Versöhnt

Ein Mann wurde nach und nach blind. Mit allen Mitteln der eigenen Kraft und der medizinischen Kunst kämpfte er gegen die Erblindung. Als die Ärzte ihm nicht mehr helfen konnten, ging er mit seinen Gefühlen weiter gegen die Erkrankung an. Ein guter Freund sah mit Schmerzen, wie der Mann im Unglück verfiel. Er nahm allen Mut zusammen und riet ihm, sich mit seiner Blindheit zu versöhnen.

Es war ein langer Kampf. Zunächst Verweigerung, dann sprach der Mann über seine Blindheit mit bitteren und bösen Worten. Ganz langsam verwandelten sich die Worte in Resignation, Toleranz und schließlich in Ergebung und Einwilligung. Eines Tages war er soweit, dass er seine Blindheit annehmen und sich mit ihr aussöhnen konnte. Seine Sehkraft war verloren, aber er hatte die Lebenskraft wiedergefunden. Und wie schön war sein Gesicht, als er wieder lachte.

Der Herr aber richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu der Geduld Christi
2. Thessalonischer 3,5

Aus Axel Kühner: „Eine Gute Minute“
Aussaat-Verlag, D-Neukirchen-Vluyn
ISBN: 3-76115-1571-5

Du, Gott, weißt den Weg für mich

Weiß ich den Weg auch nicht, du weißt ihn wohl;
das macht die Seele still und friedevoll.
Ist´s doch umsonst, daß ich mich sorgend müh, –
daß ängstlich schlägt das Herz, sei´s spät, sei´s früh.

Du weißt den Weg ja doch, du weißt die Zeit,
dein Plan ist fertig schon und liegt bereit.
Ich preise dich für deiner Liebe Macht,
ich rühm die Gnade, die mir Heil gebracht.

Du weißt, woher der Wind so stürmisch weht,
und du gebietest ihm, kommst nie zu spät;
drum wart ich still, dein Wort ist ohne Trug.
Du weißt den Weg für mich, das ist genug.

Amen

Hedwig von Redern

Gebet in Dunkelheit des Lebens

In mir ist es finster, aber bei dir ist Licht.
Ich bin einsam, aber du verlässt mich nicht.
Ich bin kleinmütig, aber bei dir ist Hilfe.
Ich bin unruhig, aber bei dir ist der Friede.
In mir ist Bitterkeit, aber bei dir ist die Geduld.
Ich verstehe deine Wege nicht, aber du weißt den Weg für mich.

Dietrich Bonhoeffer

Du bist wichtig

Es gab einmal in einem großen Schiff eine ganz kleine Schraube, die mit vielen anderen ebenso kleinen Schrauben zwei große Stahlplatten miteinander verband. Diese kleine Schraube fing an, bei der Fahrt mitten im Indischen Ozean etwas locker zu werden und drohte herauszufallen. Da sagten die nächsten Schrauben zu ihr: „Wenn du herausfällst, dann gehen wir auch.“ Und die Nägel unten am Schiffskörper sagten: „Uns wird es auch zu eng, wir lockern uns auch ein wenig.“ Als die großen eisernen Rippen das hörten, da riefen sie: „Um Gottes Willen bleibt, denn wenn ihr nicht mehr haltet, dann ist es um uns geschehen.“

Und das Gerücht von dem Vorhaben der kleinen Schraube verbreitete sich blitzschnell durch den ganzen riesigen Körper des Schiffes. Er ächzte und erbebte in allen Fugen. Da beschlossen sämtliche Rippen und Platten und Schrauben und auch die kleinsten Nägel, eine gemeinsame Botschaft an die kleine Schraube zu senden, sie möge doch bleiben, denn sonst würde das ganze Schiff bersten und keine von ihnen die Heimat erreichen. Das schmeichelte dem Stolz der kleinen Schraube, das ihr solche ungeheure Bedeutung beigemessen wurde, und sie ließ sagen, sie wolle sitzen bleiben.

Rudyard Kipling

Selig sind die Leidtragenden – wie Gott tröstet

Lesen Sie gerne? Ich lese gerne und am liebsten Biographien. Und die besten waren solche, wo Menschen in schwerem Leid von Gottes Hilfe und Trost berichtet haben.

Sind Sie ein guter Predigthörer? Ich kann Predigten ziemlich genau wiedergeben, das fällt mir leicht. Aber nur die wenigsten sind mir unvergesslich geblieben. Die stammen von Menschen, die ungewöhnliches Leid durchgestanden haben. Diese Menschen reden anders.

Singen Sie gerne? Es gibt wunderschöne Kirchenlieder, neue und alte, aber zu den innigsten gehören die von Paul Gerhardt, dem Gott eine wirklich harte Lebensführung zugemutet hat: „… seid unverzagt, ihr habet die Hilfe vor der Tür; der eure Herzen labet und tröstet, steht allhier“ (EG 11).

Warum ist das so?

Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt meines Lebens hätte ich zum Thema Leid nichts sagen können, ich hatte es nicht erlebt. Aber als mein Mann plötzlich starb, war ich mittendrin. Drei Kinder zwischen 10 und 13 und der Umzug aus dem Pfarrhaus. Meine Welt war zusammengebrochen.

Da entdeckte ich, dass in der Bibel so viel von den Elenden die Rede ist:
Der Herr richtet die Elenden auf. (Ps 147,6)
Er hilft den Elenden herrlich. (Ps 149,4)
Der Herr erbarmt sich seiner Elenden. (Jes 49,13)

Ich entdeckte, dass Witwen und Waisen die besondere Fürsorge Gottes genießen:
Der Herr schafft Recht den Waisen und Witwen. (5. Mo 10,12)
Der Herr erhält Waisen und Witwen. (Ps 146,9)
Gott ist ein Vater der Waisen und ein Helfer der Witwen.
(Ps 68,6)

Ich nahm bewusst wahr, dass der „arme Lazarus“ in Abrahams Schoß gelandet war.

Und siehe da: Gott Vater hat auch noch Mutter-Qualitäten: Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet (Jes 66,13).

Und wie tröstet eine Mutter? Sie nimmt ihr Kind in die Arme, hebt es auf ihren Schoß und spricht Worte, die wohl tun.

Ich konnte es mir nicht erklären, aber ich hatte eine völlig neue Sicht, die Bibel zu lesen. Alles was ich las, war so lebendig, praktisch und lebensnah, so einfühlsam und liebevoll. Das war angesichts des Todes ein neues Lebensgefühl. Ich begriff, was Trost ist.

Und seitdem verstehe ich den Satz: Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden (Mt 5,4).

Edelgard Dinse, Cuxhaven

Von guten Mächten – Dietrich Bonhöffer

Von guten Mächten wunderbar geborgen
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiß an jedem neuen Tag.

Von guten Mächten treu und still umgeben,
behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr.

Noch will das alte unsre Herzen quälen,
noch drückt uns böser Tage schwere Last.
Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen
das Heil, für das du uns geschaffen hast.

Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern
des Leids gefüllt bis an den höchsten Rand,
so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern
aus deiner guten und geliebten Hand.

Doch willst du uns noch einmal Freude schenken
an dieser Welt und Ihrer Sonne Glanz,
dann wolln wir des Vergangenen gedenken,
und dann gehört dir unser Leben ganz.

Laß warm und hell die Kerzen heute flammen,
die du in unsere Dunkelheit gebracht,
führ, wenn es sein kann, wieder uns zusammen.
Wir wissen es, dein Licht scheint in der Nacht.

Wenn sich die Stille nun tief um uns breitet,
so laß uns hören jenen vollen Klang
der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet,
all deiner Kinder hohen Lobgesang.

Dietrich Bonhöfer

Chr. Kaiser-Verlag, München / Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh

Der Weg ins Krankenhaus

Der Weg ins Krankenhaus war schwer. Er wusste nicht, wie er wieder herauskommen würde. Ob er überhaupt wieder herauskommen würde. Die Operation, die vor ihm lag, war lang und schwer. Der Arzt konnte nicht garantieren, dass das Herz dieser Belastung standhalten würde. Doch es gab keine andere Wahl. Wir hatten miteinander gebetet. Er wusste, dass einer bei ihm war auf dem Weg ins Krankenhaus, dass er Platz nehmen würde an seinem Bett, dass er mitgehen würde in den Operationssaal, dass er den Ärzten beistehen würde. Und seinem Herzen. Er wusste: Mein Leben ist in Gottes Hand. Das gab ihm ein kleines bisschen Ruhe, Gelassenheit, Zuversicht.

Die erste Operation brachte nicht den gewünschten Erfolg. Eine weitere folgte. Und noch eine. Dann war alles gut.

Gott hatte ihm einen langen, schweren Weg verordnet. Hatte keine Abkürzung benutzt. Aber er war bei ihm gewesen. Mit David betete er:
„Unter dem Schatten deiner Flügel habe ich Zuflucht, bis das Unglück vorübergeht.“ (Psalm 57,2)

Jürgen Werth – aus „Lass dich beschenken mit Gedanken der Geborgenheit“
Johannis – Lahr – ISBN 3-501-06211-7

Aufstehen

Aufstehen – kaum etwas fällt schwerer, wenn ich in eine Krise geraten bin. Lieber bleibe ich liegen, lieber versuche ich, wieder einzuschlafen, lieber ergebe ich mich willig meinem Schicksal.

Doch alles kann sich ändern, wenn einer aufsteht. Wenn er zu einem Buch greift. Wenn er das Radio einschaltet. Wenn er einen Freund anruft. Wenn er das Haus verlässt und ein paar Schritte in die Umgebung wagt.

Auf einmal hört er wieder Vögel singen. Auf einmal wärmen ihn ein paar Sonnenstrahlen. Auf einmal trifft ihn das Lächeln eines Menschen.

Aufstehen! Denn jeder Weg beginnt mit diesem ersten Schritt. Gott will dabei helfen. Man muss ihn nur bitten.
Aurelius Augustinus hat das einmal so getan:

„Schütze uns und trage uns. Unsere Kraft ist nur Kraft, wenn sie aus dir kommt. Reich und schön ist unser Leben in deiner Nähe.“

Jürgen Werth – aus „Lass dich beschenken mit Gedanken der Geborgenheit“
Johannis; Lahr – ISBN 3-501-06211-7

Vertrauen zu Gott in Einsamkeit

In mir ist es finster,
aber bei dir ist Licht.
Ich bin einsam,
aber du verläßt mich nicht.
Ich bin kleinmütig,
aber bei dir ist die Hilfe.
Ich bin unruhig,
aber bei dir ist Frieden.
In mir ist Bitterkeit,
aber bei dir ist die Geduld.
Ich verstehe deine Wege nicht,
aber du weißt den rechten Weg für mich.
Amen

Dietrich Bonhoeffer – aus: Widerstand und Ergebung
– Chr. Kaiser / Gütersloher Verlagshaus GmbH, Gütersloh

Bittlied

Der du überm Schicksal thronst
einzig und allein
und in einem Lichte wohnst
unzugänglich rein,

der du leiblich nahe warst
diesem dunklen Ort,
brüderlich dich offenbarst
unter deinem Wort,

der du über alle Schuld
breitest deine Hand
in Vergebung und in Huld,
wo sich Glaube fand,

der du alles Heimweh stillst
nur mit einem Blick,
österliche Menschen willst
auch im Schmerzgeschick:

Jesus Christus, hoch und fern
und doch ganz genaht,
sei der helle Morgenstern
über meinem Pfad!

Chorus: Kyrie eleison

CD 01-219 – ISBN CD 3-88124-362-3
Musik: ABAKUS Musik Barbara Fietz, 35753 Greifenstein
Text: Wandenhoeck & Ruprecht, 35070 Göttingen