Kritischer Punkt

Der kritische Punkt bezeichnet die entscheidende Zuspitzung einer Gefahr. In der medizinischen Fachsprache ist der kritische Punkt der Höhepunkt einer Krankheit, an dem sich Besserung oder Aussichtslosigkeit entscheidet. Daraus ergab sich dann in der Umgangssprache die Bedeutung einer schwierigen, zugespitzten Situation.
Krisenzeiten sind Umbruchzeiten, wichtige Zeiten, entscheidende Zeiten. Kritische Punkte sind Höhepunkte einer Gefahr, Tiefpunkte eines Leids. Wendepunkte der Besinnung und Doppelpunkte eines neuen Anfangs. In kritischen Phasen des Lebens werden oft die besten Entscheidungen getroffen und Aufbrüche in ganz neues Leben gewagt.
Kritische Punkte haben Menschen und Völker oft zu Gott finden lassen. Und Gott hat Völker und Menschen oft an kritische Punkte gelangen lassen, damit sie etwas Wichtiges lernen und Neues wagen. Nutzen wir also die kritischen Punkte unseres Lebens zur Entscheidung und zum Neubeginn, zur Vertiefung und Festigung des Glaubens.

Zu dieser Zeit wurde der König Hiskia todkrank. Und Jesaja kam zu ihm und sprach: Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben! Hiskia aber betete zum Herrn und weinte sehr. Und Gott sprach zu Jesaja: Kehre um und sage Hiskia: So spricht der Herr: Ich habe dein Gebet gehört und deine Tränen gesehen. Siehe, ich will dich gesund machen.
2.Könige 20,1-5

Wendepunkt

Umkehren ist ärgerlich. Eine Strecke, die man schon geschafft hat, wieder zurückgehen, das macht niemand gern. Umkehren ist schmerzlich. Eine falsche Entscheidung, einen verkehrten Weg, handfeste Fehler eingestehen, das fällt nicht leicht. Umkehren ist schändlich. Scheitern zugeben, Unrecht haben, vor die Wand gelaufen sein, in einer Sackgasse festsitzen, das sind nicht gerade die Ehren, die wir suchen.
Umkehren ist befreiend. Die Weichen des Lebens können noch einmal neu gestellt werden. Die Züge müssen nicht zwangsläufig ins Verderben fahren. Umkehren ist beglückend. Einen Weg, der in den Abgrund führt, zurückgehen, sich neu orientieren und die richtige Richtung wählen, das ist ein großes Glück. Umkehren ist lebensrettend. Wenn man einem Strom, der in die Tiefe stürzt, gerade noch entkommt und das rettende Ufer erreicht, bevor es zu spät ist, das ist wie neu geboren sein.
Wendepunkte sind mit die besten Punkte auf einem Lebenskreis. Wenn wir uns verbiestert und verirrt, verlaufen und verbockt haben, wenn wir uns in Selbstmitleid oder Groll, in Bitterkeit oder Hass, in Verzweiflung oder Trotz verstrickt haben, umkehren und noch einmal beginnen, das ist eine wunderbare Chance. Wenn man schon unterwegs ist und merkt, dass man etwas Wichtiges, z. B. den Schlüssel oder das Geld, die Tasche oder die Adresse vergessen hat, ist es das Beste, umzukehren. Wendepunkte sind Glückspunkte, Rettungspunkte, Lebenspunkte. Besser umkehren als umkommen!

Einer aber von ihnen, da er sah, dass er gesund geworden war, kehrte er um und pries Gott mit lauter Stimme und fiel auf sein Angesicht zu Jesu Füßen und dankte ihm.
Lukas 17,15f

Toter Punkt

Wenn eine Verhandlung festgefahren ist, alle Möglichkeiten der Einigung ausgeschöpft und alle Argumente und Einwände gehört worden sind, dann ist sie an einem toten Punkt angelangt. Damit ist ein Stadium beschrieben, in dem kein Fortgang mehr zu erreichen ist.
Zum anderen meint die Redensart vom toten Punkt einen Zustand höchster Ermüdung und Erschöpfung. Auf einer Wanderung oder in einem Langlauf kommt man an einen solchen toten Punkt.
Diese Redewendung stammt aus dem Bereich der Technik. Wenn Pleuelstange und Antriebskurbel eine gerade Linie bilden, spricht man vom toten Punkt. Denn dort bewegt sich die Pleuelstange weder vor noch zurück. Aber der tote Punkt ist dort auch der Punkt, an dem die Bewegungsrichtung sich umkehrt und mit neuem Schwung in die andere Richtung fortgesetzt wird. Auch im Leben gibt es tote Punkte: Festgefahrene Verhältnisse und Beziehungen, aber auch die Erfahrung von völliger Erschöpfung. Alles scheint stillzustehen und abzusterben, eben ein Punkt des Todes. Aber aus dem toten Punkt wird dann oft ein Wendepunkt, wo nach Besinnung und Umkehr, Einsicht und Erholung eine neue Bewegung in eine andere Richtung einsetzt. Wenn wir Gott unsere toten Punkte überlassen und vor ihm stillhalten, einhalten und uns besinnen, macht er daraus Wendepunkte des Lebens. Jona zum Beispiel war auf seiner Flucht an einen solchen toten Punkt gekommen. In seiner Not schrie er zu Gott und erlebte einen ganz neuen Anfang.

Als meine Seele in mir verzagte, gedachte ich an den Herrn, und mein Gebet kam zu dir.
Jona 2,8

Doppelpunkt

Die lange Schulzeit ist vorbei. Endlich ist der Abschluss geschafft. Doch nun beginnt eine neue Herausforderung in der Ausbildung. Es ist kein Punkt, sondern ein Doppelpunkt. Das Examen ist bestanden. Die Freude auf den Beruf ist groß. Aber nun steht man vor ganz neuen Problemen. Ein Doppelpunkt deutet an: Jetzt geht es erst los. Die Zeit des Wartens hat ein Ende. Die Hochzeit wird fröhlich gefeiert. Ein Doppelpunkt, denn nun beginnt das gemeinsame Leben in seiner Alltagsgestalt. Eine schwere Krankheit ist glücklich überstanden. Voller Freude setzt man einen Punkt. Aber auch hier ist es ein Doppelpunkt. Denn nun beginnt mit neuem Bewusstsein ein neuer Abschnitt. Der Abschied vom Arbeitsleben in den Ruhestand ist auch so ein Doppelpunkt. Es beginnt noch einmal eine Lebensphase mit großen Chancen, aber auch Schwierigkeiten.
Immer, wenn wir einen Punkt setzen und eine Zeit beenden wollen, setzt Gott einen Doppelpunkt und beginnt mit uns etwas Neues. Auch das Sterben ist für Gott kein Schlusspunkt. Gott setzt noch einen Punkt drauf und ruft uns in ein neues Leben mit ganz neuen Dimensionen und Herausforderungen.

Denn siehe, ich will ein Neues schaffen. jetzt wächst es auf erkennt ihr’s denn nicht?
Jesaja 43,19

Kontrapunkt

Das Leben ist nicht einfach. Zum Glück geht das ganze Leben nicht in ein Fach. Da wäre es langweilig und tot. Gott hat in seine Welt unendlich viele, gute Spannungen hineingewoben. Er ordnete in Liebe das Gegenüber von Himmel und Erde, Land und Meer. Er schied mit Bedacht Licht und Finsternis, Tag und Nacht. Er schuf mit Sorgfalt Berg und Tal, Pflanzen und Tiere. Gott machte das Leben spannend mit Saat und Ernte, Arbeit und Ruhe, Mann und Frau, Jung und Alt. Wir Menschen sind in die Zusammenhänge eingespannt. Gott und seine Welt, Anfang und Vollendung der Geschichte, Offenbarung und Verhüllung der Geheimnisse, alles das sind Kontrapunkte des Lebens. Sie sind nach Gottes Willen die Geburtsorte neuen Lebens. Sie sind Antrieb und Unruhe zum Wachsen und Entfalten. Kontrapunkte und Spannungen setzen Energien frei, stellen Motivationen dar und sind von Gott als Herausforderung zum Leben gedacht. Wie eine gute Uhr nur richtig läuft, wenn die Feder gespannt ist, macht Gott unser Leben durch Kontrapunkte lebendig und dynamisch: du und ich, der einzelne und das Ganze, Nähe und Distanz, Leib und Geist, das Natürliche und das Heilige, Zeit und Ewigkeit, Reden und Schweigen, Beten und Arbeiten, Suchen und Finden, Kämpfen und Leiden. Nein, das Leben ist nicht einfach, sondern spannend, herausfordernd und dynamisch. Umwelt und Menschheit, Kultur und Arbeit, Glaube und Liebe sind voller Kontrapunkte zum Leben. Und Gott ist bei uns in den Spannungen des Alltags.

Der Herr behüte dich; der Herr ist der Schatten über deiner rechten Hand, dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts. Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!
Psalm 121,5-8

Startpunkt

Bleiben und Ruhen, verwurzelt und gegründet, gefestigt und beständig zu sein ist die eine Seite des Glaubens. Wir kommen zur Ruhe und nehmen feste Standpunkte ein.
Aufbrechen und wagen, losgehen und unterwegs sein, neu anfangen und sich senden lassen ist die andere Seite des Glaubens. Wir stehen immer wieder an Startpunkten und gehen los.
Wir machen Schritte im Glauben, gehen in Liebe aufeinander zu und wagen uns mit der Nachricht von Jesus in die Welt der Arbeit und Freizeit, Gesellschaft und Politik.
Standpunkte werden Startpunkte, denn Christen sind Gottes wanderndes Volk. Sie haben einen Lebensweg unter sich, ein Lebensziel vor sich, einen Lebensauftrag in sich, eine Berufung hinter sich, Lebensgefährten neben sich und einen guten Herrn für sich.
Wie ein Baum feststeht, tief verwurzelt und hoch wächst, also ruhig bleibt und seinen festen Standpunkt hat und doch voller Bewegung und Dynamik ist, so wird der Glaubende eine glückliche Mischung aus Bleiben und Gehen, Ruhen und Wirken, nach Hause kommen und aufbrechen, Standpunkt und Startpunkt sein.
"Gott läd uns ein zu seinem Fest! Lässt uns gehen und es allen sagen, die wir auf dem Wege sehn. Gott läd uns ein! Das haltet fest, wenn wir gehn. Worauf noch warten? Warum nicht starten? Lasst alles andre stehn!" (Manfred Siebald)

"Darum richtet wieder auf die lässigen Hände und die müden Knie und tut gewisse Tritte mit euren Füßen!"

Standpunkt

Wer das Leben bestehen will, braucht feste Standpunkte. Nur wenn wir fest stehen, können wir wirken und tragen. Im Wechsel und Wandel von Mode und Meinung brauchen wir einen Ort; der Beständigkeit und Verlässlichkeit. Wenn Zeiten sich ändern, Verhältnisse sich wandeln, wenn alles im Fluss ist, manches weitergeht, anderes untergeht, wenn wir selber uns verändern und neue Lebensumstände entstehen, suchen wir einen festen Halt. In aller Bewegung und Veränderung, in allem Wandel und Wechsel bleibt Gott in seiner Liebe immer gleich und verlässlich. Zeiten und Menschen vergehen, Prognosen und Visionen können täuschen. Gott ist in seiner Zuneigung und Barmherzigkeit unveränderlich und unbedingt. Seine Zusage besteht. Und wer sich darauf einlässt, findet einen Standpunkt jenseits von Auf und Ab, Hier und Dort, Einst und Jetzt, Werden und Vergehen. Gott hat einen Ort bereit, auf dem wir fest stehen. Bei Jesus finden wir einen Lebens- und Glaubensstandpunkt, der uns trägt und hält. Der Glaubensstandpunkt ist kein starrer Punkt, keine zeitlose Idee, sondern eine lebendige und persönliche Beziehung zu einem Herrn, dessen Liebe unbedingt gültig, immer verlässlich und ewig beständig ist. Ein fester Standpunkt im Glauben ist kein trotziges Beharren, sondern ein fröhliches Getragen- und Gehaltensein.

Bleibet im Glauben, gegründet und fest, und weichet nicht von der Hoffnung des Evangeliums!
Kolosser 1,23

Tiefpunkt

Ganz dicht neben den höchsten Gipfeln liegen oft die tiefsten Täler. Tief können Menschen hineingeraten in Enttäuschung und Einsamkeit. Tief gekränkt und schmerzlich versehrt leiden die einen, lebensbedrohlich erkrankt sorgen sich andere. Beziehungen mögen zerbrechen und Hoffnungen sterben. Tiefe Trauer und elende Verzweiflung breiten sich aus. Scheitern und Misserfolge lähmen, Verlust von Arbeit und Heimat, Würde und Menschen versetzen in Angst und Schrecken. Lebenspläne werden zerstört und Lebensentwürfe über den Haufen geworfen. Ein tiefes, weites Weh der Unerfülltheit und Vergänglichkeit drückt an den Boden. Menschen sind buchstäblich niedergeschlagen, tief getroffen und ganz unten.
Wir dürfen trauern und klagen. Wir haben einen Herrn, der das alles mit uns teilt. Sein Mitleiden mit uns ist eine wirkliche Tröstung. Denn wir sind nicht unter uns. Jesus ist mit seiner Liebe noch unter uns. Er ging noch tiefer und trägt uns mit unserem Leid. Selbst wenn wir zugrunde gehen, gehen wir noch zu Jesus, denn er ist der Grund unter allem. Er geht in seiner Liebe noch tiefer. Gott macht einen "trust", einen Vertrag mit uns, in dem er uns seine tiefe Liebe als tragenden Grund für unser ganzes Leben verspricht. Gott verträgt uns in seiner Liebe. Das ist sein Vertrag und unser Trost.

Wasser umgaben mich und gingen mir ans Leben, die Tiefe umringte mich, ich sank hinunter zu der Berge Gründen, aber du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, Herr, mein Gott!
Jona 2,6f

Höhepunkt

In jedem Leben gibt es besondere Zeiten des Glücks und der Erfüllung. Wie Berggipfel ragen sie aus dem Gelände der Zeit hervor und bilden die Höhepunkte: ein guter Schulabschluss, ein bestandenes Examen und die fröhlichen Feiern im Freundeskreis, ein schöner Urlaub, aus dem man mit neuer Kraft und neuen Ideen zurückkehrt, eine tiefe Freundschaft, eine glückliche Heilung nach schwerer Krankheit, Erfolg im Beruf und Wachstum in der Gemeinde und schließlich die besondere Zeit, die man auch so nennt, die Hochzeit. Eine glückliche Liebe, eine gute Ehe, eine lebendige Familie, die Erwartung, Geburt und das Heranwachsen der Kinder, das sind Höhepunkte des Lebens. Aber auch besondere Erfahrungen der Einsamkeit und Einfachheit des Lebens, der inneren Einkehr, der Stille und des Gebetes mögen dazu zählen. Wir können sie nicht machen und verdienen, nicht kaufen und herstellen, nicht festhalten und zwingen, aber wir können sie bewusst genießen, dankbar erleben und fröhlich mit anderen teilen. Gott wird sich mitfreuen, wenn Menschen fröhlich sind und andere damit anstecken. Geglückte menschliche Beziehungen sind die wirklichen Höhepunkte des Lebens, und die persönliche Beziehung zu Gott ist das Höchste, was wir erleben können. Diese Glaubensbeziehung zielt auf eine letzte Vollendung, den absoluten Höhepunkt, wenn Gott uns in seine ewige Herrlichkeit nimmt, die Hoch-Zeit bei Gott.

Dies ist der Tag, den der Herr macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein!
Psalm 118,24

Springender Punkt

Das Entscheidende und Ausschlaggebende nennen wir den springenden Punkt, das ist also ein wichtiger Punkt, gleichsam die Hauptsache. Diese Wendung geht auf eine Naturbeobachtung des Aristoteles zurück, der der Ansicht war, dass in einem bebrüteten Vogelei das Herz des kleinen, heranwachsenden Vogels als ein sich bewegender, eben springender Punkt erkennbar sei. Das punctum saliens aus seinem Bericht wurde dann der springende Punkt in der Umgangssprache: Ein Ausdruck für den Punkt, von dem das Leben ausgeht. Der springende Punkt im Leben? Wo ist der Punkt, von dem alles Leben ausgeht? An welchem Punkt entscheidet sich wirklich alles, Leben und Sterben, Sein oder Nichtsein, Überleben oder Zugrundegehen? Der springende Punkt für das Leben ist für uns der, der den Tod überwunden und das Leben lebendig gemacht hat, Jesus Christus. An ihm entscheidet sich alles, und er gibt in allem den Ausschlag. Er ist die Hauptsache oder besser die Hauptperson des Lebens.

Jesus spricht: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben!"
Johannes 11,25f