Das traurige und das tröstliche Aber

Leben ist Abschiednehmen. Wie ein roter Faden zieht sich diese schmerzhafte Erfahrung von Trennung, Abschied und Verlust durch unser Leben. Verlobte verabschieden sich voneinander nach einem schönen Wochenende. Sie herzen, drücken und küssen sich, Schnitt und Abschied. Eine Mutter bringt ihr Kind ins Krankenhaus. Sie darf es ins Bett bringen, alles einräumen, noch eine Weile dableiben, aber dann muss sie gehen – nicht ohne Bangen in ihrem Herzen und nicht ohne Tränen auf dem Kindergesicht. Wir nehmen Abschied von besonderen Zeiten, lieben Menschen, vom Arbeitsplatz, von Gesundheit und auch von Träumen und Erwartungen, die sich nicht erfüllen ließen. Auch an Gräbern stehen wir zum letzten Abschied, und auch wir werden einmal diesen einsamen Weg gehen müssen, um alles und alle zurückzulassen.
Diese schmerzliche Erfahrung hat in einem Volkslied einen einfachen Ausdruck gefunden: "Ich wäre ja so gerne noch geblieben, aber der Wagen, der rollt … Das ist das traurige und wehmütige Aber des Abschieds. Alle diese kleinen Schnitte und Abschiede sind aus dem großen Abschied herausgewachsen, den der Mensch ganz am Anfang nahm, als er um seiner Sünde willen aus dem Paradies vertrieben wurde und jenseits von Eden zu leben begann. Seitdem gibt es dieses traurige Aber, diese wehmütigen Abschiede.
Aber zum Glück gibt es auch ein tröstliches Aber, denn Gott hat sich aufgemacht und hat uns jenseits von Eden besucht und erlöst. Er selbst hat sich unserer Not der Trennung und des Abschiedes angenommen und uns wieder mit sich versöhnt und verbunden.

Siehe, um Trost war mir sehr bange. Du aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen, dass sie nicht verdürbe; denn du wirfst alle meine Sünden hinter dich zurück.
Jesaja 38,17

Eiter in den Gebeinen

Eine griechische Legende erzählt von einem Läufer, der bei einem wichtigen Wettkampf nur Zweiter wurde. Die Menge applaudierte dem Sieger, und schließlich wurde zu seinen Ehren eine Siegerstatue errichtet. Der Verlierer konnte sich mit dem zweiten Platz nicht abfinden, und in seinem Herzen wuchsen Eifersucht, Bitterkeit und Neid. So hatte er schließlich nur noch den einen Gedanken, die Statue, die ihn an seine Niederlage erinnerte, zu zerstören. Jede Nacht schlich er sich heimlich zum Denkmal und schlug mit Hammer und Meißel kleine Teile des Sockels ab. Nacht für Nacht schlug er mit Neid und Eifersucht, Bitterkeit und Groll auf den Sockel ein. Eines Nachts, als er wieder blind vor Wut drauflos schlug, stürzte die Statue um und begrub den Läufer unter sich. Er starb unter der Last eines Denkmals, aber im Grunde starb er unter der Last seiner Eifersucht. Er war das Opfer seines eigenen Neides und seiner Bitterkeit geworden.

Ein gelassenes Herz ist des Leibes Leben; aber Eifersucht ist Eiter in den Gebeinen.
Sprüche 14,30

Tödlicher Irrtum

Ein Mann kommt mit einer großen seelischen Not zu einem Psychiater. "Jeden Abend sehe ich unter meinem Bett eine riesige Schlange, und ich habe fürchterliche Angst! Können Sie mir helfen?" "Das ist ganz einfach", erklärt der Psychiater, "Sie sagen eine Zeitlang jeden Abend: Da ist keine Schlange, nein, da ist gar keine Schlange! Und nach vierzehn Tagen ist das sicher vorbei, dann kommen Sie noch mal zu mir!"
Als nach längerer Zeit der Patient nicht wiederkommt, erkundigt sich der Arzt. Dort meldet sich ein Fremder, der ihm erklärt: "Der Herr Schulze lebt leider nicht mehr, der ist von einer riesigen Schlange gebissen worden, die unter seinem Bett lag!"
Menschen leiden unter Sünde und Schuld. Aber die Gesellschaft will sie uns ausreden. Da ist gar keine Sünde, und die Schuldgefühle sind nur eingebildet. Bis uns dann die Sünde eines Tages kaputtgemacht und aufgefressen hat.

Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend.
1.Johannes 1,8f

Unentbehrlich

Paul Sartre lässt in einem seiner Dramen einen Mann vor seinem Tod resigniert sagen: "Ich wäre so gerne für einen Menschen unentbehrlich gewesen!"
Es tut gut, wenn Menschen uns brauchen, wenn wir für andere unverzichtbar sind. Mir sagte einmal ein älterer Mann: "Wenn an meinem Grabe auch nur ein Mensch weint, hat sich mein Leben gelohnt!" Im Leben wichtige Lücken schließen und im Sterben eine große Lücke hinterlassen, solche Erfahrungen bauen uns auf. Gerade in einer gnadenlosen Leistungsgesellschaft, in der Menschen Funktionen und austauschbare Rädchen werden und als Arbeitskräfte schnell ersetzbar sind, tut es gut, geschätzt und wichtig zu sein. Aber wie oft haben Menschen gelebt, ohne dass es für jemanden wichtig war, und sind gestorben, ohne dass es für jemanden traurig war. Ich denke an manche Beerdigung in der Großstadt zurück, bei der überhaupt kein Mensch außer dem Pfarrer und dem Bestatter dabei war. Oder mir fallen Gespräche mit Hinterbliebenen ein, die nur froh waren, dass Oma oder Opa nun endlich unter die Erde und aus dem Haus kamen.
Um so wichtiger ist es, sich in seinem Wertgefühl weder von der Verwertbarkeit in der Gesellschaft noch vom Gebrauchtwerden von Menschen abhängig zu machen. Nur bei Gott sind wir wirklich unentbehrlich und unersetzlich. Vor ihm gibt es uns nur einmal, niemand kann mich bei Gott vertreten oder ersetzen. Ich bin Gott wichtig. Und er lässt mir in seinem Wort sagen:

Weil du in meinen Augen so wertgeachtet und auch herrlich bist, habe ich dich lieb.
Jesaja 43,4

Das beste Lösungsmittel

Alkohol ist ein hervorragendes Lösungsmittel.
Er löst Familien, Ehen und Freundschaften,
Arbeitsverhältnisse und Bankkonten,
Reaktionsvermögen und Selbstwertgefühl,
Realitätsbezug und Lebenserwartung,
Leber- und Gehirnzellen auf.
Aber er löst kein einziges Problem.

Liebe ist das bessere Lösungsmittel.
Sie löst Verkrampfungen der Schuld und Sorge,
Verspannungen der Angst und Einsamkeit,
Verhärtungen der Herzen und Seelen,
geballte Fäuste und verbissene Gesichter,
festgefahrene Beziehungen und lähmende Bindungen,
tiefsitzende Vorurteile und aufgedrückte Minderwertigkeitsgefühle.
Die Liebe ist das beste Heilmittel zur Erlösung des Lebens.

Darum ward er ihr Heiland in aller ihrer Not. Nicht ein Engel und nicht ein Bote, sondern sein Angesicht half ihnen. Er erlöste sie, weil er sie liebte und Erbarmen mit ihnen hatte. Er nahm sie auf und trug sie allezeit von alters her.
Jesaja 63,8f

Drei Tröstungen

Jesus hat seine Leute nie darüber im unklaren gelassen, dass die Nachfolge auch Anfechtung und Versuchung bedeutet. Mit drastischen Worten und Bildern hat er seine Jünger darauf vorbereitet: "Siehe, ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe!" (Matthäus 10,16) oder: "Der Satan hat euer begehrt, dass er euch sieben möchte wie den Weizen!" (Lukas 22,31) In diesem einen Satz liegen drei wunderbare Tröstungen verborgen:
1. Der Teufel muss bei Gott anfragen, ob er uns versuchen, herausfordern oder durcheinanderbringen darf.
2. Das Bild vom Sichten des Weizens meint die Erntesituation von früher. Der Weizen wurde geschnitten, dann gedroschen, so dass die Körner aus den Ähren sprangen. Dann wurde mit der Worfschaufel alles zusammen in die Höhe geworfen. Die leichte Spreu flog davon, die schweren Körner fielen auf die Tenne zurück. Dort lagen sie nun mit Staub und Dreck vermischt. Das alles wurde in ein großes Sieb gefüllt und kräftig durchgerüttelt. Die Körner im Sieb wurden ganz schön durcheinandergeschüttelt.
Dieses Bild möchte die Anfechtung und Versuchung umschreiben. Wir können uns die Körner so vorstellen: Sie wissen nicht mehr, wo oben und unten, vorn und hinten ist. Das macht der Durcheinanderbringer, der Teufel, auch mit den Christen. Aber der Trost des Bildes ist: die Körner können nicht durch das Sieb fallen. Nur der Dreck fällt raus, und das Korn wird immer reiner und wertvoller. Jesus möchte uns sagen: Ihr werdet zwar gehörig durchgerüttelt, aber ihr könnt nicht rausfallen. Nur all die Verunreinigungen eures Lebens fallen dabei raus. Ihr bleibt bewahrt.
3. Jesus selbst tritt am Thron Gottes für uns ein, dass unser Glaube in all den Proben nicht aufhört, sondern nur fester wird. Nicht nur der Teufel bittet am Thron Gottes um uns, auch Jesus ist dort und verwendet sich für uns.

Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre.
Lukas 22,31f

Der eigentliche Glanz

Bei der Olympiade der Behinderten in den USA vor einigen Jahren bewegte die wenigen Zuschauer vor allem der 400-m-Endlauf der Männer. Acht Behinderte laufen los. Sie laufen nicht elegant, aber sie laufen, jeder mit einem anderen Handicap. Das sieht nicht so schön aus, und mancher wendet sich erschrocken ab. Doch dann schauen wieder alle hin, als kurz vor dem Ziel der führende Läufer stürzt. Der zweite rennt nicht vorbei, um sich den Sieg zu sichern. Er läuft zu dem Gestürzten, richtet ihn mühsam auf, greift unter seine Arme, schleppt ihn mit sich, und zu zweit humpeln sie weiter. Da kommen die anderen auch schon heran, aber auch sie laufen nun nicht an den beiden vorbei, sondern auf sie zu. Alle greifen sich unter die Arme, den Gestürzten haben sie in der Mitte, und so laufen sie und schleppen sich gemeinsam ins Ziel.
Unsere Gemeinden sind ähnlich. Vieles läuft nicht so elegant und schneidig, mehr gebrochen und behindert, oft erbärmlich anzuschauen und eher kümmerlich. Aber der Glanz und die Schönheit unserer Gemeinden liegt gar nicht in unserem Können, unserer Eleganz und Kompetenz, unserer Superform und bestechenden Cleverness, sondern darin, dass wir Gestürzte aufheben und Behinderte annehmen und Schwache tragen und einander helfen und lieben. In der Gemeinde Jesu kommt es nicht darauf an, dass einer der Beste und der strahlende Sieger ist, sondern dass alle, auch die Schwachen und Kleinen, gemeinsam das Ziel erreichen. Der eigentliche Glanz der Gemeinde ist ihre Liebe.

Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.
Johannes 13,34f

In aller Armut reich

Franz von Assisi wurde einmal am Ende seines gesegneten Lebens gefragt, warum er soviel für Gott tun konnte. Er antwortete "Folgendes muss der Grund gewesen sein. Gott sah vom Himmel herab und sprach: Wo kann ich den schwächsten, den geringsten, den armseligsten Mann auf dieser Erde finden? Dann sah er mich und dachte: Ich habe ihn gefunden. Ich will durch ihn wirken, denn er wird sich nichts darauf einbilden und meine Ehre für sich selbst in Anspruch nehmen. Er wird wissen, dass ich ihn immer gerade seiner Niedrigkeit und seiner Unbedeutsamkeit wegen benutze!"

Seht auf eure Berufung: Nicht viele Weise, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen. Sondern was töricht ist vor der Welt und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt; und das Geringe und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, damit sich kein Mensch vor Gott rühme.
1.Korinther 1,26-29

Was den Menschen am Laufen hält

Unser Auto läuft mit Kraftstoff. Mit guten Worten oder bösen Absichten ist es nicht zu bewegen, aber mit richtigem Benzin läuft es wie doll. Unser Videorecorder läuft mit Strom. Mit viel Geduld oder heftigem Schütteln kommt er nicht in Gang. Aber mit Strom aus der Steckdose geht der Film ab. Unsere Heizung läuft mit Gas. Mit Holz oder Kohle ist sie nicht zu erwärmen. Dafür ist sie nicht gebaut. Aber an die Gasleitung angeschlossen, wärmt sie auch im strengsten Winter das ganze Haus.
Womit läuft der Mensch, und wie wird sein Leben lebendig? Gott hat uns Menschen aus Erde geformt und mit seinem Lebensatem lebendig gemacht. Wir sind ein Geheimnis und verstehen nicht jede Einzelheit unseres Lebens, aber dass wir nur mit dem Atem des Lebendigen am Leben bleiben, leuchtet ein. Nur mit Gottes Geist, dem Geist der Liebe, des Lebens, der Wahrheit und Kraft können Leben lebendig und Menschen menschlich sein. Gott hat uns so gebaut, dass wir nur aus seinem Geist leben und mit seiner Kraft in Bewegung kommen. Niemand füttert sein Auto mit Süßigkeiten oder seinen Recorder mit Abfällen oder seine Gasheizung mit Regenwasser. Wie kommen Menschen bloß auf den Gedanken, in irgend etwas anderem als Gott selbst das Leben zu finden? Menschen laufen nur mit Gott selbst, oder sie laufen gar nicht. Aber wenn sein Geist uns treibt und seine Liebe uns leitet, kommen wir richtig in Schwung.

Denn welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.
Römer 8,14

Die geistigen Grundlagen des Lebens

Gott ist Geist. Und alles Geistige verlangt nach einer Äußerung, nach einer Gestalt. Der sichtbare Ausdruck der geistigen Macht Gottes ist seine Schöpfung: der Kosmos und seine Ordnungen, die Erde und was auf ihr lebt. Alles Seiende ist Gestalt des lebendigen Geistes Gottes. Gott sprach: "Es werde!" und es wurde das Licht, die Erde, die Kreatur, der Mensch, das Leben. Die geistige Grundlage allen Lebens ist Gottes Macht. Diese Macht Gottes begegnet uns in dem Anspruch: "Ich bin der Herr, dein Gott!" Der "Äußerung" des Geistes Gottes in Gestalt des Lebens, dem Anspruch Gottes in Gestalt des Wortes muss die "Innerung" des Menschen und sein Sich-in-Anspruch-nehmen-Lassen folgen.
Die "Äußerung" Gottes und sein Anspruch als Offenbarung zielen auf "Innerung" und Sich-in-Anspruch-nehmen-Lassen als Glaube des Menschen. Erst da kommen Leben und seine geistige Grundlage zur Erfüllung, wo "Äußerung" und "Innerung", Anspruch und Sich-in-Anspruch-nehmen-Lassen einander entsprechen.
Dieser geistigen Grundlage des Lebens wird von Anfang an widersprochen: "Sollte Gott gesagt haben?" Von Anfang an steht der Mensch in der Versuchung, seinen Geist zur Grundlage des Lebens zu machen: "Ihr werdet sein wie Gott!" Seitdem der Mensch dieser Versuchung erlag, wurde der Glaube an den Menschen und seinen Geist zur verbreitetsten Religion, einer Anti-Religion und einer Quasi-Religion zugleich. Ein Leben auf einer falschen geistigen Grundlage kann nur misslingen. Wir brauchen Gottes Geist als die Kraft und Grundlage unseres Seins.

Himmel und Erde sind dein; du hast gegründet den Erdkreis und was darinnen ist. Du hast einen gewaltigen Arm, stark ist deine Hand, und hoch ist deine Rechte. Gerechtigkeit und Gericht sind deines Thrones Stütze, Gnade und Treue gehen vor dir einher.
Psalm 89,12ff