Wenn der Advent kommt

Wenn der Advent kommt
und Gottes Liebe sich
an die Welt verschenkt,
dann nimm dir Zeit
für seinen Besuch.

Atme die Unruhe deiner Seele aus
und schicke deine Sorgen und alles,
was dir Angst macht, ihm entgegen.

Seine Liebe streicht dir die Schatten aus der Seele
und besänftigt deine Wünsche, die dich verrückt machen.
Atme seine Treue ein und fülle dich Atemzug um Atemzug
mit Jesu heilender Kraft, bis deine Seele Frieden gefunden hat.

Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils.
Lukas 1,68f

Ein König ohne Krone

"Lieber Mister Gott!
Die Leute sagen, Du bist so was wie ein König. Nur, wenn ein König in unsere Straße kommt, dann weiß der bestimmt nicht, wo ich wohne. Aber ich glaub, Du weißt das. Du hast keine Krone auf’m Kopf, dafür kennst Du jeden ganz genau. Sogar den Leberfleck auf meiner Backe kennst Du, wetten? Und wenn ich die Hände nicht gewaschen hab, weißt Du das bestimmt auch. So genau guckst Du Dir jeden an. Ein König würd nie so genau hingucken. Die Arbeit macht der sich nicht. Nur Du machst Dir mit mir so viel Arbeit . . ."
(Anna)

"Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel!"
(Sacharja 9,9)

Das Zeitliche segnen

Eine Frau erkrankt an Krebs. Zusammen mit guten Ärzten kämpft sie einen langen und schweren Kampf. Operationen und schmerzhafte Behandlungen wechseln sich mit Zeiten der Besserung und Hoffnung ab. Ihr Mann stützt und stärkt sie nach besten Kräften. Der Krebs macht es ihnen nicht leicht, aber sie machen es dem Krebs auch nicht leicht.
Doch langsam wird deutlich, dass die Krankheit siegen wird. Unter dem Druck der Not und der Schmerzen wird die Frau zum Loslassen und Sterben bereit. Sie ist getrost und geborgen in der Liebe Gottes und nimmt bewusst Abschied vom irdischen, zeitlichen Leben, um in das ewige Leben zu Gott zu gehen. Eines Tages nimmt sie all ihren Schmuck und bittet ihren Mann, die schönen und wertvollen Stücke an die Frauen in ihrer Verwandtschaft aufzuteilen. Das liebste und kostbarste Schmuckstück reicht sie ihrem Mann mit den Worten: "Das ist für die Frau, die du dann einmal heiraten wirst!"
Es ist eine besondere Gnade, versöhnt in die Ewigkeit zu gehen. "Das Zeitliche segnen" ist eine alte Umschreibung für ein solches Sterben. Die Frau, die in Gottes Ewigkeit eingeht, stellt versöhnt und ohne bitteren Neid das Zeitliche, also die Zurückbleibenden und deren Leben, unter Gottes Segen und Bewahrung. Sie segnet das Zeitliche und geht in das Ewige.

Denn wir wissen: wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel.
2.Korinther 5,1

Süßer Vogel Jugend

In seinem Stück "Süßer Vogel Jugend" lässt Tennessee Williams einen Vater zu seinem Sohn sagen: "Erinnerst du dich noch an die Brosche, die ich damals für deine Mama gekauft habe? Das Letzte, was ich deiner Mama gegeben habe, bevor sie starb. Ich wusste, dass sie sterben würde, als ich ihr die Brosche kaufte, und ich hab die Brosche, die mich fünfzehn Tausend gekostet hat, vor allem deshalb gekauft, weil sie glauben sollte, sie würde wieder gesund. Um Himmels willen, Boss, hat sie gesagt, was soll eine sterbende Frau mit so einem Diamanten anfangen? Ich hab zu ihr gesagt, Liebling, sieh dir den Preis an, der auf dem kleinen Zettelchen steht. Siehst du die fünfstellige Zahl? Überleg dir mal, Liebling, hab ich zu ihr gesagt, wenn du wirklich sterben würdest, würde ich dann die fünfzehn Mille in eine Diamantbrosche investieren, um sie einer Toten aufs Hemd zu stecken? Da hat die alte Dame gelacht. Und in der Nacht, da sie starb, fing sie innen an zu bluten und starb noch vor Mitternacht, mit der Diamantbrosche auf dem Nachthemd. Und noch bis zur letzten Minute hat sie geglaubt, die Diamanten wären ein Beweis dafür, dass sie nun nicht sterben würde."
Die Jugend ist der süße Vogel, die Gesundheit der heimliche Gott, Vitalität das Maß aller Dinge, Krankheit ist eine Katastrophe, Alter ein Makel, und der Tod ist unmöglich. Wie tief krank müssen Menschen sein, die eine Gesundheit anbeten? Und wie erstorben ist eine Gesellschaft, die den Tod verdrängt?

Herr, lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss. Siehe, meine Tage sind eine Handbreit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir. Nun, Herr, wessen soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich!
Psalm 39,5f.8

Wohl mir

Wohl mir, dass ich JESUM habe,
o wie feste halt ich ihn,
dass er mir mein Herze labe,
wenn ich krank und traurig bin.
Jesum hab ich, der mich liebet
und sich mir zu eigen gibet,
ach, drum lass ich Jesum nicht,
wenn mir gleich mein Herze bricht.

Jesus bleibet meine Freude,
meines Herzens Trost und Saft.
Jesus wehret allem Leide.
Er ist meines Lebens Kraft.
Meiner Augen Lust und Sonne.
Meiner Seele Schutz und Wonne.
Darum lass ich Jesum nicht
aus dem Herzen und Gesicht.
(Johann Sebastian Bach)

Unser keiner lebt sich selber, und keiner stirbt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum: wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn. Denn dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden, dass er über Tote und Lebende Herr sei.
Römer 14,7-9

Bessere Musik

Im Jahr 1750 war Johann Sebastian Bach in Leipzig fast erblindet. Der berühmte englische Arzt John Taylor riet ihm zu einer Operation, die leider misslang, so dass der Thomaskantor völlig erblindet war. Gefasst ergab sich Bach in sein Leid. Er war froh, das letzte große Werk über "Die Kunst der Fuge" noch vollendet zu haben. Seine Frau Anna Magdalena umgab ihn mit fürsorglicher Liebe. Und Christoph Altnikol, der treue Schüler und Schwiegersohn, war dabei, die letzten Anordnungen Bachs auszuführen. Da richtete sich Bach plötzlich auf und rief: "Christoph, schnell Papier und Tinte! Ich höre Musik, schreibe sie auf!" Bach diktierte ihm den Choral: "Vor deinen Thron tret ich hiermit … Dann legte er sich zurück und meinte, das wäre die letzte Musik, die er in seinem Leben gemacht hätte.
Doch an einem schönen Junitag geschah ein Wunder. Ohne ärztliches Zutun konnte Bach wieder sehen. Er sah den Himmel, die Sonne, die Kinder, den treuen Altnikol, die rote Rose, die ihm seine Frau voller Hoffnungsfreude ans Bett brachte. Aber Bach spürte, dass es nur eine letzte Gnade Gottes in seinem Leben war, und sagte leise zu seiner Frau: "Magdalena, wo ich hingehe, da werde ich schönere Farben sehen und bessere Musik hören, von der wir bislang nur geträumt haben. Und mein Auge wird den Herrn selbst sehen!" Kurz darauf starb der große Musiker.

Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es offenbar wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
1.Johannes 3,2

Boten des Todes

Ein Märchen der Brüder Grimm heißt "Boten des Todes". Darin wird von einem jungen Mann erzählt, dem der Tod das Versprechen gab, er werde ihn nicht unvorbereitet holen, sondern ihm vorher seine Boten schicken, damit er sich auf sein Sterben einstellen könne. So lebte der Mann vergnügt und unbesorgt. Er nahm Krankheit und Schmerzen als vorübergehende Störungen und achtete nicht auf die Zeichen des Alters. Sterben werde er schon nicht, denn der Tod wollte ja erst seine Vorboten schicken. Doch dann kam der Tod, um ihn zu holen. Erschrocken wehrte sich der Mann. Das könne nicht sein, denn er habe keine Boten bemerkt. Doch der Tod wies ihn darauf hin, dass er sich wohl angekündigt habe: durch Krankheit und Schmerzen und jeden Abend, wenn der Schlaf, der kleine Bruder des Todes, ihn ereilte. So musste der Mann dem Tod doch folgen.
Es ist gut, wenn wir die Boten des Todes nicht übersehen, die Krankheiten und Schmerzen, das Nachlassen der Kräfte, das Engerwerden der Grenzen und das Müdewerden im Tun. Das erinnert uns daran, dass unser Leben ein Sein auf Abruf und unsere Zeit gestundete Zeit ist. Viel wichtiger aber ist, dass wir die Boten des Lebens nicht überhören, die uns eine Hoffnung auf das ewige Leben geben wollen. Wenn wir die Boten des Lebens ganz ernst nehmen, dann können wir auch die Boten des Todes richtiger verstehen.

Wir wollen euch nicht im Ungewissen lassen über die, die entschlafen sind, damit ihr nicht traurig seid wie die andern, die keine Hoffnung haben. Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherführen.
1.Thessalonicher 4,13f

Wer bleibt, wenn alles vergeht?

Bleibe bei uns, Herr,
denn es will Abend werden,
und der Tag hat sich geneigt.

Bleibe bei uns und bei allen Menschen.
Bleibe bei uns am Abend des Tages,
am Abend des Lebens, am Abend der Welt.

Bleibe bei uns mit deiner Gnade und Güte,
mit deinem Wort und Sakrament,
mit deinem Trost und Segen.

Bleibe bei uns, wenn über uns kommt
die Nacht der Trübsal und Angst,
die Nacht des Zweifels und der Anfechtung,
die Nacht des bitteren Todes.

Bleibe bei uns und bei allen deinen Kindern
in Zeit und Ewigkeit.
(Altes Kirchengebet)

Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!
Matthäus 28,20

Hunger nach Leben

Michelangelo, der große Künstler, sagte einst zu einer Gräfin: "Ich bin 86 Jahre alt, habe ein reiches Leben hinter mir und hoffe, dass ich bald von Gott abgerufen werde!" Die Gräfin fragte ihn, ob er lebensmüde sei. Michelangelo antwortete: "Nein, lebenshungrig!"

Gott, du bist mein Gott, den ich suche. Es dürstet meine Seele nach dir, mein ganzer Mensch verlangt nach dir aus trockenem, dürrem Land, wo kein Wasser ist. So schaue ich aus nach dir in deinem Heiligtum, wollte gerne sehen deine Macht und Herrlichkeit. Denn deine Güte ist besser als Leben!
Psalm 63,2-4

Werden wir sein wie die Träumenden …

Für Friedrich von Bodelschwingh stand die geistliche Hilfe für die Menschen in der Mitte seines diakonischen Handelns. Er wollte die Kranken und Behinderten, die Schwachen und Armen zu Jesus führen und sie für das Sterben und Seligwerden vorbereiten. Die gesundheitliche Hilfe wurde mit der Glaubens- und Sterbehilfe in eins gesehen. Immer wieder betonte Bodelschwingh, er sammle eine "unter nicht geringen Leiden dem Tode zueilende Gemeinde der frühzeitig Sterbenden". Bodelschwinghs Ziel reichte über den Leib und seine Gesundheit hinaus bis in das ewige Leben. Darum schmerzte es ihn nicht so sehr, wenn die Menschen aus Bethel oft nicht gesund nach Hause, sondern im Frieden in die Ewigkeit entlassen wurden. "Unsere Freude ist ohne Enttäuschung bei der weitaus größeren Schar, die nicht in die irdische Heimat, sondern nur in die obere Heimat heimkehrt!"
Die 1884 eingeweihte Zionskirche in Bethel hatte besondere Kammern für Kranke, die oft während der Gottesdienste Anfälle bekamen und nicht selten dort auch starben. Der Name Zionskirche erinnert an den 126. Psalm, der in Bethel an den Sterbelagern gebetet wurde. Der Eingangsvers wurde über den Triumphbogen der Kirche geschrieben: "Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird, werden wir sein wie die Träumenden …"
Solche Gesichtspunkte der Erlösung und Ewigkeit, solche spirituellen Dimensionen im sozialen Handeln wären heute besonders wichtig, wo unsere Gesellschaft nur noch auf Verwirklichung im Diesseits ausgerichtet ist.

Der Herr hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich. Herr, bringe zurück unsre Gefangenen, wie du die Bäche wiederbringst im Südland. Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen und streuen ihren Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben.
Psalm 126,3ff