Das himmlische Mahl

Ein reicher Mann starb und erwachte in einer neuen Welt. Eine reich gedeckte Tafel verhieß wahrhaft himmlische Freuden. Er fragte nach dem Preis der köstlichen Gerichte. "Alles kostet hier nur einen Pfennig!" war die Antwort. Der Mann freute sich, denn er war sehr reich. Aber als er bezahlen wollte, schüttelte man den Kopf . "Hier gilt nur das Geld, das einer bei Lebzeiten verschenkt hat!" Da wurde der Mann sehr traurig. Er war plötzlich bettelarm, denn er hatte im Leben nie etwas verschenkt.
Diese alte Sage aus Asien erinnert uns daran, was wahrer Reichtum ist: Leben teilen, Liebe verschenken, Freude machen, Hände reichen, Herzen öffnen. Solange Geld und Besitz die Währungen unseres Lebens sind, bleiben wir arm. Wenn Liebe und Freude, Teilen und Schenken, Freundlichkeit und Erbarmen die Maße werden, sind wir ganz reich.

Wir können aus diesem Leben nichts mitnehmen, aber wir können viel vorausschicken!

Ganz bei Trost

Wenn wir einen unglücklichen, gescheiterten, hilflosen Menschen bezeichnen, sagen wir: "Der ist auch nicht ganz bei Trost!"

Hinter dieser leicht hingeworfenen Bemerkung steckt eine wesentliche Aussage über den Menschen. Er ist nicht ganz bei Trost. Wir alle haben und kennen kleine Tröstungen, aber letztlich ist kein Mensch ganz bei Trost. Wir sind angewiesen auf Zuspruch und Hilfe von außen. Niemand hat die letzte Lebenskraft und Lebensfreude in sich. Alle Menschen sind bedürftig und auf Trost angewiesen. Eine solche Trostbedürftigkeit ist nicht Schwäche, sondern das Vorrecht des Menschen. Darum sagt Jesus: "Aber der Tröster, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren" (Johannes 14,26).

Jesus geht zu seinem Vater, kehrt an den Thron Gottes zurück, damit wir Menschen wieder ganz bei Trost sein können. Seine Himmelfahrt bedeutet für uns den Empfang des Trösters, das Erkennen des Heils. Jesu Himmelfahrt gibt uns Hoffnung gegen alle Verlustangst, eröffnet uns Zukunft gegen alle Vergänglichkeit.

Der kleine menschliche Trost lebt vom Vergessen. Die Menschen sagen: "Vergiss es! Denk nicht mehr daran! Das Leben geht weiter. Kopf hoch, es wird schon besser werden. Warte, wenn der Frühling kommt. Denk an andere, denen es noch schlimmer ergeht!"

Der göttliche Trost lebt vom Erinnern. Der Tröster Gottes wird alles, was Gott geäußert hat, was er in Jesus Christus zum Ausdruck gebracht hat, in uns erinnern und in uns eindrücken. Die Äußerungen Gottes will der Tröster in uns festmachen. Der Geist Gottes erinnert uns daran, was Jesus für uns gelebt und getan, erreicht und vollbracht hat.

"Siehe, um Trost war mir sehr bange. Du aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen, dass sie nicht verdürbe!"

(Jesaja 38,17)

Der Sohn ist schon drüben

"Sie wollen es auf Ihre alten Tage noch wagen?" Er fühlt meine Skepsis, lässt sich aber nicht beirren: "Ja, sehen Sie, mein Sohn ist doch schon seit Jahren drüben. Er ist eingebürgert, hat ein gutes Einkommen und wird mir die Umstellung erleichtern." Ich kann Vater Schmidt verstehen. Natürlich, sein Sohn Georg ist drüben, schon vor fünf oder sechs Jahren ausgewandert nach Kanada. Gelegentlich schreibt er auch mir und berichtet, wie es ihm geht. Ich drücke Vater Schmidt zum Abschied die Hand. "Na, dann Gott befohlen!" Ich mache mir keine Sorgen um ihn. Er wird alles gut vorbereitet antreffen.

(A.Salomon)

Auch uns ist jemand vorangegangen. Jesus ist uns voraus in das unbekannte Land der Ewigkeit gegangen. Er hat alles vorbereitet, damit wir nachkommen können. Seine Himmelfahrt ist der Weg in die unsichtbare Welt Gottes. Jesus ist nicht weggegangen, sondern hingegangen, eine Stufe weiter im Leben zu Gott. Darum dürfen auch wir uns auf ein Leben "drüben" freuen. Jesus wartet auf mich. Er lässt mich eines Tages nachkommen und gibt mir den Mut für die letzte Reise: "Auf Christi Himmelfahrt allein, ich meine Nachfahrt gründe!"

"Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, so will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin!"

(Johannes 14,2f)

Gott ist treu

Wir hatten eine wunderbare Jugendfreizeit in der Lüneburger Heide. Mit zwanzig jungen Leuten verlebten wir herrliche Tage. Lange Waldwanderungen, wilde Ausritte mit schnellen Pferden, Pilze sammeln und zubereiten, Nachtwanderungen und spannende Spiele füllten die Tage. Dazu kamen die täglichen Bibelarbeiten über die sieben Sendschreiben in der Offenbarung. Unter dem siebenfachen Zuspruch Jesu an seine Gemeinde kamen die jungen Menschen zum lebendigen Glauben an Jesus. War das ein Singen und Klingen, Freuen und Danken, Lachen und Jubilieren. Ein kleines Stück Himmel auf Erden haben wir zusammen erlebt.

Dann saßen wir im Bus auf der Rückfahrt. Mit viel Lob und Dank blickten wir auf die schönen Tage zurück. Plötzlich zogen dunkle Wolken auf. Ein heftiges Gewitter entlud sich über uns. Blitze zuckten. Sturm und Wolkenbrüche fegten über uns dahin. Da packte mich die tiefe Sorge um die jungen Menschen. Ich dachte an ihren Alltag in Schule, Beruf und Elternhaus. Bang fragte ich mich, ob sie wohl ihren Glauben durchhalten, sich die Freude an Jesus bewahren könnten, wenn die Nöte und Anfechtungen sie bestürmen würden. Mit den düsteren Wolken zogen auch die dunklen Fragen und Sorgen ein. Und dann öffnete sich der Himmel für einen Moment, das Sonnenlicht brach durch die Wolken und traf auf den Regenschauer. So entstand vor unseren Augen ein wunderbarer Regenbogen. Die sieben leuchtenden Farben riefen uns zu: "Gott ist treu!" Im selben Moment dachte ich beruhigt an Gottes Verheißung und seine Treue. "Der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird es auch vollenden bis auf den Tag Christi!" Heute nach vielen Jahren kann ich dankbar bestätigen: Gott ist treu. Er hat die jungen Menschen festgehalten durch viele Nöte und Anfechtungen hindurch. Sie sind geblieben. Das Feuer des Glaubens und der Liebe ist kein Strohfeuer, das einmal auflodert und verlöschend Asche zurücklässt. Die Jugendlichen sind jetzt als Erwachsene und mündige Christen in ganz verschiedenen Orten und Berufen als Pfarrer, Jugendwarte, Diakonissen, Lehrer, Krankenschwestern, Pfarr- und Missionarsfrauen tätig.

"Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn!

(I. Korinther 1,9)

Gefährliches Spiel

Auf der Nordseeinsel Borkum liegt ein transatlantisches Kabel, das mit schweren Ketten am Ufer verankert ist. Wenn die Ebbe kommt und das Meer zurückweicht, liegen die Ketten unbedeckt auf dem Strand. An einem Sonntagnachmittag spielen drei Jungen dort auf dem Sandstrand. Sie versuchen, die schweren Ketten zu heben, indem sie ihre Füße in die Kettenglieder stecken. Wer kann die Kette am höchsten heben? Das ist die Kraftprobe, um die es geht. Plötzlich bleibt der Fuß des einen Jungen in dem Kettenglied stecken. Zuerst lachen und scherzen die beiden Freunde: "Nun bist du gefangen und musst ertrinken!" Dann versuchen sie, den Freund zu befreien. Weder der Stiefel ist aus der Kette zu lösen, noch lässt sich der Fuß aus dem Stiefel ziehen. Von ferne hören sie das Brausen des aufkommenden Wassers. Die Flut kommt. In panischer Angst arbeiten und ziehen die Jungen, aber umsonst. Der Fuß bleibt in der Kette. Die Wasser kommen. Die beiden Jungen müssen weichen, um sich selber zu retten und Hilfe zu holen. Über dem anderen schlägt die Flut zusammen. In der Kette gefangen, muss er ertrinken. Aus einem harmlosen Spiel ist tödlicher Ernst geworden.

Ein Leben an der Kette ging zugrunde. Davon erzählt man auf Borkum immer noch. Auch unser Leben hängt an einer Kette. Aus dem harmlosen Spiel mit der Sünde wird eine lebensgefährliche Gefangenschaft. Wenn wir daraus nicht freiwerden, werden wir elend zugrunde gehen. Aber es gibt eine Kraft, die uns befreien kann. "Wenn euch nun der Sohn freimacht, so seid ihr recht frei!" (Johannes 8,36).

Achtung Lebensgefahr!!

In der Nähe der Pillauer Mole befand sich am Strand eine Warntafel: "Baden ist an dieser Stelle mit Lebensgefahr verbunden!" Entlang der Samlandküste gibt es gefährliche Meeresströmungen. Man nennt sie "Sucht". Seeleute und Fischer kennen diese "Sucht" und fahren an bestimmten Tagen und bei bestimmten Winden nicht aus. Im Becken der Pillauer Mole war diese "Sucht" am gefährlichsten. Und darum stand dort die Warntafel.

An einem schönen Sommertag kommen mit vielen Ausflüglern auch zwei Mädchen aus Königsberg an den Strand. Sie sehen die Warntafel und lachen. Sie sind beide geübte Rettungsschwimmerinnen und weit gefahren, um baden zu können. Keineswegs wollen sie auf das Vergnügen verzichten. Juchzend springen sie ins Wasser und genießen die Erfrischung. Weit schwimmen sie hinaus. Da, ein starker Sog und Hilferufe. Rettungsmannschaften sind weit weg, da hier doch das Baden verboten ist. So finden beide Mädchen den Tod. Sie waren in die gefährliche "Sucht" geraten und bezahlten ihren jugendlichen Leichtsinn mit ihrem Leben.

Gott hat in unserem Leben auch hier und dort seine Warntafeln aufgerichtet, um uns vor tödlichen Gefahren zu bewahren. Aber wie oft schlagen wir Gottes Warnungen in den Wind, stürzen uns in das Abenteuer und geraten in eine lebensgefährliche "Sucht"! Lassen wir uns von Gottes Liebe warnen, bevor wir ohne ihn unser Leben verlieren.

"Das ist mein Schatz, dass ich mich an deine Befehle halte!"

(Psalm 119,56)

Bewahrt mit Umsicht

Schlafende Kinder sind ein schönes Bild. Es atmet Frieden aus und stellt Geborgenheit dar. Der Betrachter empfindet, so müsste das Leben sein. Mitten in Dunkel und Bedrohung der Nacht ruhig und zufrieden, entspannt und gelöst, weil das Kind geschützt und geborgen ist in der Fürsorge anderer.

Dass wir als kleine Kinder in den Bombennächten des zweiten Weltkrieges, bedroht durch feindliche Flieger und ihre tödliche Bombenlast, trotz Sirenengeheul und Lebensgefahr ruhig schlafen konnten, lag an der wachsamen Fürsorge unserer Mutter. Im letzten Kriegsjahr trug uns Mutter bei Fliegeralarm oft mehrmals in einer Nacht in den Luftschutzkeller und legte uns dort in bereitgestellte Liegestühle, wo wir, ohne das Geringste zu merken, tief und fest weiterschliefen. Mutter wartete und wachte und brachte uns nach der Entwarnung wieder in unsere Betten. Wir Kinder waren uns weder der Gefahr unseres Lebens noch der Mühe unserer Mutter bewusst. Wir haben kindlich geschlafen und die Bewahrung und Geborgenheit einfach empfangen. Erst sehr viel später haben wir mit großer Dankbarkeit erkannt, unter welchem Einsatz, durch welche Mühe und Opfer, durch wie viel Wachen und Sorgen der Mutter unser kleines Leben bewahrt blieb.

Leben wir als Menschen nicht alle davon, dass Gott wie eine Mutter für uns wacht und sorgt? Wir ahnen wohl kaum die wirkliche Bedrohung unseres Lebens. Feindliche Mächte überfliegen uns, zerstörerische Absichten kreuzen unseren Weg. Wir sind als Menschenkinder viel gefährdeter, als wir es sehen können. Was wissen wir schon von den tausend Möglichkeiten, in denen unser Leben scheitern, zerbrechen und verkümmern könnte. Unser Menschsein ist heiß umkämpft von Mächten und Gewalten. Aber Gott sieht das alles mit wacher Fürsorge, und unermüdlich setzt er sich für die Bewahrung unseres Lebens ein.

"In wie viel Not hat nicht der gnädige Gott über uns Flügel gebreitet!"

"Der dich behütet, schläft nicht. Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht!"

(Psalm 121,3f)

Weicht, ihr Trauergeister

Eines Tages wird es in Martin Luthers Studierzimmer still. Tiefe Schwermut und bange Verzweiflung bringen Luther zum Verstummen. Er spricht nicht mehr, er arbeitet nicht mehr, er betet nicht mehr. Stumpf und dumpf brütet Luther unter dem dunklen Schatten der Traurigkeit dahin. Seine Frau Käthe macht sich ernste Sorgen. Wie kann sie ihrem Mann helfen?

Kurz entschlossen zieht sie schwarze Kleider an und klopft an seine Arbeitszimmertür. Erschrocken sieht Luther auf, als seine Frau in Trauerkleidern eintritt. "Wer ist denn gestorben?" fragt er ängstlich. Seine Frau antwortet: "Gott ist gestorben! Wenn du nicht mehr arbeitest und betest, sprichst und singst, dann ist Gott tot und hat keine Macht!" Wie ein Blitz trifft es Luther. Weit hat ihn die Anfechtung und Mutlosigkeit von Gott fortgetrieben. Gott lebt, zum Verzweifeln ist kein Grund. Jesus ist Sieger. Und wir leben, als sei er tot. Eine helle Sonne brach durch die dunkle Nebelwand von Verzweiflung und Trauer. Die Geister der Schwermut und Verzagtheit mussten weichen vor dem Sieg Jesu und seiner lebendigen Hoffnung. Ein befreiter Luther geht wieder an seine Arbeit.

Weicht, ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein. Denen, die Gott lieben, muss auch ihr Betrüben lauter Freude sein. Duld ich schon hier Spott und Hohn, dennoch bleibst du auch im Leide, Jesu, meine Freude.

(Johann Franck)

Füreinander einstehen

Zu einem alten Mönchsvater kam ein Bruder, der von Trauer und Depression geplagt wurde. Er gestand dem geistlichen Vater, dass er nicht mehr beten könne. Der antwortete: "Wenn du nicht beten kannst, so geh doch in den Gottesdienst und höre zu, wie die anderen beten!" Die Anfechtung wird nicht ausgeredet, nicht dramatisiert. Der Bruder darf trauern. Er wird nicht zum Beten gezwungen. Aber er wird nicht sich selbst überlassen, sondern er darf sich fallen lassen in die Gemeinschaft der anderen, die beten, mit ihm beten, für ihn beten, an seiner Stelle beten, bis er es wieder mit Freuden tun kann.

Luther hat den Trost solchen Für-Glaubens auch beschrieben: "Wenn du nicht verzweifelst, die Geduld nicht verlierst, wo steckt der Grund? in deiner Tugend? Gewiss nicht, sondern in der Gemeinschaft der Heiligen!"

Jeder von uns ist auf die Menschen in der Gemeinde, ihre Nähe und Glaubenskraft angewiesen.

"Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen!"

(Galater 6,2)

Die Liebe deckt die Sünde zu

 

Die drei Weltmeere sind durchschnittlich drei- bis viertausend Meter tief. Die größte Meerestiefe wurde im Pazifischen Ozean mit über elftausend Metern gemessen. Die Meere sind ein majestätisches Bild für die Weite, Tiefe und Unerschöpflichkeit des Lebens.

Gott gebraucht die für den Menschen unerreichbare Tiefe des Meeres als Veranschaulichung seiner Liebe, die alle Menschenschuld buchstäblich bedeckt. So heißt es im Propheten Micha: „Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen“ (Micha 7,19).

Wenn das Meer der Liebe Gottes, weit, tief und unerschöpflich, unsere Lebensschuld bedeckt, dann ist sie wirklich vergeben und weg. Da darf man sie nicht wieder hervorholen und sich damit quälen. Wenn Gott unsere Schuld im Meer seiner Liebe versenkt hat, dann setzt er gleichsam ein Schild dazu: „Angeln verboten!“

Ich denke an einen jungen Mann, der schwere Schuld auf sich geladen hatte. Wieder und wieder hatte er seine Sünde bereut und bekannt, konnte aber die Vergebung immer nur für einen Moment glauben und festhalten. Nachts, wenn er wachlag, tags, wenn er allein war, kamen die quälenden Gedanken und die Angst vor der Schuld. Schließlich klammerte er sich an die Verheißung aus dem Prophetenbuch des Micha und erkannte, dass er die Liebe Gottes schmälerte, wenn er seine im Meer der Liebe versenkte Sünde immer wieder hervorangelte.

„Selig sind die, welchen ihre Ungerechtigkeiten vergeben sind und welchen ihre Sünden bedeckt sind!“

(Römer 4.7)