr, sah ich die Häuser mit Augen der Sehnsucht. Hinter jedem Fenster dachte ich mir ein Glück, an jedem Tisch ein gutes Gespräch, an jedem Feuer eine behagliche Wärme. Ich träumte von sonnendurchglühten Zimmern, von gemütlichen Lampen und geborgenen Menschen. Hinter jeder Tür wähnte ich eine große Liebe eingeschlossen. Die Tage stellte ich mir freundlich und die Nächte selig vor. In meiner Sehnsucht wünschte ich mir solch ein Haus voller Wärme und Glück, mit Mauern der Geborgenheit und Türen der Freiheit. Ich träumte von einem Heim voller Liebe und Lachen, mit Büchern und Liedern, gemeinsamer Arbeit und fröhlichen Festen. Wo wird es so ein Haus für mich geben?

Wenn ich heute mit fünfzig durch das Land fahre, sehe ich die Häuser mit anderen Augen. Ich weiß, dass in jedem Haus ein Leid wohnt, sich Ängste und Sorgen eingenistet haben. Ich denke an durchkämpfte Tage und durchwachte Nächte. Ich sehe Menschen streiten und weinen, höre sie schweigen und schreien. Hinter jeder Tür wohnt ein Kummer, in allen Zimmern wird gelitten, überall ist die Einsamkeit zu Hause. Oft sind die Alltage mühsam, und die Feste wollen nicht mehr gelingen. Ich brauche nicht mehr wehmütig zu träumen von all den glücklichen Häusern. Ich kann ruhig werden und dankbar sein für alles, was möglich und täglich ist.

Die erleuchteten Fenster lassen mich beten für die Menschen in den Häusern. Die verschlossenen Türen sperren mich nicht aus, sondern laden meine Gedanken des Mitleidens und Fürbittens ein in fremde und doch gewohnte Häuser. Ich bringe alle ihre Bewohner vor Gott und befehle sie in ihrer Lebensnot seiner grenzenlosen Barmherzigkeit an. Und dann denke ich an Gott.

"Denn er schaut von seiner heiligen Höhe, der Herr sieht vom Himmel auf die Erde, dass er das Seufzen der Gefangenen höre und losmache die Kinder des Todes!"

(Psalm 102,20f)

Das Leichteste und das Schwerste: Warten

Im Hauptbahnhof einer Großstadt laufen Tausende von Menschen durcheinander. Jeder will den Zug erreichen, Fahrkarten kaufen, Plätze reservieren, Gepäck aufgeben. In der Vorhalle des Bahnhofs drängen sich die Menschen, überschlagen sich die Stimmen, machen sich Hast und Hektik breit. Eine Frau führt ihren blinden Mann in eine kleine, stille Ecke abseits, lehnt ihn an eine Säule und sagt zu ihm: "Warte hier, ich komme wieder." Sie will ihm das Gewühl ersparen, besorgt die Fahrkarten und Platzkarten, erkundigt sich nach Bahnsteig und Abfahrtszeit. Währenddessen steht der Mann da, lächelt und wartet. Er kann nichts tun. Er ist aber nicht aufgeregt. Er steht da und wartet. Sie hat gesagt, sie komme wieder. Das ist seine Hoffnung. Er ist ein Wartender, hilflos und doch ruhig und gelassen. Seine Frau kommt wieder, nimmt ihn am Arm, und sie gehen weiter. Der Zug fährt ab. Sie erreichen ihr Ziel.

So ist das auch in unserem Leben. Jesus hat seiner Gemeinde eine wunderbare Verheißung zurückgelassen: "Ich komme bald!" (Offenbarung 22,20). Jesus hat seine Gemeinde nicht allein gelassen. Er besorgt die ganze Geschichte, und dann geht es weiter. Das Warten ist das Leichteste und das Schwerste. Einfach warten, nichts tun können und doch voller Hoffnung und Gewissheit wach sein.

Vielleicht stehen wir in einer schwierigen Situation, einer Krankheit, einer Einsamkeit, einer Sorge oder Angst, einer Trauer oder Verwundung. Wir können nichts tun als warten. "Herr, ich warte auf dein Heil!" Aber Gott handelt, er besorgt die Dinge, die wir brauchen. Wenn wir auch im Moment nichts tun können, geschieht doch etwas. Gott lenkt die Geschicke unseres Lebens und der Welt. Uns bleibt die Hoffnung und frohe Gewissheit, Jesus kommt und führt uns weiter. Er sorgt für uns und bringt uns zum Ziel.

"Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen!"

(Psalm 37,5)

Geborgen in der Mitte

Ein asiatisches Sprichwort sagt: "Im Herzen eines Taifuns kann ein Kind ruhig schlafen!" Wenn die gefürchteten Wirbelstürme über Asien hinwegtoben, müssen Schiffe oder Flugzeuge versuchen, in die Mitte des Taifuns zu gelangen. Dort ist Ruhe.

Wir leben in einer Zeit großer Stürme, die uns ängstigen. Das Dach der Welt scheint abgedeckt. Was sicher und verlässlich schien, Vertrautes und Gewohntes, wird hineingerissen in den Sturm, der auf unserer Erde lebt.

Menschen, die sich lieben und verstehen, geraten hinein in den Wirbelsturm von Entfremdung und Missverständnis. Mann und Frau, Eltern und Kinder verstehen sich nicht mehr, und es ist, als treibe sie eine dunkle Macht unwiderstehlich auseinander. Millionen haben ihre Heimat, ihren Beruf, liebe Menschen, Mut und Hoffnung und den Glauben verloren. Sie werden von einem großen Sturm verweht und finden nirgends Ruhe.

Andere, die alles noch haben, Familie und Haus, Arbeit und Einkommen, Freude und Hoffnung, Mut und Glauben, schrecken auf in der Ahnung, dass es ihnen plötzlich genommen wird. Verlustangst treibt die Menschen um.

Im Herzen dieser Stürme könnten wir dennoch geborgen sein. Wir müssen bis zum Herzen, zur Mitte der Welt vordringen. Gott gab in Christus sein Herz auf die Erde, und der von ihm erhöhte Christus ist die Mitte der Welt. Wenn Christus uns an das Herz Gottes legt, können wir mitten in einer Welt der Angst wie ein Kind Ruhe finden.

Wir liegen Gott am Herzen. Da können wir als seine Kinder mitten in allen Stürmen und Erschütterungen ruhig sein.

Wellen von Schwierigkeiten sehen wir. Auf ihnen wandelt der Herr; schaue ihn an! Du hörst den Sturm brausen. Er spricht: "Ich bin’s." Seine Stimme übertönt alle anderen, die dich verzagt und traurig machen wollen. Es ist Wahrheit, dass er dich besser hütet als du den Augapfel in deinem Auge. Niemand und nichts darf dir schaden, wenn du ein Eigentum des Herrn Jesus geworden bist.

(Hedwig v. Redern)

Vom wertlosen Stroh zum lebendigen Licht

Auf den Philippinen erzählt man sich folgendes Märchen:

Ein König hatte zwei Söhne. Als er alt wurde, wollte er einen der beiden zu seinem Nachfolger einsetzen. Er gab jedem der beiden Söhne fünf Silberstücke und sagte: "Geht und füllt die Halle unseres Schlosses. Was ihr für das Geld besorgt, um damit die Schlosshalle zu füllen, das ist eure Sache!"

Da ging der älteste Sohn hin und brachte ausgedroschenes Zuckerrohr in die Halle und füllte sie damit bis oben hin. Bald darauf kam auch der Jüngere. Er ließ all das Stroh aus der Halle entfernen, stellte mitten in die große Halle eine Kerze und zündete sie an. Ihr Schein füllte den Raum bis in den letzten Winkel. Da sagte der König zu ihm: "Du sollst mein Nachfolger sein. Denn du hast die Halle nicht mit nutzlosem Stroh gefüllt, sondern mit dem, was die Menschen brauchen, dem lebendigen Licht!"

Jeden Tag dürfen wir uns vom Wertlosen zum Lebendigen umwenden. Immer wieder müssen wir uns vom Vergänglichen zum Bleibenden hinwenden. Das ganze Leben ist eine Verwandlung vom wertlosen Stroh zum lebendigen Licht.

Jesus sagt: "Ich bin das Licht der Weit. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben!"

(Johannes 8,12)

Die Wüste weint

Eine alte Geschichte aus Nordafrika erzählt von einem Beduinen, der sich immer wieder der Länge nach auf den Boden legt und sein Ohr in den Wüstensand drückt. Stundenlang horcht er in die Erde hinein. Verwundert fragt ihn ein Missionar: "Was machst du da eigentlich auf der Erde?" Der Beduine erhebt sich und antwortet: "Freund, ich horche, wie die Wüste weint, sie möchte so gerne ein Garten sein!"

Die Wüste der Welt weint, sie möchte so gerne ein Garten des Lebens sein. Die Wüste des Krieges weint, sie möchte so gerne ein Garten des Friedens sein. Die Wüste des Hungers weint, sie möchte so gerne ein Garten voller Nahrung sein. Die Wüste der Armut weint, sie möchte so gerne ein Garten sein, in dem alle Menschen ihr Auskommen haben. Die Wüste der Einsamkeit weint, sie möchte so gerne ein Garten der Begegnung sein. Die Wüste aus Beton weint, sie möchte so gerne ein Garten voller Blumen sein. Die Wüste aus Verzweiflung weint, sie möchte so gerne ein Garten der Hoffnung sein. Die Wüste der Schuld weint, sie möchte so gerne ein Garten der Vergebung sein. Die Wüste des Sterbens weint, sie möchte so gerne ein Garten des neuen Lebens sein.

Eine ganze Schöpfung weint und ängstet sich, sehnt sich und hofft auf Erlösung und Befreiung. Und das ist die Botschaft des Advent, dass Gott in seiner Herrlichkeit die Wüste dieser Welt in einen blühenden Garten verwandeln wird. Er kommt. Und mit seinem Kommen beginnt eine Verwandlung. Erst ganz klein und leise, verborgen und andeutungsweise. Aber dann einmal mit Macht und Herrlichkeit.

"Die Wüste und Einöde wird frohlocken, und die Steppe wird jubeln und wird blühen wie die Lilien. Sie wird blühen und jubeln in aller Lust und Freude. Denn es werden Wasser in der Wüste hervorbrechen und Ströme im dürren Lande. Die Erlösten des Herrn werden wiederkommen, ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen!"

(aus Jesaja 35)