Einer ist anders

An einem Auto vor mir lese ich auf einem Aufkleber: "Macht macht immer kaputt!" Ja, denke ich, und mir fallen die vielen Kriege und Gewalttaten ein. Ich sehe vor mir die Spur von Blut und Tränen, die die Mächtigen hinter sich herziehen. Militärische Macht, Finanzmacht, Körperkraft oder seelische Übermacht haben andere unterdrückt und ihr Leben zerstört. Zwischen den Völkern im Großen und den Menschen in Familien und Gruppen im Kleinen hat Macht viel kaputtgemacht. Und die Antwort sprühen dann die jungen Leute an die Häuserwände: "Macht kaputt, was euch kaputtmacht!" So geht die Spirale von Gewalt und neuer Gewalt unaufhörlich weiter.
Und doch stimmt der Aufkleber nicht. Jesus war anders. Er hat seine ganze göttliche Macht an die Liebe gebunden. Darum macht er nicht kaputt, sondern baut auf. Jesus hat nicht andere geopfert, um selbst zu überleben. Er hat sich in seiner Liebe selbst geopfert, damit wir überleben. Jesus hat alle Macht und Gewalt, aber er bindet sie an die vollkommene Liebe und baut damit das Leben auf. Seine Liebesmacht und seine machtvolle Liebe brauchen wir dringender als irgendetwas zum Leben.

Ein jeglicher sei gesinnt, wie Jesus Christus auch war. Er entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode!
Philipper 2,5.7f

Versöhnt

Ein Mann wurde nach und nach blind. Mit allen Mitteln der eigenen Kraft und der medizinischen Kunst kämpfte er gegen die Erblindung. Als die Ärzte ihm nicht mehr helfen konnten, ging er mit seinen Gefühlen weiter gegen die Erkrankung an. Ein guter Freund sah mit Schmerzen, wie der Mann im Unglück verfiel. Er nahm allen Mut zusammen und riet ihm, sich mit seiner Blindheit zu versöhnen.
Es war ein langer Kampf. Zunächst Verweigerung, dann sprach der Mann über seine Blindheit mit bitteren und bösen Worten. Ganz langsam verwandelten sich die Worte in Resignation, Toleranz und schließlich in Ergebung und Einwilligung. Eines Tages war er soweit, dass er seine Blindheit annehmen und sich mit ihr aussöhnen konnte.
Seine Sehkraft hatte er verloren, aber er hatte die Lebenskraft wiedergefunden. Und wie schön war sein Gesicht, als er wieder lachte.

Der Herr aber richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu der Geduld Christi.
2.Thessalonicher 3,5

In den eigenen Ketten gefangen

Eine Geschichte aus dem Mittelalter erzählt von einem Schmied. Er hatte Kräfte wie ein Bär und konnte besonders gute Ketten schmieden, die niemand zu sprengen vermochte. Eines Tages wurde der Schmied bei einem Diebstahl überrascht und in das Gefängnis gebracht. Dort wurde er mit Ketten gefesselt. Er lachte in sich hinein, weil er daran dachte, wie leicht er mit seinen Riesenkräften die Ketten würde sprengen können. Doch sein Lachen verwandelte sich in Schmerz, als er an der Kette das Zeichen seiner Schmiede erkannte. Nun saß er in seinen eigenen Ketten gefangen, und die waren so gut gemacht, dass selbst er ihnen nicht entkommen konnte.
Wie oft haben Menschen vermessen gedacht, sie könnten sich aus Zwängen und Abhängigkeiten schnell befreien, bis sie merkten, dass die eigenen Fehler und Werke sie gefangen nehmen. Niemand entkommt aus eigener Kraft den Ketten seiner Schuld und Abhängigkeit. Da brauchen wir einen, der uns losbindet und die Freiheit schenkt.

Ihr aber seid zur Freiheit berufen. Allein sehet zu, dass ihr durch die Freiheit nicht der Sünde Raum gebet, sondern in der Liebe diene einer dem anderen!
Galater 5,13

Der Mantel und der Mensch

Gott hat nach dem Unglück der Sünde nicht den Menschen zugeschnitten, dass er in seinen Mantel passt. Er hat den Mantel zugeschnitten, dass er dem Menschen passt. (1.Mose 3,21)
Der Vater hat nach der glücklichen Heimkehr des verlorenen Sohnes nicht den Sohn zugeschnitten, dass er dem Kleid passt, sondern das Festkleid zugeschnitten, dass es dem Sohn passt. (Lukas 15,22)
Wie oft haben wir einen Menschen, den Ehepartner, die Kinder, die Eltern, Freunde und Helfer, zugeschnitten, dass sie in unseren Mantel passen? Schneiden wir besser unseren Mantel zu, damit er den Menschen passt!

In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst. und ein jeglicher sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was des anderen ist!
Philipper 2,3f

Worte, Worte und das Wort

Die Geschichte von der Erschaffung der Welt am Anfang der Bibel gehört anerkanntermaßen zu den großen Werken der Weltliteratur. In einer einmalig schönen und dichten Sprache wird in wenigen Sätzen die Entstehung der ganzen Welt von den Gestirnen des Himmels bis zu den kleinsten Lebewesen auf Erden beschrieben. Die Schöpfungsgeschichte umfasst 787 Worte.
Das Glaubensbekenntnis der Christen, in dem das ganze Evangelium von der Schöpfung, Erlösung und Heiligung zusammengefasst und glaubend, betend und bekennend zugleich ausgesprochen wird, umfasst 107 Worte.
Die zehn Gebote Gottes für das menschliche Leben, die, würden sie vom Menschen angenommen und ausgelebt, die ganze Welt verändern könnten, umfassen 103 Worte.
Das Vaterunser ist das Gebet, das die Welt umspannt. Es ist das Gebet aller Christen auf Erden, ein Gebet, das von Gott kommt und zu Gott geht. Ein Gebet, das niemand ganz ausbetet, das immer noch weiter und größer ist als alles, was Menschen beten können. Es umfasst 63 Worte. (In der deutschen Fassung nach Martin Luther)
Und Gott selbst in seiner ganzen Fülle und Liebe kam in einem Wort zur Welt. Das Wort wurde Mensch und wohnte unter uns: Jesus.
Die Verordnung der Europäischen Union über die Einfuhr von Karamelbonbons umfasst 25.911 Worte.

Bewahre, was dir anvertraut ist. und meide die ungeistlichen, losen Geschwätze!
1.Timotheus 6,20

Ein Blick in die Augen

Der Befehlshaber der Besatzungstruppen sagte zu dem Bürgermeister des Bergdorfes: "Wir sind sicher, dass ihr einen Verräter in eurem Dorf versteckt. Wenn ihr ihn uns nicht übergebt, werden wir euch und die Dorfbewohner in Angst und Schrecken versetzen!"
In der Tat versteckte sich ein Mann im Dorf, der aber gut und aufrichtig schien und von allen geliebt wurde. Aber was konnte der Bürgermeister tun, wenn das Wohlergehen des ganzen Dorfes auf dem Spiel stand? Tagelange Beratungen im Dorfrat führten zu keinem Entschluss. Also beriet der Bürgermeister die Angelegenheit mit dem Dorfgeistlichen. Der Priester und der Bürgermeister suchten eine ganze Nacht in der Schrift und stießen zuletzt auf ein Wort: "Es ist besser, einer stirbt und das Volk wird gerettet." Also übergab man den unschuldigen Mann den Besatzungstruppen. Er wurde grausam gefoltert, bis seine Schreie im ganzen Dorf zu hören waren, und schließlich wurde er getötet. Zwanzig Jahre später kam ein Prophet durch jenes Dorf, ging direkt zu dem Bürgermeister und sagte: "Was habt ihr getan? Dieser Mann war von Gott ausersehen, der Retter dieses Landes zu werden. Und ihr habt ihn ausgeliefert, so dass er gefoltert und getötet wurde."
"Was konnte ich denn tun?", wandte der Bürgermeister ein. Der Priester und ich sahen in der Schrift nach und handelten entsprechend."
"Das war euer Fehler", sagte der Prophet, "ihr saht in die Schrift. Ihr hättet auch in seine Augen sehen sollen!" (Anthony de Mello)

"Öffne mir die Augen, dass ich sehe die Wunder an deinem Gesetz!"
(Psalm 119,18)

Jesus

Jesus,
nicht von oben herab zwingt deine Liebe den Menschen Gemeinschaft auf.
Jesus,
Stufe für Stufe steigst du hinab zum Menschen, füllst die Schale mit Wasser, den Dreck wegzunehmen, der an den Füßen haftet.
Jesus,
du kennst die Wege, die Menschen gehen, die Irrwege und Umwege, die Trampelpfade, Sehnsuchtsstraßen, die vergeblichen, und die, die Ziele finden, die sauberen und schmutzigen, die nach oben und nach unten.
Jesus,
du bist dir nicht zu schade, dich niederzubeugen, dich schmutzig zu machen, dich hinzugeben für die Menschen.
Jesus,
Stufe für Stufe steigst du zu uns, füllst die Schale mit Wasser, das reinigt und heilt, gibst den Becher deiner Liebe; damit wir sie erkennen, die Schwestern und Brüder, und mit ihnen den Weg gehen, der du bist, Jesus zu dir! (P. Alexander Holzbach)

Und wie er geliebt hatte die Seinen, so liebte er sie bis ans Ende … Danach goss er Wasser in ein Becken und hob an, den Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete sie mit dem Schurz. mit dem er umgürtet war.
Johannes 13,1.5

Tränen der Freude

Eine Diakonisse ging einst als Missionarin nach China. Mit viel Mühe und unter manchen Entbehrungen baute sie dort eine kleine Gemeinde auf. Nun lag sie an den Folgen einer schweren Krankheit im Sterben. Da kam eine durch ihren Dienst gläubig gewordene Chinesin an ihr Sterbelager, setzte sich der Missionarin zu Füßen, streichelte sie unter vielen Tränen und sagte: "Schwester Minna, ich danke dir, dass deine Füße über unsere hohen Sinping-Berge gestiegen sind, um uns die Erlösungsbotschaft von Jesus zu bringen. Ich wäre heute nicht hier und nicht im Glauben bei Gott, wenn deine Füße nicht zu uns nach China gekommen wären!"

Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen und tragen edlen Samen und kommen mit Freuden und bringen ihre Garben!
Psalm 126,5f

Die beste Vorsorge

Ein italienischer Schriftsteller will ein Buch schreiben über die Jugendkriminalität. Er ruft gegen 23 Uhr zwölf wohlhabende Familien an, um dort die Eltern zu fragen, ob sie wüssten, wo ihre Kinder jetzt seien. Bei seinen ersten sechs Anrufen melden sich Kinder, die keine Ahnung haben, wo sich ihre Eltern befinden.
"Wer für ein Jahr sorgen will, muss Korn säen. Wer für zehn Jahre sorgen will, muss Bäume pflanzen. Wer aber für hundert Jahre vorausdenkt, muss sich um seine Familie kümmern!" (Chinesisches Sprichwort)

Als ich noch Kind in meines Vaters Hause war, ein zartes, das einzige unter der Obhut meiner Mutter, da lehrte er mich und sprach: Lass dein Herz meine Worte aufnehmen; halte meine Gebote, so wirst du leben!
Sprüche 4,3f

Wie der Dieb ins Paradies gelangte

Ein Dieb kam zum Himmelreich und pochte an die Tür. "Macht auf!" Der Apostel Petrus, der die Schlüssel zum Himmelreich besitzt, hörte das Klopfen und ging zur Tür. "Wer ist da?" – "Ich." – "Wer bist du?" – "Ein Dieb. Lass mich ins Himmelreich." – "Nein, hier ist kein Platz für Diebe." – "Und wer bist du, dass du mich nicht einlassen willst?" – "Der Apostel Petrus." – "Dich kenn ich! Du bist der, der Christus verleugnete, noch bevor der Hahn krähte. Ich weiß alles, Bruder!" Da kehrte Petrus um und suchte Paulus. "Geh, Paulus, sprich du mit ihm." Paulus ging zur Tür. "Wer ist da?" – "Ich, der Dieb. Lass mich ins Himmelreich!" – "Hier ist für Diebe kein Platz." – "Und wer bist du, dass du mich nicht einlassen willst?" – "ich bin der Apostel Paulus." – "Ach Paulus! Ich weiß, du bist jener, der die Christen verfolgte. Und du bist jetzt im Paradies!" – Da kehrte auch Paulus um und erzählte Petrus, was der Dieb gesagt hatte. "Nun", sprach Petrus, "dann werden wir den Evangelisten Johannes schicken. Er hat Christus keinmal verleugnet. Soll er mit dem Dieb reden." Johannes ging zur Tür. "Wer ist da?" – "Ich, der Dieb. Lass mich ins Himmelreich!" – "Da kannst du lange bitten, Dieb. Für solche Sünder wie dich ist hier kein Platz." – "Und wer bist du, dass du mich nicht einlassen willst?" – "Ich bin der Evangelist Johannes." – "Aha, du bist ein Evangelist. Weshalb betrügt ihr die Menschen? Ihr habt im Evangelium geschrieben: ‚Klopft an, so wird euch aufgetan; bittet, so wird euch gegeben.’ Jetzt stehe ich hier schon seit zwei Stunden und klopfe an, aber niemand tut mir auf. Wenn du mich nicht auf der Stelle ins Himmelreich einlässt, dann kehre ich auf die Erde zurück und sage den Menschen, dass ihr im Evangelium die Unwahrheit geschrieben habt!" Da erschrak Johannes und ließ den Dieb ins Himmelreich. (Nach einem russischen Märchen)

Bittet, so wird euch gegeben. Suchet, so werdet ihr finden. klopfet an, so wird euch aufgetan.
Matthäus 7,7