Wer die Sehnsucht nicht kennt

Ich las von einem sechzehnjährigen Mann, der heute in Deutschland lebt. Als Kind wurde er aus Oberschlesien verschleppt und später in die entfernteste Ecke der damaligen Sowjetunion an die mongolische Grenze verbannt. Dort musste er in einem Arbeitslager ein elendes Leben fristen, bis er eines Tages, krank vor Sehnsucht nach seiner Heimat, ausbrach.
Er lief zu Fuß, jede menschliche Behausung meidend, in sechs Jahren zwölftausend Kilometer, um in das Land seiner Sehnsucht, nach Deutschland zu kommen.
Wieviel mehr hat Gott in seiner Sehnsucht nach uns Menschen auf sich genommen und ist uns den ganzen weiten Weg aus der Herrlichkeit des Himmels bis in die Verlorenheit und das äußerste Verderben nachgegangen.
In Jesus ist uns Gott mit seiner Sehnsucht nahe gekommen.
Unsere Sehnsucht nach einem erfüllten Leben, nach Liebe und Geborgenheit, nach Heimat und Zuhause ist nur die eine Hälfte. Gott hat eine noch viel größere Sehnsucht nach seinen Menschenkindern und macht sich auf, sie zu besuchen. Advent heißt, Gott ist angekommen. Auch bei uns?

Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Johannes 3,16

Neues Leben durch Vergebung

Der berühmte Maler Peter Paul Rubens wurde 1577 in Siegen in Westfalen geboren, war aber ein Niederländer und hatte sein Atelier in Antwerpen. Das kam so: Um 1570 saß ein Mann namens Jan Rubens in Antwerpen im Gefängnis und wartete auf den Henker. Er war wegen Ehebruchs zum Tode verurteilt. Das gab es damals! Seine Frau, die er betrogen hatte, war nach Köln gezogen, vielleicht zu ihren Eltern. Jan Rubens schrieb ihr aus dem Gefängnis und bat sie um Verzeihung. Darauf schrieb ihm seine Frau: "Mein lieber und geliebter Mann! Ich vergebe Euch jetzt und immer. Ihr seid in so großem Kampf und Ängsten, daraus ich Euch gern mit meinem Blut erretten würde. Könnte da überhaupt Hass sein, dass ich eine kleine Sünde gegen mich nicht vergeben könnte, verglichen mit soviel großen Sünden, wofür ich alle Tage Vergebung bei meinem himmlischen Vater erflehe? Meine Seele ist so mit Euch verbunden, dass Ihr nicht leiden dürft. Ich leide alles mit Euch. Ich werde mit ganzer Kraft Gott für Euch bitten und mit mir unsere Kinder, die Euch sehr grüßen lassen und so sehr verlangen, Euch zu sehen. Das weiß Gott! Geschrieben zu Köln am 1. April, nachts zwischen zwölf und eins.
Nachsatz: Schreibt doch nicht mehr … ich unwürdiger Mann! Es ist Euch doch vergeben! Eure treue Ehefrau Marie Rubens."
Die Fürsprache der tapferen Frau rührte auch die Richter in Antwerpen. Nach zwei Jahren Haft kam Jan Rubens frei. Das Ehepaar zog nach Siegen und blieb dort. Zu ihren bisherigen Kindern wurde ihnen noch ein Sohn geschenkt. Sie nannten ihn Peter Paul, und er wurde der berühmte Maler. Wenn es Vergebung nicht gäbe, hätte es Peter Paul Rubens auch nicht gegeben.

Vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!
Kolosser 3,13

Unverlierbare Freude

In der Freude am Haben wohnt schon die Angst vor dem Verlieren. In der Seligkeit einer Beziehung nistet schon die Sorge, verlassen zu werden. In der Süße der Lust lauert schon der Schmerz des Vergänglichen. Im Genießen der Erfolge, im Auskosten der Gewinne, im Stolz über das Erreichte ist die Furcht vor Minderung und Angst vor dem Ende schon enthalten.
Wenn es eine tiefe Freude, eine letzte Geborgenheit und eine wirkliche Erfüllung für uns geben soll, müssten wir etwas empfangen, was uns keine Macht der Welt, kein Mensch der Erde und kein Tod mehr wegnehmen kann. Es müsste eine Freude sein, die uns in jeder Lage offen steht, unter allen Umständen zugänglich ist, zu der wir direkten Zutritt und sicheren Zugriff haben. Ein Glück, das jederzeit zerbrechen, eine Freude, die jeden Moment aufhören, eine Erfüllung, die plötzlich zunichte sein können, machen uns Angst.
Es gibt nur eine Freude in einer vergänglichen Welt, es gibt nur eine Liebe in einer begrenzten Menschheit, es gibt nur ein Heil in unserem sterblichen Leben: "Euch ist heute der Heiland geboren!"
Diesen Christus kann uns keine Macht rauben, kein Mensch nehmen, keine Zeit vergehen lassen, kein Tod töten. Er ist unser einzig wahrer, unverlierbarer Schatz.

Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids.
Lukas 2,10f

Was wir einander so schenken und was Gott so schenkt!

Der Wert unserer Geschenke richtet sich danach, was uns der andere wert ist. Die Freundin kriegt eine Flasche Chanel No. 5. Die Frau kriegt eine Flasche Livio-Öl. Die Oma kriegt eine Flasche Melissengeist. Die Nachbarin, die alte Flasche, kriegt gar nichts. Wer lieb war, kriegt was. Von wem wir nichts haben, der hat nichts von uns zu erwarten.
Bei Gott ist das anders. Der beschenkt alle. Der fragt nicht wie der Weihnachtsmann, ob wir artig waren. Sondern der gibt jedem das gleiche Geschenk. Weil er jeden gleich liebt. Er gibt das schönste Geschenk, das es gibt. Er gibt das Beste, was er hat. Er gibt sich selber: Gott wird Mensch. Das feiern wir zu Weihnachten. Dass Gott Mensch geworden ist. Der König der Welt kommt im Dreck eines Kuhstalls zur Welt. Um uns den Dreck unseres Lebens eigenhändig wegzuräumen. Jesus, der Heiland, der Heilmacher, ist Gottes Geschenk an uns. (Theo Lehmann)

Gott hat seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?
Römer 8,32

Einen Engel wünsch ich mir

Einen Engel wünsch ich mir,
Gottes Nähe möcht ich spüren.
Guter Engel, komm zu mir,
um mich zärtlich zu berühren.

Einen Engel wünsch ich mir,
der mir unterwegs begegnet.
Einen Engel wünsch ich mir,
der mir hilft und der mich segnet.

Einen Engel wünsch ich mir,
der mich anschaut und mir zulacht.
Einen Engel wünsch ich mir,
der mich tröstet und mir Mut macht.

Einen Engel wünsch ich mir,
der mir zuhört, wenn ich frage.
Einen Engel wünsch ich mir,
dass er mir die Wahrheit sage.

Einen Engel wünsch ich mir,
um des Nächsten Not zu sehen.
Einen Engel wünsch ich mir,
um den Friedensweg zu gehen.

Einen Engel wünsch ich mir,
Gott zu loben hier und heute.
Guter Engel, komm zu mir,
bring zu mir die Weihnachtsfreude.
(Reinhard Bäcker)

Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr!
Lukas 2,9ff

Ein unvergessliches Geschenk

Es war in der Weihnachtszeit 1947. Ich war seit zwei Jahren in russischer Kriegsgefangenschaft. Im Lager Nikolajew am Schwarzen Meer. Die Menge der Gefangenen war in Arbeitstrupps aufgegliedert. Wir waren etwa 3000 Mann. Jeden Morgen ging ich durch die Baracken und sagte ein bestimmtes Bibelwort als Losung. Dazu ein paar mutmachende Worte. Danach reihte ich mich in unsern Arbeitstrupp ein. Wir nahmen vor dem Lagertor Aufstellung. Es wurde nicht viel gesprochen. Hunger und Heimweh hatten uns wortkarg gemacht. Dazu noch die grimmige Kälte im Dezember. Immer wieder stieg in mir die Frage auf: Wie lange noch? Komme ich noch einmal lebend heraus? Abends kehrten wir erschöpft heim. Beim Marsch durch die Straßen wurde uns das Herz besonders weh, weil wir bei einzelnen Häusern hinter den Fenstern Adventskerzen brennen sahen. Die Sehnsucht nach der Heimat wurde dabei übermächtig. Als ich abends in unsere Baracke kam, lag auf meiner Matratze ein kleines Päckchen. Darauf stand "Für Weihnachten". Ich fand – in Zementpapier gehüllt – eine halbe Scheibe Brot. Ohne Butter und Belag – das gab es bei uns nicht. Wir verschlangen das Gefangenenbrot sonst, sobald wir es bekamen, und tranken dazu Wasser. Auf der halben Scheibe Brot lag ein Zettel mit den Worten: "Ich will an andern üben, was Gott an mir getan." Ich hatte einmal in einem Lagergottesdienst über den Vers gesprochen. Dann stand unter dem Spruch noch der Name eines jungen Kameraden, der heute ein bekannter Karikaturenzeichner ist.
Mit welcher Andacht habe ich diese halbe Scheibe Brot gegessen! Die schmeckte besser als heute eine ganze Schwarzwälder Kirschtorte. Einmal schon deshalb, weil uns jede Krume Brot kostbar war. Zum andern, weil mir ein Kamerad die Weihnachtsfreude verleiblichen wollte. Seine Dankbarkeit gegen Gott stattete der junge Mann dadurch ab, dass er meinen Hunger etwas stillen wollte. Das war in Brot gefasster Gottesdank und in Brot gefasste Bruderliebe. (Paul Deitenbeck)

Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe.
1.Johannes 4,21

Gott macht sich aus Liebe klein

Keine Diener, die ihm dienen,
wie ein König es gewohnt.
Keine daunenweichen Kissen,
nichts, was seine Würde schont.

Keine gutbetuchten Eltern,
kein Palast, in dem er thront.
Gott wird Mensch und kommt uns nahe,
wo bei uns das Elend wohnt.

Gott macht sich aus Liebe klein,
wirbt um uns und lädt uns ein,
teilt in Jesus bis zur Neige
unsre Angst und unsre Freude.
Gott macht sich aus Liebe klein,
wirbt um uns und lädt uns ein.

Keine Kisten, schwer von Silber,
keine Schränke voll Besteck,
keine seidenen Gewänder,
nicht einmal ein Himmelbett.

Keine reichgedeckte Tafel,
Wohlstand, der zum Himmel schreit!
Gott wird Mensch, und wir erkennen
ihn an seiner Menschlichkeit.

Keine wochenlange Werbung
bis zur großen Supershow,
abseits unsrer Lichtreklamen
legt sich Gott auf Heu und Stroh.

Dort, wo unsre Not am größten,
steht er wartend vor der Tür.
Gott wird Mensch und nimmt aus Liebe
einen Viehstall als Quartier.
(Jörn Philipp)

Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen … Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen.
Lukas 2,12.16

Gott ist im Kommen

Ein Kind ist unterwegs, ein königliches, ein kaiserliches, ein göttliches Kind. Aber fürchte dich nicht, sein Thron ist aus Stroh, seine Zeichen sind Windeln, seine Krone ist aus Dornen, seine Macht ist die Liebe. Die macht es stark, nicht gegen dich, sondern für dich!
Ein kleines, schwaches Kind wird geboren. Aber es hat große und starke Namen. Es heißt Wunderbarer Ratgeber, Gottes Held, Ewiger Vater und Fürst des Friedens. Wie vier kostbare Diamanten leuchten seine Namen im Weihnachtslicht auf. Es sind seine Namen, aber sie meinen uns. Bis in die Namen hinein hat Jesus nichts für sich selber. Er hat alles für uns!

Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende.
Jesaja 9,5f

Das uralte Symbol und seine aktuelle Botschaft

Der Adventskranz mit seinen vier Lichtern erinnert mich an die uralte Bedeutung des Kranzes. Er ist einmal der Siegerkranz. Im Glauben an Jesus liegt der Sieg über alle lebensfeindlichen Mächte. Jesus hat über die Sünde, den Tod und den Teufel gesiegt. In der engen Beziehung zu Jesus habe ich teil an seinem Sieg. Seine Überwindermacht krönt mein Leben. Der Adventskranz sagt mir: Du bist Sieger mit Jesus!
Dann ist er der Brautkranz. Menschen, die an Jesus glauben, sind seine Brautgemeinde. Jesus liebt mich grenzenlos, er freit mich bedingungslos, er hält mich in Treue fest und mit Freude in seiner Hand. Der Adventskranz sagt mir: Du bist vollkommen geliebt von Jesus!
Dann ist er der Ehrenkranz. Um einen besonderen Gast zu ehren, eine besondere Tat zu würdigen, eine besondere Beziehung auszudrücken, wird der Ehrenkranz vergeben. Gott nimmt mich in Ehren an, ich bin sein Ehrengast. Gott ist immer erst Gastgeber und dann Arbeitgeber. Er leitet mich nach seinem Rat und nimmt mich am Ende mit Ehren an. Der Adventskranz sagt mir: Du bist bei Gott herzlich willkommen und richtig gern gesehen!
Und schließlich ist der Kranz die Königskrone. In den alten Sprachen gibt es für Kranz und Krone nur ein Wort. Denn der Kranz ist eine Krönung, und die Krone ist ja immer ein Kranz. Gott möchte mich Erdenkind zu seinem Königskind haben. Er nimmt mich als sein Kind an und gibt mir Heimat- und Bleiberecht in seinem Reich. Der Adventskranz sagt mir: Du bist ein Königskind in einem Königreich und einem Königshaus!
Gottes Kommen in die Welt, seine Siegermacht, seine zarte Liebe, seine herzliche Ehre und königliche Größe sind wirklich eine runde Sache und die Krönung unseres Lebens!

Siehe, ich komme bald; halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!
Offenbarung 3,11

Gott nimmt uns in Schutz

"Zuerst ist Gott mein Ankläger und mein Herz mein Verteidiger!", hat Martin Luther einmal gesagt. Wenn Gottes Anspruch mich erreicht, wenn seine Weisung mich herausfordert, wenn seine gültigen Maße mich prüfen und seine Gebote mich mahnen, wird mein Herz sich verteidigen gegen den hohen Anspruch eines gottgefälligen Lebens. Mein Herz wird tausend Entschuldigungen vorbringen. Die anderen sind schuld, die Umstände haben mich so gemacht, die Verhältnisse von außen und die Triebe von innen haben mir keine Wahl gelassen.
Wenn ich Gott in seiner Liebe erkenne, ihm mein Vertrauen schenke, seine unendliche Barmherzigkeit begreife und täglich aus seiner Güte lebe, wird es sich umkehren. Mein Herz wird mich anklagen, aber Gott wird mich verteidigen. In der Nähe Gottes erkenne ich die tausendfache Sünde meines Lebens, die kleinen und verborgenen, aber auch die groben und offensichtlichen Schwächen. Mein Herz verklagt mich, und ich weiß nichts zu entschuldigen. Aber nun übernimmt Gott meine Verteidigung, er tritt für mich ein, nimmt meine Schuld und legt sie auf Jesus, der sie für mich trägt. Jesus Christus tritt bei Gott für mich ein. Er wird mein Fürsprecher und Verteidiger. Wenn mein Herz mich verklagt und verdammt, nimmt Gott selbst mich in Schutz und übernimmt die Verteidigung meines Lebens gegen die Anklage des eigenen Herzens und die anderer Menschen.

Wir können unser Herz vor Gott damit zum Schweigen bringen, dass, wenn uns unser Herz verdammt, Gott größer ist als unser Herz und erkennt alle Dinge.
1.Johannes 3,19f