Außergewöhnliches tun

Außergewöhnliches wollte ich tun
und erreichen: Kraft aus der Stille.
Aber ich lernte vor allem Geduld und
übte in Demut, nichts zu begehren.
Warte: es wird dir alles geschenkt.

Und weiter: das Große ist einfach.
Bemühe dich nicht, möglichst viel
Gutes zu tun, aber das wenige gut.
Nicht das Vielerlei suche, sondern das
Eine. Und besser noch: Laß dich finden!

Lange war ich beherrscht von dem Gedanken,
das Leben und meins vor allem
sei ein Problem, und ich müsse es lösen.
Bis ich begriff: mich selbst muss ich
lösen aus aller Erstarrung.

Überaus wichtig erscheint mir darum,
mich selbst zu erkennen und mich,
wie man sagt, selbst zu verwirklichen.
Bis ich verstand, dass ich erkannt bin
und Er, der mich liebt, mich verwirklicht.

So suchte ich Ihn zu erkennen
außerhalb, irgendwo fern von uns,
hinter der sichtbaren Wirklichkeit.
Bis es mir aufging, lange danach: dass es
nichts Wirkliches gibt außerhalb Gottes.

(Lothar Zenetti)

"Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun!"
(Johannes 15,5)

Im Kleinen ganz groß!

In einer Stadt, deren Namen die Sage nicht zu nennen weiß, wurde einst ein stolzes Münster erbaut. Der Bischof rief die Gläubigen auf, Opfergaben für den Guss einer besonderen Glocke zu spenden.
Da brachte auch eine arme Witwe einen einzigen abgegriffenen Silberpfennig. Der war ihr ganzes Vermögen. Ein Priester nahm das Opfer mit geringschätziger Miene entgegen, und kaum hatte die alte Frau den Raum verlassen, warf er die Münze mit den Worten aus dem Fenster: "Ein Bettelpfennig vom Bettelvolk. Was soll eine so kleine Gabe für eine so große Glocke?"
Der Guss schien gelungen. Zum Osterfest sollte die Glocke geweiht werden. Doch sie gab nur einen dumpfen Ton von sich und verstummte dann ganz. Niemand konnte sich das erklären. Da flehte der Bischof Gott an, er möchte ihm die Ursache anzeigen. Da offenbarte ihm eines Nachts ein Engel im Traum, wie übel einer seiner Priester an der Gabe der armen Witwe gehandelt hatte. Der Bischof ließ den Mann kommen und stellte ihn zur Rede. Dann gingen beide in den Garten und suchten gemeinsam, bis sie das verschmähte Geldstück gefunden hatten. Nun ließ der Bischof die Glocke noch einmal gießen und gab ihr unter Gebeten den Silberpfennig bei. Und bald schallte die Glocke mit hellem Klang über die Dächer der Stadt.

Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. Denn sie haben alle etwas von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.
Markus 12,43f

Unerwünscht

Gandhi erzählt in seinen Lebenserinnerungen, dass er sich als Student in Südafrika sehr für die Bibel interessierte. Besonders die Bergpredigt hatte es ihm angetan. Er meinte, dass das Christentum eine Lösung in der schwierigen Kastenfrage sein könnte, die seine Heimat Indien so schwer belastete. Damals erwog Gandhi ernsthaft, ein Christ zu werden.
Eines Tages machte er sich auf, um an einem christlichen Gottesdienst teilzunehmen, um mehr über den christlichen Glauben zu erfahren. An der Kirchentür wurde Gandhi aufgehalten; man wies ihn freundlich darauf hin, dass er gerne an einem Gottesdienst teilnehmen könne, aber in einer Kirche, die Schwarzen vorbehalten sei.
Gandhi ging fort und kam niemals wieder.

Wer unrecht tut, der wird empfangen, was er unrecht getan hat; und es gilt bei Gott kein Ansehen der Person.
Kolosser 3,25

Geiz und Verschwendung

Der Geizige rafft Geld und Gut zwecklos zusammen; der Verschwender bringt es zwecklos durch. Der Geizige hat keinen, der Verschwender hat einen unnützen Genuss von dem Seinigen. Der Geizige kann auf die goldene Mittelstraße zurückkehren, sobald er will; dem Verschwender wird es immer schwerer, je weiter er sich davon entfernt. Der Geizige kann, aber er will es selten; der Verschwender möchte oft, aber er kann nicht mehr. Der eine macht sich Feinde; der andere erwirbt Freunde, die schlimmer sind als ein Feind. Jenen peinigt der Wunsch, immer weiter zu kommen; diesen die Reue, dass er schon so weit gekommen ist. Geiz ist die Wurzel alles Übels; Verschwendung ist ein Baum voll bitterer Früchte. Den Geizigen verzehrt die Sorge, den Verschwender die Ausschweifung. Jenen lohnt am Ende die Furcht, diesen der Kummer. Nicht selten wird der jugendliche Verschwender noch ein geiziger Greis. Sehr oft kommt das Vermögen geiziger Sammler an verschwenderische und, im eigentlichen Sinne, lachende Erben. (Johann Peter Hebel)

So werdet ihr reich sein in allen Dingen, zu geben in aller Einfalt, die durch uns wirkt Danksagung an Gott.
2.Korinther 9,11

Kinderträume

Ich will groß sein,
Ich will mir ein Haus bauen aus Luft
und einen Garten machen aus Löwenzahn,
Lieder sollen darin wachsen,
die ich jeden Tag esse,
und ich will reich sein wie ein Kuckuk,
dem der ganze Wald gehört,
und ich will viele Kinder haben,
die schicke ich in die Schule,
damit sie den Krieg verlernen
und wissen, wie man ein Gewehr
aus Lachen macht und eine Kugel
aus Wind und einen Vater, der nie
fortgeht.

(Rudolf Otto Wiemer)

"Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen!"
(Matthäus 5,9)

Das sprechende Pferd

Ein Mann fand einmal ein Pferd des Königs und behielt es, weil er nicht wusste, dass es dem König gehörte. Aber der König kam dahinter und ließ den Mann ins Gefängnis werfen. Wegen des vermeintlichen Diebstahls wollte der König den Mann hinrichten lassen. Der Mann aber versuchte dem König zu erklären, warum er das Pferd behalten hatte. Aber die Strafe wollte er gerne auf sich nehmen. Dann fragte er den König, ob er wisse, dass er dem Pferd das Sprechen beibringen könne. Dann wäre der König mit einem sprechenden Pferd noch etwas Besonderes. Dem König gefiel der Vorschlag, und er gab dem Mann ein Jahr Zeit für seine Bemühungen. – Die Freunde des Mannes hielten ihn für verrückt, so ein Wagnis einzugehen. Aber er antwortete: "Erstens lebe ich noch ein Jahr, zweitens könnte der König in dem Jahr sterben, drittens könnte die Welt in der Zeit untergehen, und viertens könnte ja das Pferd am Ende noch sprechen lernen!"

Ein kluger Knecht gefällt dem König, aber einen schändlichen trifft sein Zorn.
Sprüche 14,35

Sieben kleine Anweisungen zum Leben

1. Mach aus der ängstlichen Sorge um morgen die behutsame Fürsorge für heute.
2. Vergleiche dich nicht mit anderen, es bedeutet sinnloses Leiden. Jeder Mensch ist unvergleichlich. Darum brauchen wir niemanden zu beneiden oder verachten.
3. Plane deine Zeit, aber lass Freiräume für Überraschungen. Nimm Menschen stets wichtiger als Dinge. Wer liebt, hat Zeit!
4. Ärgere dich nicht über andere. Wer sich über andere aufregt, büßt ihre Sünden. Nur wer liebt und vergibt, kann Menschen verändern.
5. Teile gern mit anderen. Teilen vermehrt das Lebenskapital. Und die Vermehrung des Lebens beginnt immer mit dem Opfer.
6. Vergiss die Freude nicht. Suche bewusst die kleinen und großen Anlässe zur Freude bei dir und anderen.
7. Beginne den Tag mit einem Gespräch mit Gott. Danke, klage, bitte, singe, aber rede mit ihm. Er wartet schon auf dich.

Freuet euch in dem Herrn allewege. Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden.
Philipper 4,4ff

Die Kälte, die wärmt

Zwei Nachbarinnen pflanzten in ihren Vorgärten Rosen. Sie hegten und pflegten sie beide und hatten ihre Freude an der Blütenpracht einen ganzen Sommer lang. Dann kam der Herbst. Von den hohen Bäumen im Garten fiel das Laub. Die Rosenstöcke trugen noch letzte Blüten.
"Ihr, meine schönen Rosen, werdet ja ganz schmutzig von all dem alten Laub", sprach die eine. Und sie fegte jeden Tag die Blätter zusammen und trug sie fort. So war ihr Vorgarten blitzsauber, bis der erste Schnee fiel.
Die andere aber schien sich gar nicht zu kümmern. Sie ließ das Laub liegen, sah nur hin und wieder zu den Blüten und sagte: "Bis zum nächsten Sommer, meine Rosen."
Es wurde Winter. Dicke Flocken fielen auf die Erde.
"Der Schnee ist kalt!", klagte die Frau wieder. "Meine Rosen werden frieren." Und sie machte sich daran, den Schnee wegzufegen. Jeden Tag hatte sie viel zu tun. Über ihre Nachbarin wunderte sie sich sehr, die ihre Blumen dem kalten Schnee schutzlos auslieferte.
Dann kam das Frühjahr. Jeden Tag lief sie nach draußen, um nach den ersten Knospen zu sehen, doch die Zweige waren braun und zeigten kein Leben. Auch die Nachbarin kam wieder zu ihrem Rosenbeet. Sie befreite die noch kahlen Zweige vom alten Laub, hackte und beschnitt sie. Bald zeigten sich dort die ersten grünen Spitzen.
Die Rosen der anderen aber blieben kahl. Ihnen hatte der strenge Frost des Winters geschadet. Warum auch hatte sie den wärmenden Schnee weggeräumt?
Die Ordnung des Menschen ist nicht Gottes Ordnung.

Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr.
Jesaja 55,8

Der Herr und sein Knecht

"Ein Gutsherr aus unserer Gegend hat sich von einem Häusler in einer Nacht im Winter 1908 über das Eis vom See führen lassen. Sie haben gewußt, dass im Eis ein Riß war, aber nicht wo, und der Häusler hat vorausgehen müssen die zwölf Kilometer.
Dem Herrn ist Angst geworden, und er hat dem Knecht einen Gaul versprochen, wenn sie hinüberkommen. Wie sie so in der Mitte gewesen sind, hat er wieder geredet und gesagt: ‚Wenn du durchfindest, und ich brech nicht ein, kriegst du ein Kalb.‘ Dann hat man das Licht von einem Dorf gesehen, und er hat gesagt: ‚Gib dir Müh, damit du dir die Uhr verdienst.‘ Fünfzig Meter vom Ufer hat er noch von einem Sack Kartoffeln gesprochen, und wie sie da waren, hat er ihm eine Mark gegeben und gesagt: ‚Lang hast du gebraucht!’"
(Bertold Brecht)

"Wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht, so wie der Meschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele!"
(Matthäus 20,26ff)

Winterzeit

Es ist jetzt nicht die Zeit,
um zu ernten.
Es ist auch nicht die Zeit,
um zu säen.

An uns ist es,
in winterlicher Zeit uns
eng um das Feuer zu scharen
und den gefrorenen Acker
in Treue geduldig zu hüten.

Andere vor uns haben gesät.
Andere nach uns werden ernten.

An uns ist es,
in Kälte und Dunkelheit
beieinander zu bleiben und,
während es schneit, unentwegt
wachzuhalten die Hoffnung.

Das ist es.
Das ist uns aufgegeben
in winterlicher Zeit.

(Lothar Zenetti)

"Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Ihm sei die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit!"
(1. Petrus 5,10f)