Himmel und Hölle gewinnen

Ein Rabbi bat Gott einmal darum, den Himmel und die Hölle sehen zu dürfen. Gott erlaubte es ihm und gab ihm den Propheten Elia als Führer mit. Elia führte den Rabbi zuerst in einen großen Raum, in dessen Mitte auf einem Feuer ein Topf mit einem köstlichen Gericht stand. Rundum saßen Leute mit langen Löffeln und schöpften alle aus dem Topf. Aber die Leute sahen blass, mager und elend aus. Denn die Stiele ihrer Löffel waren viel zu lang, so dass sie das herrliche Essen nicht in den Mund bringen konnten.

Als die Besucher wieder draußen waren, fragte der Rabbi den Propheten, welch ein seltsamer Ort das gewesen sei. Es war die Hölle.

Daraufhin führte Elia den Rabbi in einen zweiten Raum, der genau aussah wie der erste. In der Mitte des Raumes brannte ein Feuer, und dort kochte ein köstliches Essen. Leute saßen ringsum mit langen Löffeln in der Hand. Aber sie waren alle gut genährt, gesund und glücklich. Sie versuchten nicht, sich selbst zu füttern, sondern benutzten die langen Löffel, um sich gegenseitig zu essen zu geben. Dieser Raum war der Himmel!

"Siehe, wie fein und lieblich ist’s, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen! Dort verheißt der Herr den Segen und Leben bis in Ewigkeit!"

(Psalm 133,1.3)

Mit Augen des Glaubens

Ein Mann wird von seinen Arbeitskollegen wegen seiner hässlichen Frau verspottet Er bleibt ruhig und antwortet ihnen: "Wenn ihr meine Augen hättet, fändet ihr sie auch schön!"

So ist es mit dem Glauben und der Liebe. Mit Augen der Liebe gesehen, sind die Menschen schön. Oft genug ist unser Leben grausam entstellt durch Lüge und Neid, Streit und Eifersucht. Aber mit den Augen der Liebe gesehen, sieht alles ganz anders aus. Auch die oft so kümmerliche Gestalt der christlichen Gemeinde sehen wir mit Augen des Glaubens in einem ganz anderen Licht. Da ist die Gemeinde der Leib und das Eigentum Christi, das wächst und ausreift zur Vollendung. Oder die Gemeinde erscheint als die Braut Christi, die zur Hochzeit zubereitet wird.

Mit Augen der Liebe gesehen, bekommt alles einen anderen Glanz und eine Schönheit, die von innen nach außen strahlt. Ohne die Augen der Liebe wären wir alle hässlich und unansehnlich. Aber Gott sieht uns mit den Augen seiner unendlichen Liebe. Das ist unsere Chance. Gott sieht über unsere Fehler und Schwächen, Sünden und Entstellungen nicht hinweg, aber er sieht darüber die Möglichkeit, durch seine Liebe verwandelt zu werden in sein Bild. Gott sieht in seiner Liebe über uns das Bild seines Sohnes, Jesus Christus.

"Hat nicht Gott erwählt die Armen auf dieser Welt, dass sie am Glauben reich seien und Erben des Reichs, welches er verheißen hat denen, die ihn lieb haben?"

(Jakobus 2,5)

Durch den Horizont sehen

Mit Tränen in den Augen zimmert der Missionar den kleinen Sarg für seinen gestorbenen Jungen. Drei kleine Kinder ließen die Missionarsleute in ihrer Heimat. Zu ihrer Freude wurde ihnen vor einem Jahr das vierte Kind hier im Papuadorf in Neuguinea geboren. Wie hatten die Eingeborenen das kleine, weiße Menschenkind bestaunt. Wie hatten sie gelacht, wenn der kleine Junge seine Händchen nach ihnen ausstreckte. Nun lag der kleine Sonnenschein kalt und tot da, und der Vater zimmerte den Sarg. Von ferne standen die Dorfbewohner. Einige wagten sich in die Nähe des Missionars. Einer sagte: "Dein Sohn ist tot, werdet ihr nun fortgehen?" "Nein", erwiderte der Missionar, "wir bleiben hier." Nachdenklich schaute der Mann dem Missionar zu. Dann begann er wieder: "Aber ihr werdet auch einmal sterben, was machen dann eure Kinder?" "Da haben wir keine Sorge, die sind in Gottes Hand." "Missionar", sagte der Eingeborene, "was seid ihr Jesusleute doch für Menschen. Ihr fürchtet den Tod nicht, und ihr könnt durch den Horizont sehen!" "Ja", sagte der Missionar, "wir können durch den Horizont sehen!" Und wie er so spricht, fällt ihm ein, dass es in der Papuasprache kein Wort für Hoffnung gibt. Das war ein gutes Wort für Hoffnung. Hoffnung haben heißt durch den Horizont sehen. Dorthin sehen, wo Jesus ist – die Hoffnung für die ganze Welt.

"Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden, denn Gottes Liebe ist ausgegossen in unser Herz!"

(Römer 5,5)

Wo das Glück zu finden ist

Es waren zwei Mönche, die lasen einmal miteinander in einem alten Buch, in welchem die Weisheit und Wahrheit geschrieben stehen: Am Ende der Welt gäbe es einen Ort, an dem der Himmel und die Erde sich berühren, an dem also das große Glück zu finden ist. Sie beschlossen, diesen Ort zu suchen und nicht umzukehren, ehe sie ihn gefunden hätten.

So durchwanderten die beiden die Welt, bestanden unzählige Gefahren, erlitten alle Entbehrungen, die eine Wanderung durch die ganze Welt erfordert; und alle Versuchungen, die einen Menschen von seinem Ziel abbringen können, wehrten sie ab.

Eine Tür sei dort, so hatten sie gelesen. Man brauche nur anzuklopfen und befinde sich bei Gott.

Schließlich fanden sie, was sie suchten. Sie klopften an die Tür. Bebenden Herzens sahen sie, wie sich die Tür öffnete. Und als sie eintraten und die Augen erhoben, fand sich jeder in seiner Klosterzelle.

Da begriffen sie: Der Ort, wo das große Glück zu finden ist, ja wo Gott begegnet, befindet sich nicht am Ende der Welt, sondern hier auf dieser Erde, an der Stelle, die uns Gott zugewiesen hat.

Auf der Durchreise

Im 19. Jahrhundert lebte in Polen ein bekannter jüdischer Rabbi mit Namen Hofetz Chaim. Zu ihm kam eines Tages ein Besucher, um einen Rat von ihm zu erbitten. Als der Mann sah, dass die Wohnung des Rabbi aus einem winzigen Zimmer bestand, in dem sich nur eine Bank, ein Tisch mit Stuhl und viele Bücher befanden, fragte er den Rabbi verwundert: "Meister, wo haben Sie Ihre Möbel und den Hausrat?" "Wo haben Sie Ihre?" erwiderte der Rabbi. "Meine?" fragte der verblüffte Fremde, "ich bin doch nur zu Besuch hier. Ich bin doch nur auf der Durchreise!" "Ich auch!" sagte Hofetz Chaim.

Unser Leben ist eine wunderbare Reise. Beschweren wir uns nicht mit zuviel unnutzem Ballast. Wir haben ein großes Ziel und ein wunderbares Zuhause bei Gott. Bis dahin sind wir auf der Durchreise.

"Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir!"

(Hebräer 13,14)

"Allmächtiger!"

Drei Jungen auf einem Spielplatz unterhalten sich. Der eine will witziger und wichtiger sein als der andere. Einer beginnt: "Mein Onkel ist Pfarrer. Wenn der auf die Straße geht, grüßen die Leute und sagen, Hochwürden!… Der zweite Junge antwortet: "Ich habe einen Onkel, der ist Kardinal. Wenn der durch die Stadt geht, ziehen die Leute den Hut und sagen, Eminenz!… Der dritte Junge wirft ein: "Das ist doch gar nichts. Ich habe einen Onkel, der ist so dick, wenn der auf die Straße geht, drehen sich die Leute um und rufen Allmächtiger!…

Tausendmal gedankenlos und missbräuchlich als Ausruf des Staunens hingeworfen: "Allmächtiger!" Einmal wäre es als Staunen und Wundern, als Überraschung und Anbetung zugleich am Platz, wenn wir es betend zu Gott sagen: "Allmächtiger!" Gott ist der einzige, der diesen Anruf rechtfertigt. Gott hält alle Macht in seinen Händen. Er ist der Herr der Schöpfung, der Machthaber der Welt, der Gebieter der Geschichte, der König des Lebens, der Sieger über den Tod, der Herr über Zeit und Ewigkeit. Gott ist der Erste und der Letzte, der Einzige und Wahre, der Lebendige und Ewige. Seine Macht hat keine Grenzen, seine Herrschaft kein Ende, seine Größe kein Beispiel. Wir sehen Gottes Macht in der Schöpfung der Welt, in der Geschichte seines Volkes, in der Erlösung der Menschen, in der Überwindung des Todes in der Auferstehung Jesu. Mit Augen des Glaubens sehen wir Gottes Allmacht überall.

Aber das eigentlich Überraschende und Staunenswerte an der Größe Gottes ist, dass er seine Allmacht an die vollkommene Liebe gebunden hat. Der Machthaber der Welt ist zugleich der Liebhaber des Lebens. Niemand wird unser Leben so liebhaben, versorgen und bedenken können wie der lebendige Gott. Der Weltenherrscher ist der beste Freund unseres Lebens. Gottes Macht ist darin so herrlich, dass sie eine Macht der Liebe ist. Und Gottes Liebe ist darin so stark, dass sie eine alles überwindende Liebe ist. Weil Gott in Jesus Christus der Machthaber der Welt und der Liebhaber des Lebens ist, dürfen wir getrost zu ihm Zuflucht nehmen.

"Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe!"

(Psalm 91,1f)

Was ist eigentlich das Leben?

An einem schönen Sommertag um die Mittagszeit war große Stille am Waldrand. Die Vögel hatten ihre Köpfe unter die Flügel gesteckt, und alles ruhte. Da streckte der Buchfink sein Köpfchen hervor und fragte: "Was ist eigentlich das Leben?" Alle waren betroffen über diese schwierige Frage.

Die Heckenrose entfaltete gerade eine Knospe und schob behutsam ein Blatt ums andere heraus. Sie sprach: "Das Leben ist eine Entwicklung." Weniger tief veranlagt war der Schmetterling. Er flog von einer Blume zur anderen, naschte da und dort und sagte: "Das Leben ist lauter Freude und Sonnenschein."

Drunten im Gras mühte sich eine Ameise mit einem Strohhalm, zehnmal länger als sie selbst, und sagte: "Das Leben ist nichts als Arbeit und Mühsal."

Geschäftig kam eine Biene von einer honighaltigen Blume auf die Wiese zurück und meinte dazu: "Nein, das Leben ist ein Wechsel von Arbeit und Vergnügen!" Wo so weise Reden geführt wurden, streckte auch der Maulwurf seinen Kopf aus der Erde und brummte: "Das Leben? Es ist ein Kampf im Dunkeln."
Nun hätte es fast einen Streit gegeben, wenn nicht ein feiner Regen eingesetzt hätte, der sagte: "Das Leben besteht aus Tränen, nichts als Tränen." Dann zog er weiter zum Meer. Dort brandeten die Wogen, warfen sich mit aller Gewalt gegen die Felsen und stöhnten: "Das Leben ist wie ein vergebliches Ringen nach Freiheit!" Hoch über ihnen zog majestätisch der Adler seine Kreise. Er frohlockte: "Das Leben, das Leben ist ein Streben nach oben." Nicht weit vom Ufer entfernt stand eine Weide. Sie hatte der Sturm schon zur Seite gebogen. Sie sagte: "Das Leben ist ein Sich neigen unter eine höhere Macht."

Dann kam die Nacht. Mit lautlosen Flügeln glitt der Uhu über die Wiese dem Wald zu und krächzte: "Das Leben heißt: die Gelegenheit nützen, wenn andere schlafen." Und schließlich wurde es still in Wald und Wiese. Nach einer Weile kam ein junger Mann des Wegs. Er setzte sich müde ins Gras, streckte dann alle Viere von sich und meinte, erschöpft vom vielen Tanzen und Trinken: "Das Leben ist das ständige Suchen nach Glück und eine lange Kette von Enttäuschungen." Auf einmal stand die Morgenröte in ihrer vollen Pracht auf und sprach: "Wie ich, die Morgenröte, der Beginn eines neuen Tages bin, so ist das Leben der Anbruch der Ewigkeit!"

(Ein schwedisches Märchen)

Bei aller Freude und aller Mühsal, bei allem Kampf und allem Dunkel, bei aller Lust und allen Tränen ist unser Leben auf die Ewigkeit hin angelegt. Leben ist Anbruch und Aufbruch, Leben ist auf Kommendes aus, ein echtes Abenteuer.

Auf der Flucht

Es lebte einst ein Kaiser in China. Eines Abends ging er über die blühenden Terrassen seiner kaiserlichen Gärten und erfreute sich an der Schönheit seiner Blumen und an dem Duft der Rosen. – Da stürzte sein oberster Gärtner, die Treppe heraufstürmend, dem Kaiser vor die Füße in den Staub "O mächtiger Herr, höre mich an! Eben sah ich, als ich dort unten deine Rosenbüsche begoss, den leibhaftigen Tod. Dort hinter einem Baum spähte er hervor und drohte mir mit der Faust. Sicher will er mir an das Leben. Leihe mir, Herr, dein schnellstes Pferd Zephir, das rascher als der Westwind ist, und lass mich entfliehen nach Tschanga, deinem entferntesten Schloss, das du in den Bergen versteckt hast. Noch vor Aufgang des Mondes kann ich dort sein. Dort wird mich der Tod nicht finden." – "Nimm das Pferd! Um sein Leben zu bewahren, muss man alles einsetzen."

Der Gärtner stürmte davon nach den Ställen. Bald hörte man den silbernen Hufschlag eines entfliehenden Pferdes. – Sinnend ging der Kaiser weiter. Aber plötzlich sah auch er dicht vor sich mitten in den Rosen den Tod. Doch der Kaiser fürchtete sich nicht, sondern trat ihm rasch entgegen und fuhr ihn an: "Warum erschreckst du meinen Gärtner und bedrohst meine Leute vor meinen Augen?" Da verneigte sich der Tod und sprach: "Erhabener Herr, vergib mir, dass ich dich erzürnte. Aber ich habe deinen Gärtner nicht bedroht. Als ich ihn so unerwartet vor mir sah in deinen Rosen, konnte ich ein Zeichen der Verwunderung nicht unterdrücken. Denn heute früh gebot mir der hohe Herr des Himmels, diesen deinen Gärtner heute Abend beim Aufgang des Mondes in deinem Schloss Tschanga abzuholen. Darum wunderte ich mich, dass ich ihn hier traf, so weit von jenem Schloss entfernt!"

Da neigte sich der Kaiser ehrfürchtig vor dem unsichtbaren Herrn über Leben und Tod. Und er blickte dann lange in den Kelch einer Rose. Und er dachte: ‚Da rast nun der Mann auf dem schnellsten Pferd, das niemand einholen kann, vor dem Schicksal fliehend seinem Schicksal entgegen!‘

"Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen. Aber ihr wollt nicht und sprecht: ,Nein, sondern auf Rossen wollen wir dahinfliegen … und auf Rennern wollen wir reiten,‘ – darum werden euch eure Verfolger überrennen!"

(Jesaja 30,15f)

Ich weiß!

Zwei Worte, die so sicher klingen, die aber tief verletzen können. Einmal werden die Worte "Ich weiß!" drohend und bloßstellend gebraucht. "Ich weiß Bescheid!" "Ich kenne dich!" "Ich weiß alles!" Wie Stiche dringen diese nackten Wahrheiten in die Seelen anderer ein und bleiben darin mit ihren spitzen Widerhaken sitzen. Die Freude am Wissen um die Schwächen eines anderen Menschen vergiftet nicht nur die Beziehung, sondern auch das eigene Gemüt. Wissen ohne Liebe macht krank. – Auch Jesus weiß um unsere Schwächen und Sünden, aber sein Wissen ist an die Liebe gebunden. Darum stellt er uns nicht bloß, sondern bietet uns seinen Schutz an. "Ich weiß deine Werke.." klingt bei Jesus nicht drohend, sondern einladend, wenn nötig, auch zur Umkehr (Offenbarung 2 und 3).

Zum anderen sagen wir zu Leidenden und Trauernden "Ich weiß!" Die Worte sind gut gemeint und geben Vertrautheit mit dem Leid des anderen vor. Aber gerade darin sind sie so verletzend. Einer offenbart seine innerste Not, und der Tröstende antwortet "Ich weiß!" Wenn er dann noch seine Leiderfahrungen schildert, bleibt der andere einsam und verletzt zurück. Gerade die angebliche Einfühlung in die Not des anderen offenbart das fehlende Einfühlungsvermögen. Niemand kann wirklich in den Schuhen eines anderen laufen, mit seinem Herzen fühlen und seinen Augen sehen. Jedes Herz erfährt seine eigene Bitterkeit. Keine zwei Leiden sind vergleichbar. Wer sie als Leidender vergleicht, verletzt sich selber. Wer sie als Tröstender vergleicht, verletzt den anderen. In der Vorgabe des Vertrautseins mit dem Schicksal des anderen wird das Vertrauen des Betroffenen zerstört. Das viel tiefere Verständnis liegt in dem Eingeständnis der Unfähigkeit, alles vom anderen begreifen zu können. "Ich weiß!" zu einem Leidenden klingt viel zu überheblich und anmaßend, als könnten wir den anderen ganz verstehen, seine Nöte als eigene nachempfinden. Darin überschätzen wir uns als Tröstende und setzen den Leidenden herab. Die Achtung vor dem Leid des anderen, also die scheinbare Distanz, wäre in diesem Fall die größere Nähe. Man kann mit dem anderen eher eins werden, wenn man ihn in seinem eigenen Schicksal respektiert. Wenn Jesus sagt: "Ich weiß deine Trübsal und deine Armut!" (Offenbarung 2,9), ist es nicht zuviel gesagt. Er ist der einzige, der wirklich mit uns leidet und unsere Nöte als seine eigenen erfährt. Seine wirkliche Vertrautheit mit uns macht unser Vertrauen zu ihm nur fester und inniger.

"Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!"

(Matthäus 28,20)

Mehr Leben in die Jahre

Auf dem Sterbebett soll Königin Elisabeth 1. gesagt haben: "All meinen Besitz für einen Augenblick Zeit!" Das ist die Sehnsucht des sterblichen Menschen: Mehr Jahre in das Leben! Ein Stück weit hat die moderne Medizin diesen Raum erfüllt. Und wir wollen dankbar sein, dass viele Krankheiten, die früher Kinder und Erwachsene in der Blüte des Lebens hinweggerafft haben, heute überwunden werden können. Mehr Jahre in das Leben, eine Lebensverlängerung ist oft ein Geschenk. Aber noch viel wichtiger wäre das andere: Mehr Leben in die Jahre!

Was nützen einige Jahre mehr, wenn sie nicht mit Leben erfüllt sind. Bloße Zeit wird zur Last, erfüllte Zeit erst wird zur Lust am Leben.

Wenn es von den Menschen in der Bibel heißt, sie starben "alt und lebenssatt" (l. Mose 25,8), dann ist damit gemeint, dass sie in all den Jahren mit Leben gesättigt wurden. Ihr Lebenshunger wurde gestillt, nicht nur mit vielen Jahren, sondern mit Lebenserfüllung.

Wie anders wird die Lebenszeit erfahren, wenn sie durch hohle Köpfe und durchlöcherte Seelen hindurchrinnt, die Jahre leer bleiben und die Menschen sagen, sie hätten das Leben satt.

Mehr Leben in die Jahre ist unsere tiefste Sehnsucht und zugleich der tiefste Wille Gottes mit den Menschen. So kann die Begegnung mit dem lebendigen Gott unser Leben trotz aller Not und Sorge, Last und Gefahr eine erfüllte Zeit sein, die auf ein großes Ziel hin angelegt ist: die Ewigkeit.