Sind unsere Seelen mitgekommen?

Wissenschaftler unternahmen in Afrika eine Expedition. Sie warben mehrere schwarze Träger an und trieben sie eilig mit den schweren Gerätekisten voran. Nach drei Tagen Eilmarsch warfen die Schwarzen die Lasten ab, setzten sich auf die Kisten und waren weder durch gute Worte noch Geld zu bewegen weiterzulaufen. Nach dem Grund ihrer Weigerung gefragt, antworteten sie: "Es geht zu schnell, unsere Seelen kommen nicht mit, wir müssen warten, bis unser Inneres nachkommt, dann gehen wir weiter!" Sie hatten ein Gespür dafür, dass bei dieser Hetze der innere Mensch zurückbleibt.

Sind in der rasanten Entwicklung von Fortschritt und Technik unsere Seelen mitgekommen? Wirtschaftswachstum und Wissensexplosionen halten uns in Atem, aber ist der innere Mensch mitgewachsen? Haben wir bedacht, dass zum Leben mehr als Rennen und Laufen, Hasten und
Jagen, Einkommen und Auskommen, Schaffen und Vermehren nötig sind? Haben wir an die Bedürfnisse unserer Seele gedacht? Haben wir Frieden mit uns selbst, miteinander, mit Gott? Haben wir einen Herrn, dem wir unsere Sorgen abgeben können? Haben wir ein Hoffnungslicht, um die Gespenster der Angst vertreiben zu können? Haben wir eine Liebe empfangen, die unsere aufgescheuchte Seele zur Ruhe bringt?

Vielleicht müssten wir uns auch mal auf die Kisten und Geräte setzen und warten, bis die Seelen nachkommen. Das täte uns Menschen, dem Leben und der Umwelt gut.

"Machet euch keine Unruhe, trachtet vielmehr nach seinem Reich, so wird euch das alles zufallen!"

(Lukas 12,29.31)

Wer einen weiten Weg hat, läuft nicht

Das Modewort unserer Zeit heißt Zerstreuung. Die Sinne werden zerstreut. Die Gedanken werden auseinandergewirbelt. Die Kräfte werden verschwendet, Geld und Gut vertändelt und die Gesundheit aufs Spiel gesetzt.

Das Geheimnis eines richtigen Lebens heißt Sammlung. Sammlung der Sinne und Gedanken um eine Lebensmitte: Gottes Liebe! Sammlung der Kräfte und Gaben zu einem größeren Ziel: Gottes Willen! Sammlung der Menschen und Güter zu einer Bestimmung, die über den einzelnen hinausgeht: Gottes Gemeinde!

Wie anders wird ein Leben, wenn man seine Zeit als einen Weg versteht, der sorgsam ausgegangen, Abschnitt um Abschnitt, Stufe um Stufe bewusst gelebt wird nach den Weisungen, die uns Gott gegeben hat. Der Weg führt dann zu einem Ziel, das weit über uns kleine Menschen hinausreicht.

Lebenszeit ist ein Weg in die Ewigkeit. Und wer einen weiten Weg hat, der läuft nicht. Er rennt auch nicht besinnungslos herum in der Angst, etwas zu verpassen. Aber er bleibt auch nicht sorgenvoll stehen, weil er kein Ziel sieht. Wir werden beides leben: den Weg ganz ausgehen, das Ziel ganz im Auge behalten.

"Ich werde allen meinen Beschäftigungen mit Ruhe nachgehen, mit Gemessenheit, unsäglicher Einfachheit, als wenn ich gerade nur dafür auf die Welt gekommen wäre, als ob mir Jesus das selber aufgetragen hätte, vor mir stünde und mir dabei zuschaute!"

(Papst Johannes XXIII.)

Ein Tag der sagt dem andern,
mein Leben sei ein Wandern
zur großen Ewigkeit.
0 Ewigkeit, so schöne,
mein Herz an dich gewöhne,
mein Heim ist nicht in dieser Zeit.

(Gerhard Tersteegen)

Warum lässt Gott das zu?

Warum lässt Gott das zu,

dass die Sonne über alle Menschen ihr Licht verströmt, dass der Regen die Erde feuchtet, dass Pflanzen aufwachsen und Blumen blühen, dass Bäume leben und Früchte bringen, dass Vögel und Insekten durch die Luft schwirren, Fische das Wasser beleben und Menschen und Tiere die Erde bevölkern?

Warum lässt Gott das zu,

dass Mann und Frau sich in der Liebe erkennen, dass Kinder geboren und groß werden, dass Augen sehen, Ohren hören, Hände tasten und Menschen miteinander sprechen können?

Warum lässt Gott das zu,

dass Menschen denken und arbeiten, ruhen und spielen, lieben und lachen, laufen und leben können, dass sie Bilder malen und anschauen, Musik machen und anhören, Bücher schreiben und lesen, Häuser bauen und bewohnen können?

Warum lässt Gott das zu,

dass es Jahreszeiten und Festzeiten, Saat und Ernte, Himmel und Erde, Land und Meer, Berge und Täler, Flüsse und Meere, Wege und Ziele gibt?

Warum lässt Gott das zu, dass wir atmen und essen, singen und tanzen, nehmen und geben, festhalten und loslassen, forschen und erkennen, planen und aufbauen können?

Warum lässt Gott das zu,

dass die Erde von der Sonne so weit entfernt ist, dass das Leben gewärmt, aber nicht verbrannt wird, dass sich die Erde um sich selber dreht, damit Tag und Nacht, Licht und Dunkel entstehen, dass die Erdachse um 23 Grad geneigt ist, damit es vier Jahreszeiten gibt?

Warum lässt Gott das zu,

dass Menschen zu ihm kommen, mit ihm reden, unter seiner Obhut Zuflucht finden und für ihre Sünde Vergebung erlangen können?

Warum lässt Gott das zu,

dass sein Sohn Jesus Christus für uns lebt, leidet, stirbt, aufersteht und wiederkommt, damit wir nach einem erfüllten Leben hier an einem ewigen Leben dort mit Gott teilhaben dürfen?

Warum lässt Gott das zu? Weil er es gut meint!

"Habe deine Lust am Herrn; der wird dir geben, was dein Herz wünscht!"

(Psalm 37,4)

Warum?

Eltern hatten zwei Kinder. Als ihre Tochter im blühenden Jugendalter starb, ließen sie auf den Grabstein meißeln: "Warum?" Klagend, anklagend hallte dieser Schrei wider und blieb ohne Antwort. Als sie Jahre später auch ihren Sohn begraben mussten, ließen die Eltern auf den Grabstein schreiben: "Gott weiß, warum!" Die Frage ist geblieben. Und es gibt keine einfache Antwort darauf. Aber die Eltern wandten sich jetzt mit ihrer Frage an Gott. Ihre Frage nach dem Warum war eingekleidet in das Vertrauen zu Gott und sein Wissen und Weisen. So wollen auch wir nicht mit halben Antworten zu den Leidenden kommen, sondern Leidende und ihre tiefen Fragen zu Gott bringen.

Unsere nackten Fragen brauchen ein Kleid. Die bloße Frage nach dem Warum, die uns immer wieder verletzt und durchbohrt, muss eingekleidet sein in das schützende Vertrauen zu Gott.

"Auf dich bin ich geworfen von Mutterleib an, du bist mein Gott von meiner Mutter Schoß an!"

(Psalm 22,11)

Bewahrung im Leiden

Eine Familie machte einen Sonntagsspaziergang. Drei muntere Kinder liefen ihren Eltern auf einem Schotterweg voraus. Das älteste der Kinder sprang vorneweg und schaute sich immer wieder um nach den beiden Geschwistern. Die Kinder liefen auf einen unbeschrankten Bahnübergang zu. In ihrer Freude am Spiel hatten sie alles um sich herum vergessen, hatten nur Augen und Ohren für ihr Fangen. So hörten sie nicht den herannahenden Zug. Direkt vor dem Bahnübergang stolperte das Mädchen und schlug der Länge nach hin. Im selben Augenblick brauste der Zug vorüber. Das Mädchen weinte über das schmutzige Kleid und die blutigen Knie. Der ganze Sonntag, alle Freude und Lust am Spiel schien ihr verdorben, sie fühlte nur den brennenden Schmerz und wollte sich kaum trösten lassen. Die Eltern aber sahen hinter dem kleinen Unglück die große Bewahrung vor der viel größeren Gefahr.

Wie oft hat Leid das Leben eigentlich geschont und bewahrt. Wie viele Menschen sind angesichts des Todes zum Leben gekommen, in schwerer Krankheit eigentlich heil geworden, in Erschütterungen aufgewacht, durch Verluste zum tieferen Reichtum gelangt und haben an den Grenzen zur Mitte des Lebens gefunden.

"Wir wissen aber dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten dienen!"

(Römer 8,28)

Offene Fragen

Ein alter Pfarrer lag schwerkrank im Bett und litt große Schmerzen. Ein junger Vikar besuchte ihn und wollte ihn trösten. Wohlmeinend, sagte er: "Wen Gott lieb hat, den züchtigt er!" Worauf der alte Mann bedächtig und unter Schmerzen antwortete: "Ja, aber jetzt wünschte ich, dass Gott mal wieder einen anderen Menschen liebt!"

Nicht jedes Leid ist auch aus der Liebe Gottes geboren und als freundliche Zurechtweisung gemeint. Das Leid Hiobs kommt gar nicht von Gott, sondern vom Gegenspieler Gottes. Es ist nicht Ausdruck der Liebe Gottes, sondern der Hass des Bösen. Gott hatte an Hiob gar nichts zurechtzuweisen und keinen Grund, ihn mit Leid heimzusuchen, war er doch im Glück und Wohlergehen ganz bei Gott und untadelig.

Oft kommt das Leid auch vom Bösen, und an den Guten tobt es sich aus. Die Frage, warum Gott es zulässt, bleibt offen. Niemand wird die Frage, warum Gott es dem Satan gestattet, Hiob so zu schlagen, beantworten können. Aber auch mit den vielen offenen Fragen dürfen wir im Vertrauen zu Gott gehen. Wir müssen nicht alles wissen und können doch ganz vertrauen.

"Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Weit Ende!"

(Matthäus 28,20)

Der Schlüssel zur Freiheit

"Es war einmal ein Edler, des Freunde und Angehörige durch ihren Leichtsinn um ihre Freiheit gekommen waren und in fremdem Lande in harte Gefangenschaft geraten waren. Er konnte sie in solcher Not nicht wissen und beschloss, sie zu befreien. Das Gefängnis war fest verwahrt und von inwendig verschlossen, und niemand hatte den Schlüssel. Als der Edle sich ihn nach vieler Zeit und Mühe zu verschaffen gewusst hatte, band er dem Kerkermeister die Hände und Füße und reichte den Gefangenen den Schlüssel durchs Gitter, dass sie aufschlössen und mit ihm heimkehrten. Die aber setzten sich hin, den Schlüssel zu besehen und darüber zu ratschlagen. Es wird ihnen gesagt, der Schlüssel sei zum Aufschließen, und die Zeit sei kurz. Sie aber blieben dabei, zu besehen und zu ratschlagen. Und einige fingen an, an dem Schlüssel zu meistern und daran ab- und zuzutun. Und als er nun nicht mehr passen wollte, waren sie verlegen und wussten nicht, wie sie mit ihm tun sollten. Die andern aber hatten ihren Spott und sagten, der Schlüssel sei gar kein Schlüssel, und man brauche auch keinen."

(Matthias Claudius)

Wir sitzen im Kerker des Todes. Jesus reicht uns in seiner Liebe die Schlüssel, mit denen wir herauskommen können, lässt uns seine wunderbare Befreiung nahe bringen. Es eilt, aber wir untersuchen das Evangelium und verändern es so lange, bis es seine erlösende Macht verliert. Dann ziehen wir alles in Zweifel und klagen Gott an. Nein, so geht es nicht. Wir wollen einfach aufschließen und in der Freiheit der Kinder Gottes leben und mit Jesus "heimziehen".

Jesus sagt: "Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle!"

(Offenbarung 1,17f)

Das Leben ist herrlich

Ein Mann klagt einem erfahrenen Rabbi sein Leid: "Mein Leben ist nicht mehr erträglich. Wir wohnen mit sechs Personen in einem Raum. Ich halte die Enge und den Lärm nicht mehr aus. Was soll ich nur machen?" Der Rabbi überlegte und riet ihm dann: "Nimm deinen Ziegenbock noch mit in euer Zimmer!" Der Mann erhob verwundert seine Einwände gegen den Vorschlag. Doch der Rabbi beharrte auf seinem Rat: "Tu, was ich dir gesagt habe, und komm nach einer Woche wieder!"

Nach einer Woche kam der Mann zum Rabbi. Er war vollkommen entnervt und total am Ende "Wir können es nicht mehr aushalten. Der Ziegenbock stinkt fürchterlich. Die Tage sind eine einzige Qual, die Nächte schlimm und schlaflos." Der Rabbi sagte nur: "Geh nach Hause und stell den Ziegenbock wieder in den Stall. Dann komm nach einer Woche wieder!" Die Woche verging. Als der Mann zum Rabbi kam, lachte er übers ganze Gesicht: "Das Leben ist herrlich, Rabbi. Wir genießen jede Minute. Kein Ziegenbock, kein Gestank. Nur wir sechs im Zimmer. Das Leben ist herrlich!"

Manchmal wird das Leben in seinen engen Grenzen wieder weit und lebenswert, wenn man an die viel größere Not denkt, in der man sein und leiden könnte. Manchmal muss man sich die Not ins eigene Zimmer stellen, damit man erkennt, wie gut man ohne sie leben kann. Aber wirklich herrlich wird ein Leben nicht durch Vergleiche mit anderen Menschen oder Situationen. Wirklich herrlich bleibt das Leben nur im Wissen um einen Herrn des Lebens. Unser Leben ist dann herrlich, auch in mancher Bedrängnis, wenn wir einen Herrn haben, der in allen Lebenslagen unser Helfer und Beistand ist. Nur wer einen starken Herrn hat, dessen Leben wird letztlich auch "herrlich" sein!

Ich freue mich

Herr, ich werfe meine Freude
wie Vögel an den Himmel.
Die Nacht ist verflattert,
und ich freue mich am Licht.
Deine Sonne hat den Tau weggebrannt
vom Gras und von unseren Herzen.
Was da aus uns kommt, was da in uns ist
an diesem Morgen, das ist Dank.

Herr, ich bin fröhlich heute am Morgen.
Die Vögel und Engel jubilieren,
und ich singe auch.
Das All und unsere Herzen
sind offen für deine Gnade.
Ich fühle meinen Körper und danke.
Die Sonne brennt meine Haut,
ich danke.
Das Meer rollt gegen den Strand,
ich danke.
Die Gischt klatscht gegen unser Haus,
ich danke.

Herr, ich freue mich an der Schöpfung
und dass du dahinter bist und daneben
und davor und darüber und in uns.

Ich freue mich, Herr,
ich freue mich und freue mich.
Die Psalmen singen von deiner Liebe,
die Propheten verkündigen sie.
Und wir erfahren sie:
Weihnachten, Ostern,
Pfingsten und Himmelfahrt
ist jeder Tag in deiner Gnade.

Herr, ich werfe meine Freude
wie Vögel an den Himmel.
Ein neuer Tag, der glitzert und knistert,
knallt und jubiliert von deiner Liebe.
Jeden Tag machst du. Halleluja, Herr!

(Gebet aus Westafrika)

Der zerstörte Bambus

Es war einmal ein wunderschöner Garten, der lag mitten in einem großen Königreich. Dort pflegte der Herr des Gartens in der Hitze des Tages spazieren zu gehen. Ein edler Bambusbaum war ihm der schönste und liebste von allen Bäumen, Pflanzen und Gewächsen im Garten. Jahr für Jahr wuchs der Bambus und wurde immer anmutiger. Er wusste wohl, dass der Herr ihn liebte und seine Freude an ihm hatte.

Eines Tages näherte sich der Herr nachdenklich seinem geliebten Baum, und in einem Gefühl großer Verehrung neigte der Bambus seinen mächtigen Kopf zur Erde. Der Herr sprach zu ihm: "Lieber Bambus, ich brauche dich." Es schien, als sei der Tag aller Tage gekommen, der Tag, für den der Baum geschaffen worden war. Der Bambus antwortete leise: "Herr, ich bin bereit, gebrauche mich, wie du willst!" "Bambus", die Stimme des Herrn wurde ernst, "um dich zu gebrauchen, muss ich dich beschneiden." "Mich beschneiden? Mich, den du zum schönsten in deinem Garten gemacht hast! Nein, das nicht, bitte nicht. Verwende mich doch zu deiner Freude, Herr, aber bitte beschneide mich nicht!"

"Mein geliebter Bambus", die Stimme des Herrn wurde noch ernster, "wenn ich dich nicht beschneide, kann ich dich nicht gebrauchen!" Im Garten wurde es ganz still. Der Wind hielt den Atem an. Langsam beugte der Bambus seinen herrlichen Kopf. Dann flüsterte er: "Herr, wenn du mich nicht gebrauchen kannst, ohne mich zu beschneiden, dann tu mit mir, wie du willst, und beschneide mich!"

"Mein geliebter Bambus, ich muss dir aber auch deine Blätter und Äste abschneiden!‘ "Ach, Herr, davor bewahre mich! Zerstöre meine Schönheit, aber lass mir doch bitte Blätter und Äste!" "Wenn ich sie dir nicht abhaue, kann ich dich nicht gebrauchen." Die Sonne versteckte ihr Gesicht. Ein Schmetterling flog ängstlich davon. Und der Bambus, zitternd vor dem, was auf ihn zukam, sagte ganz leise: "Herr, schlage sie ab." "Mein Bambus, ich muss dir noch mehr antun. Ich muss dich mitten durchschneiden und dein Herz herausnehmen. Wenn ich das nicht tue, kann ich dich nicht gebrauchen!" Da neigte sich der Bambus bis zur Erde. "Herr, schneide und teile!"

So beschnitt der Herr des Gartens den Bambus, hieb seine Äste ab, streifte seine Blätter ab, teilte ihn in zwei Teile und schnitt sein Herz heraus. Dann trug er ihn dahin, wo schon aus einer Quelle frisches, sprudelndes Wasser sprang, mitten in die trockenen Felder. Dort legte der Herr vorsichtig seinen geliebten Bambus auf den Boden. Das eine Ende des abgeschlagenen Stammes verband er mit der Quelle, das andere Ende führte er zur Wasserrinne im Feld. Die Quelle sang ein Willkommen, und das klare, glitzernde Wasser schoss freudig durch den zerschlagenen Körper des Bambus in den Kanal und floss auf die dürren Felder, die so darauf gewartet hatten. Dann wurde der Reis gepflanzt. Die Tage vergingen, und die Saat wuchs und die Erntezeit kam.

So wurde der einst so herrliche Bambus zum großen Segen. Als er noch groß und schön war, wuchs er nur für sich selbst und freute sich an der eigenen Schönheit. Aber als er sich hingegeben hatte, wurde er zum Kanal, den der Herr gebrauchte, um sein Land fruchtbar zu machen.

(G. Dell Britt, Chinamissionarin)

Wann beginnt der Tag?

Ein alter Rabbi fragte einst seine Schüler, wie man die Stunde bestimmt, in der die Nacht endet und der Tag beginnt.

"Ist es, wenn man von weitem einen Hund von einem Schaf unterscheiden kann?" fragte einer der Schüler. "Nein", sagte der Rabbi. "Ist es, wenn man von weitem einen Dattel- von einem Feigenbaum unterscheiden kann?" fragte ein anderer. "Nein", sagte der Rabbi. "Aber was ist es dann?" fragten die Schüler.

"Es ist dann, wenn du in das Gesicht irgendeines Menschen blicken kannst und deine Schwester oder deinen Bruder siehst. Bis dahin ist die Nacht noch bei uns!"