Was auf uns zukommt

Was dir auch immer begegnet
Mitten im Abgrund der Welt:
Es ist die Hand, die dich segnet,
Es ist der Arm, der dich hält.

Es ist kein Grauen so mächtig,
Es ist kein Fürchten so bang,
Kein Trachten so niederträchtig:
Lebt Einer, der es bezwang.

Ob sich dein Liebstes verflüchtigt,
Dein Festestes splittert und stiebt:
Gedulde dem, der dich züchtigt,
Der heimsucht, weil er dich liebt.

Mitten im Höllentoben,
Da keiner keinem frommt:
Es ist der Vater droben,
Es ist Sein Reich, das kommt.

(Rudolf Alexander Schröder)

Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein! Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen. Denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige Israels, dein Heiland. So fürchte dich nun nicht, denn ich bin bei dir!
Jesaja 43,1-3a

Zum Glück

"Zum Glück muss ich nicht alles, was jemals falsch lief, wiedergutmachen, jede Suppe auslöffeln, die ich mir selber eingebrockt habe, zum Glück!
Zum Glück muss ich nicht in jedem Regen stehen bleiben, bis mir tropfnass und zitternd vor Angst jedes Lachen vergeht, zum Glück!
Zum Glück muss ich nicht immer nur versprechen, dass ich morgen alles viel besser machen will und ganz bestimmt die alten Fehler vermeiden und nicht wiederholen werde, zum Glück!
Zum Glück gibt es einen, der vergibt. Zum Glück gibt es einen, der beschützt. Zum Glück gibt es einen, der vertraut. Zum Glück gibt es Jesus!" (Hermann Traub)

Petrus sprach: "Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen." Jesus aber sprach zu ihm: "Petrus, ich sage dir: Der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst! Betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt!"
Lukas 22,33f.40

Feuer der Liebe

"Brenne an in unsern Herzen als heiliges Feuer die Liebe, die langmütig ist und freundlich, nicht missgünstig ist, nicht Mutwillen treibt, nicht aufbläht. Die Liebe, die sich nicht ungebärdig stellt, nicht das Ihre sucht, sich nicht verbittern lässt, nicht nach Schaden trachtet. Die Liebe, die sich nicht freut an der Ungerechtigkeit, sondern an der Wahrheit. Die Liebe, die alles erträgt, alles glaubt, alles hofft, alles duldet.
Diese Liebe gib uns, o Vater, als Begleiterin auf unserer Lebensbahn, sie verkläre unser Herz und unser Leben, von hier aus flamme ihre Verklärung über unser Haus und unsere Gemeinde. Sie heilige all unser Tun, mildere unsern Eifer, sei unsere Trösterin bei den Urteilen der Welt und unseres Gewissens Gericht. Sie sei unsere Sonne, wenn es dunkel wird für uns auf Erden, und wenn der Leib zerfällt, so sei sie unsere Brücke, auf welcher der entbundene Geist in deine Arme eilt, o Vater, der du die Liebe bleibst von Ewigkeit zu Ewigkeit." (Sören Kierkegaard)

Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt!
1.Johannes 4,16.19

Das Ganze sehen

Eine alte Bauernregel lautet: "Wer eine halbe Arbeit tadelt, ist ein Narr!" Ein halbfertiges Kunstwerk sieht oft komisch oder elend aus. Man muss mit dem Urteil warten, bis es vollendet ist. Ein Auto am Montageband wirkt eher wie ein Monster als ein glänzendes Schmuckstück. Aber wenn es dann fertig ist, wird es bewundert und gebraucht. Ein ärztlicher Eingriff verursacht zunächst einmal mehr Schmerzen und Unannehmlichkeiten, bringt oft Blut und Tränen mit sich, aber wenn er dann abgeschlossen ist, bedeutet er die Heilung.
Viele Dinge, Werke oder Arbeiten wirken halbfertig eher abstoßend und chaotisch. Sie in diesem Zustand zu beurteilen wäre dumm. Nach der Vollendung der Dinge, Werke und Arbeiten wird unser Urteil ganz anders ausfallen. Sollte das auch für unser Erdenleben gelten, das uns oft so verworren und schwierig, so elend und abartig erscheint? Das Leben in der Zeit und auf Erden ist doch nur ein kleiner Teil des Ganzen, das Gott für uns geschaffen hat. Er hat das Leben als zeitliches und ewiges Leben gemacht. Er wird sein Werk mit dieser Welt und unserem Leben noch vollenden. Wer Gottes halbe Arbeit tadelt, ist ein Narr. Gott wird sein Schöpfungswerk im Sinne der Weltgeschichte und sein Erlösungswerk im Sinne der Heilsgeschichte noch vollenden. Gott hat gerade angefangen, und es wäre unrecht, jetzt schon urteilen zu wollen. Warten wir auf seine Vollendung und murren wir nicht vor der Zeit. Aber lassen wir uns auch für unser Lebenswerk noch die Zeit und Möglichkeit der Vollendung. Richten wir auch uns selbst und einander nicht auf halber Strecke.

Meine Lieben, wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber: wenn es wird, werden wir ihm gleich sein; denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
1.Johannes 3,2

Das wirkliche Wunder

Alle Menschen erwarten vom Leben das Wunderbare: die große Liebe, bleibenden Erfolg, höchste Qualität und die tiefste Erfüllung. Darüber hinaus ersehnen viele noch übernatürliche Erfahrungen, übersinnliche Erscheinungen und besondere Offenbarungen. Menschen suchen nach dem Mysterium, dem Geheimnis des Lebens.
In Wahrheit sind wir selbst in unserem von Gott gestifteten Leben das wirkliche Wunder. Wir Menschen sind in unserem Lebendigsein und Bewusstsein das einzigartige Mysterium. Der menschliche Organismus und das menschliche Bewusstsein sind die Summe der Erfahrung, Weisheit und schöpferischen Intelligenz Gottes.
Gott gab uns fünf Sinne, um das Leben wahrzunehmen; Lebensraum, Lebenszeit, Lebensgefährten, Lebensfreude, Lebenskraft, Lebenssinn und Lebensziel. Gott schuf zwei Geschlechter und schenkte in der Zuordnung von Frau und Mann das Mysterium der Liebe. Und Gott gab dem Menschen ein Gehirn, das wunderbarste und vielfältigste Stück Leben im ganzen Kosmos. Hundert Milliarden Nervenzellen in unserem Gehirn können viele Male mehr Verbindungen knüpfen, als es jeder Mensch auf dieser Erde mit jedem anderen auf der Erde könnte. Die mögliche Zahl der Schaltungen in unserem Gehirn soll die Zahl der Atome des gesamten Universums übersteigen.
Was die Weisen aller Zeiten schon wussten, bestätigt nun auch die Wissenschaft: Der Mensch ist ein wunderbarer Mikrokosmos in einem unfassbar großen Makrokosmos. Wir sind das Wunder Gottes, das Wunder des Lebens in einer wunderbaren Welt Gottes.

Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.
Psalm 139,14

Die bessere Vollkommenheit

Michelangelo, einer der größten Künstler aller Zeiten, sagte einmal vor einem besonderen Kunstwerk: "Die Vollkommenheit besteht in den Kleinigkeiten!" Wie soll ein Leben richtig werden, wenn nicht jeder einzelne kleine Tag richtig gelebt wird! Wie soll ein Werk ganz, rund, fertig und gut werden, wenn nicht jede Kleinigkeit bedacht und sorgsam gemacht wird! Wir haben große Visionen im Sinn und große Dinge im Kopf, aber Gestalt werden sie nur, indem wir kleine Schritte machen, und viele kleine Dinge ganz zielstrebig erledigen. Das große Leben besteht aus unendlich vielen kleinen Dingen: mühsame Handreichungen, sorgsame Arbeiten, behutsame Behandlungen, duldsames Ausharren, liebevolles Dranbleiben und treues Ausführen.
Und doch brauchen die vielen Kleinigkeiten einen großen Zusammenhang.
Die vielen kleinen Perlen brauchen eine Schnur, die sie zusammenhält und zu einem wertvollen Schmuckstück macht. Dieses Band ist die Liebe, in der alle die kleinen Dinge getan werden, oder die Treue, in der viele kleine Mühen und Arbeiten erledigt werden. Alle Menschen möchten große Dinge tun, wir wollen in der Liebe und Treue viele kleine Dinge ganz großartig tun. Das ist die bessere Vollkommenheit.

Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit!
Kolosser 3,14

Baustelle Leben

Auf einer Großbaustelle sieht es oft chaotisch aus: Riesenkräne, hundert Leute, Berge von Material, ungezählte Maschinen, Halden voller Abfall, Gerüste, Container, riesige Erdlöcher, halbfertige Mauern, unbeschreiblicher Lärm, Fahrzeuge, die anfahren und abfahren, Staubwolken bei Trockenheit, Schlammwege nach Regenfällen, Geschrei und Geschimpfe in verschiedenen Sprachen, Pleiten und Pannen, bisweilen ein verunglückter Arbeiter und viele neugierige Zaungäste. Dem Betrachter bietet sich ein Bild der scheinbar sinnlosen Unordnung und des verworrenen Durcheinanders.
Aber im Büro der Bauleitung liegen die Pläne für das Bauvorhaben auf dem Tisch. Sie sind klar und präzise, ordentlich und sauber, durchschaubar und richtig, sinnvoll und völlig eindeutig. Nach ihnen wird gebaut. Und was so verwirrend und unordentlich scheint, sind planmäßige und gezielte, sinnvolle und richtige Ausführungen. Wenn manche Tage einer solchen Baustelle gleichen, will ich daran denken. Auch Gott hat seine Pläne für die Welt und ihre Geschichte und für mein Leben und mein Geschick. Und wenn manches ungeordnet und chaotisch scheint, will ich an die Baustelle Leben denken. Gott ist planmäßig und zielbewusst am Werk. Ganz in Ruhe ordnet er an und lässt seinen Willen ausführen. Und so nimmt das Leben Gestalt an. Das Durcheinander von Ereignissen und Erlebnissen, verwirrende Eindrücke und Gefühle täuschen. In Gottes Baubüro ist alles klar und ordentlich, sinnvoll und richtig. Warten wir es ab und vertrauen ihm.

Abraham ist durch den Glauben ein Fremdling gewesen in dem verheißenen Lande wie in einem fremden und wohnte in Zelten. Denn er wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist.
Hebräer 11,9f

Wie man die Menschen lieben soll

"Wie man die Menschen lieben soll, habe ich von einem Bauern gelernt. Der saß mit anderen Bauern in einer Schenke und trank. Lange schwieg er wie die anderen alle. Als aber sein Herz vom Wein bewegt war, sprach er seinen Nachbarn an: ‚Sag du, liebst du mich oder liebst du mich nicht?’ Jener antwortete: ‚Ich liebe dich sehr!’ Er aber sprach wieder: ‚Du sagst, ich liebe dich, und weißt doch nicht, was mir fehlt. Liebtest du mich in Wahrheit, du würdest es wissen.’ Der andere vermochte kein Wort zu erwidern, und auch der Bauer, der gefragt hatte, schwieg wieder wie vorher. Ich aber verstand: Das ist die Liebe zu den Menschen, ihr Bedürfen zu spüren und ihr Leid zu tragen!" (Rabbi Mosche Löb)

Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden. Seid eines Sinnes untereinander!
Römer 12,10.15f

Hören lernen

"Ihr müsst lauter sprechen, ich habe die Krankheit des Nichthörenwollens!", lässt Shakespeare in einem seiner Stücke jemanden sagen.
Viele Menschen leiden an dieser Krankheit. Was wird alles geredet und gesagt, aber wer will noch zuhören? Kinder sind Mutter-taub, Jugendliche sind Lehrer-taub, Gemeinden sind Prediger-taub, Bürger sind Politiker-taub, und Menschen sind Gott-taub.
Ob sich diese Krankheit heilen lässt, indem wir immer lauter reden? Wird dadurch, dass wir schneller, mehr, lauter und heftiger aufeinander einreden, das Ohr nicht noch mehr abgestumpft und betäubt?
Es ist eine gute pädagogische Einsicht, dass die Mutter, der Lehrer oder Redner immer leiser werden sollte, je lauter die Zuhörer sind. Nur so wird man die Menschen zum Stillwerden und Zuhören bewegen können. Manchmal denke ich, wir müssten wieder leise sprechen, wenig reden, bedachter predigen und sparsamer verkündigen.
In einer Zeit der Inflation der Worte, der unzähligen Stimmen, der lauten Parolen und großen Reden sollten wir still werden, wenig reden und leise sprechen. Nur so werden wir wieder Hunger nach Worten, Sehnsucht nach Ansprache und Freude am Zuspruch finden. Nicht lauter sprechen, leiser werden, damit Worte wieder Gewicht erhalten, Predigt wieder Heilsgeschehen wird und wir von der Krankheit des Nichthörenwollens geheilt werden.

Mein Knecht wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen. Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. In Treue trägt er das Recht hinaus.
Jesaja 42,2f

Die Sonne und der Wind

Eine kleine Geschichte von Johann Gottfried Herder erinnert uns daran, dass die Wärme der Liebe im Letzten stärker ist als das heftige und gewaltsame Einfluß nehmen auf Menschen.
Einmal stritten sich die Sonne und der Wind, wer von ihnen der Stärkere sei. Sie kamen überein, dass derjenige der Mächtigere wäre, der einen Mann dazu bringen würde, seinen Mantel auszuziehen. Und schon kam ein Wanderer die Straße entlang. Sofort begann der Wind zu stürmen, und Regen und Hagelschauer unterstützten ihn. Der arme Mann jammerte und klagte, denn ihm war sehr kalt. Er wickelte seinen Mantel fester und fester um sich und setzte seinen Weg fort, so gut er konnte.
Jetzt war die Sonne an der Reihe. Mit milder und sanfter Glut ließ sie ihre Strahlen herabfallen. Die Luft wurde warm, und der Wanderer fing an zu schwitzen. Er konnte den Mantel nicht länger anbehalten. So nahm er ihn ab, legte sich in den Schatten eines Baumes und hielt ein kleines Schläfchen. Wie hat sich die Sonne da gefreut!

Die Gott lieb haben, sollen sein, wie die Sonne aufgeht in ihrer Pracht!
Richter 5,31