Das Leben sichern

Ich denke an einen jungen Mann, der sich seinen Traum von einem schweren Motorrad erfüllte. Er sauste durch die Gegend und genoss die Geschwindigkeit, fühlte den Rausch und die Freiheit, den Wind und die Weite. Vorne auf das Schutzblech seiner Maschine hatte er einen Aufkleber angebracht, der seine Lebenseinstellung zusammenfasste: "Mich wirft keiner um!"

Eines Tages stand in der Zeitung der Bericht von einem Verkehrsunfall. Die Nachricht war überschrieben mit der Zeile: "Tödlicher Irrtum!" Das Motorrad konnte man verbeult am Straßenrand sehen, und der junge Mann war tot. "Mich wirft keiner um!" Welch ein Irrtum.

Schreiben wir das auch über unser Leben, an unsere Stirn: "Mich wirft keiner um. Wir schaffen das schon. Wir werden das Leben meistern"? Hemdsärmlig, pausbäckig und überheblich stehen wir dem Leben gegenüber. Das ist ein tödlicher Irrtum. Wir können unser Leben nicht selbst sichern. Das Leben in die eigenen Hände und eigene Regie nehmen ist wie ein Griff nach dem Strohhalm. Denn, gemessen an den handfesten Problemen des Lebens, sind wir nur ein winziger, zerbrechlicher Strohhalm. Aber Gott selbst greift in seiner Liebe nach uns. Jesus Christus ist der Griff Gottes nach dem Menschen.

Das Leben sichern ist dann nicht mehr unser Zugriff, der letztlich ins Leere packt, nicht unser ängstliches und vergebliches Bemühen um Sicherung und Überleben, sondern Gottes liebender Griff nach unserem kleinen, zerbrechlichen Leben.

"Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen!"

(Jesaja 42,3)

Die liegengelassenen Bibeln

Enrino Dapozzo, aus Italien stammender Evangelist, erzählt von seiner Missionsarbeit in der französischen Schweiz und Frankreich:

"Vor einiger Zeit gab ich in einigen Zeitungen Inserate auf, in denen ich um Bibeln bat, auch alte und gebrauchte. Lange hörte ich nichts. Dann kam eine Nachricht von einem Gastwirt: ,Werter Herr, kommen Sie vorbei. Ich habe viele Bibeln zu verschenken.‘ Ich machte mich sofort auf den Weg. Ein freundlicher Gastwirt empfing mich. ‚Ich habe einen ganzen Berg von Bibeln. Sehen Sie, dort ist die Kirche. Dort werden die Hochzeitspaare kirchlich getraut und bekommen vom Pfarrer eine wunderbare Bibel. Vorn auf dem ersten Blatt stehen die Namen des Paares und die Daten. Nach der Trauung kommt die ganze Hochzeitsgesellschaf t zu mir ins Wirtshaus. Sie essen gut und trinken reichlich. Und wenn sie fortgehen, reißen sie aus der Bibel die erste Seite mit ihrem Namen raus, stecken sie ein und lassen die Bibel bei mir zurück!‘ Dann führte mich der Wirt in ein kleines Nebenzimmer, und dort lagen 62 Bibeln auf dem Tisch, neu und liegengelassen!"

So machen es viele Menschen: Ihren Namen nehmen sie ernst und wichtig, halten ihn in Ehren und rahmen ihn ein, aber Gottes Namen und sein Wort lassen sie liegen. Gottes Wort und unser Name gehören zusammen, und wir reißen sie auseinander. Wir nehmen unsere Seite mit, und Gottes Wort lassen wir unbeachtet. Das Leben wird im eigenen Namen gelebt und nicht im Namen Gottes geführt und gestaltet. Die Bibeln bleiben liegen, und wir gehen weiter. So bringen sich viele Menschen um den kostbarsten Schatz, den es gibt: Worte des Lebens und der Liebe, Worte der Freude und Zuversicht, Worte der Hoffnung und Macht.

"Ich möchte lieber alles verlieren und dich finden, Gott, als alles gewinnen und dich nicht finden."

(Augustinus)

Viele Seiten und ein Buch

Vor 25 Jahren bekamen meine Frau und ich zu unserer Trauung eine Bibel geschenkt. Sie umfasst 2500 Seiten. Jede Seite der Bibel ist nur einmal da, also einmalig. Keine Seite ist das Ganze, aber jede Seite ist für das Ganze wichtig. Alle Seiten zusammen enthalten die wunderbarsten und wichtigsten Worte der Welt. 25 Jahre lang haben wir jeden Tag in dieser Bibel gelesen und geblättert, gearbeitet und gesucht. Dass alle 2500 Seiten heute noch ganz und heil, vorhanden und brauchbar sind, liegt an dem sorgsamen Einband, der all die vielen dünnen Seiten schützt und zusammenhält. Ich habe mich oft gefragt, wo die einzelnen Seiten wohl heute nach so vielen Jahren wären, wenn sie nicht so fest eingebunden wären in das Buch. Jede einzelne Seite wäre vielleicht zerrissen, verknickt, abhanden gekommen oder verlegt, vom Winde verweht oder im Trubel untergegangen. Aber eingebunden sind alle Seiten noch vorhanden und vollständig, lesbar und brauchbar. – Auch die einzelnen Christen sind wie viele Seiten eines Buches. Jeder ist anders. Keiner ist das Ganze, aber alle zusammen bilden die ganze Gemeinde. Jeder Christ braucht, damit er bewahrt und brauchbar bleibt, den sorgsamen Einband in einer Gemeinde. Christen als Lose-Blatt-Sammlung haben keinen Bestand. Schnell sind sie zerrissen, verweht, geknickt und untergegangen. Aber als Gemeinde sind wir einmal bewahrt, und dann sind wir nur im Einband auf Dauer zu gebrauchen. So wie die vielen verschiedenen Seiten eines Buches in ihrer Einmaligkeit und Ergänzung das Ganze bilden, so sollen auch wir Christen uns gegenseitig ergänzen und als Gemeinde der Welt das ganze Zeugnis Gottes weitergeben. Und noch eines fällt mir an der Bibel auf. Vom Goldschnitt sieht man nur etwas, wenn alle Seiten zusammenliegen. Jede einzelne Seite leuchtet fast überhaupt nicht. Aber alle Seiten zusammen verbreiten einen starken Glanz. So können wir als Lichter in der Welt nur in der Gestalt der Gemeinde leuchten und wirken. Allein wirken wir blass und winzig, aber zusammen bilden wir eine ausstrahlungskräftige Gemeinde.

"Über alles aber ziehet an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit!"

Umkehr zum Leben

Viele Menschen haben Gott gesucht und ihn schließlich auch gefunden. Manche Menschen haben Gott bekämpft, und Gott hat sie schließlich überwunden. So ging es Paulus vor Damaskus. Und so ging es in unserem Jahrhundert Sadhu Sundar Singh aus Indien. In seiner Jugend war er ein fanatischer Gegner des Christentums. In Gegenwart seiner Eltern zerriss er das Neue Testament und warf es voller Hass ins Feuer. Nach schweren inneren Kämpfen erlebte er am 18.12.1904 eine Erscheinung des erhöhten Christus. Sadhu Sundar Singh hat selbst darüber berichtet: "In alle Ewigkeit werde ich weder sein liebevolles Antlitz noch die Worte vergessen, die er an mich richtete: Siehe, ich bin für dich und die ganze Welt am Kreuz gestorben; was verfolgest du mich?‘ Diese Worte brannten sich mit Blitzesschärfe in mein Herz, ich fiel zu Boden, und mein Herz füllte sich mit unaussprechlicher Freude und seligem Frieden."

Diese Vision änderte sein ganzes Leben. Viele Länder Asiens und Europas hat Sadhu Sundar Singh evangelisierend durchzogen. Seine realistische, vollmächtige Verkündigung machte ihn in der ganzen Welt bekannt.

Jesus, der Knecht Gottes, wird die Starken zum Raube haben, dafür dass er sein Leben in den Tod gegeben hat!

(vgl. Jesaja 53,12)

Die Liebe kennt kein Übermaß

Viele schöne Dinge behalten ihren Zauber nur in maßvollen Grenzen. Eine leckere Mahlzeit macht nicht nur dem Gaumen Freude, sie ist eine Labsal für den ganzen Menschen. Aber Essen im Übermaß verursacht Überdruss und Übelkeit. Trinken stillt den Durst und schafft eine tiefe Befriedigung. Wer über den Durst trinkt, tauscht Wohlsein mit Unwohlsein. Spiel und Sport tun dem Körper gut und machen die Seele fröhlich. Wer seinen Körper im Übermaß fordert, macht ihn kaputt. Laufen und Wandern bringen uns in Bewegung und zu mancher neuen Erfahrung. Wer es übertreibt, wird zum Kilometerfresser und schließlich Opfer der Ruhelosigkeit. Schlafen bringt neue Kräfte und Erholung. Wer zuviel schläft, wird schlaff und träge. Die körperliche Liebe bereitet in den von Gott gesetzten Grenzen der Ehe eine tiefe Lust und Freude. Wer die Grenzen überschreitet, findet schnell zu Abscheu und Ekel. Selbst die Arbeit hat in einem guten Maß tiefe Freude und Sinnfülle für uns Menschen bereit. Doch Arbeit im Übermaß erniedrigt zum Arbeitstier und raubt uns die Menschenwürde. Geld und Macht, Ruhm und Wissen können in Grenzen wertvolle Lebenshelfer sein. Aber im Übermaß sind sie oft verderblich. – Eigentlich jeder Genuss bleibt in Maßen als Vor- und Nachfreude erhalten. Das Übermaß jedoch macht alles Schöne, Wertvolle, Lustvolle und Zauberhafte zunichte.

Allein in einer echten, tiefen Liebe, die aus Gott zum Menschen und durch ihn hindurch zu anderen strömt, gibt es kein Übermaß. Der Liebe sind keine Grenzen gesetzt. Auch eine maßlose Liebe verkehrt sich nicht in ihr Gegenteil. Gottes Liebe zu uns ist grenzenlos und maßlos. Beim Verschenken dieser Liebe an andere gibt es kein Übermaß, keine Übertreibung und kein Umkippen.

Meistens ist das maßlose Zuviel der Anfang vom Nichts! Nur in der Liebe ist das Grenzen überschreitende Mehr der Anfang der Vollendung.

"Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, gleich wie ich euch liebe!"

(Johannes 15,12)

Oase-Menschen in der Welt-Wüste

Unter den vielen verschiedenen Bäumen nimmt die Wüstenakazie eine besondere Stellung ein. Wenn sich solch ein kleines Pflänzchen in der Wüste aussamt, braucht es Nährboden und Wasser. Beides ist im Wüstensand natürlich schwer zu finden. Aber die Wüstenakazie gibt nicht auf. Die kleine Pflanze wandert durch den Wüstensand und senkt schließlich ihre Wurzeln bis zu 80 Meter tief in den Boden. Dort findet sie in den Urschichten Wasser und Nahrung. Nun wächst sie mitten in der Wüste auf. Um den Baum herum siedeln sich dann andere Pflanzen an, Menschen kommen und lagern in ihrem Schatten. So entsteht mitten in der Wüste ein kleiner Lebensraum, ein Mini-Biotop, eine Oase.

So sollen wir Menschen in der Wüste von Isolation und Einsamkeit, in der Steppe von Angst und Verzweiflung, im Sand der Nichtigkeit und Vergänglichkeit, in der Dürre von Schuld und Sorge, in der Sonnenglut von Leiden und Sterben ein kleiner Lebensraum sein. Dazu müssen wir unsere Lebenswurzeln tief hinabsenken in die uralte Geschichte Gottes mit seinen Menschen. Wer bis in die tieferen Schichten der Liebe Gottes wurzelt, wer aus der Kreuzigung und Auferstehung Jesu seine Lebenskräfte bezieht, wächst auf zu einem Hoffnungsbaum, der Schatten spendet für andere und einen Stamm bietet zum Anlehnen. Wer das Wasser des Lebens findet, der wird dann auch zu einem Ort des Lebens für andere, die in der Wüste unterwegs und müde, lebenshungrig und ermattet sind.

"Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von des Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen!"

(Johannes 7,38)

Vom toten Holz zum lebendigen Baum

Ein Vater pflanzt mit seinem kleinen Jungen einen Baum. Sie nehmen das Bäumchen, Muttererde, den Spaten, sonnengewärmtes Wasser und graben im Garten eine Grube. Der Vater fragt den Jungen: "Was geschieht, wenn wir in das Erdloch ein Stück Holz legen?" "Es vermodert", antwortet der Junge. "Aber was passiert, wenn wir den Baum in die Erde pflanzen?" fragt der Vater weiter. Der Junge: "Er wächst!" "Ja", sagt der Vater, "aber es ist doch beides Holz und die gleiche Erde, das eine vermodert, das andere Holz wächst auf, wo liegt denn da der Unterschied?" Der Junge überlegt und sagt: "Das Bäumchen lebt, darum wächst es!"

Wir sind alle aus dem gleichen Holz. Wir stammen alle vom Baum Gottes ab. Aber wir sind durch die Sünde vom Lebenszusammenhang abgeschnitten. Wir sind noch Holz, und Holz ist wunderbar. Man kann es gut verarbeiten, aber es ist tot. Es kann in der Erde nur vermodern. Doch in der Begegnung mit Jesus kann aus dem toten Holz wieder ein lebendiger Baum werden. Wir sind berufen zur Gemeinschaft mit Jesus. Wir sollen nicht in der Erde vermodern, sondern mit unserem Leben den Zusammenhang mit Gott und seiner Lebenskraft wiederfinden.

Ohne Jesus können wir auf dieser Erde nur absterben. Mit Jesus, bei Gott wieder angewachsen, können wir auf der gleichen Erde aufblühen und Frucht bringen für Gott. Was wollen wir? Eine kleine Zeit abgeschnitten leben und dann vermodern? Oder wollen wir in der Gemeinschaft mit Jesus neu geboren werden und wie ein kleiner Baum aufwachsen und Bestand haben? In der persönlichen Begegnung mit Jesus werden wir vom toten Holz zum lebendigen Baum verwandelt.

Wer sich auf den Herrn verlässt, der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt!

(vgl. Jeremia 17,7f)

Alle Berufe in einem

"Ich bin nur eine kleine Nonne. Aber ich fühle noch andere Berufungen in mir: Priester, Apostel, Lehrer, Märtyrer zu werden. Alles, was Heldenmut erfordert, möchte ich vollbringen. Oh Beruf eines Priesters! Mit welcher Liebe wollte ich Jesus in meinen Händen tragen. Mit welcher Liebe wollte ich ihn den Menschen darreichen. Wie die Propheten und Lehrer möchte ich ein Licht für die Menschen werden. Ich möchte die Welt durcheilen und den Namen Gottes verkünden und sein Reich aufrichten. – Dann begriff ich, dass die Liebe alle Berufe einschließt und alle Zeiten und alle Orte umspannt, weil sie ewig ist. Da rief ich in überquellender Freude: Endlich habe ich meinen Beruf gefunden, mein Beruf ist die Liebe. Ich habe meinen Platz gefunden, und du, mein Gott, hast mir diesen Platz gegeben. Im Herzen meiner Kirche werde ich die Liebe sein.‘ So werde ich alles sein. So wird sich mein Traum erfüllen."

(Therese von Lisieux)

Die Liebe ist die größte Geistesgabe!

(vgl. 1. Korinther 12,31; 13,13)

Vom Sinn der Arbeit

Drei Bauarbeiter sind dabei, Steine zu schleppen, als ein Vorübergehender sie anspricht. Er fragt den ersten Arbeiter: "Was tun Sie da?" "Ich trage Steine!" brummt der und sieht dabei nicht einmal auf. Was machen Sie?" fragt er den zweiten Arbeiter. Seufzend antwortet der: "Ich muss Geld verdienen, um meine große Familie ernähren zu können!" Schließlich wird auch der dritte Arbeiter gefragt: "Und was tun Sie?" Der blickt auf den Fragenden, dann auf das Bauwerk und sagt leise: "Ich baue mit an einem Krankenhaus!"

Es ist die gleiche Arbeit, aber es sind ganz verschiedene Motive. Alle menschliche Arbeit sollte auch eine lebendige Beziehung zum Menschen haben. Sie ist ein soziales Werk. Und alle menschliche Arbeit sollte eine lebendige Beziehung zu Gott haben. Sie ist ein geistliches Werk, ein Stück Gottesdienst. Wenn unsere Arbeit die soziale und geistliche Dimension verliert, verliert sie ihren Sinn. Wir werden sie dann entweder überschätzen und mit dem Leben gleichsetzen oder sie verteufeln und als Last empfinden.

Arbeit ist nicht das Leben, und Leben ist nicht Arbeit. Arbeit ist ein gutes Lebensmittel, aber nicht die Lebensmitte. Arbeit gehört in unseren Lebenskreis, aber sie ist nicht der Mittelpunkt. So gesehen, können wir die Arbeit dankbar tun, um sie eines Tages ebenso dankbar aus der Hand zu legen.

"Alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles in dem Namen des Herrn Jesus und danket Gott, dem Vater durch ihn!"

(Kolosser 3,17)

Der besondere Tag

"Es lebten einst sieben Brüder zusammen. Sechs gingen zur Arbeit, der siebte besorgte den Haushalt. Wenn die sechs Brüder müde von der Arbeit heimkehrten, fanden sie das Haus geordnet, das Essen bereitet und alles in bester Ordnung. Darüber freuten sie sich und lobten den siebten Bruder. – ,her einer der Brüder wollte klüger sein als die anderen. Er schalt den siebten Bruder einen Faulenzer und Tagedieb, der auch mit zur Arbeit gehen und sein Brot verdienen sollte. Das böse Wort fand leider bei den anderen Gehör. Sie beschlossen einmütig, dass ihr siebter Bruder nicht länger seines bisherigen Amtes wallten sollte. So nötigten sie ihn denn, gleich ihnen Axt und Karst zu nehmen und mit ihnen früh am Morgen an die Arbeit zu gehen. – Als nach langer schwerer Arbeit endlich der Feierabend kam. traten sie alle sieben zusammen den Heimweg an. Müde und abgespannt kehrten sie nach Hause. Aber kein heller, freundlicher Lichtschein winkte ihnen entgegen. Keine führsorgende Hand hatte das Hauswesen geordnet und den Tisch gedeckt. Kein Bruder stand an der Haustür und empfing sie mit einem herzlichen Wort. – Jetzt erst merkten sie, wie töricht sie gehandelt hatten, als sie ihren siebten Bruder seines stillen Dienstes enthoben. Sie fühlten sich, weil es ihre eigene Schuld war, doppelt elend und verlassen. Da beschlossen sie, ihn wieder in sein Amt einzusetzen. Das verlorene Glück des Bruderkreises kehrte mit seinem heimlichen Segen zu ihnen zurück."

Diese Geschichte wiederholt sich jede Woche. Der Sonntag ist unter seinen Werktagbrüdern der Tag, der den anderen sechs Tagen Licht, Heil und Segen bringt. Aber wir haben ihn verstoßen. Nun kommt von ihm keine Kraft, keine Ruhe, kein Frieden mehr. Wir müssen den Sonntag wieder in sein Amt einsetzen. Gott gab uns in der Reihe der Alltage einen besonderen Tag. Er ordnete nach den Arbeitstagen den Ruhetag. Er stiftete in der Abfolge der Werktage den Feiertag. Gott segnete und heiligte den siebten Tag und vollendete seine Schöpfung im Ruhen und Feiern. – Wer sich diesen Tag von Gott und für Gott nicht mehr gönnt, schneidet sich selbst von der Quelle und vom Ziel des Lebens ab. Er vergisst, dass das Leben nicht im Haben, sondern im Empfangen besteht. Er arbeitet nicht mehr, um zu leben, sondern er lebt, um zu arbeiten. Er gewinnt keinen Tag, sondern er verliert alle Tage. Wir müssen den Sonntag wieder in sein Amt einsetzen.

"Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest!"

(2. Mose 20,8)