Das liebe Geld

In einem Budapester Kaffeehaus sitzen zwei der reichsten Männer der Stadt am Tisch. Als ein Sammler für das Rote Kreuz in den Salon tritt, schließen Freunde der beiden Wetten darüber ab, wer wohl der Geizigste der vermögenden Männer ist. Der Sammler kommt an den Tisch, und umständlich kramt der eine aus seiner Geldbörse die kleinste Münze, die darin zu finden ist, hervor und wirft sie mit großzügigem Schwung in den Opferteller. Nun schauen alle auf den zweiten Mann. Der aber besinnt sich nicht lange und sagt zu dem Sammler: "Wir gehören zusammen. Das war für uns beide!"
Den Geizigen macht das Geld zum Sklaven. Statt die relative Unabhängigkeit, die das Geld ermöglichen könnte, zu nutzen, wird der Geizige noch abhängiger. Er kann sich nicht leisten, was er sich leisten könnte, und schadet sich auf die sinnloseste Weise.

Denn die reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Verstrickung und in viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen versinken lassen in Verderben und Verdammnis.
1.Timotheus 6,9

Höflichkeit

"Im Deutschen lügt man, wenn man höflich ist!", soll Goethe gesagt haben. Darum ist vielen Menschen eine höfliche und gepflegte Form des Umgangs verdächtig und suspekt. Viele Menschen halten nichts von Etikette und guten Manieren, belächeln takt- und respektvolle Höflichkeit. Sie sind eher direkt und lassen einfach raus, was sie denken, ohne die Sorge, sie könnten jemanden verletzen.
Ein Junge fährt nachts mit seinem Vater heim. Sie geraten in eine Verkehrskontrolle. Der Junge macht seinem Ärger über das Aufgehalten- und Kontrolliertwerden deutlich Luft und fährt den Polizisten ziemlich grob an. Später sagt er zu seinem Vater als Rechtfertigung: "Ich bin lieber ganz ehrlich und sage den Menschen, was ich denke. Diese ganze Höflichkeit ist doch nur Getue und nichts als eine Menge heißer Luft!" "Ganz recht", sagt der Vater freundlich, "eben diese Menge Luft haben wir in unseren Reifen, und merkst du, wie die Luft die harten Stöße dämpft und mildert? So ist das auch im Umgang mit Menschen, die Höflichkeit kann manche Härte dämpfen und viele unangenehme Stöße mildern und abfangen."
Vielleicht kann man auch ehrlich und höflich zugleich sein?

Eure Rede sei allezeit freundlich und mit Salz gewürzt!
Kolosser 4,6

Drei gute Gründe

Morgens früh klopft ein Mann an die Tür seines Sohnes und ruft: "Jim, steh bitte auf! Es ist Zeit für die Schule!" Jim dreht sich im Bett herum und ruft zurück: "Ich will nicht aufstehen, Papa!"
Der Vater klopft wieder und ruft noch lauter: "Steh jetzt endlich auf, du musst zur Schule!" – "Ich will nicht in die Schule gehen!"
"Warum denn nicht?", fragt der Vater zurück.
"Aus drei Gründen", sagt Jim. "Erstens ist es so langweilig, zweitens ärgern mich die Kinder und drittens kann ich die Schule nicht mehr ausstehen!"
"Dann will ich dir mal drei Gründe nennen, aus denen du unbedingt in die Schule musst", antwortet der Vater. "Erstens ist es dein Beruf, zweitens bist du 45 Jahre alt, und drittens bist du der Klassenlehrer!"

Wie lange liegst du, Fauler! Wann willst du aufstehen von deinem Schlaf? Ja, schlafe noch ein wenig, schlummere noch ein wenig, schlage die Hände ineinander ein wenig, dass du noch schlafest, so wird dich die Armut übereilen wie ein Räuber und der Mangel wie ein gewappneter Mann!
Sprüche 6,9ff

Das Loblied des Waldes

Die Bäume und Wälder bringen uns zum Staunen und Loben.
Sie sind die grünen Lungen der Erde und ihre Sauerstofffabriken.
Sie sind die Regenmacher und Geburtsorte der Flüsse.
Sie bändigen die Berge, lenken die Winde und halten die Lawinen auf.
Sie führen die Wolken und mildern das Klima.
Sie sind die Ordnungshüter und Quellorte im Haushalt der Natur.
Sie bieten den Tieren Zuflucht und spenden den Menschen Holz für Wärme und Werk.
Jeder Wald ist ein gastliches Haus, im Fachwerkstil erbaut, durch Zweige gegiebelt, durch Äste in Stockwerke geteilt, ein Rasthaus für viele Bewohner, Nester, Zellen und Werkstätten.
Wälder sind Lebensorte für unzählige Pflanzen und Tiere.
Wälder sind Ruhe- und Andachtsorte für gehetzte Menschen, Klausen für Sänger und Poeten, Lauben für Verliebte, Kammern für Nachdenkliche, Kurorte für Kranke, Hörsäle für Vogelkundige, Modelle für Maler und Fotografen.
Der Wald ist ein Rasthaus und Gasthaus, Gotteshaus und Krankenhaus, Zufluchtsort und Wanderziel.
Sein Dach ist das Urbild jeden anderen Daches und seine Bäume sind das Urbild allen Wachsens.
Die Bäume sprechen jeden Menschen und alle Sinne an:
die Augen durch ihre Formen und Farben,
die Ohren durch Rauschen und Knarren,
die Nase durch Düfte und Gewürze,
den Mund durch Früchte und Beeren,
die Hände durch Gestalt und Verwandlung,
den Geist durch ihr Geheimnis und ihre Kräfte,
die Seele durch Schönheit und Heilung,
den ganzen Menschen durch Sauerstoff und Schatten.
Kein Mensch begegnet einem Baum, ohne von ihm beschenkt zu werden.
Selbst der kleinste Wald atmet den Hauch von Gottes Größe.

Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter!
Psalm 104,24

Was ist das Leben?

Das Leben kann man nicht machen oder herstellen. Alle wesentlichen Werte des Lebens sind nicht beliebig verfügbar. Liebe kann man nicht kaufen, Vertrauen nicht erzwingen, Gesundheit nicht garantieren, Lebenszeit nicht immer verlängern, Lebenskraft nicht grenzenlos erneuern, Lebensgefährten nicht festhalten und Lebensfreude nicht fabrizieren. Wie die ganze Schöpfung ist unser Leben nicht gemacht, also nicht unser Faktum, sondern gegeben, also sein Datum. Es ist uns von Gott anvertraut. Darum verbietet sich das Entarten des Lebens in eine Ware, alles Berechnen und Kalkulieren, Verwerten und Benützen, Ausbeuten und Wegwerfen. Der Gabecharakter des Lebens verlockt uns zur Dankbarkeit, leitet uns in die Liebe zum Geber und legt uns das Ausleben im Sinne Gottes nahe.
Nur wer sein Leben bewusst als Geschenk empfängt, dankbar wahrnimmt, liebevoll behandelt, kann es auch richtig und ruhig gestalten und voller Freude und Ehrfurcht genießen. Jenseits alles Zweck- und Nützlichkeitsdenkens, befreit von Leistungsdruck und Konsumzwang können wir das Leben als Geschenk von Gott und zur Freude empfangen.

Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht.
Psalm 36,10

Was hast du, das du nicht empfangen hast?
1.Korinther 4,7

Zeichen der Treue

Die ganze Welt ist wie ein Buch,
darin uns aufgeschrieben
in bunten Zeilen manch ein Spruch,
wie Gott uns treu geblieben.
Wald und Blumen nah und fern
und der helle Morgenstern
sind Zeugen von seinem Lieben!
(Emanuel Geibel)

Und Gott sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen und hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.
Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich geschlossen habe zwischen mir und euch auf ewig: Meinen Bogen habe ich in die Wolken gesetzt; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde.
1.Mose 8,21f; 9,12f

Erleichtert

Mahatma Gandhi erzählt aus seinem Leben:
"Ich war fünfzehn Jahre alt, als ich einen Diebstahl beging. Weil ich Schulden hatte, stahl ich meinem Vater ein goldenes Armband, um sie zu bezahlen. Aber ich konnte die Last meiner Schuld nicht ertragen. Als ich vor meinem Vater stand, brachte ich vor Scham den Mund nicht auf. Ich schrieb also mein Bekenntnis nieder. Als ich ihm den Zettel überreichte, zitterte ich am ganzen Körper. Mein Vater las den Zettel, schloss die Augen und dann – zerriss er ihn. ‚Es ist gut’, sagte er noch. Und dann nahm er mich in die Arme. Von da an hatte ich meinen Vater noch viel lieber."

Wohl dem, dem die Übertretungen vergeben sind, dem die Sünde bedeckt ist. Darum bekannte ich dir meine Sünde, und meine Schuld verhehlte ich nicht. Ich sprach: Ich will dem Herrn meine Übertretungen bekennen. Da vergabst du mir die Schuld meiner Sünde.
Psalm 32,1.5

Mein Gebet

Herr, unser Schöpfer, wir bitten dich für uns,
für alle Kranken, für die körperlich, seelisch und geistig Behinderten,
für die Menschen, welche ihnen täglich helfen,
für andere, die sehr einsam sind, für alle, die in Heimen leben.
Lass sie heil sein in dir!
Hüte uns davor, dass wir mit uns selber beladen werden.
Richte uns auf, damit wir ausgerichtet sind zu dir!
Tröste uns und segne uns, damit Dank wachsen kann.
Lass deinen Geist in uns wirken!
Du weißt, dass wir immer einen Menschen brauchen. Gib uns den.
Amen.
(Lieselotte Jacobi – nach über 40 Jahren MS-Krankheit, Behinderung und Rollstuhl)

Der Herr lebt. Gelobt sei mein Fels! Der Gott meines Heils sei hoch erhoben!
Psalm 18,47

Voller Entdeckungsfreude beim Einkaufen

Als ein erprobtes Mittel gegen allerlei Beschwerden, die nach einer kleinen Aufmunterung verlangen, hat sich bei mir ein Besuch im nahen Selbstbedienungsladen bewährt.
Auch nachhaltig wirkt diese Medizin noch ausgezeichnet. Heute will ich sie mir verordnen. Gleich sind meine Lebensgeister wieder geweckt, und ich bin voller Entdeckungsfreude!
Dieses "Selbst" beginnt schon am Eingang. Ich brauche niemanden zu bitten. Die Türen öffnen sich automatisch. Manchmal flüstere ich trotzdem: "Danke!"
Dann fahre ich weiter, bremse, sehe, staune; widerstehe mancher Verführung – oder auch nicht – wie hier in der Schreibwarenhandlung, wo mir bunte Filzstifte entgegenleuchten! – Der Wunsch wird erfüllt. Ganz vergnügt lasse ich die Packung unter meiner Decke im Fußsack verschwinden.
So kaufe ich immer ein. Neben oder auf meinen Füßen liegen die neuen Habseligkeiten am sichersten. Melonen, Bananen, schwer gefüllte Obsttüten drücken mich zwar, aber ich fühle mich dann so reich beladen sehr glücklich. An der Kasse holt dann eine junge Frau flink alle Waren aus dem Versteck hervor, lässt mich bezahlen und verstaut sie wieder "mir zu Füßen".
Noch versunken in Gedanken an meinen neuen Besitz mache ich mich langsam startbereit und setze mich in Bewegung. Da taucht – wie aus einem Hinterhalt – vor mir eine Dame auf, stellt sich mir in den Weg und sieht mich mit kritischen, unruhigen Augen an: "Warum verstecken Sie die Packung?", fragt sie mich ein wenig bebend, spitz und patzig. Ihre Lippen zittern.
"Warum …?" Ich möchte ihr erklären, dass es in meiner Situation keine andere Möglichkeit gibt, als auf "diese" Weise einzukaufen. Vom Schoß würde mir alles herunterfallen und zerbrechen. Die Erfahrung hab ich längst machen müssen. Mit der rechten Hand bediene ich den Schalthebel, mit der linken den Steuerknüppel. Vielleicht müsste ich noch lernen, die Dinge auf dem Kopf zu balancieren – wie andere Erdenbewohner es so phantastisch beherrschen. Nur, dazu gehört ein elastischer Gang.
Es genügt aber, dass ich ihr "Warum" wiederhole – fragend, beweisend, gelassen. Bestürzt entschuldigt sie sich und sagt noch einmal sehr leise, stillgeworden: "Oh, verzeihen Sie mir, bitte … " (Lieselotte Jacobi)

Gott rüstet mich mit Kraft und macht meine Wege ohne Tadel.
Psalm 18,33

Abenteuer mit Felix

Felix ist ein Gefährte aus Stahl und Eisen, aus Batterie und Motor – so wesentlich und wundervoll zusammengebaut, dass er funktioniert, um meine unzureichenden Funktionen zu übernehmen.
Wir sind "eins" und können gemeinsam sehr aktiv sein. Es ist nicht schwer, mit ihm zu leben, ihn zu verstehen. Er drückt nicht und bockt nicht, knattert nicht und stinkt auch nicht.
Nur mag er nicht, wenn man unsanft mit ihm umgeht, ihm Kopfsteinpflaster zumutet oder Kantsteine nicht schräge nimmt. Dann schüttelt er sich vor Ärger.
Auch Bahngleise gehen ihm gegen den Strich. Er fordert, dass man sie schlängelnd überquert. Doch wir lieben es, von der Höhe eines Übergangs den Schienen und Zügen nachzusehen, bis sie als glitzernde Fäden und Punkte – wie unwirklich, aufgelöst – wieder verschwinden. Wenn die Züge herandonnern und vorüberzischen, spüren wir das Beben zitternd mit.
Längst habe ich gelernt, ihn vor Glassplittern zu bewahren und ihm ebene Wege auszusuchen.
Es gibt Straßen, die schillern wie stille Wasserspiegel. Die sind fest, seidenweich und glatt. Dann schnurrt er wie ein Kätzchen! Es tönt, als würden hohe Gambensaiten in langen Bogen angestrichen.
Das macht mich froh. –
Meine Freude über ihn hat in mir nie ein Unbehagen aufkommen lassen gegenüber den Gesunden und Gehenden. Auf meiner ersten Waldfahrt kam mir ein "Allegro" in den Sinn:
Sing – schau dich um,
spring – mach dich krumm,
lauf – hüpf weiter,
verschnauf – sei heiter,
verlier dich – und find dich!
Mit Felix fühle ich mich so angepasst und mitgerissen im Strom der Fußgänger und kann mich ohne Beklemmungen einreihen in die Schar der Eilenden und Bummelnden und auch ganz unbefangen das Gleiche tun, zum Beispiel: in ein Kaufhaus fahren! (Lieselotte Jacobi)

Ja, du machst hell meine Leuchte, der Herr, mein Gott, macht meine Finsternis licht. Denn mit meinem Gott kann ich über Mauern springen!
Psalm 18,29f