Peinlich

Die Sensationslust der Menschen treibt die Reporter der Boulevardpresse zu immer dreisteren Tricks, um nahe an Katastrophen und Unfälle heranzukommen. In einer Kleinstadt liefen alle Menschen auf der Straße zusammen, weil es einen Unfall gegeben hatte. Der Zeitungsreporter konnte durch die dicke Traube von Menschen nicht durchkommen, um zu sehen, was geschehen war. Da kam ihm ein rettender Gedanke. Er rief laut: "Ich bin der Vater des Opfers, bitte lassen Sie mich durch!" Die Menge machte ihm Platz, so dass er direkt zur Unfallstelle gelangte. Und dort musste er, peinlich, peinlich, sehen, dass das Opfer ein Esel war.

Siehst du einen, der schnell ist zum Reden, da ist für einen Toren mehr Hoffnung als für ihn.
Sprüche 29,20

Zum Glück gibt es Gott

"Die einen sagen: Haltet Einkehr bei euch selbst,
dort werdet ihr Ruhe finden. Und das ist nicht wahr.

Die anderen sagen: Wendet euch nach außen,
sucht das Glück, indem ihr euch zerstreut. Und das ist nicht wahr.

Das Glück ist weder außer uns noch in uns;
Es ist in Gott!"
(Blaise Pascal)

Wenn Gott unser Glück ist, wird es auch tief in uns einziehen, und wir werden mit ihm weit hinausziehen in die Welt.

So spricht der Herr: "Tretet hin an die Wege und schauet und fragt nach den Wegen der Vorzeit, welches der gute Weg sei, und wandelt darin, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele!" Aber sie sprechen: "Wir wollen es nicht tun!"
Jeremia 6,16

Selbstverliebt

Eine alte Sage erzählt von Narziss, dem schönen Jüngling. Jeden Tag geht er zu einem Teich, um seine Schönheit im Spiegelbild des Wassers zu sehen und sich zu bewundern. Er ist von seiner Schönheit so fasziniert, dass er eines Tages beim Betrachten das Gleichgewicht verliert, in den Teich stürzt und ertrinkt. An jener Stelle im Teich wächst nun eine Blume, die den Namen Narzisse bekommt.
Aber die Sage weiß auch noch einen anderen Schluss, nämlich, dass der Teich nun so traurig war, dass seine Tränen den Süßwassersee in einen Teich aus salzigen Tränen verwandeln. Die Waldfeen fragen den Teich, warum er so sehr weine. "Ich trauere um Narziss!", sagt der Teich. "Ja, das verstehen wir", sagen die Feen, "du warst doch der Einzige, der die Schönheit des Narziss aus nächster Nähe bewundern konnte, wenn er sich täglich in dir beschaute!" – "Wohl weine ich um Narziss, aber dass er so schön war, habe ich nie bemerkt. Ich weine nur darum, weil sich, wenn er sich über mein Wasser beugte, meine Schönheit in seinen Augen spiegelte!"
Wie viele Male haben sich Menschen gar nicht wahrgenommen, weil sie sich so selbstverliebt im andern gesehen haben?

Wie habt ihr das Eitle so lieb und die Lüge so gern!
Psalm 4,3

Reden und Schweigen

Zu einem griechischen Gelehrten kam einst ein junger Mann, um sich von dem berühmten Weisen in der Redekunst ausbilden zu lassen. Zur Probe nahm der Gelehrte den jungen Mann in seine Klasse auf. Der Junge redete pausenlos, unterbrach seine Mitschüler und manchmal sogar den Lehrer. Nach der Probezeit bot der Weise dem Jungen an, ihn auszubilden, forderte aber das doppelte Honorar. Der junge Mann meinte darauf, dass er doch schon so gut reden könne, und warum er dann doppelt so viel zahlen müsse. Und der Weise erklärte ihm: "Du musst nicht nur das rechte Reden noch lernen, sondern vor allem das rechte Schweigen. Darum das doppelte Honorar!"

Denn so spricht Gott der Herr, der Heilige Israels: Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein. Aber ihr wollt nicht!
Jesaja 30,15

Ins Gebet nehmen

Jemanden mal ordentlich ins Gebet nehmen bedeutet, jemanden energisch zurechtweisen, ihm Vorhaltungen machen oder ihm ins Gewissen reden. Es gibt unterschiedliche Erklärungen für diese Redensart. Einmal könnte sie aus der Beichtpraxis stammen, wenn nämlich der Beichtvater dem Beichtenden nach dem Sündenbekenntnis Gebete vorsprach, in die er den reuigen Sünder mit hinein nahm. Eine andere Erklärung wäre der mittelalterliche Brauch, in das Gebet den Tadel für bestimmte Verfehlungen hinein zu nehmen. Und noch eine ganz andere Erklärung denkt an das alte plattdeutsche Wort "Gebett" für Gebiss, das man schwierigen Pferden anlegte: man zügelte sie, indem man sie ins "Gebett" nahm. Das wäre dann der Redensart "Jemanden an die Kandare nehmen" ähnlich. Denn Kandare ist ebenfalls die Gebissstange am Pferdezaum, mit der man die Pferde leitet. Wie auch immer man die Redensart erklärt, am schönsten wäre sie ganz wörtlich und dann positiv verstanden: Jemanden mit in das Gebet, in die Fürbitte nehmen. Das wäre das Beste, was wir füreinander tun könnten. Wen möchte ich heute mal ordentlich ins Gebet nehmen?

Ich ermahne euch aber durch unseren Herrn Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes, dass ihr mir kämpfen helft durch eure Gebete für mich zu Gott.
Römer 15,30

Fachlich und menschlich

Ein Abteilungsleiter sagt von seinem Direktor: "Fachlich ist er ein Ass, menschlich ist er ein Aas!"
Wir haben uns daran gewöhnt, bei Führungskräften in Politik, Wirtschaft und Kultur die fachliche Kompetenz von der menschlichen Stärke zu trennen. Und ehrlich gesagt, wäre uns doch bei einer schwierigen Operation ein fachlich guter Chirurg lieber als ein netter Mensch. Und in der Bank wäre eine sehr gute Beratung wichtiger als die charakterliche Qualität einer Bankkauffrau. Mit wem ein Vorstand einer Firma seine Abende und wie seine Nächte verbringt, wie er zu Hause lebt und seine Kinder versteht, interessiert niemanden – Hauptsache, er macht seinen Job besser als andere.
Und doch geht von Menschen, die im beruflichen und persönlichen Bereich gleichermaßen gut und kompetent sind, eine große Anziehung aus. Gerade wir Christen sollten als ganze Person und in allen Bereichen unseres Lebens, am Arbeitsplatz, in der Familie, in der Freizeit und im Urlaub, immer als ganze Menschen von Christus geprägt und an ihm orientiert sein. Wir wollen unser Leben nicht aufspalten in verschiedene Bereiche, sondern in allen Feldern des Lebens Gottes Willen ausleben und uns als seine Leute erweisen. Denn genauso fragwürdig wäre ein anderes Urteil: "Menschlich ist er ein lieber, frommer Kerl, fachlich ist er ein Versager!" Versuchen wir in allem so gut wie möglich zu sein, ohne den Druck des Perfektionismus, aber mit der erlösten Freude daran, dass für Gott immer das Beste gut genug ist.

So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen!
Matthäus 5,16

Ob Hoffnung ist

Manchmal trete ich vor die Tür,
atme aus und ein, reibe die Augen,
halte Ausschau, ob Hoffnung ist.
Ich beobachte die Luft,
stelle die Färbung des Windes fest,
bestimme den Stand der Sonne
über meinem Haus,
prüfe die Verlässlichkeit der Straße.
Wo soll ich es ablesen?
Die Freundlichkeit der Passanten
ist veränderlich.
Auch die Zeitungsfrau
bringt keine Gewissheit.
Oder sollte es
am eigenen Herzschlag liegen,
am Zustand des Magen-Darm-Systems,
am Kalziumgehalt meiner kleinen Philosophie?
Die Fenster der Nachbarschaft
gucken verdächtig.
Da denke ich dann an den,
der noch im Aberglauben den Glauben sah,
die heimliche Hand nicht zurückwies,
die sein Gewand berührte,
nur sein Gewand,
um zu sehen, ob Hoffnung ist,

und greife blind in den Morgen.

(Detlev Block)

Quelle: Detlev Block: Ob Hoffnung ist aus: Detlev Block, Anhaltspunkte. Vom Besonderen im Alltäglichen, Christliche Verlagsanstatt/ Aussaat Verlag, Neukirchen-Vluyn, 1994.

"Herr, frühe wollest du meine Stimme hören, frühe will ich mich zu dir wenden und aufmerken."

(Psalm 5,4)

Sind wir verloren?

Eine Fabel aus Indien erzählt von zwei Tauben, die in einem Feigenbaum wohnten. Die eine neigte zur Schwermut, sah alles düster, hatte kein Vertrauen in das Leben und befürchtete ständig ein Unglück. Gerade jammerte sie der anderen Taube vor: "Schau, unsere letzte Stunde ist gekommen, siehst du dort unten den Schützen mit Pfeil und Bogen? Er legt sicher schon auf uns an und gleich wird er uns erlegen. Und über uns kreist schon der räuberische Falke, um sich auf uns beide zu stürzen. Wir sind verloren, es gibt kein Entrinnen."
"Warum machst du dir so viele dunkle und schwere Gedanken? Lebe das Leben, solange es gut ist. Die Not kann sich so schnell wenden, und riesige Berge von Schwierigkeiten können in einem Augenblick zerfallen. Hab Vertrauen!"
In diesem Augenblick biss eine Schlange den Schützen in den Fuß. Erschrocken schoss er den Pfeil in die Luft. Der traf den Falken und durchbohrte ihn. Und die Tauben flogen fröhlich davon.

Bleibe fromm und halte dich recht; denn einem solchen wird es zuletzt gut gehen!
Psalm 37,37

Er wird’s wohl machen

Paul Gerhardt (1607-1676) wurde 1667 nach zehn Jahren Pfarrertätigkeit an St. Nikolai in Berlin seines Amtes enthoben, weil er als überzeugter Lutheraner dem Toleranzedikt des Großen Kurfürsten nicht zustimmen konnte. Er verließ Berlin und reiste durchs Land, ohne zu wissen, wohin er sich wenden könnte. Seine Frau war untröstlich und völlig aufgelöst. Paul Gerhardt versuchte sie vergeblich mit guten Worten aufzumuntern. Schließlich las er ihr sein berühmtes Lied "Befiehl du deine Wege" vor. Aber seine Frau war von Kummer und Sorge ganz krank. Da trafen sie in einem Gasthaus zwei Gesandte des Herzogs Christian zu Merseburg. Sie kamen ins Gespräch und mussten hören, dass die beiden nach Berlin unterwegs waren, um einen entlassenen Pfarrer Paul Gerhardt nach Merseburg einzuladen. Der Herzog von Merseburg unterhielt den entlassenen Pfarrer und verschaffte ihm 1669 das Archidiakonat zu Lübben in der Niederlausitz, wo Paul Gerhardt 1676 dann auch gestorben ist.

"Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann!

Hoff, o du arme Seele, hoff und sei unverzagt!
Gott wird dich aus der Höhle, da dich der Kummer plagt,
mit großen Gnaden rücken; erwarte nur die Zeit,
so wirst du schon erblicken die Sonn der schönsten Freud!"
(Paul Gerhardt)

Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen!
Psalm 37,5

Vorurteile

Nicht weit von einem berüchtigten Club entfernt waren drei Straßenarbeiter in einer Baustelle beschäftigt. So konnten sie genau sehen, wer so alles den Club besuchte. Ein stadtbekannter Politiker ging in das anrüchige Haus. "Na ja, was kann man von denen schon erwarten", sagt der eine Bauarbeiter. Dann müssen sie sehen, wie auch der jüdische Rabbi das Haus aufsucht. "Das überrascht mich nicht", sagt der andere Bauarbeiter. Schließlich sehen sie auch einen buddhistischen Mönch in den Club gehen. "Sieh an, die sind auch nicht besser", sagt der dritte Bauarbeiter. Und dann sehen sie den katholischen Priester ihrer Ortsgemeinde sein Gesicht verdeckend in das Haus schlüpfen. "Ist das nicht schrecklich", sagten sie alle drei, "eines der Mädchen muss im Sterben liegen, dass unser Priester kommen muss."
Sehen wir, was wirklich ist? Oder sehen wir, was wir sehen wollen, bei den einen das Schlechte, bei den anderen das Gute? Kann manches einfach deswegen nicht sein, weil wir es nicht wahrhaben wollen?

Die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.
1.Korinther 13,6f