Weicht, ihr Trauergeister

Eines Tages wird es in Martin Luthers Studierzimmer still. Tiefe Schwermut und bange Verzweiflung bringen Luther zum Verstummen. Er spricht nicht mehr, er arbeitet nicht mehr, er betet nicht mehr. Stumpf und dumpf brütet Luther unter dem dunklen Schatten der Traurigkeit dahin. Seine Frau Käthe macht sich ernste Sorgen. Wie kann sie ihrem Mann helfen?

Kurz entschlossen zieht sie schwarze Kleider an und klopft an seine Arbeitszimmertür. Erschrocken sieht Luther auf, als seine Frau in Trauerkleidern eintritt. "Wer ist denn gestorben?" fragt er ängstlich. Seine Frau antwortet: "Gott ist gestorben! Wenn du nicht mehr arbeitest und betest, sprichst und singst, dann ist Gott tot und hat keine Macht!" Wie ein Blitz trifft es Luther. Weit hat ihn die Anfechtung und Mutlosigkeit von Gott fortgetrieben. Gott lebt, zum Verzweifeln ist kein Grund. Jesus ist Sieger. Und wir leben, als sei er tot. Eine helle Sonne brach durch die dunkle Nebelwand von Verzweiflung und Trauer. Die Geister der Schwermut und Verzagtheit mussten weichen vor dem Sieg Jesu und seiner lebendigen Hoffnung. Ein befreiter Luther geht wieder an seine Arbeit.

Weicht, ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein. Denen, die Gott lieben, muss auch ihr Betrüben lauter Freude sein. Duld ich schon hier Spott und Hohn, dennoch bleibst du auch im Leide, Jesu, meine Freude.

(Johann Franck)