Beten ist alles

Die Hände ineinander falten, nicht handeln, keine Hand anlegen, keine Hände rühren, auf Gottes Handeln warten.
Die Seele auseinander falten, sich öffnen, erklären, hinhalten, offen legen, alles rauslassen, auf Gottes Liebe zählen.
Die Hände emporheben, sich ausstrecken, alles erwarten, Sehnsucht zeigen, Erfüllung empfangen, mit Gottes Einfluss rechnen.
Die Seele hinunterbeugen, Schuld bekennen, bescheiden bitten, demütig werden, Gott groß sein lassen.
Die Augen aufheben, Jesus im Auge haben, nach Heil ausschauen, bis zum Thron Gottes sehen und Gottes Barmherzigkeit wahrnehmen.
Die Lasten ablegen, Not und Sorge, Leid und Kummer, Angst und Trauer, alles abgeben und bei Gott liegen lassen.
Beten ist Einfalt und Vielfalt, Beugung und Erhebung, Loslassen und Festhalten, menschlich und göttlich zugleich.
"Für mich ist das Gebet ein Aufschwung des Herzens, ein einfacher Blick zum Himmel empor, ein Schrei der Dankbarkeit und der Liebe, aus der Mitte der Prüfung wie aus der Mitte der Freude; kurz, es ist etwas Großes, Übernatürliches, das mir die Seele ausweitet und mich mit Jesus vereint." (Therese von Lisieux)

Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.
Daniel 9,18

An den Händen erkennt man den Menschen

"Ex ungue leonem" – "An der Klaue erkennst du den Löwen!" sagten die Lateiner und meinten damit: An den Händen erkennt man einen Menschen. Babyhände, Mutterhände, Künstlerhände, Arbeiterhände, betende Hände, schlagende Hände, Bauernhände, Arzthände sprechen vom Menschen und sagen viel über seine Lebensart. Auch aus der Handschrift eines Menschen möchte die Wissenschaft der Graphologie auf den Charakter schließen. Selbst im Bereich des Okkulten meint man, aus der Hand eines Menschen sein Geschick erkennen zu können.
Vielleicht ist bei dem Sprichwort doch mehr daran gedacht, einen Menschen daran zu erkennen, was er mit seinen Händen tut. Auch Jesus kann man an seinen Händen erkennen: Sie haben Kinder gesegnet, Kranke geheilt, Hungrige gespeist, Schwache gestützt, Stürme beruhigt, Sinkende festgehalten, Ängstliche beruhigt. Und schließlich wurden seine Hände angenagelt und für uns durchbohrt. Als Auferstandener hat er den Jüngern seine Hände gezeigt, damit sie ihn als den Gekreuzigten erkennen, und dann hat er sie mit seinen Händen gesegnet und gesandt.
Auch uns wird man an unseren Händen erkennen. An gelösten und gereinigten, geöffneten und betenden, an tätigen und rührigen, an helfenden und segnenden Händen kann man Menschen erkennen.

Und der Herr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns. Ja, das Werk unserer Hände wollest du fördern!
Psalm 90,17

Selig sind:

Selig sind, die es verstehen, die kleinen Dinge ernst und die ernsten Dinge gelassen anzusehen; sie werden weit kommen.
Selig sind, die einen Berg von einem Maulwurfhaufen unterscheiden können; sie werden sich sehr viel Ärger ersparen.
Selig sind, die fähig sind, sich auszuruhen und Stille zu haben, ohne dafür Entschuldigungen zu suchen; sie werden weise werden.
Selig sind, die schweigen und zuhören können; sie werden dabei viel Neues lernen.
Selig sind, die denken, bevor sie handeln, und beten, bevor sie denken; sie werden eine Menge Dummheiten vermeiden.
Selig sind, die den Herrn in allen Wesen erkennen und lieben; sie werden Licht und Güte und Freude ausstrahlen. (Nach einer Vorlage der Kleinen Schwestern, Paris)

Selig bist du, die du geglaubt hast! Denn es wird vollendet werden, was dir gesagt ist von dem Herrn.
Lukas 1,45

Der Mächtigste

Zu einem Rabbi kommen die Leute eines Tages mit einer wichtigen Frage: "Wer ist der Mächtigste im ganzen Land?" Der Rabbi überlegt und antwortet dann: "Wer die Liebe seines Feindes gewinnt, ist der Mächtigste im ganzen Land!" Normalerweise halten die Menschen den für mächtig, der gegen seine Feinde gewinnt. Aber die Liebe, die den Feind gewinnt, ist noch viel mächtiger. Solche Mächtigen voller Liebe und Liebende voller Kraft brauchten wir mehr.
"Homo homini lupus est!" sagten die Lateiner. Der Mensch ist des Menschen Wolf! So besiegen sie sich gegenseitig und machen doch alles kaputt. Jesus wurde darum nicht ein Wolf, sondern das Lamm Gottes und überwand mit seiner Liebe alle Macht der Welt. Seine Jünger sandte er darum wie Lämmer mitten unter die Wölfe, damit sie eine andere Art von Macht ausüben.
"Solange wir Lämmer sind, siegen wir, mögen uns auch tausend Wölfe umringen. Wenn wir aber Wölfe werden, dann weicht von uns die Hilfe des guten Hirten, der nicht Wölfe, sondern Lämmer weidet. Wenn wir als Wölfe die Wölfe besiegen, dann haben sie uns besiegt!" (Johannes Chrysostomus)

Segnet, die euch verfolgen; segnet und fluchet nicht!
Römer 12,14

Von mir aus!

In Schwierigkeiten, die wir mit viel Aufwand bekämpfen wollen, lässt Gott uns eine wichtige Nachricht zukommen: "Von mir aus ist diese Sache geschehen! Wenn du in Versuchung gerätst und Widrigkeiten dich anfechten, so wisse: von mir aus ist diese Sache geschehen! Ich bin der Gott des Lebens und der Herr der Umstände.
Gehst du durch bittere Trübsal, leidest du Schmerzen und Pein? Von mir aus ist diese Sache geschehen. Ich bin der Mann der Schmerzen, ich verstehe dich. Haben dich Freunde enttäuscht und dein Vertrauen missbraucht? Von mir aus ist diese Sache geschehen. Ich bin dein bester Freund und dein Vertrauter. Hat man dich verleumdet und ins Unrecht gesetzt? Von mir aus ist diese Sache geschehen. Ich bin deine Gerechtigkeit, und in meiner Liebe bist du angesehen. Sind deine Pläne durchkreuzt und deine Erwartungen unerfüllt? Von mir aus ist diese Sache geschehen. Ich bin es doch, der Pläne macht für dein Leben. Hast du große Dinge für mich tun wollen und musst nun lernen, in ganz kleinen Dingen treu zu sein? Von mir aus ist diese Sache geschehen. Bei mir ist nur die Liebe groß und die Treue großartig.
Bist du für eine besonders schwierige Aufgabe berufen? Von mir aus ist diese Sache geschehen. Ich bin mit dir und stärke dich. Verlasse dich völlig auf meine Kraft und gehe mutig ans Werk.
Ich bin bei dir an jedem Tag, in jedem Umstand, in aller Widrigkeit, in tiefen Enttäuschungen, in allem Leid, in kleinen Dingen und großen Verlegenheiten!"

So spricht der Herr: Ihr sollt nicht hinaufziehen und gegen eure Brüder, die von Israel, kämpfen. Jedermann gehe wieder heim, denn das alles ist von mir aus geschehen! Und sie gehorchten dem Wort des Herrn.
1.Könige 12,24

Wider den Trübsinn

Die Lebensweisheit kennt vier Mittel gegen den Trübsinn. Ein gutes Essen, ein tiefer Schlaf, ein weiter Spaziergang und ein freundschaftliches Gespräch sollen dagegen helfen. Wir wissen, wie wichtig gute Ernährung, ausreichender Schlaf, viel Bewegung an frischer Luft und freundliche Gespräche für das Wohlbefinden von Körper, Seele und Geist sind.
In der Antike wurden diese Einsichten in der Lehre von der rechten Lebensweise, der sog. Diätetik, entfaltet. Danach sind Licht und Luft, Speise und Trank, Arbeit und Ruhe, Wachen und Schlafen, Ausscheidung und Absonderung, Anregung und Auferbauung die Dinge, die zur Gesundung des Lebens dienen. Es ist interessant, dass Gott seinem erschöpften Boten Elia, als er lebensmüde und abgekämpft, verzweifelt und schwermütig in der Wüste unter einem Baum liegt, genau diese vier Wohltaten schenkt und ihn damit wieder auf die Beine und den Weg bringt: mit Essen und Trinken, gutem Schlaf, einem wichtigen Gespräch und einem weiten Weg.
Wir sollten diese Einsichten leiblich ernstnehmen und befolgen und sie dann geistlich deuten. Dann brauchen wir für ein gesundes geistliches Leben: Brot und Wasser des Lebens von Gott, Ruhen in Gott, Reden mit Gott und Laufen für Gott. Das sind vier gute Mittel gegen den trüben Sinn und einen schweren Mut.

Elia setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: Es ist genug, Herr, so nimm nun meine Seele … Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. Und der Engel des Herrn kam zum zweitenmal, rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.
1.Könige 19,4ff

Heil werden

Herr, unser Leiden
ist unsere Unfähigkeit zum Leiden.
Heile uns von dem Leiden,
nicht leiden zu können.

Herr, unsere Armut
ist unser Hängen am Reichtum.
Heile uns von dem Reichtum,
der unser Herz arm macht.

Herr, unsere Schwachheit
ist unser Missbrauch der Kraft.
Heile uns von der Kraft,
die unsere Schwäche ist.

Herr, unsere Einsamkeit
ist unser Mangel an Vertrauen.
Heile uns vom Misstrauen,
dass uns einsam sein lässt.

(Peter Thomas)

"Es ist das herz ein trotzig und verzagt Ding, wer kann es ergründen? Heile du mich, Herr, so werde ich heil! Hilf du mir, so ist mir geholfen, denn du bist mein Ruhm!"
(Jeremia 17,9.14)

Wie schwitzt du?

In Ägypten, wo die Menschen oft unter der unerträglichen Hitze leiden, grüßen sich Menschen unterwegs mit der Frage: "Wie schwitzt du?" Ein solcher Gruß drückt eine Teilnahme aus, die auf die Lebensumstände eingeht. Vielleicht sollten wir im Grüßen und Nachfragen auch ein wenig differenzierter und feinfühliger sein. Das übliche "Wie geht es?" ist meistens nur leere Floskel und nicht gerade phantasievoll.
"Wie kommst du mit deiner neuen Arbeit zurecht?"
"Wie erlebst du gerade deine Familie?"
"Wie geht es dir im Glauben an Jesus?"
"Was machst du in deiner Krankheit für Erfahrungen?"
"Was liest du im Moment?"
"Welche Ziele verfolgst du?"
"Was hast du so für Träume?"
Wir sollten uns fragen, ob unser Gruß wirklich eine Brücke des Verstehens sein soll. Die oberflächliche Nachfrage will im Grunde keine Antwort. Sie wird nur schnell abgefragt und abgehakt. Und schon ist man wieder ganz bei sich selbst und seinen Dingen.
Es wird Zeit, dass wir die leeren Hülsen unserer Grußformeln mit Leben und Liebe, Zuneigung und Interesse füllen.

Grüßet Rufus, den Auserwählten in dem Herrn, und seine Mutter, die auch mir eine Mutter war. Grüßet euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle Gemeinden Christi.
Römer 16,13.16

audio – video – disco

Das Wort Disziplin klingt nach Strenge und schmeckt wie Unerbittlichkeit. In Wahrheit ist es ein Wort der freundlichen Einladung und wie eine Tür ins Leben. Die Jünger Jesu hießen Schüler. Discipulus ist das lateinische Wort dafür. Um eine Lebensschule geht es.
In der Antike umfasste das Lehr- und Schulprogramm, also die Disziplin, den Dreiklang von audio = ich höre, video = ich sehe und disco = ich lerne. Im Zuhören und Aufhören, im Zusehen und Aufsehen, im Mitleben und Aufleben wurde gelernt und erfahren. Die Worte audio, video, disco sind heute noch in, aber die Inhalte sind verkommen zu einer disziplinlosen Konsumierung von Verrücktheiten und krankmachenden Lärmereien.
Jesus hat seine Leute mitgenommen, hat sein Leben mit ihnen geteilt. Das war eine Lebensschule besonderer Art und eine fröhliche Disziplin. Die Jünger haben gehört, was Jesus geredet und mit Menschen gesprochen hat. Sie haben gesehen, wie Jesus gelebt und gehandelt hat. Und sie haben gelernt, wie man vertrauensvoll und gelöst, aber auch engagiert und herausgefordert lebt. Jesus lädt uns ein in seine Schule. Ob wir mit ihm gehen und sagen: audio – video – disco?

Nehmet auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Matthäus 11,29

Allerlei Spinniges

Auf einem Morgen Land leben durchschnittlich 50.000 Spinnen. Im Verhältnis zu ihrer Größe ist die gewöhnliche Spinne achtmal so schnell wie der schnellste menschliche Sprinter. Eine normale Spinne hat bis zu 600 Seidendrüsen, aus denen sie ihre Netze webt. Im Spätsommer kann man diese Kunstwerke, aus tausend Fäden wunderbar gesponnen, im Gegenlicht bewundern. Tautropfen hängen daran und ergeben mit dem Netz ein bewundernswertes Bild. Und doch ist diese immer wieder bestaunte Schönheit, dieses kunstvolle Wunderwerk ein grässliches Mordinstrument, in dem Insekten gefangen werden und qualvoll zugrunde gehen. So nah beieinander liegen in der Natur Schönes und Hässliches, Wunderwerk und Marterinstrument, Kunstwerk und Mordwaffe. Selbst die Tarantel, die eine Spinne ist und keine Netze weben kann, ist da keine Ausnahme. Sie sticht ihre Opfer, die vor Schmerz – wie von der Tarantel gestochen – leiden. So sind viele Schönheiten der Natur mit hässlichen Überlebenskämpfen verwoben. In der Natur ist kein Heil. Das Heil ist bei Gott, der auch die Natur einst aus dieser Widersprüchlichkeit erlösen wird.

Alle Kreatur sehnt sich mit uns und ängstet sich noch immerdar und wartet auf des Leibes Erlösung.
Römer 8,22f