Gott wird helfen müssen

Zum Rabbi Meir kam ein Dorfjude mit Namen Seinwel. Er war kinderlos, obwohl schon zehn Jahre verheiratet. Immer wieder drängte er den Rabbi, dass er für ihn Kinder erflehen möchte. Einmal kam er mit seiner Frau. "Wir werden euch", rief die redegewandte Frau, "keine Ruhe lassen, bis ihr uns mit einem Kind segnet." Der Rabbi erwiderte: "Gebt mir den Zahlenwert des Wortes ‚Ben’, also 52 Dukaten, so werde ich für euch einen Sohn erflehen." Der arme Jude fing an zu handeln. Er könne nur 10 Golddukaten geben und bot immer einen Dukaten mehr. Aber der Rabbi blieb hart. Schließlich legte der Jude 20 Dukaten auf den Tisch und sprach: "Glaubt mir, Rabbi, es ist unser letztes Geld!" Der Rabbi aber blieb bei seiner Forderung nach 52 Dukaten. Da wurde die Frau wütend und sagte: "Mann, nimm das Geld! Da wird uns Gott selber helfen müssen!" – "Das wollte ich doch!", sagte der Rabbi erfreut, "Ihr seid gekommen und habt mich angefleht, aber Gott habt ihr vergessen. Nun aber richtet ihr eure Hoffnung auf den einen, der euch allein helfen kann." Darauf segnete er sie, und sein Segen ging auch in Erfüllung. (Nach einer chassidischen Geschichte)

Es ist gut, auf den Herrn vertrauen und sich nicht verlassen auf Menschen!
Psalm 118,8

Helau oder Halleluja

Die Ursprünge des Karnevals gehen auf die Fruchtbarkeitsriten der antiken Völker zurück. Griechen und Römer huldigten dem Gott des Weines. In Rom beging man im Januar die Saturnalien. Ein Mann aus dem Volk wurde zum König gewählt und mit großem Prunk führte er die Prozession an. Auf Wagen wurden Bilder der Götter, nackte Statuen und leichte Mädchen mitgeführt. Gemeine Zoten und hässliche Lieder schallten durch die Straßen. Römische Bürger brachten ihre Frauen und Töchter für diese Zeit aufs Land.
Für einen Christen war es damals undenkbar, daran teilzunehmen. Ein römischer Soldat wurde einst von seinen Kollegen hingerichtet, weil er als Christ die Wahl zum Prinzen Karneval abgelehnt hatte. Dasius wurde später dafür als Märtyrer heiliggesprochen.
Unter Konstantin verbannte man den Karneval als heidnisch. Aber langsam schlichen sich die Sitten wieder ein. Die Kirche war schließlich zu einem Kompromiss bereit. Teilnehmen durfte, wer danach die 40tägige Fastenzeit einhielt, carni vale dicere = dem Fleisch Lebewohl sagen.
Zu den römischen Bräuchen kam das germanische Maskentreiben hinzu. Masken sollten die Dämonen abschrecken. Im Mittelalter erreichte der Karneval dann endgültig auch die breite Masse in der Kirche. Durch die Reformation verschwand der Brauch in den evangelischen Landesteilen, um nach 1945 durch Mischung der Bevölkerung und zunehmende Glaubenslosigkeit wieder aufzuleben. Heute sind die Götzen und der Aberglaube wieder voll im Trend. Christen singen statt Helau lieber Halleluja und geben Gott die Ehre.

Werdet auch nicht Götzendiener, gleichwie jener etliche wurden!
1.Korinther 10,7

Gelobt sei der Herr!

Gelobt sei der Herr für raue Wege. Sie haben manchen Fuß vor dem Ausgleiten bewahrt und den Schritten einen festen Halt gegeben.
Gelobt sei der Herr für raue Winde. Sie haben manches Lebensschiff heimgeweht, das sonst ins eigene Verderben gesegelt wäre.
Gelobt sei der Herr für raue Worte. Sie haben manche Augen für die Wahrheit geöffnet und Herzen für die Liebe empfänglich gemacht.
Gelobt sei der Herr für raue Wasser. Sie haben den Dreck von der Seele gespült und manches Leben zu Gott emporgetragen, das sonst in den seichten Tümpeln der Verwöhnung untergegangen wäre.
Gelobt sei der Herr für raue Winter. Sie haben manches Leben zum Feuer der Liebe gelockt und dort durchglüht und aufgewärmt.
Gelobt sei der Herr für raue Wölfe. Sie haben manchen Schafsköpfen die Grenzen ihrer eigenen Kraft gezeigt und sie zum guten Hirten hingebracht.
Gelobt sei der Herr für raue Wüsten. Sie haben den Durst nach dem lebendigen Wasser so stark gemacht, dass wir zur Lebensquelle gekommen sind.

Gelobt sei der Herr täglich. Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch!
Psalm 68,20

Vertrauen gegen die Angst

Ein Kind liegt abends im Bett. Es kann nicht einschlafen und bekommt plötzlich Angst. Das Alleinsein im Dunkel der Nacht lässt das Kind vor Angst nach seinen Eltern schreien. Die Eltern können im Kinderzimmer Licht machen und nun das Kind allein lassen. Sie können aber auch im Dunkeln bei dem Kind bleiben und es durch ihre Gegenwart beruhigen. So wird das Kind Vertrauen fassen und die Angst überwinden. Vertrauen ist keine eigene Kraftleistung gegen die Schwäche der Angst, sondern ein Vertrautwerden mit dem Helfer gegen die Nöte und Ängste des Lebens.
Gott macht nicht immer gleich Licht, wenn wir uns im Dunkel der Welt und in der Finsternis des Lebens fürchten. Aber er ist im Dunkel bei uns und lockt so das Vertrauen aus uns heraus, das Vertrauen in seine Gegenwart und Liebe, seine Möglichkeit und Macht. Nicht die Wendung der Not tröstet uns, sondern die Nähe des Helfers. Nicht die Veränderung der Situation ist die Hilfe, sondern die wachsende Vertrautheit mit dem Helfer ist die Überwindung der Angst.
Hiob wollte Klarheit über sein Schicksal. Aber Gott machte ihm nicht Licht, sondern schenkte ihm seine Gegenwart. Paulus wollte die Abwendung seiner Not, aber Jesus schenkte ihm seine ganze Nähe in der Not.

Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig!
2.Korinther 12,9

Kopf und Herz

Es war einmal ein Salatkopf. Er war kein Einzelkind, sondern im Freibeet der Gärtnerei unter der guten Hand seines Gärtners mit vielen Geschwistern herangewachsen. Hier war kein Platz für Sonderstellungen. Jeder hatte gleiche Rechte und gleiche Pflichten. Trotzdem war unser Salatkopf anders. Er war sozusagen das "schwarze Schaf" der Familie, obwohl er keineswegs extrem über die Schnur schlug. Er neigte nur dazu, den Mund etwas zu voll zu nehmen. Er prahlte mit seiner Größe, die allerdings wirklich das Ausmaß der anderen übertraf. In der frühkindlichen Phase seines Lebens waren unmittelbar neben ihm zwei seiner Salatgeschwister gestorben. Der dadurch entstandene Platz bot unserem Salatkopf den Freiraum zu dieser ungewöhnlichen Größe. So geschah es immer öfter, dass sich der Salatkopf arrogant an den Kopf tippte und bemerkte: "Ja, ja, Köpfchen muss man haben!" Seine Geschwister ließen das still und geduldig über sich ergehen. Erst als sie alle gemeinsam in der Großküche verarbeitet wurden, kam der wahre Sachverhalt an den Tag. Sie waren zwar nicht ganz so groß wie ihr Bruder, aber sie hatten ein zartes Herz, ihr Bruder aber nur grüne, zähe Deckblätter. Allzu spät musste er erkennen: Der Kopf tut’s nicht. Das Herz vor allem ist gefragt! (Nach Dieter Theobald)

Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand!
Sprüche 3,5

Was ist in mich gefahren?

Der Mensch ist wie ein Handschuh. Einmal ist er aus feinem, wertvollem Leder, ein Handschuh zur Zierde, dann aus dickem, weichem Fell, einer zum Wärmen. Ein andermal ist er ein grober Handschuh für harte Bauarbeit, dann ein praktischer Gummihandschuh für flinke Hausarbeit. Einmal vielleicht ein zierlicher, weißer Brauthandschuh für den Höhepunkt des Lebens. Dann wieder mehr ein riesiger Boxhandschuh für den rauen Existenzkampf. Ein anderes Mal ist er ein steriler Operationshandschuh für den geschickten Chirurgen. Und dann ein Torwarthandschuh für Sport und Spiel.
Wie ein Handschuh kann der Mensch eigentlich nichts allein tun und bewegen, anfangen und bewirken: nichts Gutes und nichts Böses, nichts Schönes und nichts Schlechtes, nichts Wunderbares und nichts Schreckliches, nichts Aufbauendes und nichts Zerstörerisches. Er ist in allem Tun und Wirken darauf angewiesen, dass eine Hand in ihn hineinfährt, ihn bewegt und gebraucht.
Was ist in mich gefahren? Welche Hand wird mich heute führen, bewegen und mein Leben gestalten? Welche Kräfte werden meine Äußerungen bestimmen und mein Verhalten lenken?
Ich bin wie ein Handschuh, und ich möchte, dass Gottes gute Hand in mich hineinfährt, und seine Kraft und Liebe mein Leben führt und bewegt.

Ich lebe; doch nun nicht ich, sondern Christus in mir!
Galater 2,20

"Ja, aber du auch!"

Sophie und Hans Scholl wurden wegen ihres Widerstands gegen das Hitlerregime zum Tode verurteilt und am 22. Februar 1943 hingerichtet. Ihre Schwester berichtet von einem letzten Besuch der Eltern: "Meinen Eltern war es wie durch ein Wunder gelungen, ihre Kinder noch einmal zu besuchen. Sie wussten noch nicht, dass es endgültig die letzte Stunde ihrer Kinder war. Zuerst wurde ihnen Hans zugeführt. Darauf wurde Sophie von einer Wachtmeisterin herbeigeführt. Sie trug ihre eigenen Kleider und ging sehr langsam und gelassen und sehr aufrecht. Sie lächelte immer, als schaue sie in die Sonne. Bereitwillig und heiter nahm sie die Süßigkeiten, die Hans abgelehnt hatte. Es war eine unbeschreibliche Lebensbejahung bis zum letzten Augenblick.
"Nun wirst du also gar nicht mehr zur Tür hereinkommen", sagte die Mutter. "Ach, die paar Jährchen, Mutter!", gab sie zur Antwort. Das war in diesen Tagen ihr großer Kummer gewesen, ob die Mutter den Tod gleich zweier Kinder ertragen würde. Aber nun, da sie so tapfer und gut bei ihr stand, war Sophie wie erlöst. Noch einmal sagte die Mutter, um irgendeinen Halt anzudeuten: "Gelt, Sophie: Jesus!" Ernst, fest und fast befehlend gab Sophie zurück: "Ja, aber du auch!" Dann ging sie frei, furchtlos und gelassen. Mit einem unaufhörlichen Lächeln im Gesicht."

Euer Herz erschrecke nicht! Glaubet an Gott und glaubet an mich. In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen.
Johannes 14,1f

Gabe und Aufgabe

Ein älterer Herr, schon im Metallzeitalter – Silber im Haar, Gold im Mund und Blei in den Knien -, versucht vergeblich, mit seinem großen Auto in eine kleine Parklücke zu gelangen. Er probiert es vorwärts, dann rückwärts. Aber der Wagen ist zu groß, die Lücke zu klein. Da kommt ein junger Kerl mit einem schneidigen Sportwagen, saust in die Lücke, steigt aus und sagt zu dem alten Herrn: "Jung und flott muss man sein!" Im älteren Herrn beginnt es zu kochen. Er steigt in seinen Wagen, fährt dem Sportwagen in der Lücke voll in die Seite, steigt aus und sagt bissig: "Alt und reich muss man sein!"
Jeder hat seine Gaben. Jung und flott sein ist doch schön. Alt und reich sein ist doch wunderbar. Jugend und Kraft, Alter und Erfahrung, Kompetenz und Besitz, Qualifikation und Erfolg sind doch herrliche Gaben. Aber wenn wir sie als Waffen gegeneinander verwenden, gibt es immer Schrott, und es wird sehr teuer. Wenn wir aber unsere Gaben als Aufgaben aneinander verstehen, kann daraus eine wunderbare Bereicherung des Lebens wachsen. Keiner ist das Ganze, aber in der Ergänzung der vielen verschiedenen Gaben könnte ein wunderbares Ganzes entstehen. Das würde den einzelnen von dem Druck, alles haben zu müssen, befreien. Und das Ganze würde glaubwürdig und überzeugend.

Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes!
1.Petrus 4,10

Vergeben oder Vergelten

Vor Jahren gab es einen Film mit dem Titel "Gott vergibt – Django nie!" Vergeben wird hier als schwach und weich verächtlich gemacht. Vergelten wird als stark und hart verherrlicht. Dumm und weichlich soll das barmherzige Vergeben sein. Klug und knallhart soll das unnachsichtige Vergelten sein. Aber geht es dabei nur um weich oder hart, um schwach oder stark?
Das Wort Rache stammt aus dem Bereich der Jagd und meint soviel wie treiben, jagen und verfolgen. Das Wort Recke erinnert noch an diesen Zusammenhang. Und dann findet es sich wieder im Wort Wrack. Wie Wracks sind verletzte und verletzende Menschen. Heruntergekommen und umgetrieben von Schuld und Angst die einen, von Hass und Rache die anderen. Die Erfahrung von Verletzungen und die Verarbeitung in der Gestalt von Vergeltung und Rache machen die Menschen zu Wracks. Aus den Jagenden werden die Gejagten und aus den Verfolgern die Verfolgten. Aber Gott möchte keine Wracks, sondern geheilte und versöhnte Menschen. In Gottes Plan gibt es keinen Raum für Rache unter den Menschen. Wie gehen wir also um mit den Verletzungen im Miteinander? Wir bekennen sie einander und vergeben sie einander. Da entsteht der Raum der Heilung von Menschen und Beziehungen.

Sprich nicht: Ich will Böses vergelten. Harre des Herrn, der wird dir helfen.
Sprüche 20,22

Kein Raum für Rache

"Wenn wir uns mal streiten", erzählt ein Mann seinem Freund, "wird meine Frau immer gleich historisch." – "Du meinst hysterisch", wirft der Freund ein. "Nein, historisch", sagt der Ehemann, ‚sie hält mir jeden Fehler, jede Lieblosigkeit, jedes falsche Wort aus zehn Jahren Ehe vor!"
Wo Menschen miteinander leben in Ehe, Familie, Nachbarschaft und Gemeinde, werden sie auch aneinander schuldig. Gerade in der Liebe werden Menschen verletzlich und verletzt. Es gibt keine Ehe, keine Erziehung, keine Familie ohne Kränkung und Verletzung. Das war damals bei Josef und seiner großen Familie so, und das ist heute bei uns und unseren kleinen Familien so.
Die Brüder des Josef sind wie gelähmt in ihrer Furcht vor den Folgen ihrer Bosheiten. Sie fürchten, da der Vater gestorben ist, die Rache und Vergeltung des Josef. Aber Josef wird nicht "historisch" und rechnet ihnen die Bosheiten nicht nach. Josef lässt keinen Raum für Rache und Vergeltung. Dabei wird die Schuld der Brüder nicht verdrängt oder verschwiegen. Nein, sie wird benannt und bekannt. Josef sieht über das Böse nicht hinweg. Aber er sieht über den Untaten der Brüder die Guttaten Gottes. Josef kann Gottes gute Absichten über den bösen Absichten der Brüder erkennen. Darum vergibt er die Schuld und versöhnt sich mit seinen Brüdern. Er vergibt gleichsam die Bewältigung der Schuld an Gott. Josef weiß, wer sich an die Stelle Gottes setzt, sich rächt und anderen vergilt, zerstört sich selbst, den anderen und die Beziehung. Wenn er hingegen die Kränkung, die er empfing, an Gott vergibt, entsteht ein Raum der Heilung. Gott kann die Brüder vom Bösen heilen, ihn vom Gift der Rache befreien und die Beziehung wiederherstellen.

Josef sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes Statt? Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, Gott aber gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk.
1.Mose 50,19f