Der wirkliche Reichtum

Ein Mann hatte einen Traum. Eine Stimme sagte zu ihm: "Morgen um die Mittagszeit kommt ein Mönch durch das Dorf. Und wenn er dir den Stein gibt, den er bei sich trägt, wirst du der reichste Mann der ganzen Erde sein!"
Also wartete der Mann am nächsten Tag begierig auf den durchziehenden Mönch. Und als er ihn um die Mittagszeit im Dorf halt machen sah, sagte er zu ihm: "Gib mir den Stein, den du bei dir trägst!" Der Mönch kramte lässig in seiner Tasche herum und brachte daraus einen Diamanten hervor. Es war der größte Diamant der Welt. Dann sagte er zu dem Mann: "Ist das der Stein, den du meinst? Ich habe ihn unterwegs gefunden. Hier hast du ihn!"
Der Mann nahm den Stein und rannte damit nach Hause. Nun war er der reichste Mann. Aber er konnte vor lauter Aufregung nicht schlafen, und vor lauter Sorge um den Stein geriet er in eine solche Angst und Unruhe, dass es ihm den Atem nahm. Morgens früh nahm er den Stein und brachte ihn zu dem Mönch zurück. Der schlief noch fröhlich und friedlich unter einem Baum. Der Mann weckte ihn und sagte: "Hier hast du deinen Stein wieder. Gib mir lieber den Reichtum, der es dir so leicht macht, den Stein herzugeben!"

Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Matthäus 6,19ff

Die Blume aus dem Paradies

Eine alte Geschichte erzählt von Eva und Adam, die aus dem Paradies vertrieben werden. Sie gehen so traurig und sind so unsäglich betrübt. Da erbarmt sich sogar der strenge Engel am Tor zum Garten über die beiden und übersieht freundlich, wie Eva sich noch schnell eine Ranke im Garten Eden bricht, damit sie ihr Haar zusammenhalten kann und eine kleine Erinnerung an die wunderbare Pracht im Paradies hat. Als ihr Mann später den ersten Acker in der Welt umbricht und bestellt, pflanzt Eva den Zweig aus dem Garten in die gelockerte Erde. Sie wärmt ihn mit dem Hauch ihrer Seufzer und begießt ihn mit ihren zahlreichen Tränen, bis er zu wachsen beginnt. Zuerst zeigen sich schmerzhafte Dornen, aber dann wunderbare Blüten, die an die Schönheit im Paradies erinnern.
So blüht das Leben jenseits von Eden auf, nicht ohne Klagen und Seufzer, nicht ohne Tränen und Dornen, und doch sind die wunderbaren Rosen die Zeichen der Schönheit Gottes und seiner Welt.

Den Abend lang währet das Weinen, aber des Morgens ist Freude.
Psalm 30,6

Morgengebet

"In unseren Gemeinschaften beten wir jeden Tag eine Stunde vor dem Allerheiligsten. Seit wir mit diesem Gebet begonnen haben, ist unsere Liebe zu Jesus inniger, unsere Liebe zueinander einfühlsamer, unsere Liebe zu den Armen mitleidender geworden. Jesus machte sich zum Brot des Lebens, um sicherzugehen, daß wir verstehen, was er sagen will, um unseren Hunger nach ihm zu stillen, um unsere Liebe zu ihm zu erwidern. Aber er geht noch weiter: er macht sich zum Hungrigen, damit wir seinen Hunger nach unserer Liebe stillen können. Und indem wir an den Armen handeln, wie wir es tun, stillen wir seinen Hunger nach unserer Liebe!
Zu dir, Jesus, bin ich gekommen, um dir nahe zu sein, bevor ich meinen Tag beginne. Laß deine Augen eine Weile auf den meinen ruhen, laß mich mit der Gewißheit deiner Freundschaft an die Arbeit gehen, erfülle mein Herz, damit ich die Wüste des Lärms überstehe, erfülle selbst meine verborgensten Gedanken mit deinem gesegneten Licht und gib mir die Kraft für die Menschen, die mich brauchen!"
(Mutter Teresa)

"Herzlich lieb habe ich dich, Herr, meine Stärke! Herr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter, mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Berg meines Heiles und mein Schutz!"
(Psalm 18,2f)

Mit der Wahrheit lügen?

Einer alten Geschichte nach schrieb einst der Kapitän eines großen Schiffes in das Logbuch: "Der erste Steuermann war heute betrunken!" Als der Steuermann wieder nüchtern war und den Eintrag las, wurde er missmutig und traurig. Er bat den Kapitän, den Eintrag doch wieder zu streichen, da er vorher noch niemals betrunken war und es in Zukunft auch nicht wieder sein wolle. Aber der Kapitän blieb hart und meinte: "In dieses Logbuch schreiben wir immer die absolute Wahrheit!" In der nächsten Woche machte der erste Steuermann die Eintragung ins Logbuch und schrieb: "Heute war der Kapitän nüchtern!"
Ist es überhaupt möglich, dass Menschen über einander die absolute Wahrheit wissen und sagen können? Wie oft sind unsere Wahrheiten Teilwahrheiten, Halbwahrheiten und winzige richtige Ausschnitte aus einem größeren Zusammenhang! Die Wahrheit über Menschen und Leben ist wohl komplizierter und oft genug widersprüchlicher, als wir meinen. Man kann mit der Wahrheit lügen, großen Schaden anrichten und sich gegenseitig tief verletzen. Die ganze Wahrheit ist uns überhaupt nicht erkennbar. Darum sollten wir uns auf den besinnen, der allein den ganzen Zusammenhang kennt und alles durchschaut. Gott allein sieht die ganze Wirklichkeit. Jesus allein ist die absolute Wahrheit. Und er ist zugleich die reine Liebe. Der gekreuzigte Christus ist die Wahrheit über mich und zugleich die Liebe zu mir. Nur in der Versöhnung von Wahrheit und Liebe ist es möglich, dass die Wahrheit nicht verletzend und die Liebe nicht verlogen wird.

Ich habe mir vorgenommen: Ich will mich hüten, dass ich nicht sündige mit meiner Zunge.
Psalm 39,2

Alles ist für Jesus

"Denken wir daran: alles, was wir einander schenken, ein Lächeln, ein Stück Brot, zärtliche Liebe oder eine hilfreiche Hand – alles ist für Jesus so, als hätten wir es ihm getan. Laßt aber bei der Arbeit weder Stolz noch Eitelkeit zu. Die Arbeit ist Gottes Arbeit; die Armen sind die Armen Gottes. Begebt euch völlig unter den Einfluß Jesu, damit er seine Gedanken in euren Gedanken denken kann; tut seine Arbeit mit euren Händen, denn durch ihn, der euch stärkt, könnt ihr alles vollbringen …
Es geht um den einzelnen Menschen. Um einen einzelnen Menschen lieben zu können, müssen wir mit ihm in enge Berührung kommen. Ich glaube an die Begegnung von Mensch zu Mensch. Jeder Mensch ist für mich Christus, und da es nur einen Jesus gibt, ist der jeweilige Mensch in diesem Augenblick der einzige Mensch auf der Welt.
Durch mein Gebet werde ich eins in der Liebe zu Christus und erkenne, daß zu ihm beten ihn lieben heißt und ihn lieben bedeutet, seine Worte zu erfüllen. Die Armen in den Elendsvierteln der Welt sind wie der leidende Christus. In ihnen lebt und stirbt der Sohn Gottes, durch sie zeigt mir Gott sein wahres Gesicht. Gebet heißt für mich, vierundzwanzig Stunden am Tag eins zu sein mit dem Willen Jesu, heißt, für ihn, durch ihn und mit ihm zu leben."
(Mutter Teresa)

"Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt! Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen, und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen, und ihr seid zu mir gekommen … Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan!"
(Matthäus 25,34ff)

Gott zieht

Ein Junge lässt am Strand bei herrlichem Wind seinen Drachen steigen. Als seine Schnur völlig abgerollt ist, sieht man den Drachen gar nicht mehr, so hoch ist er in die Wolken hineingeschwebt. Ein älterer Herr tritt zu dem Jungen und fragt ihn, was er da mache. "Ich lasse meinen wunderschönen Drachen steigen!", sagt der Junge stolz. "Aber ich sehe gar keinen Drachen", sagt der Mann. "Ich sehe ihn auch nicht", antwortet der Junge, "und doch ist er da, ich fühle, wie er zieht." – Wie oft fragen uns Menschen danach, wo Gott ist. Er ist doch nicht zu sehen. Nein, wir sehen ihn auch nicht. Aber wir spüren, wie er zieht, mit seiner Liebe und Treue, seiner Barmherzigkeit und Wahrheit zieht er unser Leben in seine Nähe und ans Ziel.

Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.
Jeremia 31,3
Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.
Johannes 6,44

Zur Freiheit befreit

Ein Mann ging in einen Wald, um nach einem Vogel zu suchen, den er mit nach Hause nehmen konnte. Er fing einen jungen Adler, brachte ihn heim und steckte ihn in den Hühnerhof zu den Hennen, Enten und Truthühnern. Und er gab ihm Hühnerfutter zu fressen, obwohl er ein Adler war, der König der Lüfte.
Nach fünf Jahren erhielt der Mann den Besuch eines naturkundigen Mannes. Und als sie miteinander durch den Garten gingen, sagte der: "Dieser Vogel dort ist kein Huhn, er ist ein Adler." "Ja", sagte der Mann, "das stimmt. Aber ich habe ihn zu einem Huhn erzogen. Er ist jetzt kein Adler mehr, sondern ein Huhn, auch wenn seine Flügel drei Meter breit sind."
"Nein", sagte der andere. "Er ist noch immer ein Adler, denn er hat das Herz eines Adlers. Und das wird ihn hoch hinauffliegen lassen in die Lüfte."
"Nein, nein", sagte der Mann, "er ist jetzt ein richtiges Huhn und wird niemals fliegen."
Darauf beschlossen sie, eine Probe zu machen. Der naturkundige Mann nahm den Adler, hob ihn in die Höhe und sagte beschwörend: "Der du ein Adler bist, der du dem Himmel gehörst und nicht dieser Erde: breite deine Schwingen aus und fliege!"
Der Adler saß auf der hochgereckten Faust und blickte um sich. Hinter sich sah er die Hühner nach ihren Körnern picken, und er sprang zu ihnen hinunter.
Der Mann sagte: "Ich habe dir gesagt, es ist ein Huhn!"
"Nein", sagte der andere, "er ist ein Adler. Versuche es morgen noch einmal."
Am anderen Tag stieg er mit dem Adler auf das Dach des Hauses, hob ihn empor und sagte: "Adler, breite deine Schwingen aus und fliege!" Aber als der Adler wieder die scharrenden Hühner im Hof erblickte, sprang er abermals zu ihnen hinunter und scharrte mit ihnen.
Da sagte der Mann wieder: "Ich habe dir gesagt, es ist ein Huhn."
"Nein", sagte der andere, "er ist ein Adler und hat das Herz eines Adlers. Lass es uns noch ein einziges Mal versuchen."
Am nächsten Morgen erhob er sich früh, nahm den Adler und brachte ihn hinaus aus der Stadt, weit weg von den Häusern, an den Fuß eines hohen Berges. Die Sonne stieg gerade auf, sie vergoldete den Gipfel des Berges, jede Zinne erstrahlte in der Freude eines wundervollen Morgens.
Er hob den Adler hoch und sagte zu ihm: "Adler, du bist ein Adler. Breite deine Schwingen aus und fliege!" Der Adler blickte umher, zitterte, als erfülle ihn neues Leben – aber er flog nicht. Da ließ ihn der naturkundige Mann direkt in die Sonne schauen. Und plötzlich breitete er seine gewaltigen Flügel aus, erhob sich mit dem Schrei eines Adlers, flog höher und höher und kehrte nie wieder zurück. (Eine Fabel aus Ghana)

Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!
Galater 5,1

Worte des Lebens sind lebendig

Im Moskauer Staatstheater fand die Premiere des antireligiösen Stückes "Christus im Frack" statt. Schulen, Jugendorganisationen und Jungarbeiter sollten das Stück in ihr Kulturprogramm aufnehmen und diskutieren.
Die Hauptrolle des Christus spielte der berühmte Schauspieler und Kommunist Alexander Rostowzew. Kein Wunder, daß das Theater bis auf den letzten Platz ausverkauft war. Auf der Bühne stand ein "Altar" – mit Schnaps- und Bierflaschen übersät. Betrunkene und grölende Popen, Nonnen und Mönche bewegten sich um diese Bartheke.
Zu Beginn des zweiten Aktes betritt Rostowzew die Bühne. In seinen Händen hält er die Heilige Schrift. Laut Regieanweisung hat er mit Witzen und Späßen die Zuschauer zu Lachstürmen hinzureißen. Alles, was mit Dummheit und Aberglauben zusammenhängt, ist hineingepackt. Nach Verlesen der ersten beiden Verse aus der Bergpredigt soll der Schauspieler in den Ruf ausbrechen: "Reicht mir Frack und Zylinder!"
Rostowzew beginnt und liest: "Freuen dürfen sich alle, die sich arm fühlen vor Gott; denn Gott liebt sie und öffnet ihnen die Tür zu seinem Reich. – Freuen dürfen sich alle, die trauern; denn Gott wird sie trösten."
Der Regisseur schmunzelt hinter den Kulissen in sich hinein: In wenigen Augenblicken werden die Lachstürme losbrechen. Aber nichts von dem geschieht. Rostowzew liest weiter: "Freuen dürfen sich alle, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben!" Das Publikum rührt sich nicht. Es spürt sofort, daß in dem Schauspieler etwas vorgeht. Alle halten den Atem an. Dann, nach kurzer Unterbrechung, liest er weiter. Mit einem anderen Klang in der Stimme. Totenstille. Der Staatsschauspieler tritt mit der Heiligen Schrift an die Rampe, schaut wie gebannt in das Buch und liest . . . und liest . . . alle 48 Verse des 5. Kapitels des Matthäus-Evangeliums. Niemand unterbricht ihn. Sie lauschen – als stünde Jesus selber vor ihnen. Dann kommt es leise von seinen Lippen: "Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist!"
Rostowzew schließt das Buch. Es sieht so aus, als deute er damit auch etwas Endgültiges für sein Leben an. Er bekreuzigt sich nach orthodoxer Art und spricht laut und vernehmbar die Worte des Schächers am Kreuz: "Herr, gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst!"
Niemand schrie oder pfiff oder protestierte. Stumm verließen alle das Theater. Es war wie nach einem Gewitter: Der Blitz hatte eingeschlagen und alle getroffen.
Das Stück kam nicht mehr zur Aufführung. Und Rostowzew war nach jenem Premierenabend für immer verschwunden.
(Nach P. Chrystomus Dahm)

"Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens!"
(Hebräer 4,12)

Das fehlt uns noch

"Es fehlt uns an der Liebe zum Kreuz, zu dem Kreuz, das nicht leuchtet und nicht eingeht, aber weil von der Liebe gezimmert, immer wieder schön ist.
Denke, was es heißt, sich selber eine Reihe von Jahren tragen sollen und nirgend eine Hilfe bei Menschen haben dürfen, bis man sich ganz auf den Herrn verläßt.
Erfahre, was es heißt, daß nie in den Verhältnissen für dich der Frieden ist, nachdem unter dem Kreuz für alle Verhältnisse wahrer Friede wurde, und nimm das Kreuz auf dich und liebe es. Tue deinen Willen unter den Willen des, der bis zum Tod gehorsam war.
Daß dieses Kreuz in all (leine Räume geht, in all deinen Sinnen herrschen will und nichts vor ihm verborgen und ihm nichts entzogen sei, das fehlt uns noch.
Herr, indem du den Glauben stärkst, mehre auch die Liebe und den Ernst, die Wahrheit und die Schlichtheit und laß deine Jünger solche sein, die dein Kreuz und ihr Kreuz zu einem Kreuz erheben.
Alle deine Sorgen, deine ganze schwere Last, alles wirf auf deinen Heiland, was du selbst getragen hast. Alle deine Sünden, deine ganze Schuld und Not, hat der Herr für dich getragen, als er starb den Kreuzestod." .
(Hermann Bezzel)

"Will jemand mir nachfolgen, der nehme sein Kreuz auf sich und folge mir!"
(Matthäus 16,24)

Was ist noch besser?

"Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Und was ist Platin? Reden um der Liebe willen, auch wenn um meiner selbst willen Schweigen Gold wäre, und dem anderen zuliebe schweigen, auch wenn das Silber des Redens für mich gut genug wäre!"
(Hans Joachim Eckstein)

"Wenn ich mit Menschen- und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle. Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüßte alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so daß ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts!"
(1. Korinther 13,1f)