Auch wenn es weh tut

Zwei Rheumakranke teilen sich in einer Spezialklinik das Zimmer und die starken Schmerzen. Zusammen kommen sie in die Behandlungsräume und werden dort fachgerecht versorgt. Jeder liegt in seiner Kabine auf dem Tisch. Durch Vorhänge nur sind sie voneinander getrennt. Der Therapeut beginnt bei dem ersten Patienten. Der schreit auf und windet sich vor Schmerzen, stöhnt und schwitzt. Er kann es kaum ertragen und ist froh, als die Behandlung vorbei ist. Nun geht der Therapeut zu dem anderen Mann. Der liegt ganz ruhig, bleibt reglos und wie unbeteiligt. Als die Behandlung fertig ist, fragt der erste seinen Bettnachbarn: "Sag mal, tut das bei dir nicht weh? Ich könnte die Wände hochgehen vor Schmerzen!" "Nein", sagt der andere lächelnd, "ich halte dem doch nicht mein krankes Bein hin!"

Das ist auf den ersten Blick schlau. Aber am Ende doch ganz dumm und gefährlich. Aber wie oft halten wir Gott die gesunden und starken Seiten unseres Lebens hin, und die wunden Stellen verbergen wir. Wir haben Angst, es könnte weh tun. Bringen wir Gott die Verwundungen unseres Lebens, auch wenn es weh tut. Er will uns heilen und zurechtbringen, verbinden und gesundmachen. Wir dürfen mit unseren Sünden und Sorgen, dem Zerbrochenen und Verwundeten kommen.

"Aber dich will ich wieder gesund machen und deine Wunden hellen, spricht der Herr!"

(Jeremia 30,17)

Testamentseröffnung

Der bekannte Naturforscher Isaac Newton hat einmal gesagt: "Wir müssen das Evangelium nicht lesen, wie ein Notar ein Testament liest, sondern so, wie es der rechtmäßige Erbe liest!"

Der Notar liest ein Testament, das eröffnet wird, verständlicherweise mit juristischem Sachverstand, mit prüfenden Augen, aber ohne Herz. Der Notar nimmt jeden Satz, jeden Ausdruck unter die Lupe und untersucht, ob die Verfügung juristisch einwandfrei oder anfechtbar ist. Er muss das Testament kritisch lesen und fragen, wie es gemeint ist und zu vollstrecken geht.

Viele Menschen lesen so ihre Bibel, kalt und kritisch, suchen nach Widersprüchen und Ungereimtheiten. Da bleibt man unbeteiligt und ohne Freude und Gewinn. Wie anders liest der Erbe das Testament. Er sagt sich bei jedem Satz voller Freude und Jubel: "Das ist für mich, das ist alles für mich! Welch ein Geschenk!" Gott hat uns seinen letzten Willen in der Bibel mitgeteilt. Seine beiden Testamente, das Alte und das Neue Testament, gelten uns. Jesus hat seinen letzten Willen ebenfalls in Worte gekleidet und uns hinterlassen: "Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, auf dass sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, denn du hast mich geliebt, ehe denn die Welt gegründet ward" (Johannes 17,24).

Der letzte Wille Jesu meint uns, wir sind die lachenden Erben seiner Liebe und seines Lebenswerkes in Kreuz und Auferstehung. Da kommt Freude auf, und Dankbarkeit breitet sich aus: "Das ist alles für uns, welch ein Geschenk!" Als Gotteskinder lesen wir das Testament unseres Vaters ganz anders. Denn "sind wir Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi!" (Römer 8,17).

Kostbare Perlen

Äußerlich ist die Perlmuschel unansehnlich. Ihre Schale ist rau. Öffnet man sie aber, so wird ein perlmuttfarbiger Grund sichtbar. Und dann kommt es vor, dass die Muschel eine Perle bildet. Schimmernd liegt sie als Kostbarkeit im Innern der Muschel. Und doch ist jede Perle im Grunde eine Abwehrreaktion der Muschel auf eine Störung. Irgendein Fremdkörper gelangt in die Muschel, etwa ein störendes Sandkorn. Wenn sich die Muschel des schmerzenden Eindringlings nicht entledigen kann, legt sie um ihn Schicht um Schicht,~ schließt den Fremdkörper mit Schmelz ein und macht ihn unschädlich. So entsteht die Perle, ein Wunderwerk an Farberscheinungen, an Glanz und Form, keine der anderen gleichend und als kostbarer Schmuck hochbegehrt. Zum Schutze ihres Lebens hat die Muschel das Böse mit kostbarem eigenem Schmelz umkleidet und so nebenbei eine Kostbarkeit geschaffen. – Die Perlmuschel wird für uns ein Bild der Überwindung des Bösen. Sind wir auch fähig, das Leid, das uns zerstören will, einzukleiden in unsere Lebenshingabe, und schließlich wird aus all der Not noch eine Perle der Tröstung und Hoffnung?

Die Erfahrung, dass Schmerz und Leid den Menschen stärkt und läutert, der Aufblick auf Jesus, den Schmerzensmann, der alles für uns getragen und überwunden hat, die Glaubensgewissheit, die gerade in schweren Zeiten gewachsen ist, sind die Perlen, die sich dann bilden.

Suche in den Leiden die Bedeutung, die sie für dein geistliches Leben haben, und die Bitterkeit deiner Leiden wird sich in eine Perle verwandeln!

"Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewichtfallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll!"

(Römer 8,18)

Durch viel Leid zur Freude

Dr. Lee aus Südkorea berichtet: "Ich war achtzehn Jahre alt, als die Nordkoreaner Südkorea überfielen. Ich habe gesehen, wie siebentausend koreanische Christen ermordet wurden, darunter mein Vater und meine Schwester. Drei Tage lang hing meine Schwester mit dem Kopf nach unten an einem Strick. Am dritten Tag war sie fast bewusstlos. Jeden Tag nahmen uns die Kommunisten mit hinaus, damit wir sehen konnten, wie die gefangenen Christen behandelt wurden. Wir wurden alle gefangengenommen und gefragt: ‚Sind Sie ein Christ?‘ Meine Schwester war damals 22 Jahre alt. An diesem Tag, als ich gezwungen wurde, vor ihr zu stehen, erkannte sie mich. Ihr Blut floss bereits aus dem Kopf. Ich stand hilflos vor ihr, denn ich war gefesselt. Aber sie sang mit Flüsterstimme: ‚Welch ein Freund ist unser Jesus…‘ und: ‚Näher, mein Gott, zu dir…‘ Auf diese Weise starb sie, aber ihr siegreicher Tod hinterließ einen tiefen Eindruck auf mein Leben. – Eine Woche später wurde mein 72 Jahre alter Vater hingerichtet. Er wurde lebendig verbrannt, nachdem er einen Monat gehungert hatte. Er wurde in eine Grube geworfen, mit Petroleum übergossen und angezündet. Bevor er zusammenbrach, schrie er mit letzter Kraft: ‚Du musst fortsetzen, was ich nicht zu Ende bringen konnte!‘ Dann hob er die Hände und betete: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!‘

Diese beiden Erlebnisse haben einen unauslöschlichen Eindruck für mein weiteres Leben hinterlassen. Ich kann nicht beschreiben, was ich erleben musste. Einen Monat lang haben meine Peiniger mich geschlagen und gebrannt, meine Knochen gebrochen. Als sie schließlich dachten, ich wäre tot, haben sie mich in einen Sumpf geworfen. Ich lag acht Tage bewusstlos inmitten von Leichen. Die Ratten liefen über uns hinweg, und es war eine Höllenqual. Aber in dieser Stunde habe ich mein Leben dem Herrn Jesus ausgeliefert. Ich erkannte, was eine persönliche Verbindung zu Jesus für ein Menschenleben bedeutet: Im tiefsten Leid kann die Freude des Glaubens geboren werden!…

"Stricke des Todes hatten mich umfangen, des Totenreiches Schrecken hatten mich getroffen; ich kam in Jammer und Not. Aber ich rief an den Namen des Herrn: "Ach, Herr errette mich!"

(Psalm 116,3f)

Trotz Leiden andere beglücken

Eine alte Chronik erzählt von einem Mönch des Barfüßer-Ordens, der um 1374 am Main lebte. Er war vom Aussatz befallen und darum von der Gesellschaft ausgestoßen. Er, der sein Leben Gott geweiht hatte, wurde aus der Gemeinschaft der Lebenden und Gesunden ausgeschlossen. Welch eine Trauer und Tragik. Aber der vom Aussatz entstellte Mönch, der aller Schönheit und Gemeinschaft beraubte Kranke dichtet und singt. In der alten Chronik heißt es: "Der war von den Leuten ausgewiesen und war nicht rein. Aber er machte die besten Lieder und Reigen in der Welt!" Der Dahinsiechende dichtet und singt für andere die schönsten Lieder. Während sein eigenes Leben bereits in "Verwesung"
übergeht, "verwesentlicht" er das Leben anderer Menschen. Er führt deren Leben zur Freude, Liebe und zum Glauben. Der Barfüßer-Mönch ist ein Bild für den Menschen, der als ausgestoßener, leidender, sterbender Mönch noch gibt und schenkt, beglückt und erfreut.

"Als die Unbekannten, und doch bekannt; als die Sterbenden und siehe, wir leben; als die Gezüchtigten, und doch nicht getötet; als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben, und doch alles haben!"

(2. Korinther 6,9f)

Bäume sind unser Schicksal

Von Anfang an ist der Baum mit dem Menschen schicksalhaft verbunden. Das Greifen nach der verbotenen Frucht vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen brachte dem Menschen die Trennung von Gott und die Vertreibung aus dem Paradies. Gott versperrte den Menschen den Zugang zum Baum des Lebens. Seitdem leben wir jenseits von Eden mit der unstillbaren Sehnsucht nach diesem Lebensbaum. Ein Menschenleben und die ganze Menschheitsgeschichte sucht die Frucht dieses Baumes: erfülltes, bleibendes Leben.

Unter einem Baum begann das Unglück der Menschen. Unter einem Baum wird einmal die Sehnsucht der Menschen zur Erfüllung gelangen.

"Und er zeigte mir einen Baum des Lebens, der trägt zwölfmal Früchte und bringt seine Früchte alle Monate, und die Blätter des Baumes dienen zur Heilung der Völker!"

(Offenbarung 22,1f)

Aber auch jenseits von Eden ist der Baum unser Schicksal. Der aus dem Paradies vertriebene Mensch findet sich in einer Welt voller Gefahren. Da wird der Baum sein erster Zufluchtsort. Die Äste bieten Schutz vor wilden Tieren. Die Blätter bedecken vor heißer Sonne und kaltem Regen, schützen gegen Wind und Wetter. Die Früchte ernähren den Hungrigen. Blätter und Wurzeln spenden Heilkräfte den Kranken. Das Holzfeuer wärmt die Frierenden. Bäume produzieren den Sauerstoff zum Atmen und Überleben. Bäume sind in aller Bedrohung die Freunde des Menschen und Garanten seines Lebensraumes.

Aller Segen und Nutzen des Baumes, alle Heilkraft und Frucht, die er bringt, aller Schutz, den er gewährt, weisen hin auf das eine Heil, das Jesus am Baumstamm des Kreuzes für uns erwarb. Das stellvertretende Leiden und Sterben Jesu am Fluchholz öffnet uns die Tür zum Lebensbaum, mit dessen Früchten wir den ganzen Lebenshunger stillen und von dessen Blättern alle Lebenswunden heilen können.

Unter einem Baum begann das Unglück der Menschen. Unter einem Baum kann das Glück unseres Lebens beginnen. Wer unter dem Stamm des Kreuzes Gott begegnet, dem öffnet sich das Tor zum Lebensbaum, dem öffnet sich die Tür zum ewigen Leben. Bäume sind unser Schicksal. An Jesus, dem Heiland, der für uns am Fluchholz hängt, entscheidet sich alles.

"Der Herr hat gesagt: ,Ich will dich nicht verlassen und nicht von dir weichen!, "

(Hebräer 13,5)

Ein Abbild unseres Lebens

"Mit den Bäumen seid vorsichtig. Die Vögel hängen ihre Nester und die Kinder ihre Träume darin auf. Der müde Wanderer, der Sonnenglut überdrüssig, sucht ihren Schatten. Und wir alle sehen in ihnen im Ablauf des Jahres ein Bild unseres Lebens. Darum seid vorsichtig mit den Bäumen!"

(Marie Hüsing)

Bäume sind wie das Leben, stark und zart zugleich. Sie stehen voller Kraft und sind doch stark bedroht, wie die Menschen. Bäume sind ein Abbild unseres Lebens. Jede Baumwurzel sagt uns, dass unser Leben einen guten Nährboden zum Wachsen braucht. Ein Stamm erinnert an Jahre und Generationen von Menschen, an Werden und Reifen, Geschichte und Fortgang. Zweige und Äste eines Baumes weisen auf die Mannigfaltigkeit und die geheimnisvollen Verästelungen eines Lebens hin. Jedes Blatt erinnert uns an die Spannung von Nichtigkeit und Wichtigkeit des Menschen in der Welt. Jeder Baum ist in seiner Einmaligkeit und Beziehung zum Haushalt der Schöpfung ein Bild für den Menschen. Darum seid vorsichtig mit den Bäumen.

Wie schnell und gedankenlos wird ein kleines Bäumchen geknickt und zerbrochen. Ein großer Baum, der in Hunderten von Jahren zu einer mächtigen Säule und Krone geworden ist, wird in einer Stunde gefällt und zersägt. Unter der Schneelast des Winters brechen Bäume zusammen. Heftige Stürme zersplittern mächtige Stämme. Umweltgifte bringen den Bäumen einen langsamen Tod. Darum seid vorsichtig mit den Bäumen.

Wie schnell wird ein Menschenkind geknickt und zerbrochen. Wie rasch wird ein Lebenswerk von vielen Jahren zerstört. Wie grausam fällt der Tod den Menschen, die Krone der Schöpfung. Unter der Last schwerer Wege zerbrechen sie. Und die Stürme des Lebens zersplittern auch starke Menschen. Schlechte Gedanken und böse Ideen, falsche Bilder und trügerische Hoffnungen vergiften die Seelen und kränken die Herzen. Darum seid vorsichtig mit den Menschen!

Mit den Menschen seid vorsichtig. Die Kinder hängen ihre Hoffnung und Gott seine Liebe daran auf. Der müde Wanderer, der Lüge überdrüssig, sucht ihr wahres Gesicht. Und wir alle sehen in uns im Ablauf des Lebens ein Bild unseres Gottes. Darum seid vorsichtig mit den Menschen!

Im Schutz des großen Baumes

Großer Baum (Igabiro) heißt ein Behindertenheim in Afrika, das von der evangelischen Kirche Tansanias westlich des Viktoriasees geführt wird. Sechzig behinderte Menschen finden hier Aufnahme und Geborgenheit. Im Schutz des "Großen Baumes" werden Menschen, die sonst hilflos und ratlos wären, betreut und versorgt. Fürsorge und Lebenshilfe wird mit einem großen Baum verglichen, der Schatten spendet, Schutz gewährt, wie ein Dach zudeckt, einen festen Stamm zum Anlehnen bietet und Früchte zum Überleben bringt.

Unser Leben kann wie ein guter, großer Baum sein. Es wurzelt ganz tief in der Liebe Gottes. Es wächst hoch auf unter der Sonne seiner Barmherzigkeit. Es breitet sich einladend weit aus zum Schutz und Schatten für andere Menschen. Es hat einen festen, starken Stamm, der in Stürmen Halt und Bewahrung schenkt. Unser Leben wächst dem Himmel entgegen und bringt dabei kostbare Früchte hervor.

Ein Baum ist schön und wie ein Zeichen.
Wir Menschen können Bäumen gleichen.
Die Wurzeln greifen tief nach innen,
um Halt im Erdreich zu gewinnen.
Sie trotzen jedem Wind und Wetter
und tragen Stamm, Geäst und Blätter.
Wenn wir mit Gott verbunden leben,
wird er uns Halt und Stärke geben.
Ein Baum am Wasser kann gedeihen,
hat frisches, grünes Laub zum Freuen.
Es blüht und öffnet sich zum Lichte
und bringt zu seiner Zeit viel Früchte.
Wenn wir mit Gott verbunden leben,
wird er uns Frucht und Freude geben.
Ein Baum ist schön und wie ein Zeichen.
Wir Menschen sollen Bäumen gleichen.

(G. Otto)

Das Böse überwinden

Der bekannte Evangelist Dapozzo erzählt: ,Jahrelang habe ich um meines Glaubens willen in einem deutschen Konzentrationslager gelitten. Ich wog nur noch 45 Kilogramm, und mein ganzer Körper war mit Wunden bedeckt. Mein rechter Arm war gebrochen und ohne ärztliche Behandlung gelassen. Am Weihnachtsabend 1943 ließ mich der Lagerkommandant rufen. Ich stand mit bloßem Oberkörper und barfuss vor ihm. Er saß an einer reichgedeckten, festlichen Tafel. Stehend musste ich zusehen, wie er sich die Leckerbissen schmecken ließ. Da wurde ich vom Bösen versucht: Dapozzo, glaubst du immer noch an den 23. Psalm: Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde, du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang!‘ Im stillen betete ich zu Gott und konnte dann antworten: ‚Ja, ich glaube daran!‘ Die Ordonanz brachte Kaffee und ein Päckchen Kekse. Der Lagerkommandant aß sie mit Genuss und sagte zu mir: ‚Ihre Frau ist eine gute Köchin, Dapozzo!‘ Ich verstand nicht, was er meinte. Er erklärte es mir: ‚Seit Jahren schickt Ihre Frau Pakete mit kleinen Kuchen, die ich immer mit Behagen gegessen habe.‘ Wieder kämpfte ich gegen die Versuchung an. Meine Frau und meine vier Kinder hatten von ihren ohnehin kargen Rationen Mehl, Fett und Zucker gespart, um mir etwas zukommen zu lassen. Und dieser Mann hatte die Nahrung meiner Kinder gegessen. Der Teufel flüsterte mir zu: ‚Hasse ihn, Dapozzo, hasse ihn!‘ Wieder betete ich gegen den Hass an um Liebe. Ich bat den Kommandanten, wenigstens an einem der Kuchen riechen zu dürfen, um dabei an meine Frau und meine Kinder zu denken. Aber der Peiniger gewährte mir meine Bitte nicht. Er verfluchte mich.

Als der Krieg vorüber war, suchte ich nach dem Lagerkommandanten. Er war entkommen und untergetaucht. Nach zehn Jahren fand ich ihn schließlich und besuchte ihn zusammen mit einem Pfarrer. Natürlich erkannte er mich nicht. Dann sagte ich zu ihm: ‚Ich bin Nummer 17531. Erinnern Sie sich an Weihnachten 1943?‘ Da bekam er plötzlich Angst. ‚Sie sind gekommen, um sich an mir zu rächen?‘ Ja, bestätigte ich und öffnete ein großes Paket. Ein herrlicher Kuchen kam zum Vorschein. Ich bat seine Frau, Kaffee zu kochen. Dann aßen wir schweigend den Kuchen und tranken Kaffee. Der Kommandant begann zu weinen und mich um Verzeihung zu bitten. Ich erzählte ihm, dass ich ihm um Christi willen vergeben hätte. Ein Jahr später bekehrte sich dieser Mann und seine Frau zu Christus."

"Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!"

(Römer 12,21)

Was Liebe vermag

In einem Dorf lebte ein Christ, mit dem man allerhand Schabernack trieb. Man wollte den "Frommen" ärgern und ihn auf die Probe stellen. Eines Tages trieben es die Dorfjungen besonders arg. Jemand kam auf die Idee: "Decken wir dem Sepp das Dach ab. Mal sehen, wie fröhlich er bleibt, wenn er morgens aufwacht und sein Dach ist fort!" – Gesagt, getan. In aller Vorsicht deckten sie über Nacht das Dach ab, blieben aber doch nicht unbemerkt. Der Sepp überlegte: "Schimpfen, die Polizei rufen, alle verhaften lassen?" Nein, der Christ entschied anders. Als das Unternehmen beendet war und die jungen Leute sich verziehen wollten, stand plötzlich der Sepp in der Tür und sagte zu ihnen: "Ihr habt die ganze Nacht so schwer gearbeitet, jetzt braucht ihr erst mal ein ordentliches Frühstück. Kommt herein, ich habe alles gerichtet!"

Selbstverständlich haben die Burschen nach dem ausgiebigen Frühstück die Dachziegel wieder eingedeckt. So war das Dach wieder heil. Die Beziehung war nicht durch Hass oder Rache vergiftet. Und mancher der jungen Leute kam durch das Verhalten des Sepp zum Glauben an Jesus Christus. Was doch die Liebe vermag!

Jesus sagt: "Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel!"

(Matthäus 5,44f)