Gutes tun

"Tu deinem Leib etwas Gutes, damit deine Seele wieder Lust hat, darin zu wohnen!" (Teresa von Avila)
Was kann ich meinem Leib heute Gutes tun? Einen großen Spaziergang machen, die Sonne auf einer Parkbank genießen, mir im Café eine Pause mit einem Cappuccino gönnen, ein herrliches Essen in Ruhe verzehren, ein wohliges Entspannungsbad nehmen, meinen Augen herrliche Bilder und meinen Ohren traumhafte Musik bieten, mit den Händen etwas malen, modellieren oder pflanzen, eine Schüssel herrlich duftender Erdbeeren genießen, aber bitte mit Sahne!
Ist es falsch, wenn ich meinem Bruder, der jeden Tag so viele Lasten für mich trägt, mal etwas Gutes tue? Nein, mein Bruder Leib wird es mir danken und fröhlicher weitergehen. Und meine Schwester Seele wird wieder lieber mit ihrem Bruder zusammen sein.

So geh nun hin und iss dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Mut; denn dies dein Tun hat Gott schon längst gefallen. Lass deine Kleider immer weiß sein und lass deinem Haupte Salbe nicht mangeln.
Prediger 9,7f

Menschen sind wie Seerosen

Meine Nachbarn haben einen gepflegten Garten mit herrlichen Blumen, exotischen Sträuchern und bunten Büschen. Aber am schönsten finde ich den Teich in der Mitte mit wunderbaren Seerosen. Sie gelten von alters her als Symbol für das menschliche Leben. Die Seerosen wurzeln in der Erde, leben im Wasser und öffnen sich der Sonne am Himmel. Tagsüber zeigen sie ihre ganze Farbenpracht und abends schließen sie sich wieder, um in der Nacht auszuruhen.
Auch wir Menschen sind Erdenkinder, und es ist gut, wenn unser Leben in Gottes Erde wurzelt und in Gottes Liebe fest verankert ist. Das Wasser trägt die Seerose. Und so brauchen auch wir Menschen tragfähige Beziehungen, die uns halten. Das Element, in dem wir leben und überleben können, sind die Wasser des Vertrauens, der Geborgenheit und Verlässlichkeit. Familien, Gemeinden, Freundschaften, aber auch die Glaubens- und Liebesbeziehung zu Jesus sind der Halt und die Sicherheit des Lebens. Und dann brauchen wir wie die Seerose das Licht und die Sonne, damit wir uns nach oben öffnen und Gott entgegen blühen und wachsen können.
Und gerade in dem Zusammenspiel der drei Elemente von Erde, Wasser und Sonne liegt das Geheimnis der Seerose und des Menschen.
Wir brauchen einen Wurzelboden und das tragfähige Netz der Beziehungen und den Himmel und das Licht über uns zugleich.

Die gepflanzt sind im Hause des Herrn, werden in den Vorhöfen unseres Gottes grünen. Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein, dass sie verkündigen, wie der Herr es recht macht. Er ist mein Fels, und kein Unrecht ist an ihm.
Psalm 92,14-16

Geben und nehmen

Ein Mann hatte sich in der Wüste verirrt und war vor Durst fast zugrunde gegangen. Er schleppte sich nur noch dahin. Da kam er schließlich an ein vollkommen verlassenes Haus. Vor der verwüsteten, windzerstörten Fassade sah er eine Wasserpumpe. Er stürzte auf sie zu und begann wie verrückt zu pumpen. Aber es kam kein Tropfen Wasser.
Dann bemerkte er einen kleinen Krug mit einem Korkstöpsel und einer Notiz daran: "Sie müssen die Pumpe zuerst mit Wasser füllen, mein Freund! Und vergessen Sie nicht, den Krug nachzufüllen, ehe Sie von hier weggehen!" Der Mann zog den Korken aus dem Krug und bemerkte, dass dieser tatsächlich voll Wasser war. Nun begann er mit sich selbst zu ringen: Sollte er wirklich das Wasser in die Pumpe gießen? Was, wenn das nicht funktionierte? Dann hatte er das ganze Wasser verschwendet! Wenn er aber aus dem Krug trank, konnte er zumindest sicher sein, dass er selbst nicht an Durst zugrunde gehen würde. Allerdings würde dann kein nach ihm Kommender mehr Wasser vorfinden! Aber was wäre, wenn er das Wasser tatsächlich aufgrund der mehr als fragwürdigen Instruktion an dem Krug in die rostige Pumpe goss? Eine innere Stimme riet ihm, dem Rat zu folgen und die riskante Entscheidung zu treffen. So machte er sich daran, den ganzen Krug Wasser in die rostige Pumpe zu gießen. Er hob und senkte wie wild den Schwengel und pumpte – und tatsächlich, plötzlich begann das Wasser aus dem Hals der Röhre zu schießen! Jetzt hatte der Mann mehr köstliches, erfrischendes Wasser, als er brauchte. Er stillte seinen Durst, füllte dann den Krug erneut, verkorkte ihn und fügte den Anweisungen auf dem Zettel noch einen Satz in seinen eigenen Worten hinzu: "Glaube nur, es funktioniert! Du musst der Pumpe alles geben, was du hast, ehe du etwas zurückbekommst!"

Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch wieder messen.
Lukas 6,38

Gehen und Bleiben

Ein riesiger Baum mit einem breiten Blätterdach bot einem müden Wanderer einen schattigen Ort zum Rasten und Ruhen. Der Wandersmann hatte gegessen, getrunken, ein Nickerchen gemacht, und als er seinen Rucksack schulterte, dachte der Baum bei sich: "Der Mann hat es eigentlich gut. Er wandert weiter, lernt andere Orte und Länder kennen. Ich stehe hier schon einige Jahrzehnte am gleichen Ort. Wie die Welt wohl woanders aussieht?"
Und der Wanderer dachte, als er den Stock nahm und seine müden Füße voreinander setzte: "Der Baum hat es eigentlich gut, er hat hier sein Zuhause, muss nicht immer wieder aufbrechen und die Last des Weges spüren. Er ist hier sicher und fest mit der Erde verwachsen!"
Aber der Baum sprach zum Wanderer: "Du bist eigentlich arm dran, musst immer weiter wandern, kommst nirgends zur Ruhe. Schau mich an, ich bin zwar auch in Bewegung, aber ich habe meinen Platz, bin tief verwurzelt und mit allem hier vertraut und eins. Ich habe meine Ruhe und Tiefe, meine Höhe und Weite!"
Und der Wanderer sagte zum Baum: "Du bist eigentlich arm dran, immer am gleichen Ort. Du erlebst nicht die Abenteuer des Aufbruchs, die Abwechslung der Reisen und den Reiz des Neuen!"
So verglichen sich der Baum und der Wanderer, beneideten sich heimlich und verachteten sich öffentlich und beiden tat beides ziemlich weh. Schließlich dachten sie beide, wie dumm es sei, sich schlecht zu reden und besser zu dünken. "Können wir nicht Freunde werden?", fragte der Baum. "Du erzählst mir von deinen Reisen und Wegen, Abenteuern und Erfahrungen, und ich biete dir ein Zuhause, einen Ruheort und erfreue dich mit Weisheiten aus der Tiefe und Früchten aus der Erde!"
So versöhnten sich Wanderer und Baum, hörten mit dem schmerzlichen Vergleichen auf und wurden herzliche Freunde.

Und Jesus setzte zwölf ein, die er auch Apostel nannte, dass sie bei ihm sein sollten und dass er sie aussendete zu predigen.
Markus 3,14

Dankbarkeit

Auf einer Reise durch sein Land lernte ein König einen Schafhirten kennen, an dem er so viel Gefallen hatte, dass er ihn in seinen Palast mitnahm. Der Hirte beeindruckte durch sein Verhalten den König so sehr, dass er ihn bald zu seinem persönlichen Berater ernannte. Die Minister und andere Beamte wurden deshalb neidisch und hinterbrachten dem Herrscher das Gerücht, sein persönlicher Berater schmiede heimtückische Pläne gegen ihn. Als Grund dafür gaben sie an, er gehe täglich längere Zeit in eine abgeschiedene Kammer. Der König war über diese Rede verwundert und verlangte darum, in den Raum geführt zu werden. Die Kammer war fast leer, nur das alte, längst verstaubte Hirtenkleid hing an der Wand. Groß war jedoch das Erstaunen des Königs und groß auch seine Freude, als der frühere Hirte auf die Frage nach dem Gewand bescheiden antwortete, er komme jeden Tag eine Stunde hierher, betrachte das alte Kleid und führe sich vor Augen, wer er einmal gewesen sei und woher er komme. (Nach einer orientalischen Erzählung)

Wenn dich nun der Herr, dein Gott, in das Land bringen wird, von dem er deinen Vätern geschworen hat, es dir zu geben – große und schöne Städte, die du nicht gebaut hast, und Häuser voller Güter, die du nicht gefüllt hast, und Weinberge und Ölbäume, die du nicht gepflanzt hast – und wenn du nun isst und satt wirst, so hüte dich, dass du nicht den Herrn vergisst, der dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt hat.
5.Mose 6,10f

Eine bessere Welt

Wenn wir eine bessere Welt möchten mit besseren Völkern und besseren Staaten und besseren Regierungen und besseren Verwaltungen, wenn wir bessere Städte und bessere Wohngebiete, bessere Arbeitsplätze und bessere Ausbildungen, wenn wir bessere Gemeinden und bessere Familien, bessere Erzieher und bessere Eltern, bessere Kinder und bessere Jugendliche möchten, dann müssen wir selbst bessere Menschen werden.
Wenn wir bessere Menschen werden möchten, dann sollten wir mit guten Vorsätzen aufhören und auf Jesus hören, dann sollten wir unsere angestrengte Vorbildlichkeit aufgeben und uns ganz an Jesus abgeben, dann sollten wir unsere verkrampfte Besserung loslassen und Jesus ganz festhalten, dann sollten wir uns von unserem vergeblichen Streben verabschieden und uns in der Erziehung Jesu einfinden.
Denn seine erlösende Liebe macht uns besser als unsere verbissenste Anstrengung!

Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung.
1.Korinther 1,30

Geduld lernen

Albert Schweitzer erzählt aus seiner Jugend: Ein Jude, Mausche genannt, kam mit seinem Eselskarren zuweilen durch Günsbach. Da bei uns damals keine Juden wohnten, war dies jedes Mal ein Ereignis für die Dorfjungen. Sie liefen ihm nach und verspotteten ihn. Um zu bekunden, dass ich anfing, mich als Erwachsener zu fühlen, konnte ich nicht anders, als eines Tages auch mitzumachen. Mausche aber, mit seinen Sommersprossen und dem grauen Bart, ging so gelassen fürbass wie sein Esel. Nur manchmal drehte er sich um und lächelte verlegen und gütig zu uns zurück. Dieses Lächeln überwältigte mich. Von Mausche habe ich zum ersten Male gelernt, was es heißt, in Verfolgung stillzuschweigen. Er ist ein großer Erzieher für mich gewesen. Von da an grüßte ich ihn ehrerbietig. Später nahm ich die Gewohnheit an, ihm die Hand zu geben und ein Stückchen Wegs mit ihm zu gehen. Aber nie hat er erfahren, was er für mich bedeutete. Gerüchte über ihn habe ich nie nachgeprüft. Für mich ist er der Mausche mit dem verzeihenden Lächeln geblieben, der mich noch heute zur Geduld zwingt, wo ich zürnen und toben möchte.

Seht zu, dass keiner dem anderen Böses mit Bösem vergelte, sondern jagt allezeit dem Guten nach untereinander und gegen jedermann!
1.Thessalonicher 5,15

Was uns bleibt

Was uns bleibt
von unserm Lebenstanz,
ist nicht das Lachen,
nicht die Lust,
die Schönheit und der Glanz.
Was uns bleibt
von unserm Lebensfleiß,
ist nicht die Arbeit,
nicht der Lohn,
die Mühe und der Schweiß.

Die Liebe bleibt.
Was wir aus Liebe tun,
das bleibt besteh’n,
auch wenn es still geschieht
und ungeseh’n,
wenn es nur Liebe ist,
die uns hier treibt,
die Liebe bleibt.

Was uns bleibt
in unserer Lebenszeit,
ist stärker noch als Leid und Tod
und bleibt in Ewigkeit.
Was uns bleibt,
das finden wir bei Gott.
Die Liebe trieb ihn in die Welt
und für uns in den Tod.

Die Liebe bleibt.
Was Gott aus Liebe tat,
das bleibt besteh’n
und das kann heute noch
bei uns gescheh’n,
wo seine Liebe uns zur Liebe treibt.
Die Liebe bleibt.

(Manfred Siebald)

"Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen."

(l. Korinther 13,13)

Einfach leben

Wenn ich in die Welt hinausschaue, entdecke ich eine verwirrende Vielfalt an Möglichkeiten. Die breiten Angebote von Bildung und Kultur, unzählige Möglichkeiten auf dem Freizeitmarkt, eine unübersehbare Fülle von Lebens- und Weltanschauungen, nicht absehbare Entwicklungen in Forschung und Technik, Weltvernetzung und Individualisierung im Widerstreit, die stetige Auflösung der Werte, Wahrheiten, Normen und Regeln. Alles ist so verwirrend, betörend, erschreckend und faszinierend, so neu und so schnell überholt und veraltet.
Wenn ich in mich hineinsehe, entdecke ich eine zerrissene Sehnsucht und eine gespaltene Erwartung. Wenn ich das noch haben und jenes noch loswerden könnte! Wenn ich dieses noch erreichen und anderes noch hinter mich bringen könnte! Ich will das Eine und auch noch alles andere! Was andere haben, erträume ich, und bin dessen überdrüssig, was mir zueigen ist. Meine Wünsche und Träume innen sind fast noch komplizierter als die Welt draußen.
Kann ich die verwirrende Vielfalt auf das wirklich Mögliche reduzieren und die zerrissene Suche eindeutig machen? Das wird wohl nur gelingen, wenn ich Einem folge, in dem ich Alles finde! Statt Alles oder Nichts habe ich in Einem Alles! Dann kann ich heute an diesem einen Tag mit der Gabe und in den Grenzen das tun, was geht, und das lassen, was unmöglich ist. Ich kann die eine Aufgabe vor mir bewältigen und den einen Menschen neben mir ernst nehmen.

Denn in Jesus Christus ist alles geschaffen, was im Himmel und auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte oder Gewalten; es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen. Und er ist vor allem, und es besteht alles in ihm.
Kolosser 1,16f

Der Wunderknabe

"Es war einmal ein Wunderknabe, der im zartesten Alter schon die ganze Welt erkannte. Unter der Tür des Elternhauses wusste er über alles Bescheid, und von weither kamen die Menschen, um ihn sprechen zu hören und um seinen Rat zu holen. Er war zum Glück auch ein glänzender Redner und ließ den schwierigsten Fragen die größten Worte angedeihen, und manchmal auch die längsten. Man wusste nicht, woher er sie hatte. Sein Ruf ging in die Welt hinaus, und bald wollte man überall von seinem Wissen profitieren…

Dann aber machte er sich auf die Wanderschaft und nahm sich vor, die ganze Welt, über die er immer gesprochen hatte, nun auch zu berühren. Doch kaum eine Stunde von zu Hause weg kam er an einen Kreuzweg, der ihn zwang, zwischen drei Möglichkeiten zu wählen… Er ging geradeaus weiter und musste dabei links ein Tal und rechts ein Tal ungesehen liegen lassen. Schon war seine Welt zusammengeschrumpft. Auch bei der nächsten Gabelung büßte er Möglichkeiten ein, und bei der dritten, und bei der vierten. Jeder Weg, den er einschlug, jede Wahl, die er traf, trieben ihn in eine engere Spur. Und wenn er auf den Dorfplätzen sprach, wurden die Sätze immer kürzer. Die Rede floss ihm nicht mehr wie einst, als er ins Freie gegangen war. Sie war belastet von Unsicherheit über das ungegangene Land, das er schon endgültig hinter sich wusste.

So ging er und wurde älter dabei, war schon längst kein Wunderknabe mehr, hatte tausend Wege verpasst und Möglichkeiten auslassen müssen. Er machte immer weniger Worte, und kaum jemand kam noch, um ihn anzuhören. Er setzte sich auf einen Meilenstein und sprach nur noch zu sich selbst: Ich habe immer nur verloren: an Boden, an Wissen, an Träumen. Ich bin mein Leben lang kleiner geworden. Jeder Schritt hat mich von etwas weggeführt. Ich wäre besser zu Hause geblieben, wo ich noch alles wusste und hatte, dann hätte ich nie entscheiden müssen, und alle Möglichkeiten wären noch da.

Müde, wie er war, ging er dennoch den Weg zu Ende, den er einmal begonnen hatte. Es blieb ja nur noch ein kurzes Stück. Abzweigungen gab es jetzt keine mehr, nur eine Richtung war noch übrig, und von allem Wissen und Reden nur ein einziges letztes Wort, für das der Atem noch reichte. Er sagte das Wort, das niemand hörte, und schaute sich um und merkte erstaunt, dass er auf einem Gipfel stand. Der Boden, den er verloren hatte, lag in Terrassen unter ihm. Er überblickte die ganze Welt, auch die verpassten Täler, und es zeigte sich, dass er im Kleiner- und Kürzerwerden ein Leben lang aufwärts gegangen war."

(Hans Künzler)

Quelle: Gerhard Ruhbach, Geistlich leben – Wege zu einer Spiritualität im Alltag. Brunnen Verlag Gießen

"Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Jesus Christus. "

(Philipper 3,13f)