Der Gnaden größte

"Unser ganzes Leben ist eine Kette von Gnaden, aber als der Gnaden größte bedünkt mich doch die, dass wir nicht wissen und nicht wissen sollen, was der nächste Morgen uns bringt. Und weil wir es nicht wissen sollen, sollen wir es auch nicht wissen wollen!" (Theodor Fontane)

Wann immer Menschen die Ungewissheit der Zukunft nicht ertragen und nach Möglichkeiten gesucht haben, sie vorauszuschauen, sind sie dabei kreuzunglücklich geworden. Sie haben sich mit Wissen und Ahnen unnötig beschwert und sich um die Möglichkeit gebracht, die Tage unbeschwert und richtig zu leben.
Gott möchte, dass wir diesen Tag heute von ihm empfangen, mit ihm richtig leben, vor ihm verantworten und an ihn zurückgeben. Ein Glück, dass wir nicht wissen, was der morgige Tag, der kommende Monat und das folgende Jahr bringen wird. Unsere Zeit und Zukunft liegt in Gottes Hand und nur der heutige Tag auch in unserer.

Ich aber, Herr, hoffe auf dich und spreche: Du bist mein Gott! Meine Zeit steht in deinen Händen.
Psalm 31,15f

Probieren statt Resignieren

Ein orientalischer König pflegte, wenn er für eine wichtige Aufgabe den geeigneten Mann suchte, den durch eine Probe herauszufinden. So lud er alle fähigen und guten Leute in den Palast ein und stellte ihnen eine Aufgabe. Er führte sie zu einem großen Tor mit einem gewaltigen Türschloss und forderte die Männer auf, das wuchtige Schloss zu öffnen. Es sei nicht einfach und erfordere alle Kunst und Kraft, fügte er hinzu. Einige Männer gaben gleich resigniert auf und fühlten sich der Probe nicht gewachsen. Die Klugen und Weisen seines Reiches untersuchten das Schloss und stellten gelehrte Betrachtungen an. Doch dann gaben auch sie erfolglos auf. Niemand schien das komplizierte Schloss öffnen zu können. Nur einer der Männer gab nicht auf, er besah und befühlte das Schloss und dann versuchte er mit seiner ganzen Kraft das Tor zu öffnen. Und siehe da, die Tür bewegte sich, denn das Schloss war nicht verriegelt, und die Tür nur geschlossen, aber nicht verschlossen. Der König gab dem Mann das wichtige Amt, weil er nicht nur gesehen und nachgedacht, sondern vor allem zugepackt und es mit all seiner Kraft auch probiert hatte. (Ein orientalisches Märchen)
Bevor wir vor schwierigen Aufgaben aufgeben, wollen wir sie mutig angehen.

Ihr aber seid getrost und lasst eure Hände nicht sinken; denn euer Werk hat seinen Lohn!
2.Chronik 15,7

Gewusst wie!

Ein Gastwirt stand kurz vor der Pleite. Obwohl er alles tat, was in seinen Kräften stand, wollte die Wirtschaft keinen Gewinn abwerfen. Er hatte seine Gaststube gemütlich eingerichtet, die Bedienung war freundlich, Getränke und Speisen gut und die Preise niedrig. Aber es kamen kaum Gäste. Die Konkurrenz war groß, und der Erfolg ganz klein.
In seiner Not suchte der Gastwirt bei einem weisen Mann Rat. Der Weise riet ihm, sein Gasthaus umzubenennen. "Du musst dein Haus DIE SIEBEN GLOCKEN nennen und über der Tür sechs Glocken aufhängen. Du sollst mal sehen, wie der Laden dann läuft!" – "Und warum soll es dann besser gehen?", fragte der Wirt irritiert zurück. "Nichts kann die Menschen so sehr erfreuen, als wenn sie einem anderen einen Fehler zeigen können. Die Leute werden das Schild lesen, feststellen, dass du nur sechs Glocken über der Tür hängen hast. Du wirst dich bedanken und sie freundlich bedienen und dein Haus wird immer voll sein!"
Der Gastwirt versuchte es, und siehe da, die Reisenden kamen alle in das Gasthaus, machten den Besitzer stolz auf seinen Fehler aufmerksam und blieben dann zum Rasten gleich da, denn sie wurden sehr zuvorkommend und freundlich bedient. Nun war das Gasthaus mit den sechs oder sieben Glocken immer gut besucht.

Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben!
Matthäus 10,16

Der Künstler

"Eines Abends erwachte in seiner Seele der Wunsch, ein Bild zu formen, das die Wonne des Augenblicks darstellen sollte. Und er ging hinaus in die Welt, um Bronze zu suchen, denn nur in Bronze konnte er denken. Aber verschwunden war alle Bronze der ganzen Welt. In der ganzen Welt war nirgends Bronze zu finden, mit Ausnahme der bronzenen Figur des Ewigen Leides.
Und diese Figur hatte er selbst geformt, mit seinen eigenen Händen gebildet, und er hatte sie gesetzt auf ein Grab, und unter diesem Grabe lag alles, was er geliebt hatte im Leben. Auf das Grab dessen, was er am meisten geliebt hatte im Leben, hatte er gesetzt dies Werk seiner Kunst, damit es zeuge für die Liebe des Mannes, die nie stirbt und ein Symbol sei des Leides, das ewiglich dauert. Und keine andere Bronze gab es in der ganzen Welt als die Bronze dieser Figur.
Und er nahm die Figur, die er geschaffen hatte, und tat sie in den Schmelzofen und übergab sie dem Feuer. Und aus dem bronzenen Bild des Leides, das ewig währt, formte er das Bild der Wonne, die im Augenblick vergeht." (Oscar Wilde)

Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen, du hast mir den Sack der Trauer ausgezogen und mich mit Freude gegürtet, dass ich dir lobsinge und nicht stille werde. Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit!
Psalm 30,12f

Ruhe bitte!

Immer mehr Lärm. Von morgens bis in die Nacht umgeben von Maschinen und Menschen, Stimmen und Programmen. Noch nie waren die Menschen so gehetzt und gejagt, immer unter Druck, immer hinterher. So viele Dinge im Auge, die wir haben wollen. So viele Ängste im Herzen, etwas zu versäumen. Pausenlos dringt es auf uns ein, was wir noch schaffen müssen, was wir nicht vergessen dürfen, was wir noch erreichen müssen, was wir nicht verlieren dürfen.
Eltern warten vergeblich auf einen Besuch der Kinder. Behinderte und Kranke sehen alle nur vorbeirennen. In den Familien ist das Gespräch auf Terminabsprachen reduziert.
Wann kommen wir zur Ruhe? Wann planen wir Pausen ein? Wann nehmen wir uns Zeit füreinander, für uns, für das Leben?
In der Ruhe liegt die Kraft. In der Stille wohnen mehr Reichtümer, als wir ahnen. Abseits der Hast wachsen Zuneigung und Zärtlichkeit. Jenseits der Termine finden wir Zeit zum Zuhören, für einen Brief, einen Spaziergang, eine Umarmung. In der Ruhe werden wir richtige Menschen, gute Mitmenschen und wirklich Lebende!

Kommt her zu alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Matthäus 11,28

Das Geheimnis bewahren

Ein Weiser war im Besitz der Kenntnis von Gottes heiligem Namen. Ein Jüngling, der davon erfuhr, ging zu ihm hin und diente ihm längere Zeit. Als er meinte, dem Alten lange genug behilflich gewesen zu sein, fragte er ihn nach dem Geheimnis. Er wies auch darauf hin, dass der Name Gottes bei ihm besonders gut aufgehoben sei.
Statt das Geheimnis zu offenbaren, schickte der Alte den Jungen mit einer Schüssel, um die ein Tuch gebunden war, zu einem Freund. Umgehend machte sich der Jüngling auf den langen Weg. Als er die Nilbrücke erreicht hatte, konnte er der Versuchung nicht länger widerstehen: Er wollte wissen, warum ihn der Weise auf diese Reise geschickt hatte. Er nahm das Tuch beiseite und sah – auf eine Maus. Diese sprang aus der Schüssel heraus und lief davon.
Voll Wut kehrte er zurück. Er zweifelte nicht daran, dass der Weise sich über ihn nur hatte lustig machen wollen. Schon von weitem erkannte der Alte, was geschehen war, und rief ihm entgegen: "Du Tor! Ich habe dir eine Maus anvertraut, und du hast mich betrogen. Wie könnte ich dir Gottes heiligen Namen anvertrauen?"
Sprach’s und schickte den Jüngling fort. (Nach einem orientalischen Märchen)

Sondern wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist, die Gott vorherbestimmt hat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit. Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.
1.Korinther 2,7.9

Kennt auch dich

Weißt du, wie viel Sternlein stehen
an dem blauen Himmelszelt?
Weißt du, wie viel Wolken gehen
weithin über alle Welt?
Gott der Herr hat sie gezählet,
dass ihm auch nicht eines fehlet
an der ganzen großen Zahl.

Weißt du, wie viel Mücklein spielen
in der hellen Sonnenglut?
Wie viel Fischlein auch sich kühlen
in der hellen Wasserflut?
Gott der Herr rief sie mit Namen,
dass sie all ins Leben kamen,
dass sie nun so fröhlich sind.

Weißt du, wie viel Kinder frühe
stehn aus ihren Bettlein auf,
dass sie ohne Sorg und Mühe
fröhlich sind im Tageslauf?
Gott im Himmel hat an allen
seine Lust, sein Wohlgefallen,
kennt auch dich und hat dich lieb!
(Wilhelm Hey)

Der die Sterne und die Wolken zählt, kennt auch uns. Der die Mücke und Fische ins Leben ruft, ruft auch uns bei unserem Namen. Der alle Menschenkinder auf der Erde sieht, hat auch uns unendlich lieb!

Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Weil du in meinen Augen so wert geachtet und kostbar bist, habe ich dich herzlich lieb!
Jesaja 43,1.4

Das Wesentliche

Ein japanisches Märchen erzählt von einer Mutter und ihren vier Söhnen. Der erste Sohn wurde ein reicher Kaufmann, der mit den Nöten der Armen und den Wünschen der Reichen sein Geschäft machte. Seine Liebe galt dem Handel.
Der zweite Sohn wurde ein bekannter Wissenschaftler, der alle Formeln und Gesetzmäßigkeiten durchschaute. Seine Liebe galt dem Wissen, aber sein Herz blieb dabei kalt.
Der dritte Sohn wurde ein frommer Priester, der auf alle tiefen Fragen aus seinen heiligen Büchern eine Antwort wusste. Doch er war nicht er selbst, sondern redete nur nach, was in seinen Büchern stand.
Der vierte Sohn war ein Lebenskünstler, etwas faul und manchmal leichtsinnig. Er hatte große Träume und Pläne, doch konnte er keinen so recht verwirklichen. Aber er hatte ein weites Herz und eine große Liebe.
Als die Mutter gestorben war, kamen die Söhne an ihr Grab, um sie zu ehren. Und durch die Erde sah die Mutter, was die Söhne taten: der Kaufmann legte ein Goldstück auf das Grab, der Wissenschaftler ein kluges Buch, der Priester ein Heiligenbild, und der Vierte legte sein Herz voller Liebe auf das Grab der Mutter.
Da wünschte die Mutter, dass der Himmel ihm seine Fehler und Schwächen vergeben möchte.

Und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, damit kein Mensch sich vor Gott rühme.
1.Korinther 1,28

Besser hinsehen

Menschen reisen durch die ganze Welt. Sie tauchen in Malaysia, baden in der Karibik, surfen vor Hawaii. Sie staunen über die sieben Weltwunder und besuchen die Kulturhauptstädte Europas. Sie bewundern die Gipfel der Berge und die ungeheuren Tiefen der Meere. Sie feiern Karneval in Rio und lernen in Australien, wie man mit leerem Beutel große Sprünge macht. Sie sind von Löwensafari und Kameltour in Afrika begeistert. Sie bestaunen die Länge der Ströme, die Weite der Ozeane, die Tiefe des Kosmos – und leben achtlos aneinander vorbei!
Ein Junge sitzt stundenlang am Fenster seines Zimmers und schaut sehnsuchtsvoll hinaus. "Wovon träumst du, was wünschst du dir?", fragt der Vater. "Ich habe mir nur sehnlichst gewünscht, dass mich mal jemand bemerkt!"

Und lasst uns aufeinander Acht haben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken.
Hebräer 10,24

Habgier und Dummheit sind tödlich

Ein Märchen erzählt von einem alten Wolf, der beim Jagen immer mehr Mühe hatte und durch eine einfache List seine Gier nach besonderen Leckerbissen befriedigen wollte. Der Wolf verkleidete sich eines Tages mit einem Schafsfell und ließ sich mit der großen Herde in den Pferch sperren und wartete auf die Nacht, um eines der Schafe zu reißen und seinen Hunger zu stillen.
Nun fand an dem Abend auf dem Hof des Besitzers ein großes Fest statt. Als Festbraten sollte das stattlichste Schaf der Herde dienen. So wurden die Knechte geschickt, um das größte Schaf zu holen und es zu schlachten. Da nahm das Unglück seinen Lauf. Die Männer holten den großen Wolf im Schafspelz, schlachteten das vermeintliche Schaf und waren nicht schlecht erstaunt.

Und wie sie es für nichts geachtet haben, Gott zu erkennen, hat sie Gott dahingegeben in verkehrten Sinn, sodass sie tun, was nicht recht ist, voll von aller Ungerechtigkeit, Schlechtigkeit, Habgier, Bosheit, voll Neid, Mord, Hader, List und Niedertracht.
Römer 1,29f