Der König und seine Krone

Ein Herr König geht zum Zahnarzt. Am Empfang wird er nach seinem Namen und Beschwerden gefragt. Erantwortet: "Heinz König, ich habe meine Krone verloren!" Die Frau schreibt, und plötzlich lacht sie laut auf: "Der Herr König hat seine Krone verloren! Na, dann wollen wir mal sehen, ob wir sie wiederfinden!"

Diese kleine Anekdote erinnert uns an unser Lebensschicksal. Von Gott als Königskinder gedacht und als Krone der Schöpfung bestimmt, haben wir unsere Krone verloren. Jeder darf da seinen Namen einsetzen und dahinter schreiben: ".. hat seine Krone verloren!" Aber Gott lässt es nicht dabei. Er möchte, dass wir die Krone der Königskindschaft, die Krone des Lebens und der Gerechtigkeit wiederfinden. Darum gibt er seinen Sohn dahin. Jesus trägt für uns die Krone aus Dornen als Sinnbild der tiefen Verletzung, die wir Menschen Gott, anderen, uns selbst und der Schöpfung angetan haben. Jesus trägt die Dornenkrone, damit er uns die Lebenskrone wieder schenken und anvertrauen kann. Wer die Liebe und Vergebung Gottes persönlich empfängt, wird wieder gekrönt "mit Gnade und Barmherzigkeit!" (Psalm 103,4). Die Krone des Lebens können wir uns nicht verdienen oder erwerben. Aber sie wird denen, die Gott gehören und gehorchen, geschenkt.

"Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben!"

(Offenbarung 2,10)

Ein gutes Urteil

Der ehemalige New Yorker Bürgermeister La Guardia vertrat manchmal den Polizeirichter. Eines kalten Wintertages führte man ihm einen abgerissenen, alten Mann vor. Er hatte aus einer Bäckerei ein Brot gestohlen. In der Vernehmung gab der Mann den Diebstahl zu und gab an, er habe das Brot nur genommen, weil seine Familie am Verhungern sei. Der Bürgermeister sprach das Urteil, denn das Gesetz erlaubte keine Ausnahme. So verurteilte er den armen Mann zur Zahlung von zehn Dollar Strafe. Dann griff er in die Tasche, gab dem Mann eine Zehndollarnote, damit er seine Strafe auch bezahlen konnte und freikam. Aber dann wandte er sich an die Zuhörer im Gerichtssaal, und zu ihrer Überraschung sagte La Guardia: "Und nun verurteile ich jeden Anwesenden im Gerichtssaal zu einer Geldbuße von fünfzig Cent, und zwar dafür, dass er in einer Stadt lebt, in der ein Mann ein Brot stehlen muss, um seine Familie vor dem Hungertod zu bewahren. Herr Gerichtsdiener, kassieren Sie die Geldstrafen sogleich und übergeben Sie sie dem Angeklagten!" – Der Hut machte nun die Runde, und der alte Mann konnte mit fast 50 Dollar in der Tasche den Gerichtssaal verlassen. Ein gutes Urteil, das uns an unsere Verantwortung füreinander erinnert. Bevor wir einander richten und verurteilen, anklagen oder bestrafen, wollen wir füreinander einstehen und miteinander teilen.

"Geben ist seliger als nehmen!"

(Apostelgeschichte 20,35)

Das wiedergefundene Lied

Friedrich von Sallet erzählt in seinem Gedicht "Der Geiger" von einem Mann, der mit seinem Instrument durch die Lande zieht. Überall begeistert er die Leute mit seinem Geigenspiel. Ihn aber rührt der Beifall nicht. Er bleibt traurig, und bisweilen bricht er mitten in einem Stück ab. Der Geiger weiß, es ist nicht das Lied, das er spielen müsste und möchte. Einst hat er ein besonderes Lied von seinem sterbenden Vater gelernt. Aber er hat es verloren. Darum zieht er durch die ganze Welt und sucht überall nach dem verlorenen Lied. Als er es in der Fremde nicht gefunden hat, kehrt er als alter Mann noch einmal in die Heimat zurück, um es dort zu suchen. Dann betet er verzweifelt zu Gott, ermöge in seiner Barmherzigkeit ihm das Lied noch einmal schenken. Auf sein inniges Gebet hin erscheint ihm der Vater im Traum und spielt ihm noch einmal das wunderbare Lied. Voll Freude nimmt er am Morgen die Geige und spielt es wieder, das verlorene und wiedergefundene Lied, zum Staunen seines Jungen. Und mitten im Lied fällt dem Sterbenden der Bogen aus der Hand.

Wir haben auch das besondere Lied verloren, das Lied vom Vater, das Hohelied der Liebe, der Anbetung. Wir müssen es wiederfinden, und wenn wir die ganze Welt durchziehen. Wir müssen das Lied der Liebe und des Lebens wiederfinden um Gottes willen, um des anderen willen und um unseretwillen. Manche finden es vielleicht erst im Sterben wieder und spielen es dann noch für einen Menschen, der es empfangen und weiterspielen und singen kann.

"Er hat mir ein neues Lied in meinen Mund gegeben, zu loben unsern Gott!"

(Psalm 40,4)

Wohin soll das Leben gehen?

Leo Tolstoi fasste einmal seine Lebensgeschichte in einem Gleichnis zusammen. "Ich kam mir vor", so erzählte er, "wie ein Mensch, den man in einen Kahn setzte und in dessen unerfahrene Hände man die Ruder gelegt hatte. Vom Ufer fortgestoßen, ruderte ich auf dem reißenden Strom des Lebens dahin. Je mehr ich in die Mitte der Strömung kam, um so mehr Menschen begegnete ich. Lachende, singende, lärmende Menschen, die alle in einer Richtung dahinfuhren, und niemand fragte danach, ob denn die Richtung stimmte, in der die Fahrt ging. Plötzlich hörte ich durch das Gewirr das Tosen und Brausen der Stromschnellen, und ich sah, wie vor mir ein Lebensschiff nach dem anderen kenterte und unterging. Da kam ich zu mir und hielt inne mit der tollen Fahrt. Mit aller Gewalt ruderte ich zurück, stromaufwärts dem Ufer zu. Und endlich kam ich heraus aus der gefährlichen Strömung. Das Ufer, von dem ich losgetrieben war, war der lebendige Gott. Nun war ich zu ihm zurückgekehrt und geborgen!"

Jesus Christus spricht: "Tut Buße und glaubt an das Evangelium!"

(Markus 1,15)

Es gilt!

Ein Mitarbeiter im Besuchsdienst besucht in einer Großstadt die Leute in seinem Bezirk. Er kommt zu einer jungen Frau. Nach längerem Gespräch fragt der Mann, ob sie auch eine Bibel hätte. Die Frau antwortet: Ja, wir haben eine Bibel, aber sie ist uralt, ich weiß nicht, ob die heute noch gilt!"

Die Bibel gilt immer. Sie veraltet nicht, ändert sich nicht. Gottes Wort ist endgültig, auch am Ende noch gültig. Die Zeiten wechseln, die Verhältnisse ändern sich, Menschen werden alt, aber die Bibel bleibt gültig, wahr, lebendig. Die Bibel überdauert alle Menschen, Zeiten, Verbote und Grenzen. Niemand konnte ihre Lebenskraft hindern, weder Nero noch Hitler oder Stalin. Gottes Wort wird noch gelten, wenn alle anderen Stimmen und Worte längst verklungen sind. Die Frage ist nicht, ob Gottes Wort noch gilt. Die Frage ist, ob sie in meinem Leben zur Geltung und Auswirkung kommt. Die Bibel gilt immer, aber sie kann mir nur helfen und raten, mich nur trösten und heilen, wenn ich sie lese und lebe.

"Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen!"

(Matthäus 24,35)

Ein kleines Buch ganz groß

Der erste schottische Missionar, der nach Indien gesandt wurde, war Alexander Duff. Er wollte in Indien, dem Riesenland mit einer uralten Kultur und Tradition, Seminare und Schulen gründen und auf diesem Wege das Volk der Inder zu Christus führen. So stellte er eine große Bibliothek mit vielen wertvollen Büchern zusammen. Voller Freude ließ er die vielen sorgsam gepackten Bücherkisten auf das Schiff bringen. Doch am Kap der Guten Hoffnung, an der Südspitze Afrikas, geriet das Schiff in einen furchtbaren Sturm und sank. Duff rettete mit der Besatzung nur sein nacktes Leben. All die kostbaren Bücherkisten wurden ein Raub der Wogen. Traurig stand Duff am Strand und sah wehmütig hinaus. Irgendwo auf dem Meeresgrund lagen nun seine mühsam gesammelten Bücher. Da trägt eine Brandung ein paar Trümmer ans Ufer. Darin schwimmt ein kleines Büchlein – seine Taschenbibel. Duff nimmt sie auf. Das einzige Buch, was aus dem Schiffbruch gerettet wurde, die Bibel, wird nun sein Begleiter nach Indien. Mit der Bibel als einzigem Schatz und letzter Weisheit beginnt Duff in Indien seine Missionstätigkeit. Und Gott hat durch ihn und seine Bibel dort große Dinge bewirkt, so dass man später von ihm und seinem Wirken in Indien gesagt hat: "Sein Erscheinen war wie ein Präriebrand, der heiß über das Land fegt. Die Begeisterung, die er entfachte, war tief und glühend!"

Mancher Schiffbruch wird auch unser Lebensschiff bedrohen. Wenn wir nur immer das Beste hindurchretten können, Gottes Wort, seine Weisung und Tröstung, seine Liebe und Treue.

Herr, dein Wort, die edle Gabe,
diesen Schatz erhalte mir;
denn ich zieh es aller Habe
und dem größten Reichtum für.

(N.L. von Zinzendorf)

Liebe öffnet die Tür zum Leben

Ein Mädchen verirrt sich im Wald. Es wird dunkel und unheimlich. Furcht steigt in dem Mädchen auf. Verzweifelt sucht es den Weg nach Hause. Da kommt es an eine kleine Hütte. Aus einem Fenster leuchtet ein warmes Licht. Sie läuft auf das Häuschen zu und klopft leise an die Tür. Eine Stimme antwortet von drinnen: "Wer ist da?" Das Mädchen antwortet: "Ich!" Da wird ein großes Schweigen. Auch die Blätter des Waldes halten inne mit ihrem Rauschen. Nur von innen ist ein leises Weinen zu hören. Das Mädchen kauert sich vor die Tür. Sie sinnt nach über das Wort, das sie sagte und das zum Schweigen und Weinen führte: Ich. Ganz langsam wächst in ihr die Erkenntnis, dass sich der Mensch verwandeln kann, wenn er in das Haus der Geborgenheit und Liebe, Wärme und Freude Einlass finden will. Am Morgen geht sie noch mal an die Tür und klopft. Wieder fragt von innen eine Stimme: "Wer ist da?" Nun antwortet sie: "Du!" Da öffnet sich die Tür, und das Mädchen darf eintreten in die warme, helle Stube voller Licht und Leben.

(Nach einer arabischen Legende)

Solange wir Menschen immer nur "Ich" sagen, bleiben die Türen verschlossen, wir stehen in der Nacht und Kälte, und unsere Sehnsucht nach Wärme und Liebe, Geborgenheit und Freude bleibt unerfüllt. Wenn wir dann das "Du" sagen, öffnen sich die Türen in ganz neue, wunderbare Räume. Es wird warm und hell, lebendig und fröhlich, geschützt und bewahrt. Die Liebe Jesu möchte uns verwandeln von einem Ich-Menschen in einen Du-Menschen, von einem Egoisten in einen Liebenden. Und dann werden sich die Türen öffnen und die Wege ebnen und die Räume erschließen.

"Über alles aber ziehet an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit!"

(Kolosser 3,14)

Keine Minute zu lange!

"Gott wird sitzen und schmelzen und das Silber reinigen", heißt es in Maleachi 3, Vers 3. Beim Silberschmied können wir uns erklären lassen, was es damit auf sich hat: "Wenn ich Silbererz in den Tiegel getan habe, muss ich genau Acht geben, dass es nicht zu lange über dem Feuer bleibt. Darum sitze ich dabei und beobachte genau, wann das Silber von der Schlacke frei ist. Keine Minute zu lange darf ich es im Tiegel lassen, sonst verdirbt das edle Metall. Und ich weiß ganz genau, wann der Zeitpunkt gekommen ist, wenn sich mein eigenes Bild im geschmolzenen Silber spiegelt. Dann ist es soweit, dann muss das Silber schnell heraus!"

So sitzt Gott, der große Silberschmelzer, an seinem Tiegel, in dem er uns Menschen in seiner Liebe läutern und reinigen will, damit sich die wertlose Schlacke des Lebens vom wertvollen bleibenden Leben trennen lässt. Gott sieht genau zu. Sobald sich sein Bild in unserem Leben zeigt, wird es Zeit. Keinen Moment länger lässt Gott uns im Tiegel, als es unbedingt zur Reinigung und Ausreifung des Lebens nötig ist. Welch ein Trost. Gott sitzt und wacht, sieht und wartet, behält die Übersicht und führt zum guten Ende. Keine Minute zu lange. Gott weiß die Zeit.

Er weiß dein Leid und heimlich Grämen,
weiß auch die Zeit, dir’s abzunehmen!

Endlich bricht der heiße Tiegel,
und der Glaub empfängt sein Siegel
als im Feur bewährtes Gold,
da der Herr durch tiefe Leiden
uns hier zu den hohen Freuden
jener Welt bereiten wollt!

(Karl Friedrich Harttmann)

Wer ist der Herr?

Luther und Melanchthon befanden sich auf der Reise nach Wittenberg. Sie kamen an die Elbe, die Hochwasser führte. Der kleine Kahn, in dem sie übersetzen wollten, schwankte bedenklich auf den wilden, vom Sturm gepeitschten Wogen. Ein schweres Gewitter stand drohend am Himmel. Luther wollte beherzt in den Kahn springen. Aber der zaghafte Melanchthon packte ihn am Arm, riss ihn zurück und rief: "Martin, Martin, steig nicht ein! Die Sternenläufe sind gegen uns!"

Darauf rief Luther zurück: "Wir sind des Herrn, und darum sind wir die Herren auch über die Sterne!" Riss sich los und sprang in den Kahn.

Oft genug haben wir den Eindruck, dass die Mächte gegen uns sind. Nöte und Leiden erheben sich, Stürme des Lebens peitschen die Wogen auf, drohende Gewitter zeigen sich am Horizont, zerbrechlich klein wirkt das Lebensschiff gegen die Gewalt der Mächte. Aber wer ist denn nun der Herr der Welt? Jesus hat uns in seinem Abschiedswort doch ein wunderbares Vermächtnis zurückgelassen: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden!" Darum springen wir in den Kahn mitten in Unwetter und Bedrohung. Wir lassen uns übersetzen ans Ufer. Jesus bringt uns durch, dass wir gut nach Hause kommen. Wir sind des Herrn. Darum sind wir auch Herren über dunkle und widrige Mächte. Paulus hat es einmal so gesagt: "Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus!"

"Herr die Wasserströme erheben sich, die Wasserströme erheben ihr Brausen, die Wasserströme heben empor die Wellen die Wasserwogen im Meer sind groß und brausen mächtig; der Herr aber ist noch größer in der Höhe!"

(Psalm 93,3f)

Das größere Unglück

Ein kleiner Junge aus einem Dorf verirrte sich abends im Wald und wurde von seinen Eltern vermisst. Das ganze Dorf nahm teil an der Sorge der Eltern und machte sich auf die Suche. Landwirte rannten aus ihren Ställen, Kaufleute verließen ihre Geschäfte, Handwerker machten ihre Werkstätten dicht, Hausfrauen ließen das Abendessen kalt werden, eine Kirchenversammlung wurde abgebrochen, und alle kamen zusammen, um den Jungen zu suchen. Fieberhaft und planmäßig zugleich wurde die ganze Gegend abgesucht, um der hereinbrechenden Nacht zuvorzukommen. Nach stundenlanger Suche und unter Einsatz aller Kräfte und Mittel wurde das vollkommen verängstigte Kind schließlich gefunden. Wie freuten sich alle mit den Eltern über den glücklichen Ausgang.

Zwanzig Jahre später ist der Junge erwachsen. Er ist erneut in die Irre gegangen und hat sich im Gestrüpp des Lebens verfangen. Aber niemand sucht nach ihm. Vater und Mutter sind eifrig dabei, Geld zu verdienen. Die Kirchenversammlung berät den neuen Haushaltsplan. Nachbarn und Freunde haben mit ihren eigenen Sorgen und Problemen zu tun. Es wird kein Notruf ausgesandt. Keine Suche beginnt. Alle lassen den Jungen im viel größeren Unglück allein. Wenn ein Mensch in seiner Sünde verloren geht, ist das viel schlimmer. Aber niemand macht sich auf, um ihn zu suchen. Kümmert uns die Verlorenheit der Menschenkinder noch, dass wir uns aufmachen? Oder sind wir mit den wenigen zufrieden, die von selbst nach Hause gefunden haben?

"Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, so er deren eines verliert, der nicht lasse die neunundneunzig in der Wüste und hingehe nach dem verlorenen, bis dass er’s finde?"

(Lukas 15,4)