Die richtige Reihenfolge

Einst gingen die Tatsache, der Glaube und die Erfahrung auf einem schmalen Steg über einen tiefen Abgrund. Die Tatsache ging voran, schaute nicht links und nicht rechts und nicht nach unten, ging gerade und aufrecht voran. Der Glaube folgte der Tatsache, schaute genau auf sie und ging so sicheren Schrittes über den gefährlichen Abgrund. Die Erfahrung folgte dem Glauben ebenso sicher nach.
Plötzlich machte sich der Glaube Sorge, ob und wie die Erfahrung ihm folgen würde. Der Glaube drehte sich um und schaute auf die Erfahrung zurück. Aber dabei geriet der Glaube ins Wanken, verlor das Gleichgewicht, klammerte sich voller Angst an die Erfahrung und so stürzten sie beide in die Tiefe.
Im Glauben folgen wir den Tatsachen des Heils, die Gott hat geschehen und uns sagen lassen. Unser Glaube gründet sich nicht auf Gefühle und Erfahrungen, sondern auf Fakten, und er hält sich an Tatsachen. Die Erfahrungen folgen einem solchen Glauben nach. Und immer, wenn Menschen sich im Glauben um die Erfahrung gesorgt und sich an sie geklammert haben, geriet der Glaube ins Wanken und stürzte oft in das Bodenlose hinab.

Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens!
Hebräer 12,1f

Ernüchtert

Ein Vater beugt sich über die Wiege seines vor einigen Tagen geborenen Kindes und ist völlig versunken. Die Mutter betritt unbemerkt das Zimmer und, ohne sich zu rühren, betrachtet sie das ungläubige Staunen, die tiefe Freude und das deutliche Entzücken auf dem Gesicht ihres Mannes. Ganz leise und tief gerührt nähert sie sich dem Vater, legt liebevoll ihren Arm um seine Schultern und haucht: "Mein Liebster, ich kann mir gut vorstellen, was dich jetzt bewegt!"
Überrascht fährt der Vater aus seiner Versunkenheit auf und sagt: "Ja, ich wüsste für mein Leben gern, wie man solch eine hübsche Wiege für fünfzig Mark herstellen kann. Das ist fast ein Wunder!"

Es gibt Gold und viel Perlen; aber ein Mund, der Vernünftiges redet, ist ein edles Kleinod.
Sprüche 20,15

Wie es richtig geht

Die bekannte Zeile aus dem Nachtgebet "Hab ich Unrecht heut getan, sieh es, lieber Gott, nicht an" verdrehte einmal ein kleiner Junge gewollt oder ungewollt: "Hab ich Unrecht heut getan, geht’s dich, lieber Gott, nichts an!" So denken viele Menschen. Wen gehen meine kleinen oder großen Verfehlungen etwas an? Vor Menschen und vor Gott verbergen wir unsere Schwächen und Sünden. Aus den Augen – aus dem Sinn. Was kümmern mich meine Fehler von gestern? Allzu leicht halten wir das Unrecht unseres Lebens unter dem Mäntelchen des Schweigens verdeckt. Das kann man doch einfach gut sein lassen. Alle machen Fehler und keiner ist vollkommen. Was soll das Unrechtsbewusstsein? Es hindert und belastet nur! – Aber verdrängte Schuld, verborgenes Unrecht und verschwiegene Fehler melden sich. Sie vergiften unsere Seele und machen uns im Innern unwahrhaftig und krank. Wir brauchen die Sünde unseres Lebens nicht zu verdrängen, aber auch nicht zu dramatisieren. Wir können sie einfach bekennen, ans Licht bringen, vor Gott aussprechen und alles wird vergeben und wirklich verarbeitet. Sünde und Unrecht gut sein lassen kann man nur in Gottes Vergebung. Aber dort ist es dann auch gut.
Darum könnten wir abends nicht nur als Kinder beten:
"Müde bin ich, geh zur Ruh. Schließe meine Augen zu. Vater, lass die Augen dein über meinem Bette sein.
Hab ich Unrecht heut getan, sieh es, lieber Gott, nicht an. Deine Gnad‘ und Christi Blut machen allen Schaden gut!
Alle, die mir sind verwandt, Gott, lass ruhn in deiner Hand. Alle Menschen, groß und klein, sollen dir befohlen sein!
Kranken Herzen sende Ruh, nasse Augen schließe zu. Lass in deiner Engel Wacht sanft uns ruhn in dieser Nacht!" (Luise Hensel)

Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte und tilge meine Sünde nach deiner großen Barmherzigkeit!
Psalm 51,3

Nicht die Dinge hindern, sondern das Ich

Ein frommer Mann wollte arm und enthaltsam leben, alle Dinge aufgeben und nur für Gott da sein. So ging er zu einem weisen Einsiedler und sagte: "Ich bin zu euch gekommen mit nichts in den Händen!" – "Dann lass es gleich fallen!", sagte der Weise. "Aber wie kann ich es fallen lassen, wenn ich nichts mit mir habe?" – "Dann musst du dich eben damit abschleppen!", sagte der Meister.
Nicht die Dinge hindern uns, sondern das dicke Ich. Das Ich blüht und wächst, ob wir nun der Heiligkeit oder der Welt nachjagen. Unser Ich nährt sich von Reichtum und Armut gleichermaßen. Für viele ist das Nichts ihr Besitz und der Verzicht ihr Triumph. Die Dinge brauchten wir gar nicht aufzugeben, wenn wir unser aufgeblasenes Ich loslassen könnten.

Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Will mir jemand folgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach!
Matthäus 16,24

Undank ist der Welt Lohn

Ein Bettler in einer großen Stadt Amerikas sieht einen reichen Geschäftsmann aus seiner Firma kommen und fragt ihn: "Könnten Sie mir einige Cents geben, dass ich mir mal eine Tasse Kaffee kaufen kann?" Der Geschäftsmann hat Mitleid mit dem alten, abgerissenen Mann und sagt freundlich: "Hier haben Sie zwei Dollar, dafür können Sie sich zehn Tassen Kaffee nehmen!"
Am nächsten Tag sitzt der Bettler wieder vor der Firma des reichen Mannes. Und als er herauskommt, gibt er ihm eine schallende Ohrfeige.
"Guter Mann", sagt der Geschäftsmann, "was soll das?"
"Sie und Ihre verfluchten zehn Tassen Kaffee! Die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen!"

Vielmehr liebt eure Feinde; tut Gutes und leiht, wo ihr nichts dafür zu bekommen hofft. So wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Kinder des Allerhöchsten sein; denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen.
Lukas 6,35

Andacht und Gebet

Wenn jede Hoffnung geschwunden ist, "wenn Helfer versagen und Tröstung entschwindet", mache ich die Erfahrung, dass mir irgendwie Hilfe zuteil wird, ich weiß nicht, woher. Demütige Bitten, Andacht, Gebet sind kein Aberglaube; sie sind Handlungen von größerer Wirklichkeit als Essen, Trinken, Sitzen oder Gehen. Es ist keine Übertreibung, zu sagen, sie allein seien wirklich, alles andere sei unwirklich.
Andacht oder Gebet dieser Art sind keine Flucht in die Beredsamkeit, sind keine Huldigung mit den Lippen. Sie entspringen dem Herzen. Wenn wir daher jene Reinheit des Herzens vollbringen, bei der es "von allem außer Liebe leer" ist, wenn wir alle seine Saiten auf den rechten Ton stimmen, so "erklingen sie zitternd von Musik jenseits des Sichtbaren". Gebet bedarf nicht des Wortes. Es ist in sich unabhängig von allem sinnenhaften Bemühen. Ich hege nicht den mindesten Zweifel, dass Gebet ein unfehlbares Mittel zur Reinigung des Herzens von Leidenschaften ist. Aber es muss sich verbinden mit höchster Demut. (Mahatma Gandhi)

Betet allezeit mit Bitten und Flehen im Geist und wacht dazu mit aller Beharrlichkeit im Gebet für alle Heiligen!
Epheser 6,18

Großes Glück

Ein altes Sprichwort sagt: "Großes Glück braucht starke Schultern!" Vielleicht braucht es noch mehr ein großes Herz und einen klaren Verstand. Wie viele Menschen haben sich im großen Glück verirrt und waren den Möglichkeiten und Verlockungen gar nicht gewachsen. Schon Demokrit hat vor dem Abheben und dem Übermaß gewarnt:
"Wer wohlgemut leben will, der darf nicht vielerlei treiben, weder in eigener noch in öffentlicher Sache. Und was er auch treibt, darf seine eigene Kraft und Begabung nicht übersteigen. Er muss vielmehr so scharf auf seiner Hut sein, dass er sich selbst dann, wenn das Glück über ihn kommt und ihn allem Anschein nach emporführen will, nicht darum kümmert und nichts anfasst, was über seine Kräfte geht. Denn rechtes Maß ist sicherer als Übermaß."

Du aber wirst umkehren und der Stimme des Herrn gehorchen, dass du tust alle seine Gebote, die ich dir heute gebiete. Und der Herr, dein Gott, wird dir Glück geben zu allen Werken deiner Hände!
5.Mose 30,8f

Auf dem Wege der Besserung

Eine Geschichte aus Korea erzählt, wie eines Tages der Diener einer sehr reichen Familie der Versuchung nicht widerstehen konnte und einen Sack Reis aus der Vorratskammer stahl. Vorsichtig schlich er mit seiner Last aus dem Palast, als plötzlich seine Herrin hinter einer Tür stand. Erschrocken stammelte der Diener eine Entschuldigung. Doch obwohl die Frau den Diebstahl durchschaute, spornte sie den Mann an, schnell mit dem Sack Reis zu verschwinden, damit ihn der Hausherr nicht damit erwische. So rannte der Dieb weiter und war noch mehr erschrocken, als er im nächsten Tor seinen Herrn erblickte. Der erfasste schnell die Situation und raunte dem Diener zu: "Beeil dich, bevor die Herrin dich entdeckt und dich bestraft!" Ganz beschämt nahm der Diener den Sack Reis, kehrte um, brachte ihn wieder in die Vorratskammer zurück. Das war der Anfang einer Besserung.

Wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest!
Galater 6,1

Segenswunsch

Vor wem wird still die schäumende See,
vor wem verstummt der wütende Wind?
Vor Christus, dem Herrn der Elemente,
dem machtvollen Steuermann.

Er schütze das Boot und die darin fahren.
Er sei Segel und Kompass, Anker und Tau.
Er bringe uns heil zum Heimathafen.
Er führe uns freundlich durch wilde Wogen,
damit wir fahren in Frieden.

Er lasse zahlreich sein die Tiere des Meeres
und fülle die Netze, der große Fischer.
In Christus sei alles begonnen,
in Christus sei alles vollbracht!
(Aus Irland)

Jesus sagte zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? Und er stand auf und bedrohte den Wind und das Meer. Da wurde es ganz still.
Matthäus 8,26

Schlimme Folgen

Eine Weisheitsgeschichte macht eindrücklich deutlich, wie auch kleine, gewaltsame Eingriffe in Gottes Schöpfung schlimme Folgen haben:
Am frühen Morgen machte sich der Honigsammler in Begleitung seines treuen Hundes auf, um einen Bienenstock auszuheben, den er am Vortage in einer Felsspalte entdeckt hatte. Unterwegs sammelte er dürres Reisig und auch feuchtes Holz und entzündete mit einigem Geschick vor dem Felsspalt ein Feuer, das bald mächtig zu qualmen begann. Der Wind stand günstig und drückte den Rauch in den Felsspalt. Alsbald wurden die Bienen von wilder Panik ergriffen. Mit lautem Gesumme versuchten sie, ihre Festung zu verteidigen, doch ergriffen sie schließlich die Flucht vor dem unangreifbaren Gegner.
Rasch stieg der Honigsammler zum Bienenstock empor, brach die honiggefüllten Waben heraus und steckte sie in seinen ledernen Sack. Bald war der große Beutel mit der goldgelben Beute prall gefüllt, und nachdem er das Feuer gelöscht hatte, legte er sich den Sack über die Schulter und trug ihn in das nächste Dorf.
Nach mehrstündigem Marsch kamen der Honigsammler und sein Hund am Nachmittag beim Laden des Öl- und Gewürzhändlers an. Obwohl man sich seit Jahren kannte und immer gute Geschäfte miteinander gemacht hatte, wollte der Händler nicht eher einen Preis nennen, bis er von der süßen Kostbarkeit eine Probe genommen hatte.
Der Honigsammler öffnete seinen Sack, und der Händler steckte aus Vorfreude auf den Genuss seinen dicken Zeigefinger tief in die duftende Flüssigkeit. Er zog ihn honigtriefend heraus und führte ihn genussvoll schmatzend in den Mund. Goldgelbe Perlen liefen seinen Bart hinunter und tropften auf den Boden.
Während der Händler sich zufrieden seinen Bart wischte und seinen Preis nannte, hatte sich eine stattliche Anzahl Fliegen auf den Honigtropfen versammelt. Darauf war ein Vogel aufmerksam geworden, der auf die Fliegen herabstieß.
Der Vogel hatte die Katze des Händlers aufgeschreckt, die in der Ecke gedöst hatte und sich nun auf den Vogel stürzte.
Das Wüten der Katze alarmierte den Jagdhund des Honigsammlers, der mit einem Satz auf die Katze sprang und sie totbiss.
Als der Händler sah, was der Hund seiner geliebten Hauskatze angetan hatte, nahm er einen dicken Prügel und erschlug den Hund.
Über diese Untat war der Honigsammler so entsetzt, dass er in blindem Zorn den Händler erschlug und daraufhin in sein Heimatdorf flüchtete.
Als aber die Nachbarn des Händlers erkannten, was da Entsetzliches geschehen war, rotteten sie sich zusammen und zogen gegen das Dorf des Honigsammlers.
Dort hatte man sich auf einen drohenden Angriff vorbereitet, und schon hieben die Gruppen mit Messern, Äxten und Sensen bewaffnet in wildem Zorn so lange aufeinander ein, bis viele gefallen waren, so viele, dass nur Gott ihre Zahl weiß.

Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst? Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan!
Psalm 8,5.7