Der König und sein Narr

Ein König gab seinem Hofnarren einen Narrenstab mit bunten Bändern und klingenden Schellen als Auszeichnung für seine gekonnte Unterhaltung. Den Narrenstab sollte er behalten, es sei denn, er fände eines Tages einen noch größeren Narren.
Bald darauf kam der König zum Sterben. "Wohin gehst du?" fragte der Narr. "Weit fort von hier", antwortete der König. "Wann kommst du wieder?", fragte der Narr. "Niemals mehr!" – "Was nimmst du mit auf die weite Reise?", fragte der Narr. "Nichts!" – "Wie hast du dich auf diese Reise vorbereitet?", fragte der Narr. "Gar nicht!" Da legte der Narr seinen Narrenstab auf das Sterbebett des Königs und sagte: "Du gehst fort und kümmerst dich nicht darum, was werden soll. Nimm den Stab, ich habe einen größeren Narren gefunden, einen, der törichter ist, als ich es jemals gewesen bin!"

Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden!
Psalm 90,12

Nicht übersehen

Wir übersehen das Leben, erkennen die Grenzen, den Anfang und das Ende. Wir schauen auf die Lebensstrecke und sehen die Jahrzehnte. Nach unseren Beobachtungen an anderen Menschen erkennen wir, dass wir vermutlich mit 70 oder 80 Jahren sterben werden. Wir wissen, dass uns jeder Tag, jeder Augenblick dem Tod näher bringt. Und wir sehen auch ein, dass jeder Tag der letzte sein kann. Aber wir glauben es einfach nicht. Wir können und wollen es einfach nicht glauben, dass wir sterben können. Eine Frau sagte zu ihrem Mann: "Wenn einer von uns einmal stirbt, ziehe ich in meine Heimat zurück!"

Herr. lehre mich doch, dass es ein Ende mit mir haben muss und mein Leben ein Ziel hat und ich davon muss. Siehe, meine Tage sind ein Handbreit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir. Wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben!
Psalm 39,5f

Dumme Ansicht oder frohe Aussicht

Bruder und Schwester unterhalten sich vor ihrer Geburt im Leib der Mutter. Die Schwester sagt zu ihrem Bruder: "Ich glaube an ein Leben nach der Geburt!" Der Bruder erhebt lebhaft Einspruch: "Nein, das hier ist alles. Hier ist es schön dunkel und warm, und wir halten uns an die Nabelschnur. Darüber hinaus gibt es nichts!" Aber das Mädchen gibt nicht nach: "Es muss doch mehr als diesen dunklen Ort geben. Es muss etwas geben, wo Licht ist und wo wir uns frei bewegen können." Aber sie kann ihren Bruder nicht überzeugen. Dann nach längerem Schweigen sagt sie zögernd. "Ich glaube noch mehr, ich glaube, dass wir eine Mutter haben!" Jetzt wird der Bruder wütend: "Eine Mutter, eine Mutter!" ruft er, "was für dummes Zeug redest du daher. Ich habe noch nie eine Mutter gesehen und du auch nicht. Wer hat dir das bloß in den Kopf gesetzt. Dieser Ort ist alles, mehr gibt es nicht. Warum willst du immer noch mehr. Hier ist es doch gar nicht so übel. Genieße die Wärme und Geborgenheit. Wir haben doch alles, was wir brauchen!" Die Schwester ist von der Antwort ihres Bruders ziemlich erschlagen und verstummt. Doch schließlich fängt sie wieder an. "Spürst du nicht ab und an einen gewissen Druck. das ist manchmal richtig schmerzhaft. Weißt du, ich glaube, dass dieses Wehtun dazu da ist, um uns auf einen anderen Ort vorzubereiten, wo es viel schöner ist als hier, wo es Licht und Raum gibt, wo wir laufen werden und unsere Mutter von Angesicht zu Angesicht sehen werden. Das wird wunderbar und aufregend sein!" Der Bruder gibt keine Antwort mehr. Er hat genug von den dummen Ansichten seiner Schwester.
(Nach Henri Nouwen)
Wenn die Geburt der schmerzliche Durchbruch in ein irdisches Leben ist, dann ist das Sterben der schmerzliche Durchbruch in ein ewiges Leben. Wenn wir uns im Glauben an Jesus halten, der als erster die Grenze des Todes durchbrach, werden wir mit ihm zum Leben kommen. Der Kopf ist schon durchgebrochen, nun kommt der Leib auch nach in ein ewiges Leben. das ist unsere frohe Aussicht gegen alle dummen Ansichten vom Leben.

"Wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch, die gestorben sind, mit Jesus einherführen!"
(1. Thessalonicher 4,14)

Die schwarze Henne und das weiße Ei

Das Ei ist weiß, obgleich die Henne, die es legt, kohlschwarz ist. Aus Bösem kommt Gutes durch die große Güte Gottes. Von drohenden Wolken erhalten wir erfrischende Schauer. In dunklen Bergwerken findet man glänzende Edelsteine. So kommen aus schlimmsten Leiden die besten Segnungen. Der scharfe Frost macht den Boden fruchtbar. Und die rauen Winde befestigen die Wurzeln der wertvollen Bäume. Gott sendet uns Briefe der Liebe in schwarzgeränderten Umschlägen. Manchmal holen wir die süßesten Früchte aus Brombeergestrüpp und liebliche Rosen unter stechenden Dornen. Die Trübsal ist wie die Feldrose in unseren Hecken, wo sie wächst, ist ein köstlicher Wohlgeruch rund umher.
Die dunkelste Nacht wird sich zu ihrer Zeit in einen schönen Morgen wandeln. Wir suchen nach dem Silberrand an jeder dunklen Wolke. Wir sind alle in der Schule des Glaubens, und unser Lehrer schreibt manche Lehre mit weißer Kreide auf die schwarze Tafel der Trübsal. Schmale Kost lehrt uns, vom Brot Gottes zu leben. Krankheit heißt uns nach dem göttlichen Arzt rufen. Verlust von Freunden macht uns Jesus um so teurer. Selbst wenn unser Gemüt niedergeschlagen ist, so bringt uns das nur näher zu Gott. Auch der Tod kann uns nicht scheiden von der Liebe Gottes, vielmehr bringt er uns ganz zu Gott. So legt die schwarze Henne ein weißes Ei! (Nach Charles H. Spurgeon)

Freuet euch, dass ihr mit Christus leidet, auf dass ihr auch zur Zeit der Offenbarung seiner Herrlichkeit Freude und Wonne haben mögt!
1.Petrus 4,13

Leben und Sterben

Geboren werden und Leben, Leben und Sterben bilden einen geheimnisvollen Zusammenhang. In den alten Mythologien wurden Leben und Sterben in der Hand eines undurchschaubaren Schicksals gedacht. In manchen modernen Anschauungen liegen Leben und Sterben in der Hand des Menschen. Er möchte in seinem Drang nach Selbstbestimmung auch die Grenzen mitbestimmen. Die altgermanische Mythologie kennt drei Nornen, die das menschliche Leben festlegen. Die eine Norne spinnt den Lebensfaden eines Menschen, die andere bestimmt seine Länge, und die dritte schneidet den Lebensfaden ab. Beginn, Länge und Ende des Lebens liegen in den Händen eines übermenschlichen Schicksals. Als Gegenbewegung gegen diese totale Auslieferung des Seins wollen die Menschen heute ihr Leben selber in die Hand nehmen und bestimmen, den Beginn, den Gang und auch das Ende.
Zwischen dem schicksalhaften Ausgesetztsein und dem überheblichen Selber-in-die-Hand-Nehmen bleibt uns eine befreiende Sicht des Lebens im Vertrauen auf Gott, den Herrn über Leben und Tod. Er vertraut uns das Leben an, er begleitet es in seiner Liebe, und er vollendet es nach seiner Weisheit. Geboren werden, Leben sollen und Sterben müssen sind dann keine schicksalhafte Verkettung, aber auch keine menschliche Verkrampfung, sondern eine göttliche Erlaubnis an den Menschen, der sein Leben und sein Sterben aus Gott empfängt. Hier sind die glühende Liebe zum Leben einerseits, die schmerzhafte Realität des Todes andererseits zu einer Überwindung des Todes in neues Leben hinein zusammengebunden. Im Glauben an Jesus behalten wir das Leben lieb, nehmen den Tod ernst und freuen uns auf die Auferstehung zu einem ewigen Leben.

Denn Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn!
Philipper 1,21

Trost

"Ich möchte eine alte Kirche sein
voll Stille, Dämmerung und Kerzenschein.

Wenn du dann diese trüben Stunden hast,
gehst du herein zu mir mit deiner Last.

Du senkst den Kopf, die große Tür fällt zu.
Nun sind wir ganz allein, ich und du.

Ich kühle dein Gesicht mit leisem Hauch,
ich hülle dich in meinen Frieden auch.

Ich fange mit der Orgel an zu singen…
nicht weinen, nicht die Hände heimlich ringen!

Hier hinten, wo die beiden Kerzen sind,
komm setz dich hin, du liebes Menschenkind!

Ob Glück, ob Unglück… alles trägt sich schwer.
Du bist geborgen hier, was willst du mehr?

In den Gewölben summt’s, die Kerzenflammen
wehn flackernd auseinander, wehn zusammen.

Vom Orgelfluß die Engel sehn dir zu
und hüllen dich mit Flötenspiel zur Ruh.

Ich möchte eine alte Kirche sein
voll Stille, Dämmerung und Kerzenschein.

Wenn du dann diese trüben Stunden hast,
gehst du herein zu mir mit deiner Last.

(Manfred Hausmann)

"Eines bitte ich vom Herrn, das hätte ich gerne: dass ich im Hause des Herrn bleiben könne mein Leben lang, zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn, denn er deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit, er birgt mich im Schutz seines Zeltes."
(Psalm 27,4f)

Und der sagte Ja

Geburt
ich wurde nicht gefragt bei meiner Zeugung
und die mich zeugten wurden auch nicht gefragt
bei ihrer Zeugung
niemand wurde gefragt außer dem Einen
und der sagte Ja

ich wurde nicht gefragt bei meiner Geburt
und die mich gebar wurde auch nicht gefragt bei ihrer Geburt
niemand wurde gefragt außer dem Einen
und der sagte Ja

Sterben
ich sterbe nicht, ich werde gestorben
auch du stirbst nicht, du wirst gestorben
das Tatwort sterben belügt uns, wir tun es nicht
nur Einer tats
(Kurt Marti)

Jesus antwortete: Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit zeugen soll.
Johannes 18,37

Wenn Steine reden

Die Steine, die am deutlichsten reden, sind die Grabsteine. Jeder Grabstein hat eine eindrückliche Botschaft für uns: "Lebt richtig, lebt sinnvoll, lebt wirklich und ganz, nutzt die Jahre auf der Erde, bevor ihr unter die Erde kommt, schenkt euch Liebe, solange ihr euch habt, schenkt euch Blumen, solange sie der andere noch sehen kann, sagt euch Worte der Verzeihung, solange sie der andere noch hören kann, macht Frieden mit Gott, solange noch Zeit ist."
Aber auch die Inschriften auf den Grabsteinen sprechen laut: "Hier ruht!" Dann: "Hier ruht in Gott!" Einmal heißt es: "Auf Wiedersehen!" Ein anderes Mal: "Auferstehen!" Da ist ein Stein: "Unsere Clara – verlorenes Glück!" Dort ein Kreuz: "Unser Otto – Lasset die Kindlein zu mir kommen!" Die einen schreiben: "Gekämpft, gehofft und doch verloren!" Andere: "Christus ist mein Leben und Sterben ist mein Gewinn!" Für einen Mann steht über seinem Namen: "Dem Verdienste seine Krone!" Für einen anderen: "Aus Gnaden seid ihr selig geworden!" Auf einem Grabstein: "Lass jede Hoffnung fahren." (Dante) Und auf einem anderen: "Herr, ich warte auf dein Heil!" Sehr oft kann man lesen: "Unvergessen!" Sehr selten steht: "Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen!" Und auf vielen modernen Friedhöfen und neueren Grabsteinen steht außer dem Namen und den Lebensdaten kein einziges Wort mehr.
So ist der Friedhof mit seinen Steinen ein Buch mit vielen Blättern, das uns nachdenklich und fragend macht.

Der Tod ist verschlungen in den Sieg. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!
1.Korinther 15,55.57

Dem Glück nachdenken

"Jeder ist seines Glückes Schmied!" Glück ist wohl mehr ein Geschenk und eine Gabe. Glück in der Liebe und im Leben kann man nicht schmieden und schon gar nicht zwingen. Was Menschen selber geschmiedet haben, ist aller Erfahrung nach mehr das Unglück gewesen. Wo Menschen Pläne und Waffen geschmiedet haben, da begann oft eine Menge Leid und Not, Blut und Tränen.
"Glücklich ist, wer eine gute Gesundheit und ein schlechtes Gedächtnis hat!" (Albert Schweitzer) Sicher sind Menschen mit robuster Konstitution gut dran. Wenn sie dazu alles Schwierige und Schlechte schnell vergessen können und manches Böse gar nicht erst wahrnehmen, haben sie es bisweilen wirklich leichter. Aber sind nur die Gesunden und Vergesslichen glücklich? Müssen Menschen mit zarter Gesundheit und sensiblem Geist mehr leiden?
"Glücklich, wer die Verhältnisse zerbricht, bevor sie ihn zerbrechen!" (Franz Liszt) Viele Menschen haben eine belastende Beziehung oder eine schwere Aufgabe verweigert, weil sie meinten, daran zerbrechen zu können. Aber an der Verweigerung sind sie dann erst richtig zugrunde gegangen. Wer eine unglückliche Ehe zerbricht, um sich zu retten, kann noch nicht sicher sein, auf dem Zerbruch ein neues Leben aufbauen zu können. Eltern, die ihr schwer behindertes Kind in ein Heim geben, weil sie meinen, ihr Leben zerbricht unter dieser Last, merken oft erst hinterher, dass sie dann noch mehr leiden als vorher. Könnte es sein, dass in einer Beziehung und unter einer Aufgabe leiden am Ende mehr Sinn und Glück bereiten, als an einer Verweigerung sinnlos zu zerbrechen?
Jesus hat für Menschen auf der Suche nach dem Glück ganz andere Vorschläge:

Glücklich sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihrer!
Glücklich sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden!
Glücklich sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen!
Glücklich sind, die hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden!
Glücklich sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen!
Glücklich sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen!
Glücklich sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen!
Glücklich sind, die um Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn das Himmelreich ist ihrer!
Matthäus 5,3ff

Gott ist gut

Ein Sprichwort sagt: "Das Korn, das Gott gibt, ist schon verlesen!" Was Menschen sich geben, ist durchwachsen. Gutes und Mangelhaftes liegen da nebeneinander. Was das Leben uns bringt, ist gemischt. Freude und Leid, Schönes und Widriges wechseln einander ab. Was wir uns selber aussuchen, ist nicht eindeutig. Einmal wählen wir das Gute, dann gutgemeint das Verkehrte. Was Menschen schaffen, hat immer zwei Seiten. Es ist faszinierend und erschreckend zugleich. All der Fortschritt ist uns nützlich auf der einen und schädlich auf der anderen Seite.
"Das Korn, das Gott gibt, ist schon verlesen!" Aus der Hand Gottes gibt es keine zweideutigen Geschenke. Was Gott uns anvertraut, ist von seiner eindeutigen Hand schon verlesen. Gott gibt uns nur gutes Korn. Nicht immer erkennen wir es auf den ersten Blick. Aber wenn Gott uns die Zusammenhänge zeigt, sehen wir, dass er in allem, was er schenkt, eine reine, eindeutige und gute Absicht hat. Unter den Geschenken, die Gott uns macht, sind keine Nieten verborgen. Und wir müssen nicht, was Gott uns gab, noch sortieren in gut oder weniger gut. Wir wollen Gott vertrauen, dass er es wirklich mit uns gut macht.

Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei welchem ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.
Jakobus 1,17